Sind Generika schlechter als das Original?

Verbrauchern kommen günstige Nachahmer-Präparate zugute. Doch risikolos sind sie nicht: Die Kopie kann eine bis zu 20 Prozent schwächere oder bis zu 25 Prozent stärkere Wirkung haben als das Original.

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Apotheke und Zahnarzt haben eines gemeinsam: Kranke fürchten sich vor ihnen. Beim Zahnarzt dominiert die Angst vor seinen Folterwerkzeugen, beim Apotheker die vor dem Preis der Medikamente. In diesem Jahr könnte aus der Furcht ein Fürchtchen werden. Denn Patente umsatzstarker Arzneien laufen aus und Nachahmer-Präparate kosten durchschnittlich ein Drittel weniger. Nicht immer verkaufen Apotheken die günstigeren Arzneien jedoch von sich aus. Daher sollte wer krank ist, gezielt nach patentfreien Medikamenten fragen.

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Die forschenden Pharmaunternehmen schauen dunklen Zeiten entgegen. Denn die Medikamente, mit denen sie in dem letzten Jahrzehnt Kohle gescheffelt haben, sogenannte Blockbuster, werden nun von Nachahmern kopiert und zu wesentlich niedrigeren Preisen angeboten. Zu diesen Medikamenten gehört beispielsweise der Blutfettsenker Lipitor von Pfizer, der über mehrere Jahre der Umsatz-Spitzenreiter war.

2010 machte der amerikanische Hersteller noch 11,4 Milliarden Umsatz mit seinem besten Ross. Möglich war das nur, weil Pfizer ein Monopol auf das Medikament hatte. Dies endete im letzten Jahr.

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Auch in diesem Jahr verlieren einige umsatzstarke Medikamente ihren Patentschutz: Der Blutgerinnungshemmer Plavix von Brystol Myers Squibb und Sanofi Aventis machte 2010 einen Umsatz von neun Milliarden, der Blutdrucksenker Diovan von Novartis immerhin gut sechs und das Medikament gegen Schizophrenie Seroquel von Astra Zeneca circa fünf. In den Forschungslaboren rund um die Welt laufen die Reagenzgläser bereits heiß, um eine Kopie, ein sogenanntes Generikum dieser Medikamente, herzustellen.

Generisches Pendant zu Aspirin ist ASS

Auf diese Nachahmer-Präparate muss der Verbraucher allerdings noch warten. Von anderen kann er bereits heute profitieren. Das generische Pendant des Schmerz- und Fiebermittels Aspirin heißt beispielsweise ASS und kostet bei gleicher Stückzahl weniger als ein Drittel vom Original. Auch bei Schnupfen kann der Verbraucher sparen: Für das Nachahmer-Nasenspray des Herstellers Ratiopharm zahlt der Kunde in der Apotheke circa 3,50 Euro - für das Original namens Nasic von der Firma Cassella gut 2,50 Euro mehr.

Sind Generika schlechter als das Original?

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Nicht alle Verbraucher entscheiden sich aber für günstige Generika. Viele vertrauen weiterhin auf die patentierten Arzneimittel, weil sie die schon lange kennen und gute Erfahrungen gemacht haben.

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Generika kosten weniger als Originalpräparate, weil ihre Hersteller nicht forschen und entwickeln müssen. Ein Medikament zu erfinden, dauert laut einer US-Studie im Durschnitt 13,5 Jahre und kostet zwischen 1,1 und 1,6 Milliarden Dollar. Als Gegenleistung für den Aufwand, den die forschenden Pharmaunternehmen leisten, bekommen sie einen Patentschutz von 20 Jahren.

Die Pharmaunternehmern können aber nur in einem Teil dieser Zeit mit ihrer Arznei Geld machen, weil sie das Patent vor dem Verkaufsstart anmelden müssen. Spätestens muss dies vor den ersten Tests mit Menschen geschehen. Durchschnittlich dauert die Entwicklung des Medikaments dann noch acht Jahre. Das Monopol gilt dann also nur noch zwölf Jahre.

Nachahmer-Medikament braucht nur zwei Jahre Forschung

Generikahersteller sind wesentlich schneller als die forschenden Pharmaunternehmer. Um ein Nachahmer-Präparat auf den Markt zu bringen, brauchen sie laut einer Studie des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung in der Regel zwei Jahre. Bei einigen Arzneien dauere es aber auch nur einen Tag, sagt Bork Bretthauer vom Verband Pro Generika. Je schneller die Hersteller sind, desto eher können sie den patentgeschützten Arzneien Kunden abjagen. Daher entwickeln sie Generika häufig schon, bevor die Patente auslaufen. Das Rezept können die Hersteller im Patent des Originalpräparats abschauen.

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Der Dresdener Generikahersteller Juta Pharma hat das gerade erfolgreich gemacht. Mit Latano-Q hat es ein Generikum für Pfizers Augentropfen Xalatan entwickelt und das in weniger als einem Jahr. Statt knapp 74 Euro zahlen Patienten, die unter zu hohem Augendruck leiden nun nur noch gut 29 Euro.

Etwas länger dauert eine Kopie von gentechnisch hergestellten Medikamenten wie Insulin. Die sogenannten Biosimilars bereiten den Generikaherstellern oft Kopfschmerzen, weil sie es teilweise nicht schaffen, sie nachzuahmen. Der Sprecher des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen, Rolf Hömke, erklärt, dass genetische Medikamente sehr komplex seien und oft schon minimale Temperaturunterschiede im Produktionsverfahren zu anderen Ergebnisse führen würden.

Generikum wirkt bis zu 25 Prozent stärker als das Original

Ein Generikum kann bis zu 20 Prozent weniger und 25 Prozent stärker wirken als ein Original. In der Regel ist der Unterschied fünf Prozent. Das Gesetz schreibt vor, dass eine Nachahmung eines patentgeschützten Medikaments bioäquivalent sein muss. Das bedeutet, dass der Wirkstoff genauso schnell und in gleicher Menge am Wirkungsort sein muss wie beim Original. Einen Unterschied zwischen Generikum und Original machen häufig Hilfsstoffe aus. Die werden zum Beispiel dafür verwendet, den Wirkstoff im Körper dorthin zu transportieren, wo er hin soll und beeinflussen obendrein die Verträglichkeit einer Arznei. Allergiker sollten daher, wenn sie sich für ein Generikum entscheiden, beim Arzt oder Apotheker nachfragen, ob sie dieses vertragen.

Teilweise gelingt es Generikaherstellern, über Hilfsstoffe Medikamente zu verbessern. Solche Verbesserungen seien jedoch aufwendig und von den gesetzlichen Krankenkassen häufig nicht erwünscht, sagt Bretthauer: „Die Krankenkassen setzen ausschließlich auf den niedrigsten Preis eines Arzneimittels, nicht auf die Patientenfreundlichkeit.“

Ob Generika auch wirklich den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, kontrolliert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dessen Präsident Walter Schwerdtfeger versichert, dass die Nachahmer-Medikamente unbedenklich seien: „Generika entsprechen hinsichtlich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit den jeweiligen Originalpräparaten und werden auch nach der Zulassung genauso intensiv auf neu auftretende Risiken hin überwacht."

Überdosis ist möglich

Im Alltag der Patienten könnten patentfreie Medikamente jedoch Probleme machen, sagt Klaus Fischer vom Hamburger Hausarztverband. Das liege aber nicht daran, dass die Nachahmer-Präparate an sich schlecht seien, sondern dass der Apotheker die Freiheit habe, dem Patienten zum Beispiel bei Lieferschwierigkeiten andere Präparate zu geben, als auf dem Rezept stehen. Dadurch würden Patienten manchmal den gleichen Wirkstoff, aber in einem anderen Generikum bekommen. Dem Patienten würde so die Möglichkeit genommen, sich an ein Präparat zu gewöhnen.

Teilweise besteht auch die Gefahr, dass ein Patient versehentlich eine Überdosis einnimmt. Zum Beispiel, wenn der Arzt einem Patienten ein Präparat mit 80 Prozent Wirksamkeit des Originals verschreibt und der feststellt, dass dieses zu schwach ist. Dann verordnet er beim nächsten Termin eine höhere Dosis. Bekommt der Patient aber dann ein Generikum mit 125 Prozent Wirksamkeit des Originals, ist die Dosis viel größer als der Arzt beabsichtigte.

Ist das Generikum völlig gleich wie das Original?

Christian Lanz: Generika enthalten alle den identischen Wirkstoff und die gleiche Dosierung wie das Originalpräparat. Bei der Zulassung muss der Generikahersteller nachweisen, dass mit dem Generikum vergleichbare Wirkstoffmengen im Blut wiedergefunden werden.

Welches sind die Vorteile von Generika?

Der große Vorteil von Generika besteht darin, dass die Kosten für Standardbehandlungen massiv und dauerhaft gesenkt werden. Die Qualität der medizinischen Versorgung bleibt nachhaltig gesichert. Neben den Einsparungseffekten gibt es aber noch weitere Vorteile: Generika enthalten nur bewährte Wirkstoffe.

Warum sind Generika günstiger?

Ein Grund für die niedrigeren Kosten ist, dass Generika nicht komplett neu entwickelt werden müssen. Nach Ablauf des Patentschutzes kann ein Originalpräparat auch von anderen Anbietern hergestellt werden. Den Kostenvorteil können die Unternehmen an Patient:innen und das Gesundheitssystem weitergeben.

Warum ist ratiopharm so günstig?

Generika können sehr viel preiswerter angeboten werden, da die Forschungskosten entfallen – es handelt sich ja um seit Jahren erprobte und bewährte Wirkstoffe. Oftmals sind es nicht nur "Kopien" sondern sogar Weiterentwicklungen mit besserem Geschmack oder zusätzlichen Darreichungsformen und Wirkstärken.