Was tun wenn die Krankenkasse zur Reha auffordert?

Krankengeld ist eine Lohn- oder Entgeltersatzleistung. In der Regel bekommt man sechs Wochen Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Anschließend greift das gesetzliche Krankengeld (wenn man versichert ist – egal ob pflichtversichert oder freiwillig versichert). Dieses läuft 18 Monate für ein und dieselbe Erkrankung innerhalb einer Frist von drei Jahren (auch wenn zwischendurch die Arbeit wieder aufgenommen wird). Nach 18 Monaten endet das Krankengeld. Man sagt auch, dass man dann ausgesteuert ist. Bei längerer Erkrankung kann entweder Arbeitslosengeld 1 (im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung) in Anspruch genommen werden oder man beantragt Rente.

Es gibt Krankenkassen, die versuchen, das Krankengeld verfrüht zu beenden. Was muss ein Arbeitnehmer beachten?

Wenn man länger krank ist, überprüfen die Krankenkassen unter Umständen schon vor Ende der 18 Monate, ob die Rentenvoraussetzungen vorliegen und somit die Krankengeldzahlungen eingestellt werden können. Dies ist vor allem bei jungen Patienten mit geringen Rentenansprüchen ein Problem und kann zu bedeutenden wirtschaftlichen Nöten führen.

Eine Krankenkasse, kann diesen Vorgang jedoch nur über einen Umweg veranlassen. Sie kann ein Verfahren in Gang setzen, das sich “Aufforderung zur Reha” nennt. Dies ist keine freundliche Aufforderung eine Reha anzutreten, sondern eine Art sozialmedizinisches Gutachten. Im Recht der Rentenversicherung gibt es einen Paragraphen, dass jeder Reha Antrag automatisch in einen Rentenantrag umgewandelt wird, wenn sich bei der Reha Maßnahme herausstellt (oder auch schon bei der Prüfung des Reha-Antrags), dass die Erwerbsfähigkeit auf absehbare Zeit nicht wiederhergestellt werden kann.

Verkürzt bedeutet das: Man unterschreibt seinen eigenen Rentenantrag, wenn man die Aufforderung zur Reha unterschreibt. Also ganz wichtig: Jeder Antrag für eine Reha Maßnahme ist auch ein Rentenantrag!!!

Hilfreich ist es, wenn sich der Arzt mit der Krankenkasse in Verbindung setzt oder im Arztbrief positiv prognostiziert wird, dass in naher Zukunft eine Wiedereingliederung oder eine Reha geplant ist. Dann sehen die Krankenkassen teilweise von den Zwangs-Reha-Anträgen ab. Besteht die Prognose und eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit scheint innerhalb eines halben Jahres realistisch, sollte dringend ein sozialmedizinisches Gutachten mit dieser Aussage erfolgen.

Die ökonomischen Zwänge bei Leistungsträgern führen zu einer Konkurrenzsituation zwischen Krankenkassen und Rentenversicherung. Dabei wird leider nicht bedacht, wie belastend diese Verfahren für die Betroffenen sind.

Deshalb: Wenn die Aufforderung zur Reha von der Krankenkasse kommt, bitte nicht sofort unterschreiben, denn damit wird das Verfahren in Gang gebracht!

Es lohnt sich zu prüfen, wie hoch die wirtschaftliche Benachteiligung bei Rentenbezug gegenüber der Krankengeldzahlung ist. Hier muss man abwägen, ob es sich ein Streit mit der Krankenkasse lohnt.

Deshalb sollte man rechtzeitig die finanzielle Situation prüfen. Es kann sein, dass das Krankengeld keine 18 Monate gezahlt wird, da die Krankenkasse versucht, den Erkrankten in eine Erwerbsminderungsrente zu drängen.

Dieses Verfahren macht es schwierig zu unterscheiden ob eine Reha etwas Gutes oder eher etwas Bedrohliches ist. Natürlich sollte eine Reha grundsätzlich etwas Gutes für einen Patienten sein, denn das ist das Signal, dass es zurück ins Leben geht. Deshalb bitte unbedingt unterscheiden ob ein Reha Antrag von der Krankenkasse kommt (Achtung! Bitte Hintergründe überprüfen) oder ob der klinische Sozialdienst auf einen zukommt und eine Reha vorschlägt.

Ihre Krankenkasse darf Sie nur zur Stellung eines Reha-Antrags auffordern, wenn ein ärztliches Gutachten vorliegt, nachdem Ihre Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist. In vielen Fällen liegt der Krankenkasse jedoch kein Gutachten vor, das den gesetzlichen Anforderungen i.S.d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt.

Die Aufforderung zur Stellung eines Reha-Antrags während des Krankengeld-Bezuges ist in § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 5 geregelt. Danach kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben.

Nach § 116 Sozialgesetzbuch 6 kann dieser Reha-Antrag von der Deutschen Rentenversicherung als Rentenantrag umgedeutet werden, also zur Verrentung führen.

Stellen Versicherte innerhalb der Frist von 10 Wochen den Antrag nicht, entfällt nach § 51 Abs. 3 Sozialgesetzbuch der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist.

Das Bundessozialgericht hat schon 1991 entschieden, was unter einem ärztlichen Gutachten zu verstehen ist. Es hat dabei klargestellt, dass es sich um mehr als ein Attest oder eine Bescheinigung handeln muss:

BSG, Urteil vom 07. August 1991 – 1/3 RK 26/90 –, BSGE 69, 187-191, SozR 3-2200 § 183 Nr 2, Rn. 15: Eine ärztliche Stellungnahme ist nur dann ein Gutachten, wenn darin – jedenfalls summarisch – die erhobenen Befunde wiedergegeben werden und sich der Arzt – soweit es sich um ein sozialmedizinisches Gutachten handelt – zu den nach seiner Auffassung durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkungen und ihrer voraussichtlichen Dauer äußert.

Weiter führte das BSG aus, das Gutachten müsse aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Dies sei nicht der Fall, wenn sich der Arzt darauf beschränkt, nur das Ergebnis seiner Überlegungen [...] mitzuteilen.

In der Begutachtungsanleitung Arbeitsunfähigkeit des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes i.d.F. v. 15.05.2017 heißt es entsprechend:

Bei der Entscheidung der Krankenkasse zur Aufforderung nach § 51 SGB V handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Wegen der möglicherweise einschneidenden Bedeutung für den Versicherten erfordert die Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V eine besondere sozialmedizinischen Beurteilung, wobei Art und Form dieses Gutachtens nicht festgelegt sind (BSG-Urteil vom 07.08.1991, Az.: 1/3 RK 26/90). Inhaltlich müssen jedoch als Mindeststandard nach der laufenden Sozialrechtsprechung - jedenfalls summarisch - die erhobenen Befunde wiedergegeben werden und sich der Arzt zu den nach seiner Auffassung durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkungen und ihrer voraussichtlichen Dauer äußern.

In der Praxis fordern die Krankenkassen ihre Versicherten häufig zur Stellung eines Reha-Antrags auf, ohne dass ein solches Gutachten vorliegt. In den meisten Fällen liegt der Krankenkasse nur eine sogenannte "SFB Arbeitsunfähigkeit" vor, die den Anforderungen eines Gutachtens oft nicht genügt (diese kann unter Umständen genügen). Sehr häufig werden von den Ärzten des MDK nur formularmäßig Kästchen angekreuzt, kurze Notizen gemacht und weder die Leistungseinschränkungen, noch deren voraussichtliche Dauer benannt.

Wenn Ihre Krankenkasse Sie zur Stellung eines Reha-Antrags innerhalb von 10 Wochen aufgefordert hat und sie damit nicht einverstanden sind, kontaktieren Sie mich gerne.

Wie verhalte ich mich wenn die Kasse Druck macht?

Denn für die Prüfung Deiner Arbeitsunfähigkeit ist nicht die Krankenkasse zuständig, sondern der Medizinische Dienst. Falls Dich die Krankenkasse trotzdem am Telefon drangsaliert, solltest Du möglichst wenig über Dich preisgeben. Teile ihr mit, dass Du alles Nötige gern schriftlich klärst.

Kann eine Krankenkasse mich in eine Erwerbsminderungsrente zwingen?

Die Krankenkasse kann nur ausnahmsweise auffordern, einen Rentenantrag zu stellen, wenn ein Anspruch auf eine Regelaltersrente besteht. Die Aufforderung durch die Krankenkasse schränkt das Dispositionsrecht des Versicherten über seine Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger ein.

Kann die Krankenkasse Krankengeld zurück fordern?

Das Bundessozialgericht hat schom im Jahr 1992 entschieden, dass ein Rückerstattung vom höheren Krankengeld rechtswidrig ist. Urteil vom 8.12.1992, 1 RK 9/92. Der Spitzbetrag – ist der Betrag um den das Krankengeld die EM-Rente übersteigt- kann die Krankenkasse nicht vom Versicherten zurückfordern.

Wer wandelt Rehaantrag in Rentenantrag um?

Selbst wenn ein Reha-Antrag gestellt und durch die RV wegen fehlender Erfolgsaussichten in einen Rentenantrag umgewandelt wird, kann der Versicherte dem widersprechen, den Rentenantrag zu einem späteren Zeitpunkt stellen oder bereits gestellte Anträge zurücknehmen. Er hat also ein Dispositionsrecht.