Das „Participium coniunctum“ (= PC) ist ein Nebensatz, dessen Verb ein Partizip ist und dessen Subjekt ein beliebiger Gegenstand des übergeordneten Satzes ist, der in zweiter Funktion als Subjekt des Partizips wiederverwendet ist. Das PC beschreibt diesen Gegenstand des übergeordneten Satzes, daher ist das PC immer ein Attribut. Show
Aussehen des PC im SatzBeispiele mit vorzeitigem Passivpartizip (= PPP) und wörtlicher Übersetzung ins Deutsche: ÷ Servī [ā dominā missī] fīliō cibōs trādunt. ÷ Servī fīliō [ā dominā missō] cibōs trādunt. ÷ Servī fīliō cibōs [ā dominā missōs] trādunt. In allen drei Sätzen ist der Nebensatz, also das PC, eingeklammert, der Rest ist der Hauptsatz. Das Partizip des PC und sein Subjekt sind immer in gleicher Farbe markiert. Du siehst, dass das PC kein eigenes Subjekt hat, sondern ein Wort des Hauptsatzes als Subjekt verwendet, das in jedem Satz in einem anderen Kasus steht. Dieses Subjekt gehört also eigentlich sowohl dem Hauptsatz als auch dem Nebensatz an, wegen des Kasus jedoch in erster Linie dem Hauptsatz. Man kann auch sagen: Das PC beschreibt einen Gegenstand des übergeordneten Satzes. In jedem Satzbeispiel ist ein anderer Gegenstand des Hauptsatzes ausgewählt, um näher beschrieben zu werden. Beachte:
Satzkonstruktionen in der deutschen ÜbersetzungDas lateinische PC kann zwar in den meisten Fällen wörtlich, d.h. mit deutschem PC, übersetzt werden (siehe die Beispielsätze im vorigen Abschnitt). Eine solche Übersetzung klingt jedoch meist unnatürlich und schwerfällig, insbesondere dann, wenn von dem PC weitere Satzglieder abhängen. Du solltest die wörtliche Übersetzung des PC also eher als Hilfe betrachten, um die Struktur des lateinischen Satzes im Deutschen nachzuempfinden und den Sinn zu erfassen. Deine endgültige Übersetzung sollte im Normalfall ein Relativsatz oder Subjunktionalsatz sein. Bei kurzen PCs ist manchmal auch ein präpositionaler Ausdruck möglich. Hier folgt ein Überblick über alle Übersetzungsmöglichkeiten. Beispiel mit vorzeitigem Passivpartizip (= PPP): (1) Wörtliche Übersetzung: (2) Übersetzung mit Relativsatz: (3) Übersetzung mit Subjunktionalsatz: (4) Übersetzung mit Präpositionalausdruck: (5) Übersetzung mit Hauptsatz: Beachte: Die Übersetzungsmöglichkeit (5) wird in den folgenden Abschnitten nicht berücksichtigt.
Tempus in der deutschen Übersetzung
(A) beim gleichzeitigen Aktivpartizip (= PPA)Beispiele bei übergeordnetem Verb der [a] Gegenwart, [b] Vergangenheit oder [c] Zukunft: (1) Wörtliche Übersetzung: (2) Übersetzung mit Relativsatz: (3) Übersetzung mit Subjunktionalsatz: (4) Übersetzung mit Präpositionalausdruck: (B) beim vorzeitigen Passivpartizip (= PPP)Beispiele bei übergeordnetem Verb der [a] Gegenwart, [b] Vergangenheit oder [c] Zukunft: (1) Wörtliche Übersetzung: (2) Übersetzung mit Relativsatz: (3) Übersetzung mit Subjunktionalsatz: (4) Übersetzung mit Präpositionalausdruck: (C) beim nachzeitigen Aktivpartizip (= PFA)Beispiele bei übergeordnetem Verb der [a] Gegenwart, [b] Vergangenheit oder [c] Zukunft: (1) Wörtliche Übersetzung: (2) Übersetzung mit Relativsatz: (3) Übersetzung mit Subjunktionalsatz: (4) Übersetzung mit Präpositionalausdruck: (D) beim GerundivDas Gerundiv hat im PC niemals rein temporale Bedeutung, sondern bezeichnet immer eine Handlung, die getan werden soll (Notwendigkeit) oder durchführbar ist (Machbarkeit). Es findet sich meist in Verbindung mit bestimmten Verben als zugewiesene Eigenschaft (d.h. das übergeordnete Verb weist dem Objekt die Gerundiv-Eigenschaft zu). Im Vergleich zu den anderen PCs kommt das Gerundiv-PC wesentlich seltener vor. Beispiele bei übergeordnetem Verb der [a] Gegenwart, [b] Vergangenheit oder [c] Zukunft: (1) Wörtliche Übersetzung: (2) Übersetzung mit Relativsatz: (3) Übersetzung mit Subjunktionalsatz: (4) Übersetzung mit Präpositionalausdruck:
Funktionen des PC im übergeordneten Satz (Sinnverhältnisse)Das PC kann drei verschiedene Satzgliedfunktionen erfüllen: Attribut (das oft nur als „Satzgliedteil“ angesehen wird), Adverbial und zugewiesene Eigenschaft. Als Adverbial kann es wiederum zahlreiche (semantische) Rollen übernehmen. (A) AttributDas PC ist immer eine Beschreibung eines Gegenstands des übergeordneten Satzes, den es als Subjekt verwendet. Damit ist das PC immer ein Attribut zu diesem Gegenstand. Gelegentlich hat es nur die Attributfunktion, ohne gleichzeitig Adverbial oder zugewiesene Eigenschaft zu sein. Dann kann nur wörtlich (d.h. mit deutschem PC) oder mit Relativsatz übersetzt werden. Z.B.: (B) AdverbialNicht immer, aber in den meisten Fällen dient das PC als Adverbial zum übergeordneten Verb (= Verbsupplement); die Attributfunktion besteht gleichzeitig. Als Adverbial kann das PC zahlreiche Rollen übernehmen (bzw. „Sinnverhältnisse“ bezeichnen). Diese Rollen (bzw. Sinnverhältnisse) werden im lateinischen Satz nicht angezeigt. Du musst sie aus dem inhaltlichen Zusammenhang erschließen und im Deutschen durch eine passende Subjunktion oder Präposition ausdrücken. (1) Zeitangabe (= temporal) ÷ Mīles [trīcēsimum annum agēns] in proeliō interfectus est. Beachte: Echt temporale PCs sind selten! Sie entsprechen ungefähr temporalen Subjunktionalsätzen mit cum + Indikativ. (2) eingetretene Voraussetzung (= possibilitativ) • gleichzeitig: • vorzeitig: • nachzeitig: (3) Grund (= kausal) ÷ Incolae mīlitēs [urbem dīripientēs] timēbant. (4) Gegengrund (= Einräumung, konzessiv) ÷ Incolae mīlitēs [urbem dīripientēs] nōn timēbant. (5) Bedingung (= kondizional) ÷ Mīlitēs [praedam spērantēs] fortius pūgnant. (6) Art und Weise (= modal) ÷ Mīlitēs [urbem dīripientēs] iniūriam fēcērunt. (7) Mittel (= instrumental) ÷ Mīlitēs [mūrōs ascendentēs] urbem expūgnāvērunt. (8) Gegensatz (= adversativ) ÷ Mīlitēs [domōs dīripientēs] templīs pepercērunt. (parcere + Dativ etwas verschonen) (9) Zweck (= final) • mit nachzeitigem Aktivpartizip (= PFA): • mit Gerundiv: (10) Folge (= konsekutiv) • mit Gerundiv: (11) begleitende Umstände (zirkumstantial) ÷ Hostēs [mūrōs altōs admīrantēs] urbī appropinquāvērunt.
(C) zugewiesene EigenschaftAußerdem hat es neben einigen Verben die Funktion einer zugewiesenen Eigenschaft (= ein Verbkomplement); die Attributfunktion besteht gleichzeitig. Z.B.: PC ohne SubjektwortDas PC bezieht sich immer auf einen Gegenstand des übergeordneten Satzes, den es als Subjekt wiederverwendet. Dieser Gegenstand des übergeordneten Satzes muss aber nicht unbedingt durch ein eigenständiges Wort ausgedrückt sein. So wie die finiten Verbformen auch ohne Subjektwort stehen können und dann durch ihre Endung selber ihr Subjekt ausdrücken, kann auch ein PC sein Subjekt in sich enthalten und damit selber den Gegenstand des übergeordneten Satzes ausdrücken. Z.B.: • Gewöhnliches PC mit eigenständigem Subjektwort, hier das Substantiv mīlitēs als Akkusativobjekt von „timēbant“: • Wenn man mīlitēs weglässt, erhält man ein PC ohne eigenständiges Subjektwort; das PC wird selber zum Akkusativobjekt (gegenständlicher Gebrauch): Das PC ohne Subjektwort darf im Lateinischen aber nie als Subjekt des übergeordneten Satzes verwendet werden. Durch diese Regel macht das Lateinische eindeutig klar, dass ein Nominativ-PC immer das in der Personalendung des finiten Verbs ausgedrückte Subjekt als eigenes Subjekt wiederverwendet (d.h. nicht das PC, sondern das finite Verb ist gegenständlich gebraucht). Z.B.: Ist ein Abl abs ein PC?Im Unterschied zum PC ist nämlich das Nomen, auf das sich das Partizip bezieht, kein Satzglied des übergeordneten Satzes, weshalb die Konstruktion gleichsam losgelöst (absolutus) vom Rest des Satzes ist. Darum kannst du einen abl. abs.
Was ist ein PC im Lateinischen?Das Participium coniunctum (PC) (= «verbundenes Partizip») ist eine im Lateinischen beliebte Konstruktion. Es handelt sich um ein Partizip, das in der Regel durch Objekte und/oder adverbiale Bestimmungen erweitert ist und dessen Bezugswort Satzglied eines Satzes ist.
Wie erkenne ich einen ABL ABS?Einen Ablativus absolutus erkennst du ziemlich sicher an zwei Kriterien: Erstens muss er ein Partizip enthalten. Das kann ein Partizip Präsens Aktiv (PPA) oder ein Partizip Perfekt Passiv (PPP) sein. Zweitens: Das Partizip muss ein Bezugswort haben.
Wie erkennt man einen PC?Wir erkennen ein PC in einem lateinischen Satz also immer daran, wenn ein Partizip vorliegt, das in Kasus, Numerus und Genus einem Bezugswort entspricht. PC und Bezugswort stehen nebeneinander oder klammern weitere dazugehörige Informationen ein. Diese gehören auch nur zum PC und dem Bezugswort.
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