Anruf ich habe früher in dem gleichen haus gewohnt

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 14.05.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, sein Heimatland Iran gegen den 21.04.2010 auf dem Landweg illegal verlassen zu haben und auf einem LKW versteckt und von Schleppern unterstützt nach Österreich gebracht worden zu sein. Die gesamte Reise habe ca. 23 Tage gedauert. Als Grund für die Ausreise aus dem Heimatland machte er geltend, er habe ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau gehabt und bei dieser eine Nacht verbracht. Dabei sei er von zwei Männern überrascht worden und hätte über ein Fenster auf die Straße flüchten müssen. Da die Frau verheiratet sei, müsste er im Iran die Todesstrafe befürchten.

2. Am 18.05.2010 wurde der BF beim Bundesasylamt angehört und er wiederholte im Wesentlichen seine Ausführungen zum Grund der Antragstellung.

Bei einer weiteren Einvernahme des BF am 02.08.2010 gab der BF an, dass er Diabetiker sei und ca. 1 1/2 Monate vor der Einvernahme in einem Krankenhaus aufhältig gewesen sei. Zum Fluchtgrund wiederholte er sein Vorbringen und merkte an, dass er sowohl von iranischen Sicherheitsbehörden bzw. Gerichten als auch von Angehörigen der Frau, mit der er ein Verhältnis hatte, Verfolgung zu befürchten habe.

3. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 25.08.2010, Zl. 10 04.132-BAL den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF ab (Spruchpunkt I); ebenso wies es den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II) und wurde der BF gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen (Spruchpunkt III).

4. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 10.09.2010 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

5. Der Asylgerichtshof führte am 01.06.2011 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Dabei wurde dem BF einerseits die Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die Lage im Iran anhand aktueller Länderdokumentationsunterlagen mit dem BF erörtert.

6. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.06.2011 wurde die Beschwerde des BF gegen den negativen Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.08.2010, FZ 10 04.132-BAL, gemäß § 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Das Flucht begründende Vorbringen des BF wurde dabei als nicht glaubwürdig erkannt. Der Asylgerichtshof ließ sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

"3.2. Zum Vorbringen:

Das Asylvorbringen trägt Widersprüche und Ungereimheiten in sich, so dass es als nicht den Tatsachen entsprechend gewertet werden kann. Der BF vermochte in der Beschwerdeverhandlung auch persönlich keinen glaubwürdigen Eindruck zu vermitteln. Dies zeigte sich schon darin, dass er sich im Verlauf seiner Darstellungen immer wieder in Widersprüche verwickelte, die er auf Nachfrage nicht befriedigend aufzuklären vermochte. Auch im erstinstanzlichen Verfahren, in dem der BF insgesamt 3 Mal einvernommen wurde, hat er widersprüchliche Angaben gemacht, auf die das Bundesasylamt zutreffend hingewiesen hat. In der Beschwerdeverhandlung traten dann zusätzliche Widersprüche und Ungereimtheiten zu Tage.

So hat der BF zur Bezahlung des Schlepperlohnes befragt angegeben, er sei dabei gewesen, als der Ehemann seiner Nichte dem Schlepper den Schlepperlohn übergeben habe. Es habe sich dabei um 7000 US-Dollar gehandelt und den Betrag habe zur Gänze der Ehemann seiner Nichte aufgebracht. Im erstinstanzlichen Verfahren sagte er bei der Erstbefragung dazu aus, er sei nicht bei der Bezahlung zugegen gewesen (AS 23). Bei der ersten asylbehördlichen Anhörung sagte er dazu überdies, seine Familie habe dafür bezahlt; er "denke", dass der Schlepper 7000 US-Dollar dafür bekommen habe. Abgesehen von dieser nicht gleichbleibenden Darstellung erscheint es jedenfalls gemessen an der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar oder zumindest nicht lebensnah, wenn der BF behauptet, dieser nicht unbedeutende Geldbetrag sei ihm ohne irgendwelche Vereinbarungen oder Verpflichtungen einer Rückzahlung von seinem Verwandten zur Verfügung gestellt worden. Dieser habe nicht einmal darüber gesprochen.

Widersprüchlich sind auch die Angaben zu seinen Personaldokumenten:

Im erstinstanzlichen Verfahren hat der BF zunächst noch bestätigt, dass er u. a. im Besitze einer iranischen Identitätskarte ist und die Beschaffung derselben über seine Verwandten zugesagt (AS 53). In einer weiteren erstinstanzlichen Aussage und in der Beschwerdeverhandlung äußerte er schließlich dazu, er sei nicht im Besitze einer solchen Identitätskarte, da er eine solche nie beantragt hätte. Somit ist auch hier eine abweichende Darstellung des Sachverhaltes festzustellen.

Der Asylgerichtshof verkennt nicht, dass diese Umstände für die Identitätsfeststellung im Verfahren nicht unmittelbar entscheidungsrelevant waren, zumal der BF eine insoweit unbedenkliche Militärbefreiungskarte zum Nachweise seiner Idenität vorgelegt hat. Dennoch lässt die unterschiedliche Beantwortung der Fragen zum gleichen Thema schon von daher die persönliche Glaubwürdigkeit des BF zweifelhaft erscheinen.

Dies wird auch noch dadurch bestärkt, dass der BF mit der Antwort, auf die Frage, wie die Personen, die er als Verfolger bezeichnet, feststellen haben können, wo der BF sein Geschäft hat, zunächst die sehr eindeutige Erklärung abgibt, er habe seine Identitäskarte und seine Visitenkarte auf dem Tisch in der Wohnung der von ihm bezeichneten Frau vergessen (AS 23), später aber anführt, er habe die Visitenkarte der Frau gegeben und sei vielleicht von dem Mann gefunden worden (AS 147) und in der Beschwerdeverhandlung davon spricht, er habe der Frau schon beim Kauf des Mobiltelefons die Visitenkarte übergeben, damit sie ihn anrufen könne, wenn sie Probleme mit der Bedienung des neuen Gerätes habe (siehe Verhandlungsschrift {VS} S 6).

Der erkennende Senat erachtet auch die Schilderung der ersten Kontaktaufnahme mit der Frau als ungereimt. So gibt er zunächst an:

"Eines Tages kam sie gegen 21.00 Uhr zu mir, ich wollte gerade das Geschäft zusperren. Ich sagte zu ihr, dass ich sie nach Hause bringen kann. Sie stieg in mein Auto ein und ich wollte sie nach Hause bringen" (AS 57). Später lautet die Schilderung wie folgt:

"Einmal war sie im Geschäft, um die nächste Ratenzahlung zu bezahlen. Sie verließ dann das Geschäft und ich habe zugesperrt. Ich habe gesehen, dass sie dort noch gestanden ist. Ich habe ihr angeboten, dass ich sie nach Hause bringe und sie akzeptierte es" (AS 143). Schließlich beschreibt er die Situation so: "Eines Tages sah ich sie in der Nähe meines Geschäftes zu Fuß gehen. Aus Höflichkeit blieb ich mit dem Auto stehen und fragte, ob ich sie wohin bringen darf. Sie akzeptierte" (VS S 7). Hätte der BF diesen Sachverhalt selbst erlebt, muss erwartet werden, dass es bei der Beschreibung nicht zu solchen Diskrepanzen kommen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass der geschilderte Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht und der BF diesen nur erfunden hat, um seinen nicht berechtigten Antrag auf internationalen Schutz mit Substanz zu versehen.

Weitere Diskrepanzen sind aufgetreten zB. Im Bezug auf den Umstand, ob die Frau verheiratet bzw. geschieden oder überhaupt vielleicht sogar ledig war. Trotzdem der BF schließt, dass die Frau verheiratet gewesen sein soll, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass er im Haus der Frau, in der sich relativ oft aufgehalten habe, keine Hinweise auf einen dort lebenden Mann bemerkt habe oder dass über diesen Umstand in der angeblichen Beziehung nie gesprochen wurde. Was insbesondere bei einer doch - wie der BF zu vermitteln versuchte - intensiveren und schon über längere Zeit dauernden Beziehung, in der der BF auch die Absicht hatte, diese Frau zu ehelichen, nicht sehr plausibel erscheint.

Auch in der Beschreibung der örtlichen Verhältnisse verwickelte sich der BF in Widersprüche. So sprach er in der Beschwerdeverhandlung davon, dass die beiden Männer durch einen langen Gang gehen mussten, um in die Wohnung zu kommen, diesen langen Gang auf der Skizze, zu deren Anfertigung er in der Beschwerdeverhandlung veranlasst wurde, jedoch nicht aufzeichnete. Er sprach auch in der Erstinstanz von einem Balkon, auf den das Fenster geführt hatte, durch welches er geflüchtet sei (AS 144). In der Beschwerdeverhandlung erwähnte er aber diesen Balkon nicht mehr bzw. stellt er in Abrede, dass er früher einen solchen erwähnt hätte, da es sich um ein einstöckiges Gebäude gehandelt habe (VS S 8). Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der BF aufgefordert, die Wohnung der Frau zu beschreiben und er sprach davon, dass diese 2 Schlafzimmer habe (AS 146), von denen er jedoch in der Beschwerdeverhandlung wiederum nichts mehr erwähnte und sie auch nicht in die von ihm angefertigte Skizze einzeichnete.

Er stellte vielmehr in Abrede, dass er gesagt habe, die Wohnung hätte 2 Schlafzimmer gehabt. Zum Familienstand der Frau befragt gab der BF zunächst an: "Sie sagte auch, dass sie geschieden ist" (AS 23). Bei der asylbehördlichen Vernehmung sagte er dazu: "Sie hat mir nicht gesagt, dass sie geschieden ist" (AS 148).

Abgesehen von weiteren kleineren Ungereimtheiten, wie z.B. die Anzahl der Besuche bei der Frau oder die Beschreibung der Kleidung der beiden Männer, die ihn bei der Frau überrascht hatten, schilderte der BF den Bericht seines Geschäftspartners über das Erscheinen der (arabischen) Männer in seinem Geschäft, um nach dem BF zu suchen, ebenfalls unterschiedlich. So sagte er vor dem Bundesasylamt, der Geschäftspartner habe ihm beim Anruf berichtet, dass 7 - 8 arabische Männer mit Holzknüppeln bewaffnet im Geschäft erschienen seien, sie hätten ein Fenster eingeschlagen und nach dem BF gefragt. Wegen des Auflaufes und der zu Bruch gegangenen Fensterscheibe seien dann auch noch Sicherheitsbeamte gekommen. (AS 147). In der Beschwerdeverhandlung hat der BF zunächst keine Personenanzahl genannt, sondern angegeben, dass "einige Araber und Polizisten" zum Geschäft gekommen wären. Befragt, ob der Geschäftspartner gesagt habe, wie viele Leute gekommen waren, antwortete er widersprüchlich mit "Nein". Da er aber auch nichts von einer Bewaffnung der Männer erzählte, wurde er ebenso danach gefragt, worauf er angab, der Geschäftspartner habe nichts von einer Bewaffnung der Männer mit Holzknüppeln gesagt (VS S 11).

Aus all den zum Teil gravierenden Widersprüchen und Ungereimtheiten muss der Schluss gezogen werden, dass der BF einen Sachverhalt erfunden oder einen nicht von ihm selbst erlebten, fremden Sachverhalt benutzte, um seinen Antrag auf internationalen Schutz zu begründen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung ist das gesamte Vorbringen für nicht glaubhaft zu erachteten."

7. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an den BF erfolgte am 16.06.2011.

8. Mit Schriftsatz vom 24.10.2011 - per Telefax gesendet am 24.10.2011 - stellte der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter Antrag, der Asylgerichtshof wolle gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG das Verfahren 10 04.132-BAL bzw. E2 415.398 wiederaufnehmen und mit Erkenntnis feststellen, dass der Beschwerde stattgegeben werde und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Begründend wurde dabei ausgeführt, dass der BF als Grund für die Ausreise aus dem Iran vorgebracht habe, dass er ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau gehabt hätte und bei dieser eine Nacht verbracht habe. Dabei sei er von zwei Männern überrascht worden und hätte über ein Fenster auf die Straße flüchten müssen. Vom Asylgerichtshof sei sein Vorbringen wegen auffälliger Ungereimtheiten und Widersprüchen als nicht glaubhaft bewertet worden.

Am 12.10.2011 sei den Vertretern des Antragstellers beigeschlossene Ladung zugegangen. Diese sei vom Bruder des Antragstellers, Herrn XXXX, direkt an die Vertreter gefaxt worden. Das Fax sei eigenhändig von XXXX, Sekretärin in der Kanzlei der Vertreter, nach dessen Empfang aus dem Faxgerät entnommen worden. Sie habe unverzüglich den Einlaufstempel 12.10.2011 mitsamt ihrer Paraphe auf der Faxkopie angebracht.

Ganz oben auf der Faxkopie sei die Nummer des Absenders sowie Datum und Uhrzeit aufgedruckt. Zumindest das Datum "11. September 2011" sei unrichtig. Die Faxkopie sei gemäß Einlaufstempel am 12.10.2011 in der Kanzlei der Vertreter eingelangt. Der Antrag sei daher rechtzeitig.

Dieses Schreiben vom 15.05.2010 habe zum Inhalt, dass der BF gebeten werde, sich aufgrund der Beschwerde von Herrn XXXX bezüglich der Akte von Frau XXXX innerhalb von 48 Stunden bei der Polizeistation XXXX zu melden, ansonsten würden gesetzliche Erhebungen in die Wege geleitet.

Der BF habe seit fünf Jahren wegen eines privaten Streits keinen Kontakt mit seinem Bruder gehabt. Nach der negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes habe er aber mit seinem Bruder Kontakt aufgenommen. Dieser habe bei dem ehemaligen Mitbewohner des Antragstellers, Herrn XXXX, mit dem er im Iran zusammen gewohnt hatte, nachgefragt, ob es irgendetwas gegeben habe. Dieser Freund habe dem Bruder die beigeschlossene Ladung übergeben. Der Bruder habe nach Wegen gesucht, wie er diese Ladung zum Antragsteller nach Österreich übermitteln könne; er habe diese jedoch nicht mit der Post schicken wollen. Schließlich habe er sich entschlossen, die Ladung zu faxen. Da der Antragsteller über kein Faxgerät verfüge, habe er die Nummer seiner Vertreter angegeben. Am 12.20.1011 [richtig wohl: 12.10.2011] sei die Ladung bei seinen Vertretern angekommen.

Hätte der Antragsteller dieses Beweismittel bereits vor Erlassung des Erkenntnisses durch den Asylgerichtshof in Vorlage gebracht, wäre der Asylgerichtshof zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Aus dieser Ladung gehe hervor, dass der Beschwerdeführer von Herrn XXXX, dem Ehemann von Frau XXXX, zeitnah zum 15.05.2010 angezeigt worden sei. Da er sich vom 15.05.2010 weg innerhalb von 48 Stunden nicht gemeldet habe, seien gegen ihn gesetzliche Erhebungen in die Wege geleitet worden. Nach dem geltenden iranischen Strafgesetzbuch sei der Ehebruch strafbar und stehe auf Ehebruch die Todesstrafe durch Steinigung.

Wäre dieses neu hervorgekommene Beweismittel bereits vor dem 15.06.2011 bekannt gewesen, wäre der Asylgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entspreche und er im Falle einer Rückkehr in den Iran wegen des Ehebruches in asylrelevanter Weise verfolgt werde.

9. Die dem Wiederaufnahmeantrag beigeschlossene Ladung wurde einer Übersetzung zugeführt (OZ 2Z).

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

1. Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist (Z 1) oder

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten (Z 2), oder

der Bescheid gem. § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde (Z 3).

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Gemäß § 69 Abs. 3 AVG kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

2. Tatsachen und Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (sog. "nova reperta"), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (sog. "nova causa superveniens") (vgl. zB VwGH 08.11.1991, Zl. 91/18/0101; 07.04.2000, Zl. 96/19/2240; 20.06.2001, Zl. 95/08/0036; 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I2 [1998] E 124 zu § 69 AVG, zitierte Rechtsprechung).

"Tatsachen" sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit "Beweismittel" sind Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint (VwGH 11.03.2008, Zl. 2006/05/0232).

Die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel dürfen ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht worden sein. Es ist zwar nicht notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass sie - allenfalls auch im Verfahren vor einer höheren Instanz - nicht geltend gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft. Jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt somit den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus (VwGH 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105). Beim "Verschulden" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Bei der Beurteilung des Verschuldens im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist das Maß dafür ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (siehe § 1297 ABGB). Konnte die wiederaufnahmewerbende Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsverfahren geltend machen, unterließ sie es aber, liegt ein ihr zurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 08.04.1997, Zl. 94/07/0063; 10.10.2001, Zl. 98/03/0259). Ob die Fahrlässigkeit leicht oder schwer ist (§ 1294 ABGB), ist irrelevant (vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts [2003] Rz 589).

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, Zl. 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid (hier: anders lautende Entscheidung des Asylgerichtshofes) herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist. Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/04/0195; 19.04.2007, Zl. 2004/09/0159).

Eine Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt nicht Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft; ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wiederaufgenommenen Verfahren zu entscheiden. Sachverhaltsänderungen nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens haben bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme außer Betracht zu bleiben (VwGH 13.12.2002, Zl. 2001/21/0031; 07.09.2005, Zl. 2003/08/0093; siehe dazu weiters Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 591, die in diesem Zusammenhang von einem "höheren Grad der Wahrscheinlichkeit" sprechen).

3. Der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des vom Asylgerichtshof rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ist aus folgenden Erwägungen nicht begründet:

3.1. Der BF hatte im rechtkräftig abgeschlossenen Verfahren angegeben, dass er ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau gehabt und bei dieser eine Nacht verbracht habe. Dabei sei er von zwei Männern überrascht worden und hätte über ein Fenster auf die Straße flüchten müssen. Da die Frau verheiratet sei, müsste er im Iran die Todesstrafe befürchten. Er müsse sowohl von iranischen Sicherheitsbehörden bzw. Gerichten als auch von Angehörigen der Frau, mit der er ein Verhältnis hatte, Verfolgung befürchten. Dieses Vorbringen wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unglaubwürdig erkannt.

Wenn der BF nunmehr im Wiederaufnahmeverfahren ein Dokument vorlegt, das eine Ladung zu einer Polizeistation seiner Heimatstadt darstellt - er werde mit Schreiben von 15.05.2010 gebeten, sich aufgrund der Beschwerde von Herrn "XXXX" (gemäß Darstellung im Wiederaufnahmeschriftsatz) - anders: "XXXX" (gemäß Übersetzung vom 14.11.2011 - vgl. OZ 2Z) - bezüglich der Akte von Frau XXXX (gemäß Darstellung im Wiederaufnahmeschriftsatz) - anders: "XXXX" (gemäß Übersetzung vom 14.11.2011 - vgl. OZ 2Z) - innerhalb von 48 Stunden bei der Polizeistation XXXX - anders: "XXXX" (gemäß Übersetzung vom 14.11.2011 - vgl. OZ 2Z) - zu melden, ansonsten würden gesetzliche Erhebungen in die Wege geleitet, so ist das wie nachfolgend ausgeführt krass widersprüchlich zu seinen bisherigen Behauptungen.

3.1.1. Im Wiederaufnahmeantrag führt der BF aus, er habe nach fünf Jahren des Stillschweigens mit seinem Bruder [im Iran] Kontakt aufgenommen. Dieser habe bei dem ehemaligen Mitbewohner des Antragstellers, Herrn XXXX, mit dem er im Iran zusammen gewohnt hatte, nachgefragt, ob es irgendetwas gegeben habe. Dieser Freund habe dem Bruder die beigeschlossene Ladung übergeben.

Im bisherigen Verfahren hatte der BF dazu befragt mehrfach angegeben, dass er alleine ein Haus bewohnt habe (vgl. AS 140 - "Ich hatte eine Wohnung gemietet, ich lebte dort alleine..."; AS 141 - "Ich habe die letzten 7 Jahre in dem Haus gewohnt, es war mein einziger Wohnort."; Verhandlungsschrift Seite 5 - "...Ich habe in meinem Haus alleine gewohnt..."). Demnach kann es auch keinen Mitbewohner geben. Dass der Bruder des BF von einem Mitbewohner des BF eine an diesen adressierte Ladung ausgefolgt erhalten haben könnte, ist schon aus diesem Grund völlig unglaubwürdig. Wenn aber die Umstände, wie der BF (bzw. dessen Bruder) zu diesem Dokument gelangt sein will, schon falsch sind, so lässt dies nur darauf schließen, dass es sich bei der vorgelegten Ladung ebenso um eine Fälschung handelt.

3.1.2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung war der BF aufgefordert worden, diese Frau zu beschreiben, was er auch tat; gleichzeitig nannte er ihren Namen: "XXXX" (Verhandlungsschrift Seite 8). Der in der nunmehr vorgelegten Ladung angeführte Name ist davon abweichend: "XXXX" (vgl. AS 373) und damit widersprüchlich zur ursprünglichen Aussage des BF. Auch der Name der Frau gemäß Übersetzung vom 14.11.2011 ("XXXX") stimmt mit den bisherigen Angaben des BF nicht überein.

3.1.3. Auch wäre das Datum der Ladung "15.05.2010" unplausibel, wenn man es in Relation zum Vorbringen des BF - er sei am 20.04.2010 im Haus der verheiraten Frau ertappt worden - setzt. Im Falle einer Wahrunterstellung wäre eine sofortige Anzeigeerstattung durch den Ehemann wie auch eine sofortige (nicht erst nach fast vier Wochen) polizeiliche Reaktion darauf plausibel.

3.1.4. Zudem erfolgte die Vorlage des Dokuments lediglich als Fax vom Fax, was auch für sich schon in gewissem Maße bedenklich erscheint; eine Authentizitätsprüfung wird durch die zunehmende Verschlechterung der Qualität erheblich erschwert.

3.1.5. Die dem Wiederaufnahmeantrag beigeheftete Ladung (Telefax) trägt in der ursprünglichen Faxzeile neben der Fax-Nummer das Datum "Sep. 11 2011 07:18PM P1". Gemäß den Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag ist "zumindest" dieses Datum "11.September 2011" unrichtig. Eine Begründung aber, warum dieser Teil der Telefaxsendung unrichtig sein sollte und der BF selbst nicht schon früher - als behauptet - im Besitz dieses Dokuments gewesen sei, fehlt aber. Mit der Aussage, das Fax sei am 12.10.2011 in der Kanzlei des Vertreters eingelangt, die Sekretärin habe es aus dem Faxgerät genommen, den Eingangsstempel 12.10.2011 angebracht und paraphiert, wird das Datum Sep. 11 2011 nicht plausibel erklärt.

Wie unter 3.1.1. ausgeführt, sind schon die vom BF behaupteten Umstände, wie er bzw. sein Bruder in den Besitz des Dokumentes gekommen sein will, widerlegt, weshalb sich ein weiteres Eingehen auf das Datum 11. September 2011 - und damit ob der Wiederaufnahmeantrag verspätet eingebracht wurde - erübrigt.

3.2. Vom BF wurde also zur Begründung des Wiederaufnahmegrundes ein Dokument vorgelegt, das mangels Glaubwürdigkeit (Fälschung) nicht die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat.

3.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache keine neuen Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die in dem vom Asylgerichtshof bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ohne Verschulden des Antragstellers nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeigeführt hätten. Andere entscheidungsrelevante Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Daher war der gegenständliche Antrag des Antragstellers auf Wiederaufnahme des vom Asylgerichtshof bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG als unbegründet abzuweisen.

4. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme geklärt erscheint.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.