Der Krebs kam schneller als erwartet und sie wollte nur eins, in Ruhe in einem Bremer Hospiz sterben. Doch dann starb sie nicht so schnell wie erwartet, dank der Pflege im Hospiz. Kein Einzelfall! Doch dass sich Ärzte, Hospizbetreiber und Krankenkassen nicht dagegen einsetzen, die unrettbar todkranke Frau aus dem Hospiz abzuschieben, scheint einmalig. Show Wer todkrank ist und niemanden hat, der ihn pflegt, hat heutzutage einen Rechtsanspruch auf einen Hospizplatz, wo er
umsorgt und betreut die letzten Tage oder Wochen seines Lebens verbringen darf – das denken viele und wir dachten das auch. Doch Axel Svehla entdeckte bei seinen Recherchen: wer nicht schnell genug stirbt, für den ist kein Platz im Hospiz. Diese krebskranke Angelika Kolder wurde aus dem Hospiz abgeschoben - sechs Monate dauerte ihr Leidensweg. Bremen im Juni letzten Jahres. Hier wohnte die allein lebende Angelika Kolder. Sie ist 55 Jahre alt als sie erfährt, dass es für sie keine Rettung mehr gibt. Der Befund der Ärzte ist eindeutig. Sie leidet unter einem unheilbaren Gehirntumor. Eine Operation erscheint sinnlos. Ihre Zeit wird knapp, die letzten Dinge zu ordnen und festzuhalten, wo sie sterben möchte. In einem Hospiz soll es sein. Sie formuliert ihren Willen in einer Patientenverfügung. Ihre beste Freundin und Bevollmächtigte erinnert sich, wie wichtig Angelika Kolder ausgerechnet dieser Ort zum Sterben war. Barbara Jakobi Barbara Jakobi Erzählen wir die Geschichte der Reihe nach: Frau Kolders Krankenkasse, die Bremer hkk, muss jeden Monat circa € 6.000 für die aufwändige Pflege an das Hospiz bezahlen. Und weil Angelika Kolder nach
fast vier Monaten noch immer nicht gestorben ist, bekommt sie einen Brief. Darin heißt es: Barbara Jakobi Weder die Betroffene noch ihre Vertreterin wurden jemals vor dem Bescheid der Kasse befragt. Sie kannten keine Gutachten und sogar ihr Widerspruch blieb unbeantwortet. KONTRASTE bat die Krankenkasse HKK um ein Interview, vergeblich. Stattdessen eine Stellungnahme. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Kasse habe die hkk veranlasst, eine weitere Kostenübernahme in Frage zu
stellen: Das ist absurd. Ziel eines jeden Hospizaufenthaltes ist es, dass sich der Sterbende stabilisiert und erholt, um sich auf sein Ende vorzubereiten. Intensive Pflege, das Absetzen kräftezehrender Chemotherapien, die Gabe schmerzstillender Mittel gehören dazu. Nun aber machen die Kasse und die behandelnden Ärzte Frau Kolder diese Stabilisierung indirekt zum Vorwurf, um sie gegen ihren Willen aus dem Hospiz zu drängen. Ein zynisches Ansinnen, das durch die Rahmenvereinbarung zwischen Kassen und Hospizbetreibern nicht gedeckt ist. So sieht es auch der Hospizverein Bremen. Friedhelm Pielage Haben die Ärzte im Hospiz ihren Ermessensspielraum genutzt und sich für den Verbleib der Todgeweihten eingesetzt? Wir wissen es nicht, denn Interviews werden nicht gegeben. Die Möglichkeit allerdings, Frau Kolders Aufenthalt im Hospiz durch eine Stellungnahme der Ärzte bis zu deren Tod zu verlängern, ist gegeben. Friedhelm Pielage
Das bedeute auch: Frau Kolder hätte in Ruhe im Hospiz sterben können, denn die Aufenthaltdauer der Bewohner ist nicht ausdrücklich begrenzt. Protestierte wenigstens Frau Kolders Hausärztin gegen ihre Verlegung? Sie tat es nicht – so die Krankenkasse. Äußern will sich auch die Ärztin nicht. Bleibt zuletzt die Rolle des Hospizes. Gab es wenigstens hier Widerspruch zu Gunsten Frau Kolders? Auch hier kein Interview. Stattdessen nur ein lapidarer Verweis auf die Rechtslage, Zitat: Doch das setzt voraus, dass Frau Kolder hätte zu Hause gepflegt und versorgt werden können. Das war aber nicht der Fall. Eugen Brysch Nach vier Monaten war Angelika Kolder gezwungen, das Hospiz wieder zu verlassen. Daran mitgewirkt haben: ihre Krankenkasse, die Ärzte und das Hospiz – und alle trauen sich nicht vor die Kamera. Frau Kolder fand danach ein Heim, dass zu ihrem Glück auf die Pflege Todkranker vorbereitet ist. Dass jemand allerdings ausgerechnet aus einem Hospiz gegen seinen Willen in ein Pflegeheim entlassen wird, konnten sie dort kaum glauben. Uwe Herkt Beitrag von Axel Svehla Wie lange darf man in einem Hospiz leben?Die durchschnittliche Verweildauer in einem stationären Hospiz beträgt 2 bis 4 Wochen. Hospize arbeiten ganzheitlich, sie begleiten auch die Angehörigen – auch über den Tod des Patienten hinaus.
Was kostet der Aufenthalt in einem Hospiz?Der Tagessatz für den Aufenthalt beträgt circa 270 Euro für ein Hospizbett und variiert regional. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen 95 Prozent der Kosten. Den Rest finanzieren die Hospize beziehungsweise deren Träger über Spenden und Sponsoren.
Wie sieht der Alltag in einem Hospiz aus?Der Tagesablauf richtet sich nach den Bedürfnissen des Erkrankten. Es gibt keine festen Essens- oder Weckzeiten. Der Gast kann also rund- um- die Uhr Besuch empfangen, seine Mahlzeiten einnehmen, spazieren gehen, aufstehen oder schlafen.
Warum kommt man ins Hospiz?Im Mittelpunkt des Hospizes steht der schwerkranke und sterbende Patient mit seinen Wünschen und Bedürfnissen. Ziel ist es, diese - wenn es geht - zu erfüllen und dem Sterbenden einen möglichst angenehmen Abschied in harmonischer Umgebung und ohne Angst zu ermöglichen.
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