Albert einstein frau gleich böse

Ist Albert Einstein Vater eines bisher unbekannten, unehelichen Kindes? Eine Liaison aus Jugendtagen mit einer Herisauerin legt dies nahe.

Albert einstein frau gleich böse

Albert Einstein als ETH-Student, aufgenommen 1898. (Bild: ETH Bibliothek Zürich)

Es war noch nicht die Initialzündung zur Entwicklung der Relativitätstheorie, als es Ende Juli 1899 in einem ETH-Labor plötzlich knallte. Verantwortlich für die Explosion war zwar der 20jährige Albert Einstein, das Experiment jedoch misslang. Einstein ignorierte den professoralen Rat, er solle doch besser Recht oder Philologie studieren, liess sich in einer Klinik die rechte Hand nähen und verabschiedete sich vorzeitig in die Ferien. Die Sonne brannte am Erstaugusthimmel, als er mit Mutter und Schwester die Zimmer im Kurhotel Paradies (heute ein Wohnheim) im zürcherischen Mettmenstetten bezog. Die geschwätzigen Hotelgäste und jene seiner Mutter gingen dem Jungspund gehörig auf die Nerven, weshalb er sich vornehmlich zurückzog, viel las und noch mehr schrieb – trotz eingebundener Hand. Ausgedehnte Spaziergänge und Bergtouren mit dem Wirt standen ebenfalls auf dem Programm. So bestieg er mit ihm innert vier Tagen zweimal den Säntis. Den Ostschweizer Hausberg kannte er freilich schon von einem Schulausflug drei Jahre zuvor. Damals war Einstein ausgeglitten, und nur das Reaktionsvermögen eines Klassenkameraden bewahrte ihn vor dem Absturz.

Ein Briefchen hier, ein Küsschen da

In Mettmenstetten lernte Einstein die 17jährige Schwägerin des Wirts kennen, Anna «Anneli» Schmid aus Herisau, die den Sommer über im Hotel aushalf und die Kinder ihrer Schwester hütete. Mit ihr verbrachte er viel Zeit und schrieb ihr zuletzt ins Poesiealbum. Über die lyrische Qualität lässt sich streiten, aber Anneli war nachhaltig gerührt von Zeilen wie «Wüsste Dir ganz mancherlei/Ein Kuss ist auch dabei/Aufs Mündchen klein/Wenn Du drum böse bist/Musst nit gleich greinen/Die beste Strafe ist –/Gibst mir auch einen» mit Grüssen vom «spitzbübischen Freunderl». Wer weiss, was in diesen sechs Sommerwochen im «Paradies» alles vor sich ging. Der Kontakt zwischen Anneli und Einstein brach nach den Ferien jedoch ab – allerdings nur vorübergehend.

Einstein war also nicht nur ein eifriger Physikstudent, sondern auch ein beflissener Romantiker, der es verstand, nicht nur die Saiten seiner Violine in Schwingung zu versetzen, sondern auch so manche «Mädchenseele». Mit drei Damen unterhielt er im Sommer 1899 Briefwechsel: Da war zum einen Marie, die schönste der Winteler-Töchter, seiner Gastfamilie im Aargau, bei der er während seiner Gymnasialzeit lebte. Hiess er sie zu Beginn noch «Schatzerl», so schickte er ihr später während des Studiums in Zürich nur noch Körbe voller Wäsche, die sie für ihn besorgte. Einstein beendete diese Liebschaft abrupt. Briefe erhielt auch Julia Niggli, mit der Einstein während Aarauerzeiten des Abends oft musizierte. Aus Mettmenstetten schrieb er ihr, er würde ihr jetzt gerne helfen, «in allerlei netter Weise die Zeit totzuschlagen» und fordert sie zum Besuch im Kurhotel auf.

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Die innigsten Schreiben aus Mettmenstetten galten aber seiner späteren Gattin und Kommilitonin Mileva Maric, die er liebevoll «Doxerl» (kleiner Dachs) nannte. Die Briefe an sie sind durchzogen mit den gewohnten Schmeicheleien, die dann wieder mit elektrodynamischer Fachdebatte durchbrochen werden, teilweise gar angereichert mit algebraischen Formeln. Einsteins Mutter, eine wohlwollende aber resolute Frau, war zeitlebens gegen die Beziehung ihres Sohns mit der stillen, humorlosen, leicht gehbehinderten Serbin. Einst schrieb sie einigermassen verzweifelt an eine Freundin: «Dieses Fräulein Maric bereitet mir die bittersten Stunden meines Lebens.» Einstein selbst fühlte sich allerdings stark zu Mileva Maric hingezogen, sie war ihm intellektuell gewachsen. Neben seiner Arbeit im Patentamt in Bern fand Einstein Zeit, seine Theorien zu entwickeln. Sie heirateten im Januar 1903. Nach dem 1901 vorehelich geborenen Töchterchen Lieserl gebar Mileva 1904 Hans Albert und 1910 Eduard. Einstein war mittlerweile zum Physikprofessor an die Uni Zürich berufen worden, und die Ehe mit Mileva war bereits stark zerrüttet.

Briefaffäre und Eifersuchtsdrama

Dazu trug Anneli Schmid ihren Anteil bei. Sie hatte 1903 einen Wagnermeister geheiratet, lebte in Basel, blieb kinderlos. Aus der Zeitung erfuhr sie von Einsteins Berufung nach Zürich und schrieb ihm noch gleichentags ein Gratulationskärtchen. Im Antwortschreiben erinnerte sich Einstein mit grosser Freude an die «hübschen Wochen, welche ich im Paradies in Ihrer Nähe verbringen durfte» und an das «liebliche und fröhliche Mädchen» von damals, das jetzt sicherlich eine «treffliche, beglückende Frau» geworden sein musste. Offenbar waren bei Anneli sogleich wieder alte Gefühle entflammt, denn sie schrieb umgehend zurück. Doch dieses Mal fing Mileva den Brief ab und schickte ihn gepackt von der Eifersucht zurück an den Absender mit dem Vermerk, dass «er sie nicht recht verstehe». Dieser Brief fiel wiederum in die Hände von Annelis Ehemann, der sich seinerseits an Einstein wandte und wissen wollte, was der ganze Zirkus eigentlich soll. Auch diesen Brief fing Mileva ab und schrieb nun direkt an Annelis Mann, in dem sie auf seine Fragen antwortete. Nun bekam endlich auch Einstein Wind von der Sache, der bisher einzig Annelis Gratulationskarte in Händen gehalten hatte. Über das Vorgehen seiner Frau war er äusserst ungehalten. Er verfasste einen Brief, adressiert an Annelis Mann, in dem er sich einerseits für das «unrechte Verhalten» seiner Frau entschuldigte, darum bat, dem «ehrenwerten» Anneli, das nichts verbrochen habe, nichts nachzutragen, und versprach ausserdem, nichts mehr zu unternehmen, das ihr Eheglück weiter stören würde.

Es ist zwar nicht belegt aber durchaus möglich, dass sich Einstein mit Anneli in den ersten Juliwochen 1909 getroffen hat. Zumindest wurde sie just in dieser Zeit schwanger, als die ganze Briefaffäre im zweifachen Ehestreit kulminierte. Neun Monate später, am 10. März 1910, kam Töchterchen Erika auf die Welt. Erika blieb ein Einzelkind, während Annelis Schwestern allesamt mehr als drei Kinder bekamen. Spätere Briefe bis in die Dreissigerjahre belegen zudem, dass der Kontakt zwischen Einstein und Anneli nie abbrach. Untermauert wird die These vom Umstand, dass Einstein im Sommer 1909 häufig beruflich unterwegs war, angesichts der sich zuspitzenden Ehekrise vielleicht häufiger als nötig. Für einen Fachkongress in Wien reiste er Wochen im Voraus an.

Wollte Anneli ihre bisher kinderlose Ehe schützen?

Zugegeben: Bei dieser Faktenlage wäre es verfehlt, dem grossen Albert Einstein ein uneheliches Kind unterzujubeln. Das war und ist auch nicht die Intention von Hanspeter Isoz (70), der diese Geschichte akribisch recherchiert und in einem 130seitigen Buch im Eigenverlag publiziert hat. Dem Mettmerstetter war einzig bekannt, dass Albert Einstein einst seine Ferien im Ort verbracht haben soll. Zum 900-Jahr-Jubiläum des Dorfs wollte er diese Geschichte aufarbeiten und das Büchlein der Gemeinde als Überraschung schenken. Überrascht war dann vor allem Isoz selber, als er bei der Recherche auf immer mehr Briefe stiess und sich die Hinweise verdichteten, dass es nach dem Eifersuchtsdrama im Sommer 1909 durchaus zu einem tröstenden Wiedersehen zwischen Anneli und Albert hätte kommen können. Dafür spricht auch, dass Anneli Erika im Glauben aufwachsen liess, dass Einstein ihr leiblicher Vater sei. Offen angesprochen wurde die Sache aber nie. Vielleicht wollte Anneli die ansonsten kinderlose Ehe schützen. Auch Einstein selbst schien nichts von einer möglichen weiteren Vaterschaft gewusst zu haben.

Die Geschichte bereitete Hanspeter Isoz einige schlaflose Nächte. Sie hat ihn gefangen genommen. Immer wieder hatte er Skrupel, in solch persönlichen Dokumenten längst verstorbener Personen zu wühlen. Es waren aber grösstenteils Dokumente, welche den renommiertesten Einstein-Biographen bekannt waren. Diese sind sich einig, dass die Affäre um die abgefangenen Briefe den Anfang vom Ende von Einsteins erster Ehe markierten. Wer aber dieses Anneli aus Herisau war, das interessierte ennet dem grossen Teich niemanden. Und dass sie ein uneheliches Kind von Albert bekommen haben könnte, hatten sie schon gar nicht auf dem Radar. Hanspeter Isoz sprach auch mit zwei von drei noch lebenden Kindern von Erika. Auch sie gehen davon aus, dass Albert Einstein ihr Grossvater sein könnte. Doch gehen sie – nicht zuletzt wegen der Unbeweisbarkeit – ebenso wie Autor Hanspeter Isoz sehr behutsam mit der Geschichte um.

Buch im Handel «Wie bitte, Herr Einstein, war das jetzt ganz genau im Paradies?» von Hanspeter Isoz ist für rund 23 Franken zu erstehen.