Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?

Vor der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 waren viele Menschen nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, obwohl sie sich in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis befanden. Der Mindestlohn soll dafür sorgen, dass solche Tage der Vergangenheit angehören.

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Muss ein Praktikum mit dem Mindestlohn vergütet werden?

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Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern einen Lohn von mindestens 12,00 € (Stand Oktober 2022) brutto pro Stunde zahlen. Alle zwei Jahre soll dieser Betrag angepasst und überprüft werden. Diese Aufgabe übernimmt eine besondere Mindestlohnkommission, die aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern besteht.

Kurz & knapp: Mindestlohn im Praktikum

Wann muss der Mindestlohn im Praktikum gezahlt werden?

Wenn das Praktikum länger als drei Monate andauert und freiwillig absolviert wird, besteht in der Regel ein Anspruch auf den Mindestlohn.

Welche Praktika müssen nicht mit dem Mindestlohn vergütet werden?

Wenn es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, der Praktikant unter 18 ist und über keine Ausbildung verfügt oder das freiwillige Praktikum nicht länger als drei Monate dauert, muss kein Mindestlohn gezahlt werden.

Wo liegen die Vor- und Nachteile beim Mindestlohn im Praktikum?

Eine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile bei einem Praktikum, das mit dem Mindestlohn vergütet wird, finden Sie hier.

Es ist jedoch kein Geheimnis, dass der Mindestlohn nicht für jeden gilt. Als Ausnahmen vom Mindestlohn gelten beispielsweise Auszubildende, Selbstständige oder Arbeitnehmer, die nach einem Tarifvertrag je nach Branche bezahlt werden. Doch wie sieht es mit den Praktikanten aus? Muss der Mindestlohn auch im Praktikum gezahlt werden?

Welche Unterschiede es zwischen den verschiedenen Praktikumsformen in Bezug auf den Mindestlohn gibt, wann möglicherweise im Praktikum Anspruch auf Mindestlohn besteht und welche Vor- und Nachteile der Mindestlohn im Praktikum mit sich bringt, erklärt der folgende Ratgeber. Außerdem erhalten Sie interessante Informationen zum Mindestlohn im Ausland und dazu, was bei Missachtung der Vorschriften für Konsequenzen drohen können.

  • Nutzen Sie den kostenlosen Mindestlohn-Rechner!
  • Kurz & knapp: Mindestlohn im Praktikum
  • Wann besteht Anspruch auf Mindestlohn im Praktikum?
    • Muss bei einem Pflichtpraktikum der Mindestlohn gezahlt werden?
    • Mindestlohn: Muss ein freiwilliges Praktikum damit entlohnt werden?
    • Welche Rolle spielt die Dauer beim Mindestlohn im Praktikum?
    • Mindestlohn für Praktikanten unter 18 Jahren?
    • Mindestlohn: Nur noch Praktika für drei Monate?
    • Wie sehen die Regelungen zum Mindestlohn bei einem Praktikum im Ausland aus?
  • Vor- und Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum
    • Vorteile vom Mindestlohn im Praktikum für Arbeitgeber
    • Vorteile vom Mindestlohn im Praktikum für Praktikanten
    • Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum für Arbeitgeber
    • Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum für Praktikanten
  • Mindestlohn im Praktikum: Urteile
  • Praktikum und Mindestlohn: Fazit
    • Weiterführende Suchanfragen

Wann besteht Anspruch auf Mindestlohn im Praktikum?

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Wann gilt der Mindestlohn auch für Praktikanten?

Im Mindestlohngesetz (MiLoG) sind alle mit dem Mindestlohn einhergehenden Vorschriften festgehalten. Wer einen Stundenlohn von mindestens 12,00 € (Stand Oktober 2022) brutto erhält, wer für die Kontrollen zuständig ist und welche Bußgelder möglich sind, das alles ist im MiLoG definiert.

In der Regel gilt der Mindestlohn auch für Praktikanten, was § 22 MiLoG beweist:

Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.“

Dies ist jedoch nur der Regelfall. Es existieren einige Ausnahmen, in denen kein Mindestlohn im Praktikum gezahlt werden muss. Diese orientieren sich einerseits an der Form des Praktikums, andererseits jedoch auch an der Dauer. Wie diese Ausnahmen genau aussehen, erfahren Sie im Folgenden.

Muss bei einem Pflichtpraktikum der Mindestlohn gezahlt werden?

Um ein Pflichtpraktikum handelt es sich, wenn ein solches von der Schule oder der Universität vorgeschrieben wird. In manchen Fällen verhält es sich so, dass ein Praktikum in der Studienordnung vorgesehen ist und das Studium nur abgeschlossen werden kann, nachdem ein Praktikum in der jeweiligen Branche absolviert wurde.

Der Mindestlohn muss im Pflichtpraktikum nicht gezahlt werden. Die Dauer des Praktikums spielt ebenfalls keine Rolle. Nicht nur Praktika während des Studiums, sondern auch im Vorfeld zu leistende Praktika sind vom Mindestlohn ausgeschlossen. Dies schließt auch eine etwaige Einstiegsqualifizierung im Betrieb oder die Vorbereitung auf eine Ausbildung ein.

Wichtig: Schreiben Studierende während eines Praktikums an einer Abschlussarbeit, so ist dadurch noch kein Praktikumsverhältnis gegeben. Dies ist darin begründet, dass die Studierenden durch das Verfassen der Arbeit an sich noch keine Tätigkeit im Betrieb ausüben. Bei einem solchen Praktikum muss kein Mindestlohn gezahlt werden. Handelt es sich jedoch um ein begleitendes Praktikum und Studierende übernehmen Aufgaben im Unternehmen, kann ein Mindestlohn im Praktikum fällig werden.

Mindestlohn: Muss ein freiwilliges Praktikum damit entlohnt werden?

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Mindestlohn: Ein freiwilliges Praktikum müssen Arbeitgeber unter Umständen damit vergüten.

Ein freiwilliges Praktikum kann absolviert werden, wenn jungen Menschen vor Beginn der Studien- oder Ausbildungszeit noch nicht klar ist, was sie mit ihrem Leben anfangen möchten.

Durch ein Praktikum können sie in die jeweiligen Berufsfelder hineinschnuppern und sich so einen Eindruck vom Job machen. Sind sie zufrieden, können sie sich durch das Praktikum leichter für einen Beruf entscheiden.

Auch während der Ausbildung oder Studienzeit ist ein freiwilliges Praktikum möglich. Doch muss der Arbeitgeber ein freiwilliges Praktikum mit dem Mindestlohn vergüten? Den Mindestlohn für ein Praktikum auf freiwilliger Basis erhalten Absolventen nur in diesen zwei Fällen:

  1. Es muss sich in jedem Fall um ein freiwilliges Praktikum handeln, das weder als Bestandteil der Ausbildung angesehen, noch von der Hochschule verlangt wird.
  2. Das Praktikum muss über eine Dauer von drei Monaten hinausgehen.

Bei Praktika unter drei Monaten liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, wie hoch er die Vergütung ansetzt. Das Mindestlohngesetz sieht außerdem vor, dass bei freiwilligen Praktika, die nach drei Monaten verlängert werden, der Mindestlohn rückwirkend gezahlt werden muss.

Welche Rolle spielt die Dauer beim Mindestlohn im Praktikum?

Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer sollten die Dauer eines Praktikums in Bezug auf den Mindestlohn nicht aus den Augen lassen. Der Mindestlohn bei einem Praktikum, welches auf drei Monate ausgelegt ist, muss nämlich nicht gezahlt werden. Arbeitgeber haben das Recht, frei zu entscheiden, wie hoch die Vergütung ausfallen soll.

Doch auch Praktikanten sollten über die Regelungen zum Mindestlohn im Praktikum informiert sein. So kann vermieden werden, dass sie mit falschen Erwartungen an die Sache herangehen und am Ende enttäuscht sind. Der Mindestlohn in einem Praktikum, das beispielsweise sechs Monate dauern soll, ist Praktikanten jedoch in der Regel sicher.

Übrigens: Die Dauer der täglichen Arbeitszeit muss bei einem Praktikum in puncto Mindestlohn nicht immer dokumentiert werden. Falls eine Kontrolle ansteht, sollten Arbeitgeber in jedem Fall vorbereitet sein und die notwendigen Nachweise bereithalten. Das Zollamt bzw. die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) kümmert sich unter anderem darum, zu kontrollieren, ob der Mindestlohn im Praktikum auch wirklich gezahlt wird.

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Wird ein Praktikant nach dem Mindestlohn bezahlt, muss normalerweise seine Arbeitszeit dokumentiert werden.

Nur in Branchen, die bekannt für Schwarzarbeit sind, haben Arbeitgeber die Pflicht, die Dauer der Arbeitszeit zu dokumentieren. Folgende Branchen sind von dieser Regelung betroffen:

  • Gaststätten
  • Fleischwirtschaft
  • Baugewerbe
  • Logistik-, Transport- und Speditionsbereich
  • Herbergen
  • Gebäudereinigung
  • Forstwirtschaft
  • Messebau

Um in Bezug auf den Mindestlohn im Praktikum keine Strafe zu riskieren, sollten Beginn und Ende der Arbeitszeit in jedem Fall schriftlich festgehalten werden. Viele Arbeitgeber überlassen diese Aufgabe sogar ihren Praktikanten. Diese dokumentieren ihre Arbeitszeit dann auf einem Stundenzettel und lassen diesen ggf. gegenzeichnen.

Mindestlohn für Praktikanten unter 18 Jahren?

Der Mindestlohn gilt ausschließlich für volljährige Arbeitnehmer. Ein Praktikant erhält den Mindestlohn dementsprechend nur, wenn er das 18. Lebensjahr vollendet hat. Verhält es sich jedoch so, dass die betroffene Person zwar noch keine 18 Jahre alt ist, im Gegenzug jedoch eine abgeschlossene Ausbildung vorzuweisen hat, muss ihr der Mindestlohn im Praktikum gewährt werden.

Dies beweist auch § 22 MiLoG:

Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.“

Mindestlohn: Nur noch Praktika für drei Monate?

Da der Mindestlohn für ein Praktikum nicht gezahlt werden muss, wenn dieses nach drei Monaten endet, entscheiden sich viele Unternehmer eher für diese Form der Beschäftigung von Praktikanten. Es existieren jedoch durchaus Mittel und Wege, längere Praktika anzubieten. Gerade bei einer langwierigen Einarbeitungsphase kann sich dies auszahlen.

Auch bei Praktikanten steht die Bezahlung nicht an erster Stelle. Wichtiger ist ihnen meist eine angenehme Arbeitsatmosphäre, viele Erfahrungen zu sammeln und Weiterbildungsmöglichkeiten zu haben. Für eine entsprechende Leistung sollte nichtsdestotrotz eine angemessene Bezahlung erfolgen.

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Einige Unternehmen versuchen, den Mindestlohn im Praktikum zu umgehen.

Arbeitgeber haben mehrere Möglichkeiten, wenn sie den Mindestlohn im Praktikum nicht für den gesamten Zeitraum zahlen können, Praktikanten aber trotzdem länger als drei Monate beschäftigen möchten. Es geht dabei meist darum, ein unvergütetes Praktikum anzubieten bzw. einen sehr geringen Betrag zu zahlen und den Praktikanten nach drei Monaten als einen Angestellten zu beschäftigen.

Ein separater Arbeitsvertrag ist hier von elementarer Wichtigkeit. Wird das Praktikum nämlich nach drei Monaten einfach fortgesetzt, droht eine Nachzahlung vom Mindestlohn fürs gesamte Praktikum!

Arbeitgeber könnten beispielsweise ein Beschäftigungsverhältnis von fünf Monaten anstreben. Um den Mindestlohn im Praktikum zu umgehen, zahlen sie in den ersten drei Monaten gar nichts und steigen in den Monaten vier und fünf auf den Mindestlohn um. Auch hier sollten sie einen separaten Arbeitsvertrag abschließen.

Zu bedenken ist jedoch, dass der jeweilige Praktikant durch diese Handhabung in jedem Fall um den Mindestlohn im Praktikum betrogen wird. Hinzu kommt, dass Unternehmer knapp 21 Prozent mehr Lohnkosten haben, da sie für die soziale Sicherung der ehemaligen Praktikanten aufkommen müssen.

Wie sehen die Regelungen zum Mindestlohn bei einem Praktikum im Ausland aus?

Es ist in der heutigen Zeit durchaus keine Seltenheit mehr, dass sich Jugendliche nach dem Abitur oder während des Studiums für ein Praktikum im Ausland entscheiden. Vielen geht es dabei vorrangig nicht um die Vergütung, sondern eher um die Erfahrungen, die in einem anderen Land gesammelt werden können. Auch im Lebenslauf macht sich ein Auslandsaufenthalt nicht schlecht.

Nichtsdestotrotz müssen junge Menschen auch im Ausland für ihre Lebenshaltungskosten aufkommen. Miete für die Wohnung, Nahrungsmittel, Kleidung oder geplante Ausflüge – all das muss schließlich irgendwie bezahlt werden. Da sich die gesetzlichen Vorschriften zum Mindestlohn im Praktikum ausschließlich auf Deutschland beziehen, sind viele Jugendliche unsicher und wissen nicht recht, mit welcher Vergütung zu rechnen ist.

Es besteht die Möglichkeit, dass Studierende den Mindestlohn im Praktikum auch im Ausland geltend machen können. Dafür müssen jedoch ein paar Voraussetzungen gegeben sein:

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Ein Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum in der Schweiz ist eher unwahrscheinlich.

  • Es muss sich in jedem Fall um ein freiwilliges Praktikum handeln. Ein Pflichtpraktikum, welches von der Universität vorgeschrieben wurde, fällt nicht unter den Anspruch vom Mindestlohn im Praktikum gemäß Mindestlohngesetz.
  • Der Vertrag muss nach deutschem Recht geschlossen worden sein.
  • Das Praktikum muss für eine Dauer von mehr als drei Monaten ausgelegt sein.

Möchte beispielsweise ein Student ein Praktikum bei der Niederlassung eines deutschen Unternehmens im Ausland absolvieren, kann es durchaus sein, dass er bei diesem Praktikum Anspruch auf Mindestlohn hat. Handelt es sich um ausländische Studierende, die ein Praktikum in Deutschland machen möchten, fallen diese unter den oben genannten Voraus­setzungen ebenfalls unter das Mindestlohngesetz.

Demnach gilt der Mindestlohn für alle Praktikanten in Deutschland, auch wenn diese aus dem Ausland stammen. Es gelten jedoch in jedem Fall die Vorschriften aus dem Mindestlohngesetz. Mehr zu dem Thema finden Sie in unserem Ratgeber zur Mindestlohn in Europa.

Vor- und Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum

Beide Seiten – Arbeitgeber sowie Praktikanten – haben Vor- und Nachteile durch den Mindestlohn im Praktikum. Wie diese jeweils für Praktikanten oder Unternehmer aussehen, haben wir für Sie zusammengefasst:

Vorteile vom Mindestlohn im Praktikum für Arbeitgeber

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Der Mindestlohn hat für Praktikanten in Deutschland nicht nur Vorteile.

  • Einige Unternehmen haben Praktikanten bereits vor der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 einen höheren Lohn gezahlt. Daher ändert sich für sie im Grunde genommen nicht wirklich etwas. Da es sich andere Unternehmen durch den Mindestlohn im Praktikum nicht mehr leisten können, weiterhin Praktikanten zu beschäftigen und diese nach dem Mindestlohn zu bezahlen, stehen automatisch mehrere qualifizierte Kandidaten für mehrzahlende Unternehmen zur Auswahl.
  • Viele Praktikanten sind motivierter und leisten bessere Arbeit, da sie durch den Mindestlohn im Praktikum entsprechend für geleistete Arbeit entlohnt werden und sich nicht für beispielsweise nur 200 Euro im Monat abrackern müssen.

Vorteile vom Mindestlohn im Praktikum für Praktikanten

  • Niemand muss mehr aus finanziellen Gründen auf ein Praktikum verzichten. Ihren Lebensunterhalt können Praktikanten nun auch bestreiten, wenn sie „nur“ ein Praktikum absolvieren.
  • Es ist Unternehmern nicht mehr möglich, Praktikanten auszubeuten und sie ohne entsprechende Entlohnung Schwerstarbeit verrichten zu lassen.
  • Junge Menschen, die bereits eine Ausbildung hinter sich haben, müssen nicht mehr in einem unterbezahlten Praktikum versauern. Vielmehr können Unternehmer dieser Berufsgruppe nun Festanstellungen oder zumindest Trainee-Stellen anbieten, da sie um den Mindestlohn weder im Praktikum noch anderweitig herumkommen.
  • Durch ein höheres Gehalt steigt auch oft die Motivation der Praktikanten. So können sie sich mehr auf die Arbeit konzentrieren und müssen sich nicht den Kopf über unbezahlte Rechnungen zerbrechen bzw. noch Nebenjobs annehmen, um für die Kosten aufzukommen.

Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum für Arbeitgeber

  • Einige Unternehmen sind seit der Einführung des Mindestlohns nicht mehr in der Lage, Praktikanten zu beschäftigen. Sie können es sich schlichtweg nicht leisten. Daher kann es durchaus vorkommen, dass Mitarbeiter Praktikantentätigkeiten erledigen müssen, um so die fehlenden Arbeitskräfte auszugleichen. Überstunden sind hier normalerweise vorprogrammiert.
  • Bei manchen führte der Mindestlohn im Praktikum dazu, dass Praktikantenstellen nur noch für eine kurze Zeit besetzt werden können, um so den Mindestlohn zu umgehen. Dadurch, dass alle drei Monate neue Mitarbeiter eingearbeitet werden müssen, bedeutet dies ebenfalls Mehrarbeit für alle Beteiligten.
  • In gewissen Branchen müssen die Arbeitszeiten der Praktikanten genau festgehalten werden. Selbst, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit dem Mindestlohn von 12,00 € (Stand Oktober 2022) brutto in der Stunde entlohnen, müssen sie dies bei einer möglichen Kontrolle auch beweisen können. Auch hier kommt es zu einem höheren Aufwand, da alles genau zu dokumentieren ist.

Nachteile vom Mindestlohn im Praktikum für Praktikanten

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Der Mindestlohn für Praktikanten kann dazu führen, dass freiwillige Praktikanten benachteiligt werden.

  • Junge Menschen, die sich für ein freiwilliges Praktikum interessieren, werden möglicher­weise öfter zurückgewiesen, obwohl sie an und für sich über bessere Qualifikationen verfügen als Pflichtpraktikanten. Letztere sind jedoch vom Mindestlohn im Praktikum ausgeschlossen, was wiederum Einsparnisse für das Unternehmen bedeutet.
  • Die Auswahl an Praktikumsplätzen ist zurückgegangen. Viele Arbeitgeber können es sich aufgrund des Mindestlohns nicht mehr erlauben, Praktikanten zu beschäftigen.
  • Es existieren auf Seiten der Arbeitgeber einige Möglichkeiten, um den Mindestlohn im Praktikum zu umgehen bzw. nicht zahlen zu müssen. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob Praktikanten überhaupt vom Mindestlohn profitieren oder das eigentliche Problem der geringen Vergütung lediglich umgesiedelt wurde.
  • Um eine begehrte Festanstellung zu ergattern, müssen junge Menschen häufig ein bis zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen können. Dies bedeutet wiederum zwischen vier und acht verschiedene Praktika, wenn Arbeitgeber immer nur Praktika anbieten, die auf eine Dauer von drei Monaten begrenzt sind. Oft kann dies dem jeweiligen Praktikanten negativ ausgelegt werden und ihn sprunghaft aussehen lassen.
  • Weil der Mindestlohn im Praktikum durch dreimonatige Praktika umgangen werden kann, büßen Praktikanten oft einiges an Erfahrung ein. Nachdem sie endlich komplett eingearbeitet sind, neigt sich das Praktikum auch schon wieder dem Ende zu. Aufgaben, die mehr Verantwortung mit sich bringen, sind aufgrund dieser Situation eher weniger zu erwarten.

Das wohl bekannteste Urteil in Bezug auf Praktikum und Mindestlohn ist wohl der folgende Fall: Fünfeinhalb Jahre lang war eine junge Frau aus München in einem Unternehmen tätig gewesen. Das Schockierende daran ist jedoch, dass sie in all dieser Zeit lediglich einen Stundenlohn von 1,75 Euro erhielt.

Das Arbeitsgericht München musste selten einen so heftigen Fall behandeln, in dem die besagte Praktikantin regelrecht ausgebeutet wurde. Sie kümmerte sich jahrelang um die Kundenakquise sowie den Internetauftritt des Unternehmens, musste teilweise sogar die Gartenarbeit übernehmen. 300 Euro brutto im Monat erhielt sie für diese Tätigkeiten.

Das Ganze fiel der jungen Praktikantin erst auf, als sie eine Prüfung zur Fachberaterin für Finanzdienstleistungen machen wollte und durchfiel. Nach einer genaueren Untersuchung ihrer Unterlagen bemerkte sie, dass sie regelrecht abgezockt wurde.

Nachdem sie im Jahr 2009 ihren Realschulabschluss in der Tasche hatte, beschloss sie, sich als Bürokraft bei einem Münchner Vermittler von Finanzen und Versicherungen zu bewerben. Entgegen ihrer Erwartungen wurde ihr jedoch lediglich ein Praktikum angeboten, keine Festanstellung.

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
Der Mindestlohn im Praktikum soll dafür sorgen, dass Praktikanten nicht durch Mehrarbeit ausgebeutet werden.

In ihrem Arbeitsvertrag waren unter anderem 43 Stunden in der Woche festgesetzt – Überstunden nicht miteinberechnet. Für gemachte Überstunden wurde sie ebenfalls nicht entlohnt. Da die junge Frau nach fast sechs Jahren in diesem Unternehmen entschied, sich weiterzubilden und dadurch bemerkte, dass sie regelrecht ausgebeutet worden war, verklagte sie ihren Arbeitgeber.

Ihr Arbeitgeber versuchte sich, insofern zu rechtfertigen, dass er behauptete, es könne ja nicht so schlimm gewesen sein, da die Praktikantin mehr als fünf Jahre in seinem Unternehmen tätig gewesen sei. Zudem bemängelte er die Qualität ihrer Arbeit. Damit konnte er das Arbeitsgericht jedoch nicht beeindrucken.

Dem Mindestlohngesetz zufolge hätten ihr in fünfeinhalb Jahren 77.316 Euro zugestanden. Das Münchner Arbeitsgericht entschied, ihr die Differenz zu ihrem lächerlich geringen Gehalt und dem gesetzlichen Mindestlohn im Praktikum zuzugestehen: Ungefähr 50.000 Euro. Die Anwälte der Klägerin bezeichneten das sittenwidrige Verhalten ihres Arbeitgebers vor Gericht sogar als „moderne Sklaverei“. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz können übrigens mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

Im Jahr 2014 hingegen wurde einer Praktikantin vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm kein Cent zugesprochen. Sie war acht Monate lang ohne Vergütung in einem Supermarkt tätig gewesen, weil ihr ein Ausbildungsplatz zugesichert worden war. Dazu kam es jedoch nie.

Zunächst sah alles gut aus, denn der besagten Frau sollten 17.000 Euro zugesprochen werden. Der zuständige Marktleiter, der ihr falsche Versprechungen gemacht hatte, wurde entlassen. Weil sie jedoch das Praktikum unter dem Gesichtspunkt einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Arbeitsagentur absolviert hatte und in der gesamten Zeit von dieser finanzielle Leistungen erhielt, könne nicht von einem Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Supermarkt ausgegangen werden.

Praktikum und Mindestlohn: Fazit

Auch wenn der Mindestlohn im Praktikum mit einigen Vorschriften und Ausnahmen verbunden ist, so wirkt er dennoch der Ausbeutung von Praktikantinnen und Praktikanten entgegen und sorgt in den meisten Fällen für eine leistungsgerechte Bezahlung. Das erwähnte Urteil zeigt außerdem, dass Arbeitgeber zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie versuchen, den Mindestlohn auf illegale Weise zu umgehen.

Seit seiner Einführung im Januar 2015 ranken sich unzählige Vor- und Nachteile um den Mindestlohn. Ein Praktikum, welches auf eine Dauer von mehr als drei Monaten ausgelegt ist, wäre beispielsweise zur absoluten Seltenheit geworden, argumentieren die Kritiker. Zudem sei es in einigen Unternehmen zu Überstunden gekommen, da das Budget für die Bezahlung von Praktikanten nach dem Mindestlohn schlichtweg nicht ausreiche.

Befürworter sehen den Mindestlohn im Praktikum eher als eine Chance: Wer motiviert an die Arbeit herangeht und das Gefühl hat, dass diese auch wertgeschätzt wird, arbeitet einfach besser und fühlt sich nicht wie ein Fußabtreter. Dies bedeutet auch etwas Positives für Arbeitgeber, denn Praktikanten, die gute Arbeit leisten und willig sind, etwas dazuzulernen, sollten jeden zusätzlichen Cent auch wert sein.

Wie lange darf ein Praktikum unentgeltlich sein?
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Wie lange darf ein Praktikum unbezahlt sein?

das Praktikum maximal drei Monate dauert und eine Ausbildung oder ein Studium begleitet. Sprich: Arbeitgeber müssen Praktikanten keinen Mindestlohn zahlen, wenn diese während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums ein Praktikum absolvieren, das einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung hat.

Sind unbezahlte Praktikas erlaubt?

Welche Praktika müssen nicht mit dem Mindestlohn vergütet werden? Wenn es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, der Praktikant unter 18 ist und über keine Ausbildung verfügt oder das freiwillige Praktikum nicht länger als drei Monate dauert, muss kein Mindestlohn gezahlt werden.

Wie lange darf man ein Praktikum machen?

In der Regel dauert ein Praktikum drei Monate. Dies ist jedoch abhängig davon, welche Vereinbarung der Praktikant und das Unternehmen treffen. Eine gesetzliche Regelung bezüglich der Dauer existiert nicht. Wie bereits erwähnt sind die drei Monate Dauer auch die Schwelle für den zu zahlenden Mindestlohn.

Sind Praktikanten ohne Entgelt meldepflichtig?

Ein Vor- oder Nachpraktikum, das in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, gilt als Teil einer betrieblichen Ausbildung. Der Praktikant ist dadurch als Auszubildender versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung - selbst dann, wenn er kein Entgelt erhält.