Wenn Mitarbeiter stundenlang in der Kaffeeküche plaudern, statt zu arbeiten, für Aufgaben unverhältnismäßig lange brauchen, wichtige Deadlines nicht einhalten oder schlicht gar nicht mehr zur Arbeit kommen, schaden sie nicht nur dem Unternehmen. Sie belasten auch die Kollegen und sorgen für schlechte Stimmung im Team. Gegen extreme Fälle von Arbeitsverweigerung können Arbeitgeber juristisch vorgehen – doch dabei gibt es einiges zu beachten. Show
Was gilt als Arbeitsverweigerung – und was nicht?Welchen Pflichten ein Mitarbeiter nachkommen muss, wird im Arbeitsvertrag vereinbart. Das Weisungsrecht ermöglicht es dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer im Arbeitsalltag bestimmte Aufgaben zuzuweisen. Werden diese Verpflichtungen willentlich nicht erfüllt, kann man von Arbeitsverweigerung sprechen. „Das Phänomen gibt es in den unterschiedlichsten Ausprägungen“, sagt Sebastian Witt, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Etwa:
Arbeitsverweigerung in Form eines solchen Bummelstreiks ist laut Sebastian Witt besonders häufig – und besonders schwer zu beurteilen. Entscheidend ist immer, ob die Arbeitsverweigerung systematisch betrieben wird. Denn natürlich sei es normal, dass ein Mitarbeiter mal einen schlechten Tag hat, einen Termin schlichtweg vergisst oder durch eine persönliche Situation belastet ist, so Witt. Der Arbeitgeber muss also klären, ob es sich um einmalige Vorfälle handelt. Oder ob der Mitarbeiter auf Dauer – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr die Leistungen abruft, für die er einmal eingestellt wurde. Für die Beurteilung legt das Bundesarbeitsgericht in der Regel einen Zeitraum von sechs Monaten zugrunde. Eine weitere juristische Herausforderung ist es, die Qualität der vereinbarten Arbeitsleistungen zu beurteilen. „Dafür gibt es keinen objektiven Maßstab“, so Witt. „Jeder Mitarbeiter ist unterschiedlich schnell und gut, jeder hat seine Stärken und Schwächen.“ Das Bundesarbeitsgericht berufe sich deshalb im Streitfall auf den subjektiven Maßstab. „Der Mitarbeiter verspricht in seinem Vertrag, genau das zu tun, was er kann. Und zwar mit genau den Qualitäten, die er hat“, erläutert Witt. Weicht ein Mitarbeiter von dem ab, was er üblicherweise geleistet hat und was alle anderen Kollegen schaffen, könne man in juristischer Hinsicht von Arbeitsverweigerung sprechen. Wie können Arbeitgeber reagieren?Liegt eine Arbeitsverweigerung vor, können Arbeitgeber in folgenden Eskalationsstufen vorgehen:
Dürfen Arbeitgeber bei einer Arbeitsverweigerung den Lohn einbehalten?„Wenn ein Mitarbeiter im Extremfall überhaupt nicht mehr bei der Arbeit erscheint, bekommt er auch kein Geld“, so Sebastian Witt. Bei einfachen Schlechtleistungen rät der Rechtsanwalt aber entschieden von dieser Maßnahme ab. Anders sehe es mit Leistungszulagen oder Zielerreichungsprämien aus. „Handelt es sich um eine Leistungszulage, die für eine High-Performance oder besondere Anstrengungen bezahlt wurde, die nicht mehr erbracht wird, kann sie gestrichen werden. Sinnvoll sollte der Arbeitgeber dazu allerdings auch einen entsprechenden Widerrufsvorbehalt vereinbaren.“ Unser ExperteSebastian Witt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Sozietät Busse & Miessen in Bonn. Zudem war er zwei Jahre als Personalleiter für ein Unternehmen mit 3000 Beschäftigten tätig.Kann der Arbeitgeber Schadensersatz von einem Mitarbeiter fordern?Im Ausnahmefall ist es möglich, nach einer Arbeitsverweigerung Schadensersatz zu verlangen. Doch laut Sebastian Witt ist es schwierig, diese Forderung durchzusetzen. „Als Unternehmer müsste man nachweisen, dass konkret durch die Schlechtleistung eines Mitarbeiters ein messbarer finanzieller Nachteil entstanden ist, der nicht zu kompensieren war“, erklärt der Rechtsanwalt. Das gelinge in den seltensten Fällen. Ausnahmefälle: Welche Gründe legitimieren eine Arbeitsverweigerung?Mitarbeiter sind verpflichtet, den Weisungen ihres Arbeitgebers nachzukommen. Doch es gibt einige Ausnahmesituationen, in denen es ihnen erlaubt ist, die Arbeit zu verweigern:
Was ist, wenn ein Mitarbeiter Überstunden verweigert?Ob und wie viele Überstunden der Arbeitgeber überhaupt anordnen darf, ist nicht allgemeingültig gesetzlich geregelt. In den meisten Fällen gibt es aber verbindlich geltende Regeln: im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers. Doch auch wenn Mehrarbeit im Vertrag eines Mitarbeiters geregelt ist, können Arbeitgeber die Überstunden nur verlangen, wenn sie betrieblich notwendig sind. Ist dies nicht der Fall, können Mitarbeit die Überstunden verweigern. Einzige Ausnahme: Droht ein betrieblicher Notfall den Fortbestand des Unternehmens zu gefährden, etwa eine Überschwemmung, können Überstunden angeordnet werden, um dies zu verhindern – selbst wenn das Thema Überstunden nirgendwo sonst geregelt ist. Widersetzt sich ein Mitarbeiter dieser Anordnung, handelt es sich um Arbeitsverweigerung. Und wenn ein Mitarbeiter nach seiner Kündigung die Arbeit verweigert?Legt ein Mitarbeiter, der selbst gekündigt hat oder dem gekündigt wurde, eine „Mir doch alles egal“-Haltung an den Tag, hat man laut Witt in der Praxis wenig Handhabe: „In der Theorie bleibt es dabei: Der Mitarbeiter schuldet seine normale Arbeitskraft und der Chef kann verlangen, dass er sie erbringt. Tut er das nicht, wird er abgemahnt und zur Not fristlos entlassen.“ Davon habe man als Unternehmer jedoch nicht viel, weil der Mitarbeiter ohnehin bald gehe und man vor einer Kündigung in aller Regel zunächst noch einmal abmahnen müsse. „Bis die Abmahnung erklärt ist und es zu einem neuen Fehlverhalten kommt, ist die Kündigungsfrist häufig schon vorbei.“ Die Trainerin Verena Baldinger empfiehlt in solchen Fällen, an die Vernunft des Arbeitnehmers zu appellieren. Sie würde nicht mit einem schlechten Arbeitszeugnis drohen, den Mitarbeiter aber darauf hinweisen, dass auch ihm an einem reibungslosen Übergang gelegen sein sollte – weil er dann einen früheren Arbeitgeber hätte, den andere Arbeitgeber gern als Referenz anrufen können. Fruchte auch das nicht, sollte man den Mitarbeiter von der Arbeit freistellen. Wie kann ich als Chef verhindern, dass es überhaupt so weit kommt?Bevor extreme Fälle von Arbeitsverweigerung vor Gericht landen, läuft in der Kommunikation im Unternehmen meist einiges schief. „In der Regel ist es eine Frage der Führungskultur“, so Sebastian Witt. Also: Bekommen die Mitarbeiter genügend Feedback? Wissen sie, was von ihnen erwartet wird und wie zufrieden man mit ihren Leistungen ist? Findet regelmäßig ein Mitarbeitergespräch statt? Tipps, wie Sie mit Mitarbeitern ins Gespräch kommen und – wenn sich keine andere Lösung finden lässt – einen guten Weg einschlagen, um das Arbeitsverhältnis aufzulösen, lesen Sie in unserem Interview mit Verena Baldinger: „Schlechte Arbeitsleistung: Wie werde ich Low-Performer ohne Stress los?„ Was passiert wenn ich einfach nicht mehr arbeiten gehe?Wenn Sie an einem oder sogar an mehreren Tagen einfach so nicht auf der Arbeit auftauchen, ohne Bescheid zu geben, kann eine Abmahnung auf Sie zukommen. Ändern Sie Ihr Verhalten auch danach nicht, kann Ihnen sogar eine Kündigung drohen.
Kann ich aus psychischen Gründen kündigen?Grundsätzlich können nicht nur körperliche, sondern auch psychische Erkrankungen ein Kündigungsgrund sein. Eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen zählt zu den personenbedingten Kündigungen, die im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt sind.
Was passiert wenn man selbst fristlos kündigt?Kündigt der Arbeitnehmer fristlos, kann das eine Sperre des Arbeitslosengeldes bedeuten. Das gilt auch für eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Wie lange die Sperrzeit nach fristloser Kündigung andauern kann, ist festgelegt: 12 Wochen bekommt der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld.
Kann man einfach kündigen und gehen?Eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ist grundsätzlich möglich. Durchsetzen lässt sie sich jedoch nur, wenn ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Wer seine Firma über eine reguläre Kündigung* verlassen will, muss viel Geduld mitbringen.
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