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Mit dem Newsletter von Frölich & Kaufmann sind Sie immer bestens informiert über die aktuellsten Buch-Neuerscheinungen aus den Bereichen Kunst, Architektur, Kulturgeschichte, Fotografie u. v. m. Daneben finden Sie im Newsletter auch exklusive Sonderangebote und einzigartige Faksimiles.BuchfinkBild: rorue - Fotolia.com Unsere Vögel - Warum wir sie brauchenund wie wir sie schützenVögel strahlen Schönheit, Anmut und Freiheit aus. Sie verzaubern uns mit ihrem vielstimmigen Klang und ihrer Farbenpracht. Der Ornithologe Prof. Dr. Peter Berthold verleiht seiner Begeisterung für die Vielfalt der Vogelwelt in seinem neuen Buch »Unsere Vögel« ein weiteres Mal Ausdruck. Vögel teilen mit uns die Lebensräume auf unserem Planeten – so sind sie auch unsere wichtigsten Bioindikatoren. Ihr zunehmendes Verschwinden zeigt uns, dass es um ihren und unseren Lebensraum in diesem Land nicht gut bestellt ist. Denn das Artensterben hat inzwischen alle Gruppen von Tieren und Pflanzen erfasst und macht auch vor dem Menschen nicht Halt. Es wird höchste Zeit, daran etwas zu ändern. Darum geht es Prof. Dr. Peter Berthold mit seinem neuen Buch vor allem darum, was wir tun können, um unsere Artenvielfalt zu retten. Der Eisvogellebt an sauberen Fließgewässern mit natürlichen Ufern. Durch zunehmende Eutrophierung der Gewässer - vor allem durch Stickstoff- und Phosphatdüngung in der Agrarindustrie - sowie Ausbau und Kanalisierungen von Fließgewässern ist in weiten Teilen Europas schon seit längerem ein Rückgang der Bestände festzustellen. � Bild: Countrypixel - Fotolia.com Rund 9990 Vogelarten kommen laut Datenerhebung der Weltnaturschutzunion IUCN derzeit auf unserem Planeten vor. 257 Vogelarten brüten in Deutschland. Doch Zahl und Vielfalt in unserer Vogelwelt sind in größter Gefahr, warnt der Prof. Dr. Peter Berthold im Einklang mit Wissenschaftlern weltweit: In den letzten 150 Jahren verlor allein Deutschland 80 (!) Prozent seines gesamten Vogelbestands. Seit 1950 nahm der Bestand der Vögel um rund zwei Drittel ab. Dieser dramatische Befund betrifft sogar einstige »Allerweltsvogelarten« wie Spatz und Star. Waren sie in den 1960er Jahren noch als riesige Schwärme über den Getreidefeldern zu sehen, sind allein die Star-Bestände in Europa seit den 1960er Jahren um rund 70 bis 80 Prozent zurückgegangen. Und es scheint kein Ende zu nehmen: So ist das Aussterben vieler uns vertrauter Arten schon jetzt praktisch unabwendbar oder in bedrohlicher Nähe. Mit einfachen Korrekturen in der Politik jedenfalls sei der rapide Artenschwund nicht mehr aufzuhalten, so Prof. Berthold. Hauptursache für den Verlust an Lebensräume für die Vögel ist die industriell betriebene Intensivlandwirtschaft. Monokulturen prägen heute vielerorts die Landschaft. Hier finden Vögel keine Lebensräume mehr, um zu brüten und ihre Jungen zu füttern. Durch Unmengen an Insekten- und Pflanzenvernichtungsmitteln gibt es keine Wildpflanzen, Insekten, Käfer und Würmer mehr. Hinzu kommt der Einsatz riesiger landwirtschaftlicher Maschinen, der Bodenbrütern unter den Vögeln, aber auch Reptilien, Amphibien, Kleintieren wie Junghasen oder Feldhamstern den Garaus macht.Der renommierte Vogelexperte hat für sein Buch eine Fülle an Zahlen, Fakten und Daten aus internationalen Untersuchungen zusammengetragen. Er erklärt die Zusammenhänge und weckt mit detaillierten Beispielen Betroffenheit und ein tieferes Verständnis. Nach der Lektüre von Bertholds Buch wird man die aktuelle Diskussion um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das Insekten und Vögeln die Überlebensgrundlage entzieht, mit anderem Bewusstsein verfolgen. Wobei der Autor den Landwirten selbst keine Schuld zuweist, sie seien vielmehr die Im-Stich-Gelassenen einer falschen Wachstumspolitik. Was auf dem »platt gemachten Land« nicht mehr zu retten ist, findet sich dagegen in vielen Großstädten: Mit ihren Parks und Gärten sind sie inzwischen zu Inseln der Artenvielfalt geworden. Die großtechnisch-agrochemischeund teilweise gentechnisch intensivierte Landwirtschaft ist Hauptfeind der Artenvielfalt. Der Einsatz von Pestiziden und die Gülleflut machen Vögeln, aber auch Insekten, Reptilien, Amphibien, Kleintieren wie Junghasen oder Feldhamstern den Garaus. � Bild: Countrypixel - Fotolia.com Auch Wildblumen � wie etwa der Klatschmohn� sind aus den Getreidefeldern fast vollständig verschwunden. Bild: Brennglas Bodenbrüter wie das Rebhuhnfinden in der industriellen Landwirtschaft keine Brutplätze und keine Nahrung mehr. Der Bestand des Rebhuhns ist europaweit seit 1980 um 94 Prozent zurückgegangen. � Bild: Bernd Wolter - Fotolia.com Der renommierte Vogelexperte hat für sein Buch eine Fülle an Zahlen, Fakten und Daten aus internationalen Untersuchungen zusammengetragen. Er erklärt die Zusammenhänge und weckt mit detaillierten Beispielen Betroffenheit und ein tieferes Verständnis. Nach der Lektüre von Bertholds Buch wird man die aktuelle Diskussion um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das Insekten und Vögeln die Überlebensgrundlage entzieht, mit anderem Bewusstsein verfolgen. Wobei der Autor den Landwirten selbst keine Schuld zuweist, sie seien vielmehr die Im-Stich-Gelassenen einer falschen Wachstumspolitik. Was auf dem »platt gemachten Land« nicht mehr zu retten ist, findet sich dagegen in vielen Großstädten: Mit ihren Parks und Gärten sind sie inzwischen zu Inseln der Artenvielfalt geworden. Biotop-Verbund BodenseeOhnmächtiges Lamentieren ist Prof. Bertholds Sache nicht. Von der ersten bis zur letzten Zeile seines Buches wird klar: Hier spricht nicht nur der global denkende Forscher, sondern auch ein lokal handelnder Praktiker. Als Pilotprojekt und ersten Baustein für einen bundesweiten Biotopverbund entstand 2005 in Billafing am Bodensee - in Zusammenarbeit mit der Heinz Sielmann Stiftung - auf einem unwirtschaftlichen Stück Land ein Feuchtgebiets-Komplex. Das Erstlingswerk erhielt den Namen Heinz-Sielmann-Weiher, da es der große Tierfilmer und Naturschützer mit seiner Stiftung ganz wesentlich finanzierte, ebenso wie die Folgeprojekte. Der Weiher mit 1,3 Hektar Fläche und einem Volumen von 15.000 Kubikmetern Wasser und drei kleinen Inseln wird von einem 10 Hektar großen Biotopmosaik umgeben, bestehend aus Schilf, Riedwiesen, etwa einem Kilometer Heckenstreifen, sieben Tümpeln sowie Flachwassermulden und 1,25 Kilometer Gräben. Dieser Feuchtgebiets-Komplex ist mit weiteren kleineren Biotopen auf fünf Hektar Fläche vernetzt. Der Erfolg stellte sich innerhalb kürzester Zeit ein: Allein der Vogelbestand stieg seither von 101 Arten auf 179. Bislang haben sich 13 Arten als neue Brutvögel angesiedelt, darunter Graugans, Wasserralle und Schwarzkehlchen. Auch Insekten, Säugetiere, Reptilien und ca. 340 Blütenpflanzen siedelten sich neu an und machten aus der eintönigen Kultursteppe eine Oase für die bedrohte Natur. »Renaturierung lohnt sich!«, so Prof. Bertholds Fazit. »Zum Glück besitzt selbst die stark geschädigte Kulturlandschaft noch ein erstaunlich hohes Regenerationspotential. Das regelrechte Überquellen vieler Arten in der Oase schrie geradezu nach weiteren neuen Biotopen in der Umgebung.« Aus dem Pilotprojekt ging der »Biotop-Verbund Bodensee« hervor, der mittlerweile 100 Teilprojekte an 31 Standorten in der Region umfasst und gemeinsam mit Städten und Gemeinden geschaffen wurde. 2014 wurde das Projekt von der UN Dekade Biologische Vielfalt als vorbildlich ausgezeichnet. Nun ist es auf dem Weg, sich über Baden-Württemberg hinaus zu etablieren. Der Heinz-Sielmann-Weiherauf der Gemarkung Billafingen war einer der ersten neuen Lebensräume des Biotopverbundes Bodensee. Rund um den 1,3 Hektar großen Weiher mit angrenzenden Schilfflächen, Feuchtwiesen und Hecken leben rund zehn Jahre nach seiner Fertigstellung eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten: 340 Blütenpflanzen, 33 Libellen, 25 Tagfalter, 23 Säuger, 14 Amphibien und 3 Reptilien. � Bild: MPI f. Ornithologie Die Zahl der Brutvogelarten stieg von 115 auf 179. Ein weiterer Mutmacher: Land des FriedensNeben dem Biotopverbund Bodensee stellt Prof. Berthold eine große Renaturierungsmaßnahme vor, die eine ganz außergewöhnliche Wiederbelebung von Artenvielfalt bewirke und Mut mache für ein weiteres entsprechendes Engagement: das »Land des Friedens« in Unterfranken in der Nähe von Würzburg. »Dort hat die Internationale Gabriele-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Hofgut »Terra Nova« im Jahr 2000 begonnen, eine über 500 Hektar große, bis 1990 zur Saatgutproduktion äußerst intensiv genutzte und dadurch völlig verödete Landwirtschaftsfläche zu reökologisieren«, erklärt der Autor. Das geschieht durch ausschließlich ökologischen Landbau, dem »Friedfertigen Landbau« nach dem Prinzip der Dreifelderwirtschaft, ohne Agarchemikalien und ohne Einsatz von Mist und Gülle. Die Bracheflächen geben nicht nur dem Boden Regenerationszeit und mit der Einsaat von Klee, Ölrettich und Insektenweiden Nährstoffzufuhr, sondern auch Lebensraum für viele Tiere. Die Äcker werden auf breiten Ackerrandstreifen mit Blütenpflanzen umsäumt und sind von 20 Kilometer Hecken (breiten Baum- und Benjeshecken) durchzogen. Dazu kommen Wälder, Feldgehölze, Feucht- und Steinbiotope. Für Vögel und Fledermäuse wurden rund 3000 Nistkästen aufgehängt. Außerdem gibt es ganzjährig Futterstellen – darunter 20 übermannshohe Futterhäuser mit Vorratssilos – sowie Tränken. »Kommt man aus der umliegenden eintönigen Kultursteppe in dieses Eldorado für frei lebende Tiere und Pflanzen, glaubt man, eine ‚Insel der Glückseligen’ zu betreten«, schreibt Prof. Berthold und berichtet, wie er im Mai 2009 dort die Ganzjahresfütterung für eine TV-Sendung kommentieren sollte und sich kaum konzentrieren konnte vor lauter Gesang und Rufen der verschiedensten Vogelarten. »So ein pralles Vogelleben hatte ich in unserem Land seit den 1950er Jahren nicht erlebt!« Der Ornithologe konnte einen seiner ehemaligen Mitarbeiter, Arnold Sombrutzki, dafür begeistern, im Rahmen einer professionellen Bestandserhebung eine Artenliste der Vögel mit Bestandszahlen zu ermitteln. »Die Ergebnisse waren umwerfend: 2010 konnten auf 270 Hektar des Hofguts 88 Vogelarten festgestellt werden, 69 davon als Brutvögel mit insgesamt 1100 Brutpaaren.« Von den Brutvögeln würden 30 Prozent in der Roten Liste Bayerns geführt, darunter Rebhuhn, Turteltaube, Grauspecht, Wendehals, Baumpieper, Schaftstelze, Gartenrotschwanz, Bluthänfling und Feldlerche. »Letztere haben hier mit über 50 Brutpaaren eine erstaunliche Dichte erreicht. Zwei andere inzwischen gefährdete Arten verblüfften ebenfalls mit ihren Bestandzahlen, nämlich Feldsperling und Goldammer mit je 100 Brutpaaren.« Auch die erstaunlich große Zahl an Mönchs- und Dorngrasmücken würden wie ein Relikt aus der guten alten Zeit anmuten. »Dabei muss man sich klarmachen: Auf Terra Nova wurde nicht einfach ein altes Paradies voller Tiere und Pflanzen konserviert, sondern durch Reökologisierung wieder ganz neu aufgebaut«, erklärt der Ornithologe. Auch dieses Beispiel zeige, dass sich renaturieren lohnt. Selbst eine in der öden Agrar-Normallandschaft isoliert liegende Ökozelle von einigen Quadratkilometern Fläche vermöge nach etwa 15 Jahren wieder eine Vogelwelt aufzubauen, wie sie vor mehreren Jahrzehnten für unser Land typisch war. Die Feldlerche wird immer seltener.Vor allem die intensivierte Landwirtschaft führte seit den 1970er Jahren zu einem dramatischen Bestandsrückgang von zum Teil 50 bis 90 Prozent. � Bild: Dominik Rueß - Fotolia.com Durch den ebenfalls dramatischen Rückgangder Insekten finden viele Vögel nicht mehr genügend Futter, vor allem während der Aufzucht der Jungen. Mit Ganzjahresfütterung und dem Anbringen verschiedener Nistkästen lassen sich auch verschwundene Arten wieder ansiedeln. �: Bild: Brennglas Der dramatische Rückgang der Vögelbeständebetrifft sogar einstige �Allerweltsvogelarten� wie Spatz und Star (Bild). � Bild: Omika - Fotolia.com "Jeder Gemeinde ihr Biotop"Die Vision des Vogelexperten – für die er auch mit seinem neuen Buch aufruft – ist, einen Biotopverbund auf Renaturierungsbasis für ganz Deutschland anzukurbeln. Bereits 1988 entwickelte der Ornithologe gemeinsam mit Kollegen die Idee, in jeder Gemeinde durch Renaturierung 10 bis 15 Prozent der jeweiligen Gemeindefläche neue Lebensräume für wildlebende Tiere und Pflanzen zu schaffen. Damals sei das Projekt vor allem am Widerstand des Landwirtschaftsministeriums gescheitert. Zusammen mit der Heinz Sielmann Stiftung wurde das Projekt jetzt neu belebt: Unter dem Motto »Jeder Gemeinde ihr Biotop« soll alle 10 Kilometer neuer Lebensraum entstehen, 3000 Biotope insgesamt. Geschätzte Kosten: rund eine Milliarde Euro. Die hält Prof. Berthold für erschwinglich und macht den Gemeinden gleich plausible Finanzierungsvorschläge. Der Vorstand der Heinz Sielmann Stiftung, Michael Beier, hat das Projekt »Jeder Gemeinde ihr Biotop« sowohl dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) als auch den Umweltministerien der einzelnen Bundesländer vorgestellt. »Die Reaktion war durchweg positiv«, so Prof. Berthold. »Es wurde vereinbart, mit acht Bundesländern 2017/18 ein Starterprojekt zu beginnen.« Unter der Leitung der Heinz-Sielmann-Stiftung haben sich Vertreter von acht Bundesländern – Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen - im Februar 2017 beraten. Pilotprojekte starten ab diesem Sommer und 2018 soll dann die bundesweite Projektarbeit beginnen. Und so sieht der ideale Gesamtverlauf aus: Mittelfristig wird in allen 11.000 Gemeinden Deutschlands ein Biotop nach dem Vorbild des Biotopverbundes Bodensee eingerichtet. Ziel ist, dass in jedem Gemeindebereich 10 bis 15 Prozent renaturierte Fläche entsteht. »Anzustreben wäre, dass benachbarte Biotope ähnlicher Ausrichtung – etwa Feuchtgebietskomplexe – nicht weiter als rund zehn Kilometer voneinander entfernt liegen würden«, erklärt Prof. Berthold. So würde ein echter Biotopverbund über das gesamte Bundesgebiet entstehen. Und: »Dann könnte Deutschland auch wieder Vorbild in der Absicherung von Lebensgrundlagen für viele Tiere und Pflanzen und vor allem auch für uns werden.« Doch wie erschafft man ein neues Biotop? Für alle Gemeinderäte und Umweltgruppen, die in ihrem Gemeindebereich die Einrichtung neuer Biotope vorantreiben wollen, stellt der Forscher ganz konkret das »Rezept« vor: von der Frage nach geeigneten Flächen über Machbarkeitsstudien, Genehmigungsbeschaffung, Finanzierung und Trägerschaft, Mittelbeschaffung bis zur idealen Biotopgestaltung und optimalen Biotoperhaltung. Was jeder sofort tun kannDoch Prof. Bertholds Appell gilt jedem von uns: Jedem Einzelnen müsse klar sein, dass die menschliche Existenz nicht nur von sauberer Luft, sauberem Wasser und sauberen Böden, sondern auch von der Artenvielfalt abhängt. »Um die Biodiversität zu erhalten oder wenigstens ihren derzeit galoppierenden Rückgang zu stoppen, reichen die allgemeinen Umweltappelle nie und nimmer aus«, ist der Forscher überzeugt. »Dafür bedarf es weit mehr. Dafür muss an allererster Stelle eine Naturschutzgesinnung stehen, die deutlich über das enge ‚ich’- oder ‚uns’-bezogene Umweltbewusstsein hinausgeht.« Es sei vielmehr geradezu eine Überlebens-Pflichtversicherung, dass wir möglichst allen derzeit auf der Erde vorkommenden wildlebenden Tier- und Pflanzenarten ihr Überleben sichern. Dazu könnten wir nicht auf »Einsicht«, »Aufklärung« und entsprechende »Maßnahmen« von Politik und Staat hoffen, denn das hätten wir 150 Jahre lang vergeblich getan. »Nein, wir müssen selbst aktiv werden«, ist Prof. Berthold überzeugt. Die Ganzjahresfütterung von Vögeln ist für den Ornithologen geradezu eine moralische Verpflichtung - hat doch der Mensch den Vögeln die natürlichen Nahrungsgrundlagen genommen. Und die Kampagne zur Einführung der Ganzjahresfütterung – die Prof. Berthold an vorderster Front vorangetrieben hat - zeigt: »Eine beachtliche effektive Volksbewegung ist schon mit einigen Hunderttausenden zu erreichen.« Warum sollte auf diese Weise nicht auch bundesweit ein Netz von Biotopen entstehen? In Deutschland gibt es über 15.000.0000 Haus- und Schrebergärten, die rund vier Prozent der Landesfläche ausmachen. Der Vogelforscher rechnet vor: Wäre nur ein Zehntel dieser Gärten naturnah gestaltet, sinnvoll bepflanzt und bewirtschaftet sowie mit ausreichenden Nisthilfen und eine Ganzjahresfutterstelle versehen, dann könnten darin mindestens 60 Millionen Vögel nisten. »Das ist etwa die Hälfte der Anzahl der derzeit bei uns noch vorkommenden Individuen!«, erklärt Prof. Berthold. Auch würden in großer Zahl Igel, Spitz- und Fledermäuse dort leben können, ebenso Eidechsen und Schmetterlinge. Dafür gibt der Praktiker zahlreiche Tipps: von der naturnahen Gestaltung des eigenen Gartens, über die Idee von Vogelschutz-Gärten auf Gemeindeflächen oder im Stadtpark, bis zum Balkon-Paradiesgärtchen mit Pflanzkübeln und Vogelhaus. Das Fazit des Vogelexperten lautet: »Jeder wieder als Tierparadies gestaltete Garten lohnt alle Mühe und stellt einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt dar.« Der Autor
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