Plastik essen gefährlich für den Menschen

Sind Lebensmittel in Plastik eingeschweißt, können gefährliche Weichmacher aus der Verpackung in unseren Körper gelangen - und sich auf unser Hormonsystem auswirken. Was genau dabei im Körper passiert, war bislang unklar. Deutsche Forscher konnten nun belegen, dass der Weichmacher DEHP unser Gewicht beeinflusst und dick machen kann.

  • Dank Phthalaten sind Lebensmittelverpackungen weich, biegsam und dehnbar.
  • Gelangen die Weichmacher in den Körper, beeinflussen sie den Hormonhaushalt.

Sie sind überall erhältlich und kaum mehr aus dem Alltag wegzudenken: Kunststoffverpackungen mögen praktisch sein, doch sie enthalten gefährliche Stoffe: Phthalate. Die sorgen dafür, dass die Verpackungen weich, biegsam und dehnbar sind. Doch sie können aus dem Kunststoff austreten und in die Lebensmittel übergehen – besonders bei fetthaltigen Lebensmitteln.

Gelangen die Weichmacher dann über die Haut oder durch die Nahrung in den Körper, wirken sie sich auf das Hormonsystem aus – und dadurch auf unser Gewicht. Das haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Zusammenarbeit mit dem Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas-Erkrankungen der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig festgestellt.

Gestörter Glukosestoffwechsel

Sie haben Mäuse untersucht, deren Trinkwasser mit dem Phthalat DEHP versetzt war, und erkannt: Besonders die weiblichen Mäuse haben deutlich zugenommen. Dass das DEHP ihren Hormonhaushalt angegriffen hat, zeigte sich bei einem Bluttest: Der Glukosestoffwechsel war gestört. Außerdem befanden sich mehr ungesättigte Fettsäuren im Blut.

Wie genau der Weichmacher die Hormone verändert und das Gewicht beeinflusst, ist noch unklar. Die Forscher arbeiten weiter an der Lösung dieses Rätsels.

Im Video: So krank macht uns Essen aus Plastikverpackungen

MagazinNachhaltigkeitWasser & Luft

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Veröffentlicht am:17.03.2021

4 Minuten Lesedauer

Permanent nehmen wir unbemerkt kleinste Kunststoffpartikel auf. Wo kommt dieses Mikroplastik her und was wissen Forscher über gesundheitliche Folgen? Ein Überblick zur aktuellen Datenlage.

Plastik essen gefährlich für den Menschen

© AOK

Wo kommt Mikroplastik vor?

Mikroplastik sind kleine Kunststoffpartikel mit einem Durchmesser von unter fünf Millimetern. Sie kommen unter anderem in verschiedenen Kosmetikprodukten vor, etwa in Peelings, Zahncremes oder Handwaschmitteln. Forscher sprechen von primärem Mikroplastik, wenn Produkte bereits feine Teilchen enthalten. Im Unterschied dazu entsteht sekundäres Mikroplastik durch den Abbau und die Zerkleinerung von Kunststoffen in der Umwelt, vor allem im Meer. Das betrifft nicht nur Abfälle. Auch beim Waschen von Textilien aus Kunststofffasern entsteht Mikroplastik. Über das Abwasser gelangt es in die Umwelt, weil Klärwerke kleinste Teilchen nicht zurückhalten. Die schwerwiegendsten Quellen sind aber Reifenabriebe und Abriebe von Bitumen, einer teerartigen Masse, die in Asphalt vorkommt.

Wie gelangt Mikroplastik in den menschlichen Körper?

Beim Abbau von Kunststoffteilchen in der Umwelt werden Giftstoffe, etwa Pestizide oder Weichmacher, freigesetzt. Dadurch können sie von Plankton, aber auch von Fischen im Larvenstadium, aufgenommen werden. Selbst ohne Abbau gelangen kleine Kunststoffteilchen über die Nahrungskette in Fische oder Meeresfrüchte – und beim Verzehr dann weiter in den menschlichen Körper. Besonders häufig enthalten etwa verspeiste Muscheln große Mengen an Mikroplastik. Viel deutet darauf hin, dass Mikroplastik in Gewässern so häufig vorkommt und so klein ist, dass es von den Meeresbewohnern nicht eindeutig als Schadstoff beziehungsweise Fremdkörper wahrgenommen werden kann. Das führt das möglicherweise zu einer leichteren Aufnahme – das Plastik wird dann viel mehr als Nahrung wahrgenommen.

Neben der Nahrung gibt es jedoch auch andere Wege, über die Mikroplastik in den Körper gelangen kann. Forscher fanden beispielsweise heraus, dass sich kleine Kunststoffpartikel aus dem Inneren von Babyflaschen ablösen. Pro Fütterung gelangen so bis zu einer Million Partikel in den Körper des Babys. Je höher die Temperatur ist, desto mehr Mikroplastik wandert von der festen in die flüssige Substanz und kann sich in die Babynahrung mischen. Entscheidend dafür ist, laut einer Studie von Forschern aus Irland die Temperatur, mit der die Babynahrung angerührt wird. Je heißer das Wasser ist, desto eher können sich Mikroplastikteilchen ablösen und unter die Kindermilch mischen.  Aus diesem Grund haben die untersuchenden Forscher Alternativvorschläge für das Füttern mit der Flasche von Kindern aufgezeigt: So könnte fertige und abgekühlte Flüssignahrung in den Babyflaschen keinen gesundheitlichen Schaden anrichten und eine Alternative sein, Kunststoff-Flaschen sollten nach dem Füttern sterilisiert und kühl ausgespült werden. Alternativ wären Fläschchen aus Glas eine gute Alternative.

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Wie viel Mikroplastik nehmen wir auf?

Eine Studie der Heriot Watt Universität in Edinburgh ergab, dass Verbraucher pro Jahr 68,415 Partikel allein über die Nahrung aufnehmen. Hinzu kommen aus Abrieben oder Staub 74.000 bis 121.000 Teilchen, die eingeatmet werden. Wer nur Leitungswasser trinkt, kommt auf zusätzlich 4.000 Teilchen pro Jahr, verglichen mit 90.000 Teilchen beim Konsum von Getränken aus Plastikflaschen. Rechnet man diese Zahlen zusammen, kommt man auf eine enorm große Summe von Plastikpartikeln, die jedes Jahr im menschlichen Körper landen. 


Der WWF drückt es anders aus und vergleicht den unabsichtlichen Konsum von Plastik mit der Größe einer Kreditkarte: "Pro Woche isst jeder von uns eine Kreditkarte". Umgerechnet sind das etwa fünf Gramm Plastik.

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© iStock / doble-d

Mikroplastik und die Folgen von Plastik im Meer sind verheerend.

Wie wirkt Mikroplastik im Organismus?

Derzeit lässt sich die Frage, ob Mikroplastik zu Schäden oder Krankheiten im Körper führt, nicht abschließend beantworten. Forscher haben untersucht, welche Effekte Mikroplastik auf Tiere haben haben kann. Sie fanden folgendes heraus:

  • Durch feste Partikel sind Schäden im Magen-Darm-Trakt zu erwarten.
  • Gleichzeitig erschweren die Teilchen die Nahrungsaufnahme und führen zu einem dauerhaften Sättigungsgefühl.
  • Mögliche Folgen sind Beeinträchtigungen der Fortbewegung, des Wachstums und der Fortpflanzung.
  • Studien zeigten etwa bei Einsiedlerkrebsen Verhaltensänderungen.

Eine Studie der Universität von Nanjing hat ergeben, dass Mikroplastik in den Körper von Mäusen gelangen kann. Die Partikel werden über den Verdauungstrakt aufgenommen. Sie reichern sich im Darm, in der Leber und in weiteren Geweben an. Dort können sie Entzündungsreaktionen auslösen. Inwieweit sich Befunde vom Tier auf den Menschen übertragen lassen, ist ungewiss.

Mittlerweile gibt es aber auch Daten, die sich direkt auf Menschen beziehen. Wissenschaftler konnten Mikroplastik zweifelsfrei in Stuhlproben nachweisen, was für eine Aufnahme in den Magen-Darm-Trakt spricht.

Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) gab eine Mikroplastik-Studie in Auftrag. Sie sollte feststellen, ob Mikroplastikpartikel vom menschlichen Darm aufgenommen werden. In dieser Studie wurden zuerst Kulturen von menschlichen Darmepithelzellen untersucht. Das Darmepithel ist eine Schicht aus Zellen, die die Innenseite des Darms auskleidet. Die Zellen dieser Schicht sind für die Aufnahme, aber auch die Abgabe von bestimmten Stoffen, die im menschlichen Körper eine bestimmte Funktion erfüllen. Bei einem weiteren Experiment fütterten die Wissenschaftler Mäuse 28 Tage lang mit Mikroplastikpartikeln, um den Transport in den Darm und die Reaktion der Darmzellen nachverfolgen zu können.

Das Ergebnis: Plastikpartikel (bis zu einem Durchmesser von vier μm) werden tatsächlich von den Epithelzellen des menschlichen Darms aufgenommen. Bei dem Versuch mit den Mäusen zeigte sich (im Gegensatz zur Studie aus Nanjing, siehe oben) allerdings, dass sehr große Mengen von Plastikpartikeln nur vereinzelt nachweisbar sind. Auch schädliche Effekte auf das Darmgewebe der Mäuse konnten nicht festgestellt werden. Die Wissenschaftler bestätigten, dass auf diesem Gebiet noch erhöhter Forschungsbedarf besteht.

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Was unternimmt die Politik gegen Mikroplastik?

Obwohl es derzeit noch keine abschließende Bewertung zu Effekten von Mikroplastik gibt, versuchen Politiker, hier gegenzusteuern. Voraussichtlich zum 3. Juli 2021 tritt in Deutschland eine neue Verordnung in Kraft. Ab dem Zeitpunkt gilt:

  • Es dürfen keine Kunststoff-Einmalartikel mehr verkauft werden. Das gilt vor allem für Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff.
  • Auch der Verkauf von To-go-Getränkebechern, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor soll gestoppt werden.

Ziel der Bundesregierung ist, einerseits die Kohlendioxid-Emission zu verringern und andererseits den Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt zu minimieren. Dadurch sollte mittelfristig auch weniger Mikroplastik entstehen. Auf europäischer Ebene soll die Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika ab 2022 stark eingeschränkt werden.

Wie schädlich ist Plastik für den Menschen?

Gefährliche Hormongifte in Plastik Phthalate (Weichmacher) und Bisphenol A zum Beispiel. Diese Chemikalien werden im Blut nahezu jedes Menschen nachgewiesen. Sie wirken ähnlich wie Hormone – und können so das empfindliche Hormonsystem durcheinanderbringen.

Wie gefährlich ist es Plastik zu Essen?

ist Plastik im Essen immer problematisch? Dr. Kolossa: Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) sind nach unserem heutigen Kenntnisstand nicht problematisch.

Wie viel Plastik kann ein Mensch Essen?

Fünf Gramm winzige Plastikteilchen gelangen durchschnittlich innerhalb einer Woche in den Magen-Darmtrakt eines Menschen. Das entspricht in etwa einer Kreditkarte, wie die MedUni Wien berichtet. In die Nahrungskette gelangen die Partikel unter anderem aus Verpackungsabfall.

Was verursacht Plastik im Körper?

Aus bisherigen Forschungsergebnissen ist klar: Die Plastikpartikel können Mechanismen auslösen, die Teil der Krebsentstehung sind. Bei Versuchstieren haben Mikroplastikpartikel Entzündungen im Darm ausgelöst, vermutlich durch die Störung der Mikrobiotik. Diese Störung könnte auch zur Tumorentstehung führen.