Kann man den kleinen Zeh Abspreizen?

Wir Läufer haben alle von der Bedeutung der Stabilität unserer Körpermitte und von der Wichtigkeit der Muskeln im Bauch-, unteren Rücken- und Hüftbereich gehört. Ein interessanter Artikel einer Forschergruppe um Irene Davis von der Harvard Medical School, veröffentlicht im British Journal of Sports Medicine, weist darauf hin, dass wir in Sachen Stabilität aber auch an die eher unbekannten kleinen Muskeln im Fuß denken sollten, die miteinander die Fußmitte bzw. den „Fußkern“ bilden.

Wenn wir von Kernmuskeln sprechen, gibt es eine wichtige Unterscheidung zwischen „globalen Antriebskräften“ (große, starke Muskeln, die Bewegungen wie Sit-ups ausführen) und „lokalen Stabilisatoren“. Das sind kleine Muskeln, die hauptsächlich tief unter der Oberfläche sitzen und sich nur wenig bewegen, aber ständig aktiviert sind, um den Körper stabil und ausbalanciert zu halten.

Dasselbe trifft auch auf den Fuß zu. Es gibt große äußere Muskeln, die über den Knöchel in den Fuß laufen und den Großteil der Bewegung des Fußes erzeugen; auf diese konzentrieren wir uns in der Regel beim Krafttraining. Aber es gibt auch kleine, gänzlich im Fuß liegende Muskeln, von denen ich teilweise noch nie gehört habe (z.B. Abduktor Digiti minimi oder Quadratus plantae). Sie helfen uns, den Fuß während des Aufsetzens und Abstoßens stabil zu halten – und verformen sich, um die Belastungs- und Speicherenergie während der mittleren Standphase aufzufangen. Entscheidend dabei ist, dass diese Muskeln das Fußgewölbe stützen.

So trainieren Sie Ihre Fußmuskulatur

Was sind die Funktionen der unterschiedlichen Fußmuskeln?

Der menschliche Fuß besteht aus 26 Knochen und etwa 30 Gelenken. Dazu sind 60 Muskeln und mehr als 300 Bänder und Sehnen im Fuß zu finden. Die Muskeln werden in die Fußrückenmuskulatur und die Fußsohlenmuskulatur eingeteilt. Letztere wird in drei weitere Bereiche eingeteilt:

Großzehenmuskulatur

Zu der Großzehenmuskulatur zählen der Abspreizer, der Anzieher und die langen und kurzen Beugemuskeln. Der Abspreizer ermöglicht das Abspreizen der ersten Zehe nach außen. Zudem kann er eine leichte Beugung erzeugen. Seinen Anfang hat dieser Muskel an der Unterseite der Ferse und zieht sich bis zum Grundgelenk der großen Zehe. Der lange Beugemuskel dient vor allem der Unterstützung des Fußgewölbes, wodurch Fußfehlstellungen verhindert werden können.

Kleinzehenmuskulatur

Wie schon der Name sagt, sind die Muskeln dieser Muskelgruppe für die Bewegung der kleinen Zehe verantwortlich. Der Kleinzehengegenübersteller zum Beispiel führt nach einer Erregung durch den zugehörigen Nerv eine zusammenhängende Bewegung aus beugen und anziehen des kleinen Zehs aus. Es kann auch vorkommen, dass dieser Muskel nicht vorhanden ist. Daneben liegt der Beugemuskel der kleine Zehe, der Beugungen in Richtung der Fußsohle ausführt. Der Abspreizer formt die seitliche Fußkante. Anders als durch den Namen erwartet, hat dieser Muskel nur eine sehr geringe abspreizende Funktion.

Muskulatur im mittleren Bereich / zwischen den Zehen

Alle Muskeln, die in diese Kategorie fallen, unterstützen die anderen Muskeln und übernehmen wichtige Aufgaben zur Stabilisierung des Fußes. So zum Beispiel die lumbicralen Muskeln, die beugende Bewegung der Zehen unterstützen und die Zehen zueinander ziehen. Des Weiteren verstärken sie die Stabilität des gesamten Fußes. Ein weiterer Muskel ist der Sohlenviereckmuskel, der das Fußgewölbe stärkt und dem langen Zehenbeuger verhilft. Die Muskeln, die zwischen den Zehen liegen werden als Zwischenknochenmuskulatur zusammengefasst. Sie liegen sowohl an der Fußsohle als auch auf dem Fußrücken und haben eine Zehen anziehende beziehungsweise abspreizende Wirkung.

Zudem werden die Muskeln in ihre unterschiedliche Länge aufgeteilt. Die kurzen Fußmuskeln des Fußrückens, auch intrinsische Fußmuskeln genannt, liegen oben auf dem Knochen auf und führen eine Dorsalflexion aus. Das bedeutet, sie sind für das Strecken und Anziehen der Zehen verantwortlich. Der Zehenstrecker (Musculus extensor hallucis brevis) ist alleine für die Bewegung der großen Zehe zuständig. Die Zehen zwei bis vier werden von dem kurzen Zehenstrecker (Muskulus extensor digitorum brevis) bewegt. Allerdings nur indirekt, da dieser Muskel sich in drei Muskelbäuche aufteilt und davon jeweils eine Sehne zum Zeh hin ausgeht. Der fünfte und kleinste Zeh hat oft keine Sehne die an einen kurzen Muskel ansetzt.

Die lange Muskulatur des Fußrückens, auch extrinsische Muskeln genannt, hat, wie es der Name schon sagt, einen sehr langen Verlauf, der am Kniegelenk beginnt, den Muskelbauch am Unterschenkel hat und nur in Form von Sehnen über den Fußrücken bis in die Zehen verläuft. Ähnlich wie die kurzen Fußmuskeln sind sie am Beugen und Strecken der Zehen beteiligt. Zusätzlich lösen sie noch eine Bewegung im Sprunggelenk aus. Der lange Zehenstrecker setzt am Knochen des Kniegelenkes an, verläuft schräg in Richtung Sprunggelenk und teilt sich dort in vier Sehnen auf, die zu den Zehen zwei bis fünf gehen. Bei der Bewegung des großen Zehs ist der lange Großzehenstrecker (Musculus extensor hallucis longus) beteiligt.

Fußmuskeln stärken, Plantarfasziitis verhindern

Also, was geschieht, wenn man einen schwachen "Fußkern" hat? Es gibt vier verschiedene Muskelschichten entlang der Fußunterseite, die das Fußgewölbe unterstützen. Wenn diese Muskeln zu schwach sind, wird die Belastung auf die Plantarfaszie (faserartiges Bandgewebe auf der Unterseite des Fußes) übertragen. Also, wenn Sie eine Entzündung in diesem Bereich, eine so genannte Plantarfasziitis loswerden wollen, ist die Stärkung der inneren Fußmuskeln der Schlüssel dazu - dies wird allerdings oft vernachlässigt. Und natürlich steht alles in unserem Körper im Zusammenhang: Ein instabiler Fußkern kann auch zu einer unnormalen Bewegung im Knie führen, was letztendlich auf Knieschmerzen hinausläuft.

Das sollten Läufer über Plantarfasziitis wissen

Nun wäre es also wichtig herauszufinden, wie man den Fußkern stärkt. Es gibt einige Standardübungen, die die inneren Fußmuskeln aktivieren:

Der Zehenfresser

Versuchen Sie, mit den Zehen ein Handtuch über den Boden unter den Fuß ziehen.

Der Zehengreifer

Sammeln Sie mit den Zehen Murmeln auf.

Allerdings werden bei diesen Übungen oft auch noch die größeren äußeren Fußmuskeln einbezogen. Deshalb schlagen die Wissenschaftler von der Harvard Medical School eine andere Übung vor:

Die Fußwölbung

Setzen Sie sich auf einen Stuhl und stellen Sie den Fuß in neutraler Position flach auf den Boden. Versuchen Sie nun durch Kontraktion der inneren, kleinen Muskeln die Fußsohle zu wölben und dabei die Zehen flach auf dem Boden zu lassen. Sie können den Schwierigkeitsgrad später steigern, indem Sie die Übung nicht sitzend, sondern stehend durchführen, dann einbeinig und sogar hüpfend.

Fußmuskeln werden häufig vernachlässigt

Aber gibt es wirklich irgendwelche Beweise, dass dies hilft? Es führt bestimmt zu einer kleinen Verbesserung der dynamischen Balance und Stabilität des Sprunggelenks, aber insgesamt ist noch viel mehr Forschung auf diesem Gebiet notwendig. Im Moment erinnert es uns jedenfalls daran, dass dieser Bereich im Fuß häufig vernachlässigt wird. Studienleiterin Irene Davis sagt deshalb: „Ich hoffe, dass die Sportler mitnehmen, dass sie ihren Füßen mehr Aufmerksamkeit schenken sollen. Denn bisher sehen wir in den Fitnessstudios noch niemanden, der seine Füße stärkt."

Fazit

Der Fuß besteht aus etwa 26 Knochen, 30 Gelenken, 60 Muskeln und mehr als 300 Bänder und Sehnen. Bei den Muskeln unterscheidet man zwischen Fußrücken- und Fußsohlenmuskulatur. Die Muskulatur der Fußsohle wird nochmal in die Großzehen- und Kleinzehenmuskulatur sowie die Muskulatur im mittleren Bereich und zwischen den Zehen eingeteilt. Zudem kann man die Muskeln noch an ihrer Länge kategorisieren.

Bei einer Plantarfasziitis sind die Muskeln der Fußsohle zu schwach, weshalb sich eine Entzündung bildet. Um diese wieder loszuwerden sollten Sie Übungen zur Stärkung machen. Hierzu eignen sich die Übungen Zehenfresser, Zehengreifer und Fußwölbung.