Bevor Sozialhilfe geleistet wird, wird geprüft, ob Hilfsbedürftige gegenüber Angehörigen – besonders Eltern, Ehe- und Lebenspartnern – Ansprüche auf Unterhaltszahlungen haben. Bei der Sozialhilfe und bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV", künftig Bürgergeld) kann auch das Einkommen und Vermögen von Menschen angerechnet werden, die nicht unterhaltspflichtig sind. Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder gegen ihre Eltern und von Eltern gegen ihre Kinder werden bei der Sozialhilfe seit dem 1.1.2020 erst ab einem Jahreseinkommen von über 100.000 € berücksichtigt, Unterhaltsansprüche zwischen Großeltern und Enkelkindern überhaupt nicht. Show
2. Unterhaltspflichtige
2.1. Selbstbehalt bei UnterhaltspflichtWer unterhaltspflichtig ist, muss nicht das ganze Geld für den Unterhalt ausgeben, sondern darf den sog. angemessenen Selbstbehalt behalten, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Gesteigert Unterhaltspflichtige müssen einen höheren Unterhalt leisten und können nur den geringeren sog. notwendigen Selbstbehalt behalten. Gesteigert unterhaltspflichtig sind:
2.2. Keine UnterhaltspflichtVerwandte der sog. Seitenlinie, also z.B. Geschwister, Tanten, Onkel, Neffen und Nichten sind einander nicht zum Unterhalt verpflichtet. Auch Verschwägerte sind nicht unterhaltspflichtig, z.B. Schwiegereltern und Schwiegerkinder. 3. Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei SozialleistungenNicht gegenseitig unterhaltspflichtig sind Menschen in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Sie können voneinander keinen Unterhalt einklagen. Nicht unterhaltspflichtig sind auch andere Menschen, die gemeinsam wirtschaften. Bei der Sozialhilfe und bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird oft auch das Einkommen und Vermögen von Menschen angerechnet, die nicht unterhaltspflichtig sind:
3.1. Haushaltsgemeinschaft oder Wohngemeinschaft?Eine Haushaltsgemeinschaft wird automatisch vermutet, wenn Menschen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft zusammen wohnen. Das Sozialamt geht dann davon aus, dass die Mitbewohnenden gemeinsam wirtschaften und dass die bedürftige Person von den Mitbewohndenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Eine reine Wohngemeinschaft liegt vor, wenn die Mitbewohnenden nicht gemeinsam wirtschaften und wenn die bedürftige Person keine Leistungen zum Lebensunterhalt von den Mitbewohnenden erhält. Wer in einer Wohngemeinschaft lebt und ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Mitbewohnenden Sozialhilfe beziehen möchte, muss aktiv beweisen, dass es nur eine Wohngemeinschaft ist. Mögliche Beweise für die Wohngemeinschaft sind z.B.: Getrennte Schlafstellen und Wohnecken, klar getrennte Lebensmittel, kein gemeinsames Kochen, Untermietvertrag oder getrennter Mietvertrag, Strom, Radio, Zeitung getrennt. Das Sozialamt überprüft ggf. die Angaben bei einem Hausbesuch. 3.2. BedarfsgemeinschaftDie Jobcenter sind für das Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (Leistungen nach dem SGB II, umgangssprachlich Hartz IV) der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständig. Künftig werden diese Leistungen Bürgergeld heißen. Bei diesen Leistungen wird Einkommen und Vermögen von Menschen angerechnet, die nicht unterhaltspflichtig sind, wenn eine sog. Bedarfsgemeinschaft vorliegt. Die Jobcenter nehmen unter folgenden Voraussetzungen an, dass Menschen, die als Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, eine Bedarfsgemeinschaft sind:
Auch hier können Betroffene versuchen zu beweisen, dass sie keine Bedarfsgemeinschaft, sondern nur eine Wohngemeinschaft sind. Näheres unter Bedarfsgemeinschaft. 4. Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen bei SozialleistungenWenn Volljährige mit Behinderungen Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen erhalten, werden Unterhaltsansprüche nie berücksichtigt. Die Eingliederungshilfe für volljährige Menschen mit Behinderungen ist sowohl unabhängig vom Einkommen und Vermögen ihrer Eltern, als auch ihrer Kinder oder Partner, egal ob verheiratet oder nicht. 4.1. Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder mit Behinderungen gegen ihre ElternBei Leistungen der Sozialhilfe müssen Eltern nur Unterhalt zahlen, wenn sie ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 € haben. Bei Hilfe zur Pflege zahlen die Eltern dann einen pauschalen Unterhaltsbeitrag von 36,97 €, bei Hilfe zum Lebensunterhalt und bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 28,44 € monatlich. Lebt ein volljähriges Kind mit Behinderung in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht (z.B. Internat), werden die Eltern unabhängig vom Einkommen nicht zu den Lebensunterhaltskosten herangezogen. 4.2. Unterhaltsansprüche von Eltern gegen ihre KinderUnterhaltsansprüche von Eltern gegen ihre Kinder werden bei der Sozialhilfe nur bei mehr als 100.000 € Bruttoeinkommen im Jahr berücksichtigt. Wenn die Kosten eines Alten- oder Pflegeheims weder durch das eigene Vermögen noch durch die Pflegekasse abgedeckt werden können, leistet das Sozialamt im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Das Einkommen der Kinder wird vom Sozialamt nur überprüft, wenn ein entsprechender Verdacht oder Hinweis vorliegt. Dann müssen die Einkünfte offengelegt werden. Vorhandenes Vermögen wird nicht berücksichtigt. Gibt es mehrere Kinder, aber nur eines hat ein Bruttoeinkommen über 100.000 € im Jahr, muss diese gutverdienende Person nicht den gesamten Unterhalt übernehmen. Vielmehr wird die Unterhaltspflicht prozentual anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (nicht nach Kopfteilen) aufgeteilt. 4.3. Unterhaltsansprüche von EheleutenUnterhaltsansprüche von Eheleuten untereinander werden bei der Sozialhilfe immer berücksichtigt. Die Grenze von 100.000 € gilt für sie nicht. Beispiel: Wenn der pflegebedürftige Ehe-/Lebenspartner ins Pflegeheim kommt, während der andere zu Hause wohnen bleibt, muss sich der zu Hause verbleibende Ehe-/Lebenspartner an den Heimkosten beteiligen. 4.4. Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten ab dem 2. GradBei der Sozialhilfe werden Unterhaltsansprüche von Verwandten ab dem 2. Grad nicht berücksichtigt. Das sind Unterhaltsansprüche zwischen Großeltern und Enkelkindern, Urgroßeltern und Urgroßenkelkindern und Ururgroßeltern gegenüber Ururgroßenkeln. 4.5. Unterhaltsansprüche von Schwangeren und Eltern mit einem Kind unter 6 JahrenSchwangere und Eltern, die ihr leibliches Kind bis zum 6. Geburtstag betreuen, können Leistungen nach dem SGB II der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV", künftig Bürgergeld) beziehen, ohne dass Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern berücksichtigt werden. So soll verhindert werden, dass Menschen auf ein Kind verzichten, um ihre Eltern nicht zu belasten. 4.6. PraxistippWenn Sie nicht unterhaltspflichtig sind, oder ein Anspruch auf Unterhalt gegen Sie nicht berücksichtigt werden darf, aber dennoch vom Sozialamt oder einer anderen Behörde wegen Unterhalt angeschrieben werden, sollten Sie schriftlich erklären, warum Sie nicht zahlen müssen. Ist nur der Vater unterhaltspflichtig?Unterhaltspflicht für Kinder
Gegenüber den Kindern haben beide Elternteile eine Unterhaltspflicht. Sind Eltern getrennt oder geschieden, sind beide Elternteile unterhaltspflichtig. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, leistet seinen Unterhalt in Form von Naturalunterhalt.
Wann ist ein Elternteil nicht unterhaltspflichtig?Ihre Unterhaltspflicht kann entfallen, wenn der das Kind betreuende Elternteil ein höheres Einkommen erzielt als Sie selbst. Gleiches ist anzunehmen, wenn Ihr Kind über ein so hohes Vermögen verfügt, dass es sich selbst unterhalten kann (z.B. Erbschaft, Einnahmen aus einer Mietimmobilie).
Bin ich für das Kind meines Mannes unterhaltspflichtig?Muss der Kindesvater trotzdem den vollen Unterhalt zahlen? Ja, der Vater muss den vollen Kindesunterhalt zahlen. Denn der neue Ehegatte ist gegenüber den Kindern seiner Frau aus erster Ehe nicht unterhaltspflichtig. Der neue Ehemann und sein Einkommen haben also auf die Unterhaltshöhe keinen Einfluss.
Wem steht der Unterhalt zu dem Kind oder der Mutter?Jedes Kind bekommt normalerweise Unterhalt durch seine Eltern. Wenn das Kind bei beiden Elternteilen lebt, dann leisten diese den Unterhalt durch Pflege, Erziehung und Geld.
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