Was geht für die Nutzung des Seitenstreifen in dieser Situation?

Auf Schweizer Autobahnen ist es aktuell auf drei Abschnitten erlaubt, zeitweise auf dem Pannenstreifen zu fahren.

Im Berufsverkehr stehen die Autos auf der Umfahrung Winterthur fast mehr, als dass sie fahren. Die Pendler sind das inzwischen gewohnt und ergeben sich in ihr Schicksal. Doch plötzlich fährt jemand unverschämterweise auf dem Pannenstreifen an der ganzen Kolonne vorbei. Das ist doch gar nicht erlaubt!

Falsch. Zumindest zeitweise zwischen Oberwinterthur und Ohringen. Denn hier kann bei besonders hohem Verkehrsaufkommen, sprich vor allem im Berufsverkehr, der Pannenstreifen als zusätzlicher Fahrstreifen freigegeben werden. Rechts vorbeifahren ist dann im Kolonnenverkehr bei gebotener Vorsicht seit letztem Jahr erlaubt.

Schon seit bald zwei Jahren darf der Pannenstreifen zwischen Oberwinterthur und Ohringen temporär genutzt werden. Aber: Laut dem Bundesamt für Strassen Astra dauere es etwa ein Jahr, bis alle Lenkenden solch eine neue Signalisation realisieren und verstehen. Trotzdem ist die Situation für viele Autofahrerinnen und Autofahrer immer noch neu und ungewohnt. Blick beantwortet hier die sieben wichtigsten Fragen zur temporären Nutzung des Pannenstreifens.

Auf welchen Strecken kann der Pannenstreifen genutzt werden?

Die A1 am Genfersee zwischen Morges Ost und Ecublens war 2010 der erste Abschnitt. Da in einem Pilotversuch des Astra mit der Nutzung des Pannenstreifens Staus verhindert werden konnten, folgen nun stetig weitere Abschnitte in Agglomerationen. 2020 kamen zwei weitere Abschnitte hinzu: Auch auf der A1 zwischen Villars St. Croix und Cossonay (seit Januar) und ebenfalls auf der A1 zwischen Ohringen und Oberwinterthur (seit April) kann der Pannenstreifen freigegeben werden.

Wie erkennt man solche Abschnitte?

Elektronische Lichtsignale zeigen über den Fahrstreifen an, ob der Pannenstreifen genutzt werden darf oder nicht. Nur wenn über dem Standstreifen ein grüner Pfeil angezeigt ist, dürfen Sie darauf fahren. Wenn das Lichtsignal schwarz bleibt oder ein rotes X zeigt, ist der Pannenstreifen für den Verkehr gesperrt. Nutzen Sie ihn dennoch, drohen hohe Bussen. Am Ende des Abschnitts können seitliche gelbe Pfeile die Autofahrerinnen und Autofahrer darauf aufmerksam machen, die Spur zu wechseln und auf die normalen Fahrstreifen zurückzukehren.

Wie und wann wird der Pannenstreifen für den Verkehr freigegeben?

Videokameras und Detektoren überwachen den Verkehr in den Abschnitten. Sobald sie hohe Verkehrsbelastungen registrieren, informieren sie die Mitarbeitenden in der Verkehrsleitzentrale. Diese schalten dann die Lichtsignale um und geben den Pannenstreifen für den Verkehr frei. Meistens wird gleichzeitig auch die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf diesen Abschnitten reduziert.

Was muss ich tun, wenn ich auf einem solchen Abschnitte eine Panne habe?

Für diesen Fall gibts alle 1000 Meter eine Nothaltebucht. Wer eine Panne hat, soll wie im Tunnel bis zur nächsten Haltebucht weiter fahren und dort anhalten. Zudem sperrt die Verkehrsleitzentrale den Pannenstreifen wieder für den Verkehr. Wenn nur die normalen Fahrstreifen in Betrieb sind, kann der Pannenstreifen wie anhin bei einem Defekt zum Anhalten genutzt werden.

Welche Vorteile hat die Nutzung des Pannenstreifens?

Verkehrsspitzen können so gebrochen werden und stockender Verkehr fliesst besser. So lassen sich gerade in den Agglomerationen kurz- und mittelfristig Engpässe entschärfen. Besonders wirkungsvoll ist die Nutzung des Pannenstreifens zwischen vielbefahrenen Ein- und Ausfahrten.

Beim Pilotprojekt am Genfersee hat sich zudem gezeigt, dass die Unfallrate um 25 Prozent zurückgegangen ist. Weiter hat der Lärm um 2,4 Dezibel abgenommen und die Luftbelastung in unmittelbarer Autobahnnähe ist um 20 Prozent gesunken.

Welche Nachteile gibts?

Die temporäre Nutzung des Pannenstreifens ist kein Ersatz für einen punktuellen Ausbau der Autobahnen. Denn es handelt sich hier um eine Übergangslösung. Da die Pannenstreifen besser ausgebaut sein müssen, um gerade auch LKWs zu tragen und die Lichtsignale installiert werden müssen, sollten Pannenstreifen während mindestens 10 bis 15 Jahren genutzt werden können.

Bei grösseren Bauarbeiten an der Autobahn oder bei viel Schnee kann es trotzdem zu Stau kommen, weil der Pannenstreifen nicht genutzt werden kann. Bei Bauarbeiten wird der Pannenstreifen benötigt, um weiterhin zwei Spuren zur Verfügung zu stellen. Und bei starkem Schneefall landet der Schnee von den Fahrspuren auf dem Standstreifen.

Auf welchen weiteren Autobahnabschnitten soll der Pannenstreifen in Zukunft als zusätzlicher Fahrstreifen genutzt werden können?

Aktuell in Planung oder Umsetzung sind folgende Abschnitte:

  • A1 Morges Ost - Aubonne
  • A9 Lausanne Vennes - Belmont
  • A1 Chavornay - Cossonay
  • A6 Bern Wankdorf - Muri
  • A2/A3 Pratteln - Augst - Rheinfelden West
  • A1 Wettingen Ost - Dietikon
  • A3/A4 Limattaler Kreuz - Urdorf Nord
  • A1 Limattaler Kreuz - Spreitenbach
  • A3 Zürich Wollishofen - Thalwil
  • A3 Wädenswil - Richterswil
  • A1 Verzweigung Zürich Nord - Verzweigung Zürich Ost
  • A1 Verzweigung Zürich Ost - Wallisellen
  • A1 Winterthur Wülflingen - Effretikon

Auf folgenden Abschnitten prüft das Astra, ob die Nutzung des Pannenstreifens sinnvoll oder möglich ist:

  • A1 Meyrin - Le Vengeron - Coppet
  • A1 Coppet - Nyon
  • A1 Lausanne Malley - Verzweigung Ecublens
  • A9 Lausanne Vennes - Lausanne Blécherette
  • A9 Chexbres - Verzweigung La Veyre - Montreux
  • A1 Verzweigung Weyermannshaus - Bern Forsthaus
  • A14 Buchrain - Verzweigung Rütihof
  • A4 Verzweigung Zürich West - Urdorf Süd
  • A1 Wallisellen - Verzweigung Zürich Ost
  • A1 Effretikon Winterthur Töss
  • A4 Uhwiesen - Schaffhausen Süd
  • A1 St. Gallen Neudorf - Verzweigung Meggenhus