Wie verhalte ich mich wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?

Der Arbeitsvertrag sieht in der Regel klar vor, dass für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ein monatliches Arbeitsentgelt zu zahlen ist. Auch dessen Höhe ist vertraglich geregelt. Wann und unter welchen Umständen es aber im Arbeitsrecht zu einem sogenannten Lohnabzug kommen kann und darf, soll daher im Folgenden geklärt werden. Im Fokus dabei die Frage: Der Arbeitgeber zahlt Gehalt nicht vollständig, was tun?

Arbeitgeber zahlt Gehalt nicht vollständig – Gründe

In der Praxis können die Gründe, warum der Arbeitgeber das Gehalt nicht vollständig zahlt, sehr unterschiedlich sein.

Arbeitgeber zahlt falsches Gehalt

Ein verbreiteter Irrtum aus dem Arbeitsrecht ist, dass kein Arbeitgeber weniger zahlen darf als den Tariflohn.

Dies stimmt so aber nicht. Denn nur durch das bloße Bestehen eines Tarifvertrags für eine bestimmte Branche ergibt sich für den Arbeitgeber noch nicht die Pflicht, sich auch an dessen Vorgaben halten zu müssen. Vielmehr wird vorausgesetzt, dass sowohl das Unternehmen wie auch der Arbeitnehmer tarifgebunden sind. Erst dann ist auch der Arbeitgeber verpflichtet, die entsprechend tariflich vereinbarten Löhne zu zahlen.

Arbeitgeber zahlt nicht vollständig wegen Krankheit

Grundsätzlich sieht das Arbeitsrecht Lohnfortzahlung im Krankheitsfall klar vor. Entsprechende Regelungen ergeben sich aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Voraussetzung dafür ist, dass das Arbeitsverhältnis schon mindestens 4 Wochen besteht und der Arbeitnehmer seine Krankheit nicht selbst durch fahrlässiges Verhalten verschuldet hat.

Liegen diese Voraussetzungen vor, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bis zu sechs Wochen den Lohn weiterzahlen, auch wenn dieser wegen Krankheit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen kann.

Auch nach diesen sechs Wochen wird der Arbeitnehmer bei fortbestehender Krankheit aber nicht finanziell allein gelassen. Nun springt die Krankenkasse ein und zahlt das Gehalt bis zu einem Maximum von 3 Jahren weiter. Diese Art von Lohnfortzahlung kann als Krankengeld bezeichnet werden und beträgt höchstens 90 Prozent des letzten Nettolohns und mindestens 70 Prozent des letzten Bruttolohns.

Dennoch sieht auch das Entgeltfortzahlungsgesetz die Möglichkeit des Lohnabzugs vor. Nämlich in § 4a. Der Lohnabzug kann dann aber nur Sonderzahlungen betreffen, beispielsweise Weihnachtsgeld.

JuraForum.de-Tipp: Es kann sich im Übrigen ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers ergeben. Dies wäre dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich weigert, bei Krankheit die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Dem Arbeitgeber kann dann gegebenenfalls das Recht zustehen, den Lohn zurückzubehalten. Hier hat der Arbeitnehmer aber dann einen rückwirkenden Lohnanspruch, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nachgereicht wird.

Lohnabzug wegen Schäden

Es gilt, dass jeder Arbeitnehmer für sein Verhalten selbst verantwortlich ist. Kommt es durch ihn aufgrund von Fahrlässigkeit zu Fehlern bei der Arbeit, was zur Beschädigung von Arbeitsmaterial führt, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer auch für den jeweiligen Schaden aufzukommen hat. In diesem Fall würde es zu einem Lohnabzug kommen.

Die Verantwortlichkeit des Schuldners ist gesetzlich geregelt in § 276 BGB. Damit es zu einem Lohnabzug kommen kann, muss dem Arbeitnehmer aber nachgewiesen werden können, dass gerade durch sein eigenes fahrlässiges Verhalten ein Schaden eingetreten ist.

Zudem muss aus dem Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung zum Lohnabzug bei Fehlern mit daraus resultierendem Schaden hervorgehen. Fehlt eine solche Vereinbarung im Arbeitsvertrag, muss zumindest eine andere schriftliche Regelung vorliegen. Wenn auch diese fehlt, tritt üblicherweise die Versicherung ein, um den Schaden auszugleichen. Dann ist ein Lohnabzug nicht notwendig.

Minusstunden

Sind die Minusstunden vom Arbeitnehmer selbst verschuldet, kann ein Lohnabzug zulässig sein.

Zu keinem Lohnabzug darf es hingegen kommen, wenn der Arbeitgeber hingegen die Minusstunden zu verschulden hat, zum Beispiel, wenn es zu Betriebsstörungen kam.

Zudem kann ein Lohnabzug wegen Minusstunden nur erfolgen, wenn dies durch beide Vertragspartner entsprechend geregelt wurde in beiderseitigem Einvernehmen. Eine entsprechende Regelung kann sich also im Arbeitsvertrag finden.

Nachzahlung beim Minijob

Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass aufgrund des Überschreitens der Entgeltgrenze ein Minijob für abgelaufene Beschäftigungszeiträume nicht vorlag, muss bei der Krankenkasse rückwirkend eine mehr als geringfügige Beschäftigung gemeldet werden.

Was die damit einhergehenden nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge angeht, kann ein unterbliebener Abzug der Arbeitnehmeranteile stets nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden.

JuraForum.de-Tipp: Sollte der Arbeitgeber dies versäumen, hat er für die Beitragsanteile selbst aufzukommen!

Was tun bei unvollständiger Lohnzahlung durch Arbeitgeber?

Wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur vollständigen Lohnzahlung nicht nachkommt, kann der Arbeitnehmer auf unterschiedliche Weise darauf reagieren. Folgende Möglichkeiten stehen ihm offen:

  • Zahlungsaufforderung mit Frist zur Zahlung

Die Zahlungsaufforderung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Wichtig ist dabei, auch eine Frist zur Zahlung zu setzen.

Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber abmahnen. Eine Abmahnung macht vor allem dann Sinn, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kurzfristig beenden möchte, um beispielsweise eine andere Stelle anzutreten. Sollte der Arbeitgeber auch nach der Abmahnung nicht zahlen, ist eine fristlose Kündigung seitens des Arbeitnehmers möglich.

  • Verweigerung der Arbeitsleistung

Dem Arbeitnehmer kann ein Zurückbehaltungsrecht zustehen, indem er bei ausbleibender Zahlung seine Arbeitsleistung verweigert. Dies sollte jedoch nicht ohne jede Vorwarnung geschehen. Dem Arbeitgeber sollte zuvor mitgeteilt werden, dass die Arbeitsleistung eingestellt wird, sollte die ausstehende Zahlung nicht nachgeholt werden. In einigen Fällen kann das Recht zur Arbeitsverweigerung aber ausgeschlossen sein. U.a. dann, wenn der Lohnrückstand nur verhältnismäßig gering ist oder dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen würde.

Durch ausbleibende Zahlungen gerät der Arbeitgeber in Zahlungsverzug. Auf das ausstehende Arbeitsentgelt können daher auch Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.

  • Anspruch auf Schadensersatz

Entsteht dem Arbeitnehmer ein Schaden dadurch, dass er sein Arbeitsentgelt nicht rechtzeitig erhält, hat der Arbeitgeber diesen Schaden zu ersetzen.

Dem Arbeitnehmer steht auch die Möglichkeit offen, sich ans Arbeitsgericht zu wenden, um sein Gehalt einzuklagen. Gibt ihm das Gericht Recht, können Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Arbeitgeber eingeleitet werden.

  • Beantragen von Arbeitslosengeld

Bei ausbleibenden Gehaltszahlungen und dennoch fortbestehendem Arbeitsverhältnis, kann der Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung haben. Hierfür muss der Arbeitnehmer auch von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, so dass er praktisch ohne Beschäftigung ist.

Sollten alle Bemühungen, das ausstehende Gehalt einzutreiben, fruchtlos bleiben, kann der Arbeitnehmer auch außerordentlich, fristlos kündigen. Hierfür müsste der Arbeitgeber zeitlich oder der Höhe nach erheblich mit der Gehaltszahlung in Verzug sein. Dafür muss aber zunächst eine Abmahnung erfolgen, der der Arbeitgeber nicht nachkommt.

JuraForum.de-Tipp: Arbeitnehmer, die sich gegen unvollständige Gehaltszahlungen wehren wollen, sollten auch eventuelle Ausschlussfristen beachten. Solche können im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt sein. Durch eine solche Ausschlussfrist kann festgelegt werden, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend machen muss, andernfalls verliert er seine Lohn- und Gehaltsansprüche.

Welcher Anwalt kann helfen, wenn der Arbeitgeber nicht vollständig zahlt?

Lohnrückstände können Arbeitnehmer in erhebliche finanzielle Engpässe bringen. Anwaltliche Beratung sollte daher zeitnah eingeholt werden. Hierbei empfiehlt es sich, sich an einen Anwalt zu wenden, der sich auf Arbeitsrecht spezialisiert hat. Dieser kann auch prüfen, ob das Recht auf Arbeitsverweigerung im konkreten Fall zusteht.

Wo bekomme ich Geld her wenn mein Arbeitgeber nicht zahlt?

Zahlt der Arbeitgeber Ihnen das Gehalt nicht aus, weil er schlichtweg nicht in der Lage dazu ist, haben Sie Anspruch auf Insolvenzgeld. Diesen Anspruch stellen Sie bei der Agentur für Arbeit. Voraussetzung ist, dass das Insolvenzverfahren über den Arbeitgeber eröffnet ist und der Betrieb komplett eingestellt wurde.

Wie lange darf der Lohn überfällig sein?

Gehaltszahlung nicht über den Folgemonat hinaus aufschieben Von dieser Fälligkeitsregelung hat der Gesetzgeber Ausnahmen für Arbeitszeitkonten gemacht. Arbeitgeber sollten das Gehalt dennoch nicht später als bis zum 15. des Folgemonats zahlen.

Was passiert wenn man kein Gehalt bekommt?

Erhält der Arbeitnehmer länger als zwei Monate kein Gehalt, so hat der Arbeitnehmer das Recht, von seinem sogenannten Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen und die Arbeit zu verweigern – dieses Verhalten darf der Arbeitgeber aber weder sanktionieren noch deshalb kündigen.

Kann ich fristlos kündigen wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?

Im Allgemeinen gilt hierbei ein Zahlungsverzug des Arbeitgebers als fristloser Kündigungsgrund – sofern dieser in erheblicher Form vorliegt. Das bedeutet konkret, dass der Arbeitgeber mindestens zwei Monatsgehälter im Rückstand sein muss. Zudem muss der betroffene Arbeitnehmer zuvor eine Abmahnung ausgesprochen haben.