Schon wieder trudelt eine Einladung zu einem Elternabend ein, es ist die dritte in diesem Schuljahr für den 1. Klässler, der zweite Elternabend für die 7. Klässlerin steht im April an, und gestern war Elternabend im Kindergarten. Mich als Alleinerziehende mit kleinen Kindern stellt das vor Probleme. Hätte ich mehr Geld, könnte ich mir einen Babysitter nehmen, aber das kostet hier in Konstanz locker 10 € pro Stunde, macht 25-30 € für einen Elternabend, das sind bei 8-10 Elternabenden fast 300 Euro im Jahr. © DOC RABE Media – Fotolia.comAls Bezieherin von Wohngeld, die in öffentlich gefördertem Wohnraum wohnt (mit WBS) und mit der Selbstständigkeit als Redakteurin gerade erst angefangen hat, und Mutter von drei Kindern, ist das viel Geld. Geld, das ist nicht einfach so übrig habe, denn Ende März hat z.B. mein Sohn Geburtstag, der braucht ein neues Fahrrad – oder eben ein ordentliches Gebrauchtes -, muss eine Feier haben, und natürlich auch Geschenke. Neue Schuhe muss ich auch für alle Kinder kaufen im Frühling, und Kleidung sowieso. Ich kann also nicht auf jeden Elternabend, und seit neuestem sage ich das auch so: „Ich kann nicht kommen, weil ich kein Geld für einen Babysitter habe.“ „Oh“, sagen die Leute dann, „Hast du keine Familie, Nachbarn, Freunde oder Bekannte, die einspringen können?“ Dann seufze ich innerlich und versuche, ruhig und freundlich zu antworten, weil es mich so wütend macht, dass ich nicht einmal zu einem Elternabend gehen kann, und sich offenbar kaum jemand vorstellen kann, dass das nicht an meiner Unfähigkeit, mir Hilfe zu organisieren, liegt. Weil es mir ein Bedürfnis ist, das im Einzelnen mal aufzudröseln, erkläre ich das mal, und hoffe, dass dies auch ein Politiker liest, viele Erzieher und Lehrer, und Menschen, die in Ämtern sitzen: Warum ich manchmal nicht zum Elternabend kommen kann
Ein Lösungsansatz – aber taugt der etwas?© Hans-Jörg Nisch – Fotolia.comEine Idee wäre, die älteste Tochter eben doch mit den Geschwistern alleine zu lassen von 19:40 bis 21:45 (auf den letzten Drücker kommend und auf den ersten gehend), und eine Nachbarin/Freundin im Haus zu bitten, auf Anruf der großen Schwester schnell parat zu stehen. Denn ich brauche 15 Minuten vom Elternabend bis nach Hause. Zweite Idee: Der Lehrerin mitteilen, dass ich kein Geld habe, um einen Babysitter zu organisieren. Aber der Sohn wünscht sich, dass ich zum Elternabend gehe. Dilemma. Und das wirkt für Menschen, die so ein Problem nicht keinen, vielleicht einfach faul und desinteressiert. Gestern, beim Elternabend im Kindergarten habe ich das so gehandhabt – es war das erste Mal und hat für ziemliches Erstaunen gesorgt, obwohl ja klar ist, dass bei zwei voll vom Staat finanzierten Kindergarten- bzw. Hortplätzen inklusive Mittagessenszuschuss wenig Geld im Haus ist. Dritte Idee: Babysitter buchen und auf Nummer sicher gehen, dafür notfalls am Monatsende bei „Die Tafel“ Mittag essen und Essen holen. So, und jetzt Ihr. Kann ich eine 12-jährige mit ihrem 6 Jahre alten Bruder und einer zickigen 4-Jährigen alleine lassen?
Christine Finke Alleinerziehend mit 3 Kindern, Buchautorin und Kolumnistin, seit 2014 auch Stadträtin in Konstanz. Bloggt hier seit 2011. |