Besonders in schwierigen Zeiten gilt es auch für Aufsichtsorgane im Rahmen ihrer Überwachungsfunktion die Finanzierungssituation verstärkt in den Blick zu nehmen. Dazu kann die Betrachtung der goldenen Bilanzregel einen Beitrag leisten. Der reine Blick auf einzelne Bilanzposten ist nicht aussagekräftig. Vielmehr ist eine Betrachtung einer nach Fälligkeiten aufbereiteten Vermögens- und Kapitalstruktur geboten. Nach der goldenen Bilanzregel soll langfristiges Vermögen durch langfristig gebundenes Kapital finanziert sein. Das langfristige Vermögen beinhaltet regelmäßig das in der Bilanz ausgewiesene Anlagevermögen. Als langfristig gebundenes Kapital kann das Eigenkapital sowie langfristiges Fremdkapital (z.B. Bankdarlehen) herangezogen werden. Die hier vorgestellte Kennzahl „Anlagendeckung in %“ bildet das Verhältnis von langfristigem Kapital (Eigenkapital, Sonderposten, langfristiges Fremdkapital) zum Anlagevermögen ab. Als Zielgröße sind mindestens 100 % zu empfehlen. Anlagendeckung in % = (Eigenkapital + Sonderposten + langfristiges Fremdkapital) x 100 Je weiter der Anlagendeckungsgrad über 100% liegt, umso mehr ist neben dem Anlagevermögen auch das Umlaufvermögen durch langfristiges Kapital finanziert und damit eine höhere finanzielle Stabilität des Unternehmens gegeben. Ist das Anlagevermögen hingegen kurzfristig finanziert, was bei einem Anlagendeckungsgrad unter 100 % vorliegt, könnte das Unternehmen Schwierigkeiten bei der Begleichung kurzfristig fälliger Verbindlichkeiten bekommen. In diesem Fall reicht das Umlaufvermögen (u. a. Liquide Mittel und Forderungen) zur Deckung der kurzfristigen Verpflichtungen nicht aus und Anlagevermögen nicht regelmäßig nicht so einfach liquidierbar. Nach unseren Branchenerfahrungen liegt der Anlagendeckungsgrad von Komplexträgereinrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft nach Eliminierung von positiven wie negativen Ausreißern überwiegend in einer Bandbreite von 104 % bis 127 %.
Intern ermittelte Kennzahlen haben einen verhältnismäßig hohen Aussagewert. Daher sind Kennzahlen oder Kennzahlensysteme aus der heutigen unternehmerischen Entscheidungsfindung nicht mehr wegzudenken. Auch Zeitreihen sind in der Praxis sehr beliebt, um Entwicklungen anschaulich darzustellen. Aber: Die Betrachtung einer Kennzahl allein hilft nicht weiter. Nur die Beurteilung mehrerer Kennzahlen dient einer fundierten Entscheidungsfindung. Bei der Darstellung von Zeitreihen sollten mindestens 3 Jahre einbezogen werden. Die Vielzahl der möglichen Kennzahlen ist hier nicht darstellbar.[1] Die nachfolgenden Kennziffern sollten bei einer Insolvenzgefahrenanalyse jedoch immer berücksichtigt werden. 5.1.1 Verschuldungskoeffizient
Mindestforderung ist ein Verhältnis 2:1. Der Soll-Kennwert lautet 1:1 (= 100 %). D. h., das Eigenkapital sollte mindestens so groß sein wie das Fremdkapital. Mit einem durchschnittlichen Eigenkapitalanteil von ca. 30 % wird dieser Grundsatz in Deutschland in vielen Unternehmen nicht erreicht. Es besteht eine bedenkliche Eigenkapitallücke. In Zeiten guter wirtschaftlicher Lage ist dies nicht zwingend negativ zu beurteilen. Im Gegenteil, hier liegen dann durch die Auswirkungen des sogenannten Leverage-Effekts (Abhängigkeit der Rentabilität des Eigenkapitals vom Anteil der Fremdfinanzierung) unbestreitbare Vorteile. In wirtschaftlich schlechteren Zeiten dagegen kann sich dies auch umkehren (negativer Leverage-Effekt) und in letzter Konsequenz ist die kritische Phase schnell erreicht und sogar die Unternehmensexistenz bedroht. 5.1.2 Anlagendeckung II (Goldene Bilanzregel im weiteren Sinne)
Für eine solide Finanzierung des Anlagevermögens (sogenannte Fristenkongruenz) ist die Einhaltung der 1:1-Regel (= 100 %) Voraussetzung. Anders ausgedrückt: Anlagevermögen sollte nur durch langfristiges Kapital (Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital = Verbindlichkeiten mit Restlaufzeiten von mehr als 4 Jahren) finanziert werden. 5.1.3 Erwirtschafteter Anteil am Finanzbedarf
Entnahmen bei Kapitalgesellschaften betreffen Ausschüttungen und eine Kapitalherabsetzung. Liegt der Wert der Kennziffer unter der Marke von 20 %, so ist die Wirtschaftskraft des Unternehmens nicht ausreichend. 5.1.4 Eigenmittel zu Bruttoinvestitionen
Soweit der Wert der Kennzahl unter 50 % sinkt, werden die betrieblichen Investitionen des Unternehmens mit zu wenig Eigenkapital durchgeführt. Die Finanzierung ist daher bedenklich. 5.1.5 Entnahmen zu Finanzmitteln
Entnahmen bei Kapitalgesellschaften betreffen Ausschüttungen und eine Kapitalherabsetzung. Beträgt der Wert der Kennzahl mehr als 50 %, so verringert sich das betriebliche Vermögen drastisch. 5.1.6 Vermögensänderungsquote
Liegt der Wert der Kennziffer unter 100 %, verringert sich die Substanz des Unternehmens erheblich. 5.1.7 Investitionen zu Finanzmitteln
Soweit der Wert der Kennzahl unter 20 % fällt, bedeutet dies, dass das Anlagevermögen aufgrund nicht ausreichender Investitionen veraltet. 5.1.8 Cashflow zu Fremdkapital
Sinkt der Wert der Kennzahl unter 10 %, so ist die ausreichende Tilgung des Fremdkapitals gefährdet. 5.1.9 Working Capital
Das Ergebnis sollte möglichst positiv sein. Ein positives Working Capital bedeutet, dass ein Teil des Umlaufvermögens mit langfristig zur Verfügung stehenden Kapital finanziert wird. Ein negatives Working Capital dagegen bedeutet, dass ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert wird. Je länger dies der Fall ist, desto eher gerät das Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten. Fazit: Je höher das Working Capital ist, desto gesicherter ist die Liquidität und damit auch die Flexibilität des Unternehmens. Hierbei wird oft auch die Kennzahl "Working Capital Ratio" ermittelt.
Diese Kennzahl drückt die Abdeckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten durch das kurzfristige Umlaufvermögen aus. Diese Kennzahl sollte nicht unter 100 % liegen. 5.1.10 LiquiditätskennziffernLiquidität 1. Grades
Die Kennziffer sollte zwischen 5 % und 10 % liegen. Flüssige Mittel dienen insbesondere dazu, die kurzfristigen Verbindlichkeiten auszugleichen, vor allem wenn Skonto beansprucht werden kann. Liquidität 2. Grades
Die Kennziffer sollte zwischen 100 und 120 % betragen. Liquidität 3. Grades
Die Kennziffer ... Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr? Dann testen Sie
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Wie hoch sollte die Anlagendeckung sein?Bei Unternehmen sollte der Anlagendeckungsgrad 1 normalerweise zwischen 60% und 100% liegen, damit finanzielle Stabilität gewährleistet ist.
Warum Anlagendeckungsgrad?Je höher der Anlagedeckungsgrad I ausgeprägt ist, desto mehr ist neben dem Anlagevermögen auch das Umlaufvermögen durch langfristiges Kapital finanziert. Eine hohe Ausprägung des Anlagedeckungsgrades I bescheinigt dem Unternehmen demzufolge eine hohe finanzielle Stabilität.
Was sagen Anlagendeckungsgrade aus?Der Anlagendeckungsgrad 1 eines Unternehmens beschreibt, inwiefern das bilanzierte Anlagevermögen durch das Eigenkapital der Gesellschaft gedeckt ist. Die Kennzahl wird häufig in Prozent dargestellt. Ein Wert von 100 % impliziert, dass Anlagevermögen und Eigenkapital gleich hoch sind.
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