Heute wenn ihr seine stimme hört

Die verwirkte Gottesruhe

7Darum, wie der Heilige Geist spricht (Psalm 95,7-11): »Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet,

8so verstockt eure Herzen nicht, wie es geschah bei der Verbitterung am Tage der Versuchung in der Wüste,

9wo mich eure Väter versuchten und prüften und hatten doch meine Werke gesehen vierzig Jahre lang.

10Darum wurde ich zornig über dieses Geschlecht und sprach: Immer irren sie im Herzen! Aber sie verstanden meine Wege nicht,

11sodass ich schwor in meinem Zorn: Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen.«

12Seht zu, liebe Brüder, dass keiner unter euch ein böses, ungläubiges Herz habe, das abfällt von dem lebendigen Gott;

13sondern ermahnt euch selbst alle Tage, solange es »heute« heißt, dass nicht jemand unter euch verstockt werde durch den Betrug der Sünde.

14Denn wir haben an Christus Anteil bekommen, wenn wir die Zuversicht vom Anfang bis zum Ende festhalten.

15Wenn es heißt: »Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht, wie es bei der Verbitterung geschah« –

16wer hat sie denn gehört und sich verbittert? Waren's nicht alle, die von Ägypten auszogen mit Mose?

17Und über wen war Gott zornig vierzig Jahre lang? War's nicht über die, die sündigten und deren Leiber in der Wüste zerfielen?

18Wem aber schwor er, dass sie nicht zu seiner Ruhe kommen sollten, wenn nicht den Ungehorsamen?

19Und wir sehen, dass sie nicht dahin kommen konnten wegen des Unglaubens.

Die verheißene Gottesruhe

41So lasst uns nun mit Furcht darauf achten, dass keiner von euch etwa zurückbleibe, solange die Verheißung noch besteht, dass wir zu seiner Ruhe kommen.

2Denn es ist auch uns verkündigt wie jenen. Aber das Wort der Predigt half jenen nichts, weil sie nicht glaubten, als sie es hörten.

3Denn wir, die wir glauben, gehen ein in die Ruhe, wie er gesprochen hat (Psalm 95,11): »Ich schwor in meinem Zorn: Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen.« Nun waren ja die Werke von Anbeginn der Welt fertig;

4denn so hat er an einer andern Stelle gesprochen vom siebenten Tag (1.Mose 2,2): »Und Gott ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken.«

5Doch an dieser Stelle wiederum: »Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen.«

6Da es nun bestehen bleibt, dass einige zu dieser Ruhe kommen sollen, und die, denen es zuerst verkündigt ist, nicht dahin gekommen sind wegen des Ungehorsams,

7bestimmt er abermals einen Tag, ein »Heute«, und spricht nach so langer Zeit durch David, wie eben gesagt: »Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht.«

8Denn wenn Josua sie zur Ruhe geführt hätte, würde Gott nicht danach von einem andern Tag geredet haben.

9Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.

10Denn wer zu Gottes Ruhe gekommen ist, der ruht auch von seinen Werken so wie Gott von den seinen.

11So lasst uns nun bemüht sein, zu dieser Ruhe zu kommen, damit nicht jemand zu Fall komme durch den gleichen Ungehorsam.

Morgenandacht, 23.09.2019

von Bischof Franz-Josef Bode, Osnabrück

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht eure Herzen!“ Dieses Wort aus der Bibel (vgl. Ps 95,7 f., Hebr 3,7 f.) stellt die Kirche vor jeden neuen Tag. Sie tut es in ihrem Stundengebet, das Priester, Ordensleute und viele andere unablässig beten. Was mich daran immer wieder fasziniert, ist der Gedanke, dass Gottes Stimme an jedem Tag, in jedem Heute, hörbar ist. Und wer nicht nur morgens seine Ohren für die Wachmacher im Radio öffnet, sondern sie auch tagsüber offenhält für andere, zumeist leisere Töne, der wird heraushören können, was Gott heute von ihm will.

Meistens ist das die schlichte Annahme des Alltags mit seinen Sorgen und Freuden, mit seinen Begegnungen und Einsamkeiten, mit seinen Verletzungen und Heilungen, mit ungelösten Problemen und neuen Perspektiven. Gott spricht im Heute! Er sprach nicht nur früher, damals, in längst vergangenen Zeiten, und er spricht nicht nur in der Tradition, so wichtig unsere Herkunft im Glauben ist. Er spricht auch nicht erst morgen wieder, in der verheißenen Zukunft.

Er spricht im Heute. „Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit“, davon war der Gründer des Jesuitenordens, der heilige Ignatius von Loyola, überzeugt. Und eindringlich spricht Gott sein Volk an durch Mose: „Heute sollst du erkennen und zuinnerst begreifen: Der Herr ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst“ (Dtn 4,39). Einige Seiten weiter steht in der Bibel: „Seht, heute werde ich euch den Segen und den Fluch vorlegen: den Segen, wenn ihr auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, ... hört, und den Fluch für den Fall, dass ihr nicht auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, hört, sondern von dem Weg abweicht, auf den ich euch heute verpflichte“ (Dtn 11,26-28).

Solche Sätze fordern zur Entscheidung heraus. Sie zeigen aber auch, dass unser Gott ein Gott des Heute ist, ein Gott meines und unseres Alltags. Das bedeutet tragende Nähe, die gelassen machen kann. Aber auch Nähe, die mit Gott rechnet und wach ist für seinen Willen. Deshalb spielt das „Heute“ in der gesamten Geschichte Gottes mit den Menschen eine so große Rolle. Im Lukasevangelium taucht es insgesamt elfmal auf, besonders an sieben wichtigen Stellen. Von der Geburt Jesu, als den Hirten im Feld verkündet wurde: – „Heute ist euch der Retter geboren“ (Lk 2,11) – bis zur Kreuzigung, bei der Jesus dem Mitgekreuzigten an seiner Seite zusagt: – „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Das Wort „Heute“ klingt durch, damit wir die Ereignisse nie nur in der Vergangenheit verstehen, sondern in der Gegenwart, im Jetzt: unter uns, mit uns und in uns, damit sie uns zu eigen werden und so für unser Leben bedeutsam.

Deshalb möchte ich in dieser Woche auf diese besonderen „Heute“-Worte aus dem Lukasevangelium blicken und auf ihre Bedeutung für das hier und heute. Es geht darum, sensibel zu werden für den Willen Gottes, für seinen Auftrag an jedem Tag. Denn unser Herz kann oft sehr verhärtet sein durch Routine, durch Lärm und Geschäftigkeit, durch Bitterkeit. Und es kann vernarbt sein durch manche Verletzungen und Enttäuschungen. Gott will unsere Härten lösen, er will für uns ein Herz von Fleisch und nicht von Stein, sagt der Prophet Ezechiel (Ez 36,26).

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, vielleicht nehmen Sie sich heute vor, auf die Stimme Gottes an diesem Tag zu achten: in den Begegnungen, in neuen Erfahrungen, in guten Entscheidungen, im Annehmen dessen, was auf Sie zukommt, oder auch in der Ruhe eines stillen Momentes.

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!“

Die redaktionelle Verantwortung hat Martin Korden