Kinder erobern sich die Welt selbsttätig. Sie wollen sie mit ihren Händen begreifen und gestalten. Dabei sind das Spiel, die Bewegung und die Wahrnehmung ihre (Hilfs-)Mittel. Unsere Lebenswelt macht es den Kindern nicht leicht, ihre Sinne vielfältig zu benutzen. Rumpf(1) spricht von einer Verkümmerung der Kinderumwelten, in denen der Leib zur Knopfdruckprothese zu schrumpfen droht. In der aktuellen Bildungsdiskussion wird häufig der Eindruck vermittelt, dass es vor allem um kognitive Defizite der Kinder geht. Dass der Mensch mit Kopf, Herz und Hand lernt (J. H. Pestalozzi) und „der Körper nicht das Transportmittel für den Kopf" ist (Kahl)(2), wissen wir zwar, scheinen es im Schatten von PISA aber schon mal zu vergessen. Lernen und Bildung müssen sich an den Tätigkeiten des Kindes orientieren. Umso bedeutsamer ist es, kindliche Grundbedürfnisse zu erkennen und dafür Spiel- und Entwicklungsräume zu eröffnen. Im kindlichen Spiel ist das Bauen und Konstruieren eine wichtige Tätigkeit neben anderen - wie der großräumigen Bewegung, dem künstlerischen und musikalischen Experimentieren und Gestalten oder dem Rollenspiel. Beim Bauen und Konstruieren können die Kinder physikalische Gesetzmäßigkeiten kennen lernen und sie nehmen wahr, dass sie ihre Umwelt (mit-)gestalten können. Sie können mit anderen Kindern etwas bauen oder zerstören und machen so elementare materiale und soziale Erfahrungen. Show
Individuelle Entwicklung beim Bauen und KonstruierenDie Lust, kleine Türme gezielt umzustoßen, zeigen schon einjährige Kinder. Die Fähigkeit und der Wunsch, sie aufzubauen, entwickeln sich erst später. Kindliche Entwicklung verläuft sehr
individuell und dementsprechend zeigen sich auch beim Bauen sehr vielfältige Ausdrucksformen. Trotz dieser Tatsache beschreibt Largo(3) auf der Grundlage seiner Studien einige Entwicklungsschritte kindlicher Bauaktivität. Danach stapeln die Kinder Bauklötze oder andere Gegenstände zunächst vertikal. Im pädagogischen
Alltag kann man immer wieder Kinder beobachten, die sehr konzentriert bauen. Deshalb verwundert es nicht, wenn sich in verschiedenen Untersuchungen das Bau- und Konstruktionsspiel im Kindergarten als „bedeutender Erklärungsfaktor für Aufmerksamkeit, Arbeitshaltung und Selbständigkeit beim Lernen" erwies.(4) Im Spiel mit den Gegenständen erwerben die Kinder vielfältiges Wissen: Sie relativieren zwischen groß-klein, eng-weit, machen räumliche Zuordnungen wie innen-außen, vorn-hinten, über-unter
und erwerben Begriffe von Gegenstandsklassen wie Klötze, Kegel oder Stangen. Grundlegende Gesetze der Statik erfahren die Kinder, wenn sie mit unterschiedlichen Materialien Häuser oder Türme bauen. Sie erfahren, dass es nicht egal ist, ob sie rechtwinklige Holzbausteine, runde Steine oder weiche Schaumstoffblöcke stapeln. Das Material mit seiner Oberflächenbeschaffenheit, seiner Form und seinem Gewicht eröffnet jeweils spezifische Lösungen. Kinder erfahren auch, dass die Umgebung „mitspielt". So
kann etwa ein weicher Untergrund oder der Wind erheblichen Einfluss auf das Baugeschehen nehmen. In ihrem Spiel erfassen Kinder derartige physikalische Gesetzmäßigkeiten intuitiv und handeln entsprechend. Die Bewegungsbaustelle - Bauen in der PsychomotorikKinder sind neugierig, probieren aus und stellen Fragen. Sie lernen über ihre
Bewegung und Wahrnehmung. Das Medium, in dem sie sich ausprobieren und ausdrücken, ist das Spiel. Psychomotorische Pädagogik geht von den individuellen Stärken aus und eröffnet für den Primarbereich variationsreiche Bau- und Gestaltungsmöglichkeiten, so dass Kinder diese Stärken ausleben und weiterentwickeln können. Aus den kleinen Bauklötzen werden große Holzbausteine, Schaumstoffblöcke oder Kartons. Gestaltung einer BewegungsbaustelleIn vielen
Einrichtungen hat die klassische Bewegungsbaustelle (vgl. Miedzinski(6)) an Bedeutung gewonnen. Sie eröffnet über das Spiel mit Autoreifen, Schläuchen und Brettern den Bau kleiner Brücken, Wippen und mit weiteren Hilfsmitteln die Konstruktion von Schaukeln und Karussells. Ähnliche Bauaktivitäten sind natürlich auch mit Geräten der Turnhalle möglich. So entstehen aus Kästen, Leitern, Bänken und Matten vielfältige Bewegungslandschaften. Materialien, die großräumige Bewegung ermöglichen, werden
bevorzugt, da es vielen Kindern heute an ZusammenfassungBauen ist ein grundlegender Bestandteil kindlichen Spiels. Kinder eignen sich die Welt mit ihren physikalischen Gesetzmäßigkeiten an und erkunden sie. Sie bauen allein und gemeinsam und sie verbinden das Bauen mit dem Fantasiespiel. Kinder benötigen vielfältige Möglichkeiten zum klein- und großräumigen Bauen und Konstruieren. Diese bieten sich in
Gruppenräumen, Fluren, Turnräumen, im Außengelände oder bei einem Waldspaziergang in vielfältiger Weise. Die Erzieherin schafft die Voraussetzungen, indem sie Raum, Zeit, Material und evtl. ihr Wissen bzw. ihre Hilfe zur Verfügung stellt. Sie begleitet das Kind auf dem Weg zur Selbstständigkeit und hält sich zurück, wo ein Kind oder eine Gruppe selbst aktiv ist. Trotzdem ist die eigene Neugier und Lust der Erzieherin an Bewegungs- und Bauaktivitäten für die Motivation der Kinder nicht zu
unterschätzen. PraxisbeispieleBauen und Konstruieren auf kleinstem RaumFür das Bauen und Konstruieren auf kleinstem Raum haben einige Hersteller interessante Möglichkeiten konzipiert. Entscheidend ist, wie vielfältig sich ein Bausystem verwenden lässt, ob es für unterschiedliche Altersstufen nutzbar ist und ob es ansprechende Spielideen eröffnet. So wird es spannend, wenn Bausteine vielfältige Formen und Größen haben und durch eckige und runde, selbst gefertigte Sperrholzplatten ergänzt werden. Auf diese Weise ist es möglich, höhere Bauwerke zu errichten. Eine besondere Herausforderung stellen Aufbauten auf labilem Untergrund dar. Einige Beispiele für „fertige" Spiele, die diese Möglichkeiten eröffnen:
Die HöhlenforscherVor Spielbeginn wird ein Anfang für eine Höhle
geschaffen, indem z.B. eine Weichbodenmatte schräg zwischen einem Kasten und der Wand aufgestellt wird oder einige Turnmatten gebogen zwischen der Wand und einer Bank fixiert werden. Zunächst erzählen die Kinder ihre Erfahrungen mit Höhlenbesuchen. Dann erforschen und erweitern sie die bestehende Höhle. Um sie noch größer und dunkler zu gestalten, stehen große Tücher und Turnmatten zur Verfügung. Schnell fordern sie weitere Materialien, die in der Höhle versteckt werden. Diese Schätze können
bewacht oder mit Taschenlampen angeleuchtet werden.Steht ausreichend Zeit zur Verfügung, spricht die Erzieherin mit den Kindern in der Höhle über Höhlenmalereien und gibt ihnen Gelegenheit, diese für ihre Höhle zu schaffen. Die wackligen TürmeViele Kinder haben Lust, Türme zu konstruieren und wieder umzuwerfen. Auch in Bezug auf großräumige Bewegung bietet dieses Thema viele
Variationen. Egal ob beim Bau mit großen Holzbausteinen, mit Schaumstoffblöcken, mit Pappkartons oder dicken Pappröhren - Kinder erfahren die Gesetze der Statik. Besonders beliebt ist das Umwerfen des großen Holz- oder Pappröhrenturmes mit Schaumstofffrisbees und Bällen oder das Umfahren von Schaumstoffblöcken und Kartons mit Rollbrettern. (Murmel-)BahnvariationenKinder begeistern sich für
(Murmel-)Bahnen. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß. Beliebt sind aus Heulrohren mit selbst gefertigten Zwischenstücken gebaute Murmelbahnen. Eine Konstruktion zu schaffen, die genug Gefälle hat, ist für viele Kinder eine echte Herausforderung. Dies geht leichter, wenn erhöhte Ausgangspunkte vorhanden sind. Im Gruppenraum kann das eine zweite Ebene, im Bewegungsraum ein Klettergerüst oder eine schiefe Ebene und im Außengelände ein Hügel oder eine Klettermöglichkeit sein. Begeistert sind
die Kinder, wenn die Murmeln und Bälle am Bahnende etwas (z. B. eine Pappröhre) umwerfen oder auf einen Klangkörper fallen. ZollstockkonstruktionenSobald die Kinder einige Spielerfahrungen mit Zollstöcken gesammelt haben, bauen sie damit auch kleine Türme, legen Linien, über die sie balancieren, oder Straßen, durch die sie mit Rollern und Rollbrettern fahren. Zwei in der Mitte geklappte Zollstöcke ergeben ein Indianerzelt, das natürlich auch mit leichten Tüchern noch bunt gestaltet werden kann. Die Konstruktion eines größeren Hauses, in das zwei Kinder passen,
bedarf der Geduld und zu Anfang auch der Unterstützung durch die Erzieherin. FlizziparcoursKinder, die schon Grunderfahrungen auf dem Rollbrett (Flizzi) gemacht haben, suchen sich neue Herausforderungen, wie z.B. einen Parcours. Hier sind Pylonen (Kunststoffhütchen), Zollstöcke, Gymnastikstäbe mit Stabhaltern und -klammern gute Hilfsmittel. Aber auch aus Tischen mit einer Decke für die Seiten entsteht schnell ein Tunnel. Wichtig ist, dass die Kinder selbstständig ihren Weg entwickeln und die Erzieherin ihnen bei Bedarf hilft. Die individuelle Bewältigung des Weges ist wichtig, nicht die Zeit, die dafür benötigt wird. Der AutotunnelAus einem Fachgeschäft wird eine lange Papprolle (ca. 3 Meter) besorgt, auf der Teppichboden aufgerollt war. Diese Rolle wird so aufgestellt, dass ein leichtes Gefälle entsteht. Die Kinder experimentieren jetzt mit kleinen Gegenständen, die
sie in die Röhre stecken, und erfahren, was am unteren Ende ankommt. Rollen sie Tennisbälle durch die Röhre, werfen diese einen Turm am Ende um, kleine Steine bleiben zum Teil stecken. Beim „Autotunnel" fahren kleine Fahrzeuge durch den Tunnel und kommen am unteren Ende mit so viel Schwung an, dass sie noch durch eine Straße, die mit Bauklötzen abgegrenzt wird, rasen.
Was wird beim Konstruktionsspiel gefördert?Motorische Fähigkeiten
Zudem üben Kinder im Konstruktionsspiel die Handhabung erster Werkzeuge, wie beispielsweise Buntstifte oder Bastelscheren. Sie lernen deren Funktionsweise und wie sie effektiv mit ihnen umgehen. Das fördert nicht nur die bereits angesprochene Konzentrationsfähigkeit, sondern auch die Feinmotorik.
Was fördert bauen?Beim Bauen und Konstruieren werden Feinmotorik und Auge-Hand-Koordination ebenso wie Geduld, Ausdauer und Präzession geschult, die kindliche Neugierde wird geweckt bzw. wachgehalten, Wissbegierde und Forscherdrang werden aktiviert. Und nicht zuletzt lernt das Kind seine Misserfolge zu überwinden.
Was bedeutet Ko konstruktives lernen?Ko-Konstruktion als pädagogischer Ansatz heißt, dass Lernen durch Zusammenarbeit stattfindet, also von Fachkräften und Kindern gemeinsam ko-konstruiert wird. Der Schlüssel dieses Ansatzes ist die soziale Interaktion.
Was ist Konstruktionsspielzeug?Bauen und Konstruieren macht Kindern unglaublich viel Spaß. Im Kopf der Kleinen entsteht zu Beginn ein Bild, das mit dem Konstruktionsspielzeug nachgebildet wird. Die Neugier, Entdeckerfreude und Fantasie der Kids wird durch das Spiel mit dem Kindergarten Spielzeug gestärkt und im Ergebnis sichtbar.
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