Was ist der unterschied zwischen intensiv fühlen und spüren

Was ist der unterschied zwischen intensiv fühlen und spüren
Zu laut, zu grell, zu voll – Was normal sensiblen Menschen nichts auszumachen scheint, kann für Menschen mit Hochsensibilität zur Belastungsprobe werden. Hochsensible Personen (HSP) nehmen äußere und innere Eindrücke viel stärker wahr als der Durchschnitt. Das sorgt für Überforderung und kann unangenehme Symptome nach sich ziehen. Der Alltag ist mitunter erschwert, nicht selten macht sich ein deutlicher Leidensdruck bemerkbar. Doch keineswegs ist Hypersensibilität ausschließlich negativ zu sehen, birgt sie doch so manche Stärken und Ressourcen.

Dieser Artikel befasst sich eingehend mit Hochsensibilität. Was versteht man unter Hochsensibilität und wie zeigt sie sich im Alltag? Kann Hypersensibilität ein Krankheitswert zugeschrieben werden und wie verhält es sich mit therapeutischen Ansätzen? Zudem sollen im Sinne einer ressourcenorientierten Sichtweise positive Aspekte von Hochsensibilität herausgearbeitet werden. Abschließend dürfen auch Tipps für den Alltag mit Hypersensibilität nicht fehlen.

Hypersensibilität als wissenschaftliches Konzept?

Der Terminus Hochsensibilität geht auf die amerikanische Psychologin Elaine N. Aron zurück. Bereits 1996 prägte sie den Begriff samt zugehörigem Phänomen. Bis heute existieren weder eine einheitliche Definition, noch eine einheitliche Theorie. Die Forschung steckt also strenggenommen noch in den Kinderschuhen, wenngleich die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Thematik stetig wächst.
Dass dem Thema Hochsensibilität zunehmend mehr Bedeutung beigemessen wird, mag nicht zuletzt daran liegen, dass der Prozentsatz Betroffener als recht hoch eingeschätzt wird. Man geht von insgesamt 15-20 % aus, wobei man anmerken muss, dass hier auch Grenzbereiche einbezogen sind. Jene Personen also, die sich im Bereich zwischen „normal empfindlich“ und „hypersensibel“ befinden, dabei aber womöglich keinen oder kaum Leidensdruck empfinden.

Was ist Hypersensibilität?

Was ist nun eigentlich genau gemeint, wenn Begriffe wie Hochsensibilität, Hypersensibilität oder hochsensible Persönlichkeit fallen?
Wir alle verarbeiten innere und äußere Eindrücke, wie sie pausenlos auf uns einprasseln. Doch in Bezug auf die Reizverarbeitung sind durchaus Unterschiede zu verzeichnen. So nehmen HSP („Highly Sensitive Persons“ bzw. „Hochsensible Personen“) Reize viel intensiver und detaillierter wahr. Das führt dazu, dass es – im Vergleich zu normal empfindlichen Personen – rasch zu einem Zustand der Überreizung beziehungsweise Überforderung kommt. Es ist demnach davon auszugehen, dass die neurophysiologische Verarbeitung von Reizen unterschiedlich erfolgt. Bei Menschen mit Hochsensibilität wird viel weniger gefiltert (neurologische Besonderheit).
Hypersensibilität umfasst ein breites Spektrum. Das trägt unter anderem dazu bei, dass sie nicht immer einwandfrei erkannt wird. Häufig wird sie gar als Spleen oder Spinnerei abgetan. Die Unterscheidung einzelner Teilbereiche von Hochsensibilität macht in jedem Fall Sinn, um ein Gefühl für die Bandbreite zu bekommen:

Hochsensibilität – Sensorisch sensibler Bereich: Hier steht eine sehr feine Sinneswahrnehmung im Zentrum. Geräusche, Licht, Farbe oder Gerüche – all das wird intensiv empfunden. Häufig sind Betroffene sehr lärmempfindlich, rasch irritiert und schnell überreizt von all den Eindrücken, die auf sie einwirken.

Hochsensibilität – emotional sensibler Bereich: Feinheiten im zwischenmenschlichen Bereich werden hier sehr intensiv empfunden. Betroffene lesen häufig „zwischen den Zeilen“, fühlen sehr stark mit anderen mit beziehungsweise verfügen über ein überdurchschnittliches Maß an Empathie und Intuition. Das kann mitunter zu einer deutlichen Überlastung führen.

Hochsensibilität – kognitiv sensibler Bereich: Hier steht die Kognition im Zentrum. Betroffene denken häufig sehr komplex und verfügen über ein starkes Gefühl für Logik beziehungsweise „wahr/falsch“ oder „schwarz/weiß“. Das wird dann problematisch, sobald kognitiv sensible Tendenzen das Alltagsgeschehen negativ beeinflussen.

Ist Hypersensibilität eine Erkrankung?

Mag die Forschungslage zum Thema auch noch recht dürftig sein, kann dennoch eines mit Sicherheit behauptet werden: Um eine (psychische) Störung handelt es sich bei Hochsensibilität nicht! Das gilt es deutlich herauszustreichen, denn nur zu gerne wird Hypersensibilität mit Krankheitsbildern wie Autismus, AD(H)S oder sozialen Ängsten in Verbindung gebracht. Auch in Zusammenhang mit Hochbegabung fällt der Terminus vermehrt.

Dabei betonte bereits Elaine N. Aron in ihren Ausführungen, dass nicht von einer Erkrankung ausgegangen werden darf, sondern – im Gegenteil – Hypersensibilität ein Persönlichkeitsmerkmal darstellt. Zwar hat Hochsensibilität viele Gesichter, was eine allgemeingültige Aussage schwierig macht, dennoch herrscht aktuell die Annahme vor, dass Vererbung eine Rolle spielt. Wenngleich diesbezüglich wenig aussagekräftige Forschung vorliegt, sind familiäre Häufungen zu beobachten.

Auch wenn Hypersensibilität als Persönlichkeitsmerkmal strikt von psychischen Erkrankungen abzugrenzen ist, steht außer Frage, dass eine Hochsensibilität durchaus mit entsprechendem Leidensdruck einhergehen kann. Durch vermehrte Tendenzen zu Überreizung und Überlastung (psychische Verletzbarkeit, chronischer Stress), steigt Schätzungen zufolge die Wahrscheinlichkeit, an psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen zu erkranken.

Wie zeigt sich Hypersensibilität?

Menschen mit hochsensibler Persönlichkeit bekommen die Auswirkungen ihrer ungefilterten Reizverarbeitung auf ganz unterschiedliche Weise zu spüren. Typische Symptome sind schwer festzulegen, und sind sehr individuell zu bewerten. Hypersensibilität zeigt sich demnach anhand einer ganzen Bandbreite von Anzeichen und das auf körperlicher, geistiger sowie seelischer/emotionaler Ebene.

Hypersensibilität: Symptome

Hochsensibilität kann sich auf verschiedenen Ebenen zeigen. Dazu spielt auch die Persönlichkeit eine große Rolle bei der individuellen Ausprägung der Hypersensibilität. Die gängigsten Merkmale von Hochsensibilität haben wir für Sie zusammengefasst:

Hochsensibel auf körperlicher Ebene:

  • Geräusche/Gerüche/visuelle Stimuli werden sehr intensiv wahrgenommen, mitunter sogar als schmerzhaft empfunden
  • vermehrte Erregungszustände (Zittern, Schwitzen, Nervosität,…)
  • geringe Belastbarkeit (häufiges Stressempfinden)
  • hohe Schreckhaftigkeit
  • Konzentrationsprobleme
  • Schmerz wird sehr intensiv wahrgenommen
  • starke Reaktion auf Koffein, Alkohol oder Medikamente
  • Hitze, Kälte, Hunger oder Durst beeinträchtigt die Befindlichkeit mitunter stark
  • gesteigertes Schlafbedürfnis/Schlafstörungen
  • geschwächtes Immunsystem
  • Tendenz zu Magen-Darm-Problemen sowie Verspannungen
  • Kopfschmerzen/Migräne
  • Bluthochdruck

Hochsensibel auf seelischer/emotionaler Ebene:

  • Befindlichkeiten und Stimmungen anderer werden sehr intensiv wahrgenommen und überfordern mitunter deutlich
  • Abgrenzung fällt schwer
  • starkes Harmoniebedürfnis (eigene Bedürfnisse werden mitunter vernachlässigt, um es anderen recht zu machen)starkes Gerechtigkeitsempfinden
  • hoher Anspruch an sich selbst/Perfektionismus
  • Gutgläubigkeit/Naivität
  • starke Intuition („feine Antennen“)

Hochsensibel auf geistiger Ebene:

  • vielschichtige, komplexe und abstrakte Denkmuster
  • Zusammenhänge werden rasch erkannt
  • mitunter stark bildhaftes Denken
  • sehr starke Reflexionsfähigkeit
  • Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen
  • So wirkt sich Hochsensibilität im Alltag aus

Wenn Sinnesreize und Emotionen sehr facettenreich wahrgenommen werden, ohne ausreichendes Korrektiv, das entsprechend filtert, kann das schnell für Überforderung sorgen. Man muss sich das wie ein System vorstellen, das von Zeit zu Zeit überlastet ist. Geräusche, Gerüche, visuelle Eindrücke und Emotionen prasseln ungefiltert auf einen ein. Das führt zur Erschöpfung – Stressresistenz und Belastbarkeit sinken. Ein Teufelskreis setzt ein! Natürlich sind Ausprägungen von Hochsensibilität verschieden. Ebenfalls ist der Übergang zwischen „normaler“ Empfindlichkeit und Hypersensibilität fließend und auch sehr individuell geprägt. Was hochsensiblen Persönlichkeiten jedoch durch die Bank nicht fremd ist, ist das deutliche Gefühl einer Überreizung, was mitunter für Dauerstress und unangenehme Symptome sorgt.

Großer Leidensdruck entsteht nicht zuletzt auch dadurch, dass Betroffene – vor allem, wenn sie nicht wissen, worin das Problem liegt – häufig das Gefühl haben, irgendwie „anders“ oder „nicht richtig“ zu sein. Immerhin sehen sie im tagtäglichen Vergleich, wie der Großteil ihrer Mitmenschen bestens mit der Vielfalt von Reizen zurecht kommt, die ihnen selbst so zu schaffen macht.

Hypersensibilität: nicht nur nachteilig

Zwar mag Hochsensibilität mit Einschränkungen und Leidensdruck verbunden sein, das allein ist aber zu defizitorientiert gedacht. So darf nicht vergessen werden, dass Hypersensibilität keine Erkrankung, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal ist und als solches durchaus als Fluch und Segen gleichermaßen empfunden werden darf (und auch wird). Eine ressourcenorientierte Sichtweise macht durchaus Sinn, denn durch ihre besondere (Sinnes-)Wahrnehmung verfügen HSP über eine Vielzahl unterschiedlicher Stärken, die sich im Privat- sowie Berufsleben gleichermaßen gut einsetzen lassen.

Die sehr detaillierte und facettenreiche Sinneswahrnehmung sorgt für tiefes Empfinden und Erleben. Vor allem in künstlerischen und ästhetischen Bereichen fühlen sich hypersensible Menschen häufig wohl und sind zu herausragenden Leistungen fähig. Sich in eine Sache so richtig vertiefen zu können, ist ebenfalls eine Stärke, die herausgestrichen werden muss. Darüber hinaus geht Hochsensibilität oftmals mit großer Reflexionsfähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein einher.

Auch im zwischenmenschlichen Bereich beziehungsweise in sozialen Berufen punkten HSP häufig. Ihre herausragende Empathie sowie die Fähigkeit, Beziehungen Tiefe geben zu können, zeichnet sie aus. Nicht zuletzt verfügen hochsensible Personen oftmals über viel Vorstellungsvermögen, vorausschauendes und reflexives Denken sowie einen analytischen Verstand. Eigenschaften, die gerade im technischen und mathematischen Bereich sehr gefragt sind.

Therapie bei Hochsensibilität?

Eine Therapie bei Hochsensibilität? Das würde ihr Selbstverständnis als Persönlichkeitsmerkmal gewissermaßen ad absurdum führen! Auch Diagnosekriterien im engeren Sinn beziehungsweise Testinstrumentarien existieren für Hochsensibilität nicht. Vielmehr geht es darum, die positiven Facetten von Hochsensibilität zu nutzen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass negative Aspekte nicht zu stark zum Tragen kommen.

Für hochsensible Persönlichkeiten sind Rückzug und Entlastung sowie ein gewisses Maß an Abgrenzung ganz besonders wichtig. Klassische Therapiemaßnahmen (medikamentöse Therapie, Gesprächstherapie) als solche sind dann angezeigt, wenn sich aufgrund der Hypersensibilität Folgeerkrankungen wie Depression oder Burnout entwickelt haben.

Tipps für den Alltag mit Hypersensibilität

Wenngleich Therapiemaßnahmen bei Hochsensibilität selbst nicht angezeigt sind, gibt es für Betroffene natürlich Möglichkeiten, um im Alltag für Entlastung und Entspannung zu sorgen. Auf diese Weise lassen sich Überreizung und daraus resultierende Überforderung langfristig minimieren.

Regelmäßige „Auszeiten“ einplanen

Um einer Reizüberflutung entgegenzuwirken, ist es ratsam, regelmäßige „Auszeiten“ einzuplanen, in denen man sich bewusst so wenig Einflüssen wie möglich aussetzt. Sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen und für einige Zeit auf Störungen durch Smartphone und Co. zu verzichten, wirkt oftmals Wunder.

Ein Reiz-Tagebuch führen
Aufzeichnungen darüber zu führen, welche Situationen mit einer Überreizung einhergehen, ist sinnvoll, um Auslöser aufzuspüren und – wenn möglich – zu vermeiden.

Auf offene Kommunikation setzen
Hochsensible Personen fühlen sich oftmals unverstanden und alleine in ihrer Besonderheit. Hier auf offene Kommunikation zu setzen, wirkt nachhaltig. Nicht nur wächst die gesellschaftliche Akzeptanz für Hochsensibilität, Außenstehende können zudem viel leichter Rücksicht nehmen, wenn sie informiert sind.

Entspannungstechniken anwenden
Das gut dosierte Anwenden von Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga kann dabei helfen, Stress abzubauen und wirkt so einer Überreizung entgegen. Auch Achtsamkeitsübungen, die sich leicht in den Alltag einbauen lassen, haben diesen Effekt.

Auf eine gesunde Lebensweise achten
Eine gesunde Lebensweise hilft uns dabei, in innerer Balance zu bleiben und ist gerade für hochsensible Personen ungemein wichtig. Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung sowie ein gewisses Maß an Bewegung tragen dazu bei, Stress abzubauen und fördern die körperliche und psychische Belastbarkeit nachhaltig.

Was ist der Unterschied zwischen spüren und fühlen?

Auf Deutsch kann man sehr genau über seine Gefühle sprechen. Der Unterschied zwischenfühlen“, „spüren“ und „empfinden“ liegt in der Intensität des Gefühls und darin, woher es kommt.

Kann man fühlen was der andere fühlt?

Ganz bestimmt, denn wir Menschen sind soziale und mitfühlende Wesen. Und die sogenannten Spiegelneuronen sorgen dafür, dass wir das empfinden können, was andere empfinden. Unsere Mimik und Gestik sprechen eine eigene Sprache.

Wie kann ich meine Gefühle spüren?

Ein Gefühl entsteht dann, wenn unsere Gedanken und unsere Umwelt in Interaktion treten. Dabei werden unsere Gefühle immer von uns selbst erzeugt, indem unser Verstand irgendetwas in einer gewissen Weise interpretiert. Vivian Dittmar unterscheidet in 5 Grundgefühle: Wut, Trauer, Angst, Freude und Scham.

Warum fühle ich die Gefühle anderer?

Was bedeutet Gefühlsansteckung? Die Emotionen anderer Menschen selbst aufzunehmen und sie zu fühlen, als wären es unsere eigenen ist meistens ein Prozess, der unbewusst stattfindet. Forscher fanden dabei heraus, dass negative Emotionen stärker übernommen werden, als positive.