Kann man in kurzer zeit zweimal corona bekommen

Spätestens seit Auftauchen der Omikron-Welle ist klar: Man kann Corona trotz Impfung bekommen und zwar auch durchaus mehrfach. Aber ist das der normale Gang der Dinge bei einem Virus, das die Atemwege befällt und kein Grund zur Besorgnis, weil die Infektion von Mal zu Mal harmloser wird, wie manche Experten glauben? Oder ist das steigende Reinfektionsrisiko doch ein Grund zur Besorgnis?

Die zweite Meinung erhält jetzt Unterstützung von einer noch nicht begutachteten Studie, bei der sich Forscher das Risiko diverser Folgeerkrankungen angesehen haben, je nachdem, wie oft Betroffene mit Sars-CoV-2 infiziert waren. Klares Ergebnis der Untersuchung: Das Risiko, Schäden an Herz und Lunge zu erleiden oder Long Covid-Symptome wie Fatigue zu bekommen, steigt mit jeder weiteren Ansteckung.

Covie-19: Rund 12 Prozent der Untersuchten waren bereits zwei Mal angesteckt

Das Team um Ziyad Al-Aly von der Washington University hat Daten der Krankenkasse der Veteranen der US-Armee ausgewertet. Dabei handelt es sich nach Angaben der Autoren um das größte US-Gesundheitssystem. Allerdings sind 90 Prozent der in den Datensätzen enthaltenen Versicherten Männer, Frauen daher deutlich unterrepräsentiert.

Die Wissenschaftler filterten schließlich 257.427 Personen heraus, die eine bestätigte Corona-Infektion hatten. Davon hatten 36.417 (12 Prozent) zwei Mal Covid-19 gehabt, 2.263 (0,76 Prozent) drei Mal und 246 (0,08 Prozent) sogar vier Mal oder noch öfter. Dann untersuchten die Forscher die Zahlen verschiedener Folgeerkrankungen in den sechs Monaten nach der Diagnose und verglichen sie mit der jeweiligen Häufigkeit in einer Gruppe von 5,4 Millionen nicht infizierten Personen.

Mehrfach Infizierte haben ein doppelt so hohes allgemeines Sterberisiko

Gegenüber den nur einmal Infizierten verdoppelte sich demnach das allgemeine Sterberisiko und betraf in der Gruppe der mindestens zwei Mal Angesteckten rund 23,8 von 1.000 Personen. Das Risiko, in ein Krankenhaus eingewiesen zu werden, stieg um das Dreifache (95,5 Personen pro 1.000). Auch Schäden an Atemorganen oder dem Herz-Kreislauf-System traten doppelt so häufig bei den Reinfizierten auf, ebenso kam es häufiger zu Diabetes-Diagnosen oder Fatigue, psychischen Problemen, Verdauungsstörungen oder anderen Symptomen von Long Covid.

Am stärksten seien diese Probleme während der akuten Krankheitsphase aufgetreten. In vielen Fällen seien sie aber auch noch sechs Monate nach der Reinfektion feststellbar gewesen. Das Risiko stieg mit jeder Reinfektion. "Es gab einen graduellen Zusammenhang, das bedeutet, das Risiko nachteiliger gesundheitlicher Folgen nahm mit der Zahl der Infektionen zu", schreiben die Autoren.

Long Covid Risiken steigen mit Reininfektionen auch bei Geimpften

Eine Impfung kann laut den Autoren indes nicht das Risiko von Folgeerkrankungen bei Reinfektion verringern. Das steigende Risiko zeigte sich sowohl bei Ungeimpften, als auch bei Geimpften und sogar Geboosterten.

Stand: 14.02.2022 10:33 Uhr

Die hochansteckende Omikron-Variante sorgt zurzeit dafür, dass sich Zehntausende Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infizieren. Viele gehen davon aus, dass die Ansteckung sie vor eine Reinfektion schützt. Stimmt das?

Die Annahme, dass die Omikron-Genesenen längere Zeit vor Corona-Reinfektionen geschützt sind, stimmt nicht. Eine aktuelle Pre-Print-Studie aus den USA zeigt: Je milder der Krankheitsverlauf, desto geringer der erworbene Immunschutz. Und: In einer aktuellen Studie aus Österreich fanden Forschende heraus, dass Ungeimpfte - im Vergleich zu Geimpften und zuvor Genesenen - nach einer überstandenen Omikron-Infektion nur gegen die Omikron-Variante und auch nur in einem geringen Ausmaß neutralisierende Antikörper bilden. Das heißt, das Risiko einer Reinfektion, auch mit einer anderen Coronavirus-Variante, ist erhöht.

Mehrmalige Corona-Infektion für Omikron-Genesene möglich

Dass Omikron BA.1 und BA.2 eher milde Verläufe verursacht, also nicht so krank macht wie die anderen Corona-Viren, liegt unter anderem an den Mutationen der neuen Varianten. Diese verändern den Krankheitsverlauf: Die Viren infizieren in der Regel nur die oberen Atemwege - oft ohne Symptome. Sie können der Immunantwort des Körpers besser entkommen. Das führt nicht nur dazu, dass das Immunsystem im oberen Atemwegsbereich nicht so stark reagiert und somit auch weniger Antikörper bildet, sondern dass das Hauptimmunsystem auf die Eindringlinge ebenfalls kaum reagiert und wenig Abwehrmaßnahmen einleitet. Deshalb ist es laut Experten und Expertinnen möglich, sich mehrmals mit dem Virus zu infizieren - auch wenn die Abstände dazwischen immer größer werden.

Langfristige Immunität nur bei geimpften Omikron-Genesenen

Warum haben Geimpfte aber überhaupt so häufig Durchbruchsinfektionen bei Omikron? Der Impfstoff wurde zur Bekämpfung der "Ur-Variante" des Corona-Virus entwickelt - für diese Variante hat unser Körper nach einer Impfung einen Immunschutz gebildet. Doch das Virus hat sich mit der Zeit verändert, die Omikron-Variante ist weiter vom Ursprungsvirus entfernt als die Delta-Variante.

Wichtig ist aber, dass die Impfung trotzdem in den meisten Fällen vor schweren Verläufen schützt. Und wenn geimpfte Menschen sich jetzt mit Omikron infizieren, entsteht vermutlich eine langfristige Immunität - auch gegen zukünftige Varianten. Das gilt aber nur für Geimpfte. Bei Ungeimpften, vor allem älteren, kann nicht von einem milden Verlauf ausgegangen werden - besonders nicht dann, wenn eine starke Viruslast vorliegt und die Viren nicht nur in den oberen Atemwegen bleiben, sondern auch in die Lunge vordringen.

Weg aus der Pandemie: Corona-Impfung statt Infektion

Eine große Hoffnung, das Ende der Pandemie zu erreichen, ist die Herdenimmunität: Wenn erst einmal ausreichend viele Menschen vollständig geimpft und/oder genesen sind, ist das Virus besiegt. Aber das wird wohl nicht der Fall sein, sagt Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie: Es gebe immer noch zu viele Ungeimpfte und die erworbene Immunität durch eine Omikron-Infektion halte nicht lange an. Menschen können und werden sich also reinfizieren, aber nicht nur mit Omikron, vermutlich auch mit anderen Varianten wie Delta, die noch kursieren. Eine Herdenimmunität könne so nicht solide aufgebaut werden.

Corona-Impfungen sind also laut Expertinnen und Experten der beste und schnellste Weg aus der Pandemie. "Die ideale Immunisierung ist, dass man eine vollständige Impfimmunisierung hat - mit drei Dosen - und auf dem Boden dieser Immunisierung sich dann erstmalig und auch zweit- und drittmalig infiziert mit dem wirklichen Virus", sagt Virologe Christian Drosten im NDR Info Podcast Coronavirus-Update. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass das Virus bis zum Herbst mit Impfungen und den bekannten Schutzmaßnahmen (Abstand halten, Maske tragen, Lüften, Hygiene) ein gutes Stück zurückgedrängt werden kann.

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Visite | 15.02.2022 | 20:15 Uhr

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