Aus dem Staub gehoben: Bob Dylan veröffentlicht die vollständigen «Basement Tapes» aus dem Jahr 1967. Christoph Fellmann Publiziert: 30.10.2014, 23:47Auf dem ewigen Eismeer der Popkultur: Bob Dylan im Royal Opera House in London, 1966. Dan Volpelière-Pierrot / Camera Press, Keystone Es gibt Szenen, da kann man Amerika dabei zusehen, wie es sich erfindet. In der hell erleuchteten Nacht, in der Brad Pitt als Jesse James die Eisenbahn stoppt. In dem Moment, als Huckleberry Finn sein Floss in den Mississippi stösst, oder als in «Crash on the Levee» der Damm bricht, die Orgel ausläuft und die Flut ins Land geht. Und als Bob Dylan dann etwas von einem neuen Freund singt, den man sich jetzt suchen müsse. Die Gitarre ruckt, der Bass humpelt weiter, und nach zwei Minuten ist der Spuk vorbei. Der Song ist ein Meisterstück in Stoizismus. Nicht, weil im Gesang kein Gefühl wäre. Sondern weil sich darin der Schmerz und der Spott aufheben. So, als wären das nur zwei Möglichkeiten, das Schicksal zu schauen. Vier Neuerscheinungen, die unser Quartett in alle Welt führen: Die 15. Ausgabe unseres spielerischen Quartetts führt von Griechenland über die USA bis nach London. In dieser Folge diskutieren Jurysprecher Bernhard Löhlein, Juror Nico Wagner, Kinderspiel-Juror Christoph Schlewinski und Gastkritikerin Sandra Pesavento, die für die Zeitschrift „Fairplay“ über Spiele schreibt und außerdem im Podcast Doppelbrett zu hören ist. Besprochen werden: „Akropolis“ von Jules Messaud, erschienen bei Gigamic und Kobold Spieleverlag, „Caldera Park“ von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling, erschienen bei Deep Print Games und Pegasus Spiele, „Next Station London“ von Matthew Dunstan, erschienen bei HCM Kinzel und „Swindler“ von Matthias Cramer erschienen bei Edition Spielwiese und Pegasus Spiele. Wie lernt man sich auf Partys oder beim Spielen kennen? Man könnte übers Wetter reden, klar. Oder einfach unangenehm persönliche Fragen stellen und das Beste hoffen. Mit „Fun Facts“ (Kasper Lapp, Repos Production) gibt es noch eine Alternative. Ob das Spiel allerdings zu mehr taugt als nur höflichem Smalltalk? Das haben sich unsere Jurymitglieder in ihren jeweiligen Medien mal angesehen. „Viel einfacher als bei ‚Fun Facts‘ können Regeln fast nicht sein“, erklärt Tim Koch. „Denn in jeder Runde zieht die aktuelle Startspielerin eine Fragenkarte und liest diese vor. ‚Wie oft suchst du jeden Tag das Bad auf?‘, ‚Wie oft bist du schon umgezogen?‘ oder ‚Wie sehr möchtest du Bundekanzler/in sein?‘. Nun macht sich jeder seine Gedanken und schreibt eine passende Zahl verdeckt auf das eigene Plättchen. Teilweise geht es um konkrete Zahlen, andere Fragen verwenden eine Skala von 0 bis 100. Nachdem alle eine Zahl notiert haben, werden die Plättchen reihum in die Mitte gelegt und sollten eine aufsteigende Reihe ergeben. Da allerdings alles noch verdeckt ist, muss man sich selbst und die Mitspieler gut einschätzen können, um die Position der eigenen Tafel korrekt zu wählen. Denn je besser die Reihe ist, desto mehr Punkte gibt es am Ende.“ Koch macht das Spiel Spaß, es ermögliche „sowohl den ein oder anderen neuen Blickwinkel auf Freunde als auch ein nettes Kennenlernen. Andererseits wird aber über viele Fragen auch im Vorfeld diskutiert. Ist der Toilettengang ein Besuch im Bad? Zählt Schach als Sportart? Manchen Spielerinnen ist das egal, andere wollen es genau geklärt haben.“ Für Koch bremsen diese Diskussionen den Spielfluss aus. Bernhard Löhlein ist von „Fun Facts“ recht angetan. „Bin ich ein größerer Angsthase als meine Frau? Bestimmt. Also stufe ich meine Antwort höher ein. Am Ende der Runde werden die Tafeln aufgedeckt – und die Überraschung ist groß: Stimmt die Reihenfolge? Wie gut kennen wir uns untereinander?“ Für ihn ist das Spiel „ein kooperatives Party-Spiel mit durchaus intelligenten Fragen, die Spaß machen und zugleich zu Diskussionen anregen.“² Auch Stefan Gohlisch empfiehlt „Fun Facts“ zum Kennenlernen: „Dieses Spiel lädt mit sehr niedriger Hemmschwelle dazu ein, mehr über sich selbst preiszugeben“, schreibt er. „Man kann gar nicht anders, als miteinander zu reden.“ Gohlischs Fazit: „‚Wie viele Gesellschaftsspiele besitzt du?‘ lautet eine Frage von ‚Fun Facts‘. Wer besondere Spiele mag, sollte dieses hinzufügen.“³ Johanna France dagegen ist nicht ganz so überzeugt. Vor allem die Fragen machen ihr zu schaffen: „Es gibt manche Fragen, die extrem cool sind und spannend zu beantworten, aber es gibt auch immer Fragen wo man denkt: Na, was ist das denn?“, sagt sie. Bei vielen Fragen müsse sie eine Weile für sich überlegen und in sich gehen. „Bei solchen Fragen hat das Spiel seine Stärken“, sagt sie. Ein Kritikpunkt für France ist der Wertungsmechanismus. Dieser sei wenig intuitiv und hätte immer wieder für Verwirrung gesorgt.⁴ Maren Hoffmann wiederum findet das Kennenlernpotential gut, das „Fun Facts“ bietet: „Auch in Runden, die sich gut kennen (oder zu kennen glauben), sorgt das Spiel für Überraschungen – aber auch in Runden, die sich kennenlernen wollen, macht es großen Spaß und bietet viele Anknüpfungspunkte für Gespräche“, schreibt sie. „Oft kann man einander doch besser einschätzen, als man zuvor dachte.“ Für sie bietet „Fun Facts“ „eine intensive Erfahrung – und das angenehme Gefühl, sich füreinander zu interessieren.“ Besonders hebt Hoffmann auch das Material hervor, das sie als „hochwertig“ empfindet.⁵ Julia Zerlik findet, „Fun Facts“ sei eines dieser Spiele, bei denen die Punkte egal seien. „Es geht einfach darum, die anderen kennenzulernen, Spaß zu haben, sich zu freuen, wenn man das richtig eingeschätzt hat. Wenn man eine perfekte Runde hatte, ist das für alle ganz toll“, sagt sie. „Ein tieferes Verständnis der anderen Person kommt da zutage.“ ¹ Spielfreu(n)de: Fun Facts |