Darf man Obst und Gemüse nach Deutschland einführen

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Erstellt: 04.03.2018Aktualisiert: 02.11.2018, 02:23 Uhr

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Darf man Obst und Gemüse nach Deutschland einführen

Eine Pflanzenschutz-Inspektorin (l) und ein Zollbeamter (r) durchsuchen einen Karton mit Früchten und Gemüse, den ein Reisender aus Vietnam am Frankfurter Flughafen eingeführt hat. © Frank Rumpenhorst (dpa)

Sie wollen nach dem Thailand-Urlaub noch mal frische Mango zum Frühstück genießen oder einem Curry mit mitgebrachten Chili die Original-Schärfe verleihen. Doch Obst und Gemüse im Urlaubergepäck ist oft verboten. Dann wartet ein Müllsack statt der Wok-Pfanne.

Die Styroporbox, die der vietnamesische Reisende bei der Ankunft in Frankfurt zwischen drei Koffern auf dem Gepäckwagen balanciert, erregt Elena Wiegands Aufmerksamkeit. Sie winkt den Mann, der nach seiner Ankunft aus Hanoi den grünen Zollausgang für freien Durchgang gewählt hat, zur Seite. «Da würde ich gerne mal reinsehen», sagt die Zollbeamtin am Frankfurter Flughafen. Nachdem die Folie aufgeschnitten und der Deckel abgehoben ist, wird sie unter ein paar obenauf gepackten T-Shirts fündig: Nicht unverzollte Zigarettenstangen oder Alkoholflaschen hat der Mann im Gepäck, sondern mehrere Plastiktüten mit Mangos.

Der Vietnamese lächelt verlegen, als Wiegand die Früchte in einen Müllsack gibt. Genießen darf er die süßen Mitbringsel aus dem Heimatland nach der Rückkehr nach Deutschland nicht, auch wenn die Menge überschaubar und offensichtlich nur zum Eigenverzehr gedacht ist. Doch in diesem Fall geht es den Zollbeamten nicht um die Verhinderung von Schmuggel, sondern darum, die Einschleppung von Krankheitskeimen und Schädlingen wie etwa Fruchtfliegen zu verhindern.

Andreas Scharnhorst vom Pflanzenschutzdienst des Regierungspräsidiums Gießens und seine Kollegen stehen neben den Zöllnern, prüfen das bei Stichproben geöffnete Urlauber- und Reisegepäck. Ein anderer Passagier aus Vietnam hat den roten Zolleingang für Ankommende mit Zollwaren gewählt. «Ja, ich habe Kräuter mit», sagt er und zeigt bereitwillig dicke Bündel Thaibasilikum und Zitronengras, eingewickelt in Zeitungspapier. Das Zitronengras darf er mitnehmen.

«Es gab keine Anzeichen für Schädlingsbefall», sagt Scharnhorst nach der so genannten Pflanzenbeschau. Der Basilikum aber und eine große Tüte roter Chilischoten müssen in den Müllsack zu den Mangos des zuvor kontrollierten Mannes. Auch diesmal steht die Enttäuschung dem Mann aus Vietnam ins Gesicht geschrieben. Immerhin: Ein Bußgeld muss er nicht zahlen, denn er hatte sich mit den Pflanzen am Zoll gemeldet.

«Die meisten Funde machen wir bei Flügen aus Asien oder Südamerika», begründet Scharnhorst den an diesem Morgen besonders intensiven Blick in Urlaubergepäck aus Südostasien. So mancher Urlauber möchte den Geschmack der Tropen noch ein Weilchen erhalten, wenn er schon die Sonne nicht mitnehmen kann. Oder in Deutschland lebende Vietnamesen oder Thailänder haben von wohlmeinenden Verwandten in der Heimat kulinarische Mitbringsel erhalten.

«Die sagen dann, das schmeckt nach Heimat, oder sind Sorten, die man in Deutschland gar nicht kaufen kann», sagt Scharnhorst. Menschlich kann er das alles nachvollziehen, als Pflanzenschützer dagegen ist er eisern: «Anders als die Ware, die im Frachtbereich ankommt, stammen diese Früchte nicht aus kontrolliertem Anbau – die wurden auf lokalen Märkten gekauft oder kommen womöglich sogar aus dem Garten.»

Das klingt doch eigentlich gut, oder? Scharnhorst schüttelt den Kopf. «Die Wahrscheinlichkeit von Schädlingsbefall ist viel größer. Früchte, die für den Export bestimmt sind, werden schon beim Anbau regelmäßig kontrolliert.» Streng blickt er auf die sichergestellten Tüten. «In so einer Frucht kann ein Dutzend Fruchtfliegen beziehungsweise ihre Larven sitzen!»

Schädlinge, die eingeschleppt werden, sich ohne natürliche Feinde rasend schnell vermehren und auf heimische Obst- oder Gemüsearten stürzen: Das ist das Schreckensszenario, das die Pflanzenschützer verhindern wollen. In Hessen ist das Regierungspräsidium Gießen landesweit für den Pflanzenschutz zuständig und kontrolliert daher nicht nur Gärtnereibetriebe und den Großmarkt, sondern auch am Flughafen.

«Unser Kerngeschäft ist der Cargo-Bereich», betont Hans-Jürgen Hess, der Dienststellenleiter für den Pflanzenschutz am Flughafen. Dort kommen die großen Mengen von Obst und Gemüse, aber auch Pflanzen an. Doch der professionelle Import kommt mit Frachtpapieren und dem vorgeschriebenen Pflanzengesundheitszeugnis.

Einen Unbedenklichkeitsnachweis für die Mango im Handgepäck dagegen hat in der Regel kein Reisender. «Wir hatten schon Maschinen, aus denen wir insgesamt 200 Kilogramm mitgebrachtes Obst beschlagnahmt haben», sagt der graubärtige Pflanzenschützer zum Anstieg verbotener Früchte.

Hinzu kommen gerade bei Flügen aus Thailand Orchideen, die mancher Reisende als exotisches Mitbringsel in den Blumenläden am Flughafen kaufte. «Die bezahlen da noch für ein Zertifikat, dass die Pflanzengesundheit bescheinigt – und sind dann völlig überrascht, wenn sie bei der Ankunft erfahren, dass das überhaupt keine offizielle Bescheinigung ist und die Orchidee nicht eingeführt werden darf.»

Orchideen gehören neben Chilis, Mangos und Basilikum zu den häufigsten Pflanzen, die bei der Einreise am Frankfurter Flughafen sichergestellt werden.

Das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, hat kaum einer der Reisenden – so wie die Frau aus Hongkong, die fassungslos ruft: «Was denn, auch die Zitronen?» Gerade erst hat sie beteuert, dass sie selbstverständlich nie Fleisch und Wurst mit nach Deutschland bringt. Dass auch Zitrusfrüchte ohne ein Pflanzengesundheitszeugnis draußen bleiben müssen, hat sie nicht geahnt.

Viele Reisende seien nicht richtig über die Regeln informiert – und bei der Beschlagnahme von Obst oder Blumen dann entsprechend verärgert oder enttäuscht, so die Pflanzenschützer. Hier müsse die EU noch an ihrem Image feilen, sagt Scharnhorst. «So ziemlich jedem Reisenden ist klar, dass die USA, Australien oder Neuseeland strenge Regeln für die Einfuhr von Lebensmitteln haben. Dass es solche Regeln auch in der EU gibt, ist vielen Leuten nicht bewusst.»

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Welche Obst darf man nach Deutschland einführen?

Früchte, u.a. Zitrus (nur ohne Blätter), Man- go, Annone (Rahmapfel), Äpfel, Birnen, Pflaumen, Guaven, Passionfüchte … Ja, aber ein gültiges Pflanzengesundheits- zeugnis ist für die Einfuhr geregelter Früchte notwendig.

Welche Lebensmittel darf man nicht nach Deutschland?

Um ein Einschleppen von Tierseuchen in die Europäische Union zu vermeiden, ist nach der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2122 (privates Reisegepäck) das Mitbringen von Fleisch und Milch sowie daraus hergestellten Erzeugnissen aus Drittländern untersagt.

Welche Lebensmittel darf man nach Deutschland mitbringen?

Erlaubt sind zum Beispiel Nahrungsmittel, die nur geringe Mengen Milch oder Sahne enthalten, zum Beispiel Kekse, Schokolade oder Sahnebonbons. Keine Probleme hat der Zoll auch mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs wie zum Beispiel Honig, die kein Fleisch oder Milch beziehungsweise Milcherzeugnisse enthalten.

Wie viel Lebensmittel darf man nach Deutschland einführen?

Lebensmittel, die innerhalb der EU mitgeführt werden, unterliegen tatsächlich keinerlei Beschränkungen. Sie können also getrost Wurst, Käse oder sonstige essbaren Souvenirs von einem EU-Land ins andere mitnehmen.