Wenn stress krank macht dw

Viel zu viel Arbeit und der Job ist zu stressig – das kann krank machen. Das Gegenteil, also zu wenig Arbeit, aber auch: "Boreout" heißt das Syndrom. Nach einer repräsentativen Umfrage empfinden fast ein Drittel der Deutschen ihre Arbeit als sinnlos. Sie meinen, nichts Wertvolles für die Gesellschaft zu leisten. Und das kann schon der erste Schritt in die Krankheit sein.

Fünf Tage pro Woche Langeweile

So erging es auch Daniela Wohlan. Sie arbeitete 13 Jahre in einer Bundesbehörde in Berlin. Montags war es immer am Schlimmsten: Es gab nichts zu tun. An den anderen Tagen hatte sie jeweils für zwei oder drei Stunden Arbeit – musste aber acht Stunden bleiben. Was entspannt klingt, ist das Gegenteil. Dr. Wolfgang Merkle, Chefarzt der Psychosomatischen Klinik im Hospital zum Heiligen Geist in Frankfurt am Main, hat sich intensiv mit den Ursachen und Symptomen des Boreouts beschäftigt. Er sagt: Unterforderung ist für Menschen genauso viel Stress wie Überforderung. Die Symptome seien so ähnlich wie beim Burnout ("Ausbrennen"), der chronischen Überforderung: Es beginnt mit Interesse- und Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, dann kommen zum Beispiel Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen dazu. Die Betroffenen leiden unter Appetitlosigkeit, ziehen sich zurück, fühlen sich niedergeschlagen und sind depressiv.

Unterfordert in unserer Leistungsgesellschaft

Gründe, warum Menschen im Arbeitsalltag zu wenige Aufgaben bekommen, gibt es viele. Manchmal geht es nur darum, Mitarbeiter loszuwerden – ohne ihnen kündigen und eine Abfindung zahlen zu müssen. Meist entsteht Leerlauf dort, wo Arbeitsprozesse rationalisiert werden oder Unternehmen fusionieren. Plötzlich gibt es ganze Abteilungen doppelt – doch die Menge der zu bewältigenden Arbeit verdoppelt sich nicht. Für manche Beschäftige heißt das dann: sinnlos Zeit absitzen.

Sinnvolle Aufgaben sind wichtig für die Gesundheit

Daniela Wohlan war nach mehr als einem Jahrzehnt ohne verantwortungsvolle Tätigkeit körperlich und seelisch schwer angeschlagen. Ohne Bestätigung und Anerkennung rebellieren Körper und Seele. Menschen haben das elementare Bedürfnis, etwas zu schaffen, etwas zu bewirken. Fehlt das, kann die Situation unerträglich werden. Der Körper reagiert mit innerer Spannung und Alarmbereitschaft. Diese Stressreaktion kann langfristig zu totaler Erschöpfung und Krankheitssymptomen führen. Ist das Selbstbewusstsein dann erst einmal so schwer angeschlagen, ist es fast unmöglich, sich aus eigener Kraft zu helfen. Daniela Wohlans Hausärztin verschrieb ihr eine Kur in einer psychiatrischen Reha-Klinik. Für die Anschlussbehandlung konnte Daniela Wohlan in Berlin aber keinen Psychologen finden, der sich mit dem Krankheitsbild "Boreout" auskannte. 

Ein Boreout muss behandelt werden

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Wege aus dem Tief: Psychotherapie und Kunsttherapie. | Bild: hr

Schließlich fand die Berlinerin Hilfe in Hamburg bei dem Boreout-Coach Stefan Duwensee. Dieser gab ihr vor allem praktische Hilfestellung: Wie kann sie sich weiterhin stabilisieren? Welche Interessen hat sie, die ihr Halt und Selbstvertrauen zurückgeben? Kann sie sich an den Betriebsrat oder einen Vorgesetzten wenden, um ihre Situation zu verbessern? Offen über ihr Leid zu sprechen, ist für Boreout-Betroffene oft schwierig. Anfangs versuchen sie noch, mehr oder andere Aufgaben zu übernehmen. Doch gelingt das nicht, täuschen sie aus Angst um ihren Arbeitsplatz vor, viel Arbeit zu haben. Aus dieser Situation wieder herauszukommen, ist schwierig.

Außerdem nimmt die Leistungsgesellschaft Probleme aufgrund von Langeweile oder Unterbeschäftigung nicht ernst. Doch Menschen, die tief in einer Depression stecken, benötigen psychologische Hilfe. In der Tagesklinik des Psychoanalytikers Dr. Wolfgang Merkle finden Betroffene Unterstützung auf mehreren Ebenen – darunter die klassische Gesprächstherapie, aber auch Übungen zur Körperwahrnehmung wie progressive Entspannungstherapie, Tanz- oder Kunsttherapie.

Daniela Wohlan hat es geschafft – und steht nach vier Jahren Therapie und Coaching wieder mitten im Leben. Sie hat sich getraut, ihren sicheren Behörden-Job zu kündigen und neue Arbeit zu suchen.

Umsatz, Umsätze (m.) — das Geld, das man für den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen erhält, für das man aber noch Steuern bezahlen muss

versagen — hier: nicht schaffen, was gefordert wird; keinen Erfolg haben

rund um die Uhr — immer; den ganzen Tag; ohne Pause

Erschöpfung (f., nur Singular) — die große Müdigkeit, nachdem man sich sehr angestrengt hat

etwas ignorieren — etwas nicht beachten

Rechner, - (m.) — der Computer

Diagnose, -n (f.) — hier: die Feststellung einer Krankheit durch einen Arzt/eine Ärztin

sich türmen — immer größer werden; anwachsen

ständig auf Abruf — hier: so, dass man immer bereit ist zu arbeiten, wenn man gebraucht wird

Unternehmensberater, -/Unternehmensberaterin, -nen — jemand, der Firmen dabei hilft, bestimmte Probleme zu lösen

IT-Controller, -/IT-Controllerin (aus dem Englischen) — jemand, der dafür sorgt, dass die Informationstechnik (IT) in einem Unternehmen so gut wie möglich genutzt wird

vorne dabei sein — zu den Ersten/Besten gehören

bei jemandem gut da|stehen — einen guten Eindruck auf jemanden machen

ab und zu — manchmal

auf die Schulter geklopft bekommen — umgangssprachlich für: gelobt werden

Wertschätzung (f., nur Singular) — die Anerkennung; die Tatsache, dass man jemanden positiv bewertet

Fehleinschätzung, -en (f.) — die Tatsache, dass man sich ein falsches Bild von einer Situation macht

Anzeichen, - (n.) — etwas von außen Erkennbares, das auf ein Problem hinweist; ein Symptom

buchstäblich — genau in dieser Bedeutung des Wortes

zu etwas Ja und Amen sagen — etwas akzeptieren, ohne zu widersprechen

von A nach B — umgangssprachlich für: von einem Ort zu einem anderen Ort

etwas hervor|rufen — etwas verursachen; etwas auslösen; der Grund für etwas sein

tief greifend — hier: sehr stark; sehr intensiv

sich auf etwas spezialisieren — sich mit einer Sache besonders stark beschäftigen

psychosomatisch — so, dass ein körperliches Problem durch ein psychisches Problem verursacht wird

Burnout, -s (m./n., aus dem Englischen) — eine Krankheit, die durch viel Stress entsteht und bei der man sich sehr müde fühlt

gepaart mit etwas — in Kombination mit etwas

quasi — sozusagen; gewissermaßen

den Akku wieder auf|laden — hier umgangssprachlich für: sich erholen

auf|merken — plötzlich aufmerksam werden

sich in etwas wider│spiegeln — sich in etwas zeigen; durch etwas erkennbar werden

Fehltag, -e (m.) — hier: ein Tag, an dem jemand nicht zur Arbeit geht, weil er krank ist

auf etwas kommen — hier: etwas (z. B. eine Zahl) erreichen

ausgebrannt — hier: ohne Energie; ohne Kraft; völlig erschöpft

Antrieb (m., hier nur Singular) — hier: die Motivation; die Lust, etwas zu tun

Dienstleister, -/Dienstleisterin, -nen — jemand, der etwas gegen Bezahlung für jemand anderen tut, aber keine Waren herstellt

Vorstandsvorsitzender, -/Vorstandvorsitzende, -n — der Chef/die Chefin einer Gruppe, die ein Unternehmen leitet

seelisch — psychisch

Ausfallperiode, -n (f.) — hier: der Zeitraum, in der jemand nicht arbeiten kann (meist weil er krank ist)

belastend — so, dass etwas anstrengend, unangenehm oder sogar schädlich ist

WHO (f., nur Singular) — die Weltgesundheitsorganisation (Englisch: World Health Organization)

etwas prognostizieren — etwas vorhersagen; sagen, was in Zukunft passieren wird

etwas entsprechen — hier: so (viel) sein wie etwas

Billion, -en (f.) — tausend Milliarden; 1.000.000.000.000

Prävention, -en (f., meist Singular) — die Maßnahme, die dafür sorgen soll, dass etwas nicht passiert; die Vorbeugung

etwas verringern — etwas reduzieren; etwas senken

Ausfallkosten (nur Plural) — die Kosten, die dadurch entstehen, dass Mitarbeiter krank sind und nicht arbeiten können

Arbeitsproduktivität (f., nur Singular) — die Menge an Arbeit, die innerhalb einer bestimmten Zeit erledigt wird