Bis wann muss ich die Krankmeldung bei der Krankenkasse abgeben?

Britta Beate Schön ist bei Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig. Die promovierte Juristin und Rechtsanwältin war als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie der Telis Finanz AG und der Interhyp tätig. Vorher lehrte und forschte sie in Japan als DAAD-Junior-Professorin für deutsches und Europarecht. Ihr Studium absolvierte sie in Münster, Genf, Regensburg und Leipzig. Die Autorin erreichen Sie unter [email protected].

Bislang mussten Beschäftigte je ein Exemplar der Krankschreibung an die Krankenkasse und an den Arbeitgeber schicken. Künftig wird es einfacher

Von dpa, 01.10.2021

Beschäftigte, die vom Arzt oder der Ärztin krankgeschrieben werden, müssen das ihrer Krankenkasse und ihrem Arbeitgeber melden. Dafür stellen Arztpraxen je eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) aus, oft auch «gelber Schein» genannt.

Ab 1. Oktober 2021 ändert sich dieses Prozedere teilweise, wie die Verbraucherzentrale NRW mitteilt. Arztpraxen übermitteln die Bescheinigungen über eine Arbeitsunfähigkeit (AU) künftig online an die Krankenkassen.

Bis wann muss ich die Krankmeldung bei der Krankenkasse abgeben?

© F1online

Arztpraxen und Krankenkassen kommunizieren direkt

Hintergrund: Wer gesetzlich versichert ist, muss eine Krankschreibung rechtzeitig an seine Krankenkasse melden, um später nicht einen möglichen Krankengeldanspruch zu verlieren, so die VZ NRW. Dieses Risiko entfalle nun, weil Arztpraxen und Krankenkassen direkt kommunizieren.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heißt das konkret: Den gelben Schein müssen sie ab 01. Oktober nicht mehr selbst an die Krankenkassen schicken. Die VZ NRW rät aber, vorab bei der Arztpraxis nachzufragen, ob diese bereits tatsächlich über die notwendigen technischen Voraussetzungen zur digitalen Übertragung verfügt.

AU vorerst weiter beim Arbeitgeber vorlegen

Woran sich zunächst nichts ändert: Die AU-Bescheinigung für den Arbeitgeber müssen Beschäftigte weiterhin selbstständig dort vorlegen. In der Regel müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den gelben Schein einreichen, sobald sie länger als drei Tage arbeitsunfähig sind. Arbeitgeber können aber auch früher ein Attest verlangen.

Die Bescheinigung müssen Beschäftigte der Verbraucherzentrale NRW zufolge vorerst weiter als Papierausdruck vorlegen. Arbeitgeber sollen erst ab Juli 2022 in das elektronische Verfahren zum Abruf der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (kurz eAU) einbezogen werden.

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Arbeitnehmer sollten ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb einer Woche bei ihrer Krankenkasse vorlegen. Dazu sind sie rechtlich sogar verpflichtet, wenn sie Krankengeld beziehen. Versäumen Arbeitnehmer diese Frist, droht ihnen der Verlust des Krankengeldes.

Wann müssen Arbeitnehmer ihre AU-Bescheinigung bei der Kasse vorlegen? | © imago/Eibner

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat ein wichtiges Urteil für Arbeitnehmer gefällt und damit die geltende Rechtslage bestätigt: Wer länger krank ist und nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung Krankengeld bezieht, muss seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU-Bescheinigung) innerhalb von sieben Tagen bei seiner Krankenkasse vorlegen. Ansonsten kann man seine Krankengeldansprüche verlieren (Urteil vom 25. Oktober 2018, Az.: B 3 KR 23/17 R).

Besonders bitter ist dieses Urteil für diejenigen, die während des Krankengeldbezugs ihren Job verlieren – sie können, wenn sie die Frist von sieben Tagen versäumen, ihre Ansprüche auf Krankengeld dauerhaft verlieren.

In dem vom BSG verhandelten Fall ging es um einen Daimler-Mechaniker, der durch das Urteil endgültig auf sein Krankengeld für 19 Tage verzichten muss. Er hatte bereits gut zwei Monate Krankengeld bezogen, die letzte AU-Bescheinigung ging bis zum 28. September 2016. Sein Arzt stellte ihm an diesem Tag eine Folgebescheinigung aus und übergab auch den für die Krankenkasse vorgesehenen Durchschlag dem Patienten. Laut Gesetz muss eine AU-Bescheinigung nach sieben Tagen bei der Krankenkasse eingegangen sein.

AU-Bescheinigung geht zu spät bei der Kasse ein

Im Streitfall vor Gericht trug der Arbeitnehmer vor, seine Frau habe die Bescheinigung zeitnah in den Briefkasten geworfen. Bei der Daimler BKK ging sie allerdings erst nach sieben Tagen ein. Damit sei die Wochenfrist deutlich versäumt worden, so die Krankenkasse. Wie auch bei anderen Krankenkassen üblich, setzte sie daher ihre Krankengeldzahlungen für die Zeit nach Ende der letzten Bescheinigung bis zum Zugang der neuen aus.

Mit seiner Klage machte der Arbeitnehmer geltend, ihn treffe hierfür nicht die Schuld. Offenbar habe die Post länger gebraucht als üblich, zudem sei eigentlich der Arzt für die Übermittlung der Bescheinigung zuständig gewesen. Dabei stützte er sich vor allem auf einen Satz im Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen Vermerk des Arztes enthalten, dass sie der Kasse „übersandt wird“.

Einige Sozialgerichte, darunter das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen, machen deswegen die Ärzte für die Übermittlung an die Kasse verantwortlich. Im konkreten Fall hatte dies auch das Sozialgericht Karlsruhe so gesehen, das LSG Baden-Württemberg in Stuttgart hatte allerdings gegenteilig entschieden.

Dem LSG in Stuttgart schloss sich nun auch das BSG an. Jedenfalls nach Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung sind die Versicherten selbst dafür verantwortlich, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkasse zu geben. Dabei müssten die Versicherten sich ein Fristversäumnis grundsätzlich selbst dann zurechnen lassen, wenn sie hierfür kein Verschulden trifft.

AU-Bescheinigung per Einwurfeinschreiben

Zur Begründung erklärten die Kasseler Richter, dass das Entgeltfortzahlungsgesetz nur für den Entgeltfortzahlungszeitraum gilt, und nicht mehr für die Zeit danach. Zudem regle dieses Gesetz das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, nicht aber irgendwelche Pflichten der Ärzte. Aus dem Sozialrecht oder den Formularen für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lasse sich eine entsprechende Pflicht der Ärzte nicht herleiten.

Was in den ersten sechs Wochen während der Lohnfortzahlung gilt, hat das BSG nicht entschieden. Zudem gibt es Ausnahmen mit konkreten Vereinbarungen für eine Übermittlung durch den Arzt; hierzu sind noch zwei Fälle beim BSG anhängig. In beiden Fällen geht es konkret um die Frage, ob krankschreibende Ärzte dafür verantwortlich sind, dass Krankschreibungen rechtzeitig bei den Krankenkassen eingehen (AZ: B 3 KR 18/18 R und B 3 KR 17/18 R).

Drei Fragen an unseren Sozialrechtsexperten
Um das Urteil besser einordnen zu können, haben wir unseren Sozialrechtsexperten Jörg Ungerer, Leiter der Bundesrechtsabteilung des Sozialverbands VdK in Kassel, befragt.

vdk.de: Herr Ungerer, könnten Sie das Urteil noch einmal für unsere Leserinnen und Leser zusammenfassen?

Jörg Ungerer: Der Kläger hatte es versäumt, in der gesetzlichen Wochenfrist eine Folgebescheinigung über seine weitere Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse zu übersenden. Dies hatte zur Folge, dass die Zahlung von Krankengeld unterbrochen wurde. Das BSG musste entscheiden, ob dies rechtmäßig war. Der 3. Senat hat zunächst auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach den Versicherten kein Verschulden am nicht rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung treffen darf. Vorliegend habe der behandelnde Arzt jedoch dem Kläger eine entsprechende Bescheinigung ausgehändigt. Auch sei er darüber informiert gewesen, dass diese zeitgerecht vorgelegt werden müsse. Der Krankengeldanspruch habe daher zu Recht geruht.

vdk.de: Worauf sollten Arbeitnehmer, die erkrankt sind, in Zukunft achten?

Jörg Ungerer: Die Frage, ob der Krankengeldanspruch auch erlischt, wenn der behandelnde Arzt verspätet die Krankmeldung an die Kasse übersendet, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Grundsätzlich sollte man daher selbst die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Einschreiben an die Kasse übermitteln.

vdk.de: Das Urteil kann besondere Folgen für Menschen haben, die im Krankengeldbezug sind, in dieser Zeit aber ihren Job verlieren.

Jörg Ungerer: Ja. Bei Verlust des Arbeitsplatzes sind die Folgen erheblich. Zum Einen kommt es nicht nur zum Ruhen des Krankengeldanspruchs, dieser erlischt auch für die Zukunft. Zum Anderen endet auch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, es bleibt hier nur die freiwillige Weiterversicherung.

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