Kann man mit einer gesperrten Karte Geld abheben?

Wird die Girocard gestohlen, ist Betrug per Lastschrift weiter möglich. Das Kuno-System der Polizei bietet aber zusätzlichen Schutz.

Berlin.  Dass eine verlorene oder gestohlene Girocard (früher EC-Karte) bei der Bank gesperrt werden muss, wissen die meisten. Nicht allen ist bekannt: Die Sperre reicht nicht aus, um Diebe oder unehrliche Finder vom Bankkonto fernzuhalten. Erst eine Meldung beim System Kuno von Polizei und Handel macht eine Sperre perfekt. Andernfalls können Betrüger mit Karte und Unterschrift in Geschäften bezahlen.

Kuno steht für „Kriminalitätsbekämpfung im unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nichtpolizeilicher Organisationsstrukturen“. So kompliziert das System klingt, so einfach ist es begründet: Mit der Sperre bei der Bank oder Sparkasse bewirkt der Kartenbesitzer nur, dass die Karte zum Bezahlen oder Geldabheben mit Pin nicht mehr eingesetzt werden kann.

Doch Gauner können immer noch mit gefälschter Unterschrift auf Kassenbelegen bezahlen. Der Händler zieht dem rechtmäßigen Karteninhaber dann das Geld per Lastschrift vom Konto ab. „Kuno schiebt dem einen Riegel vor“, sagen Polizei und HDE-Handelsverband, die das Sperrverfahren gemeinsam aufgebaut haben.

Unterschrift auf Kassenbeleg

Kann man mit einer gesperrten Karte Geld abheben?

Betrüger können mit einer gestohlenen Karte in Geschäften auch mit Unterschrift bezahlen.
Foto: Daniel Karmann / dpa

Das System funktioniert so: Geht der Kartenbesitzer zu einer Polizeistation, um den Diebstahl oder Verlust anzuzeigen, kann er dort auch die Kuno-Sperre bei einer zentralen Meldestelle des Handels veranlassen. Die angeschlossenen Geschäfte bekommen von dieser Stelle die Kartendaten elektronisch mitgeteilt und können Zahlungen mit der gesperrten Karte dann ablehnen. 166 000-mal im vergangenen Jahr hat die Kuno-Meldestelle für den Verbraucher kostenlos eine Karte gesperrt, teilt der Betreiber EHI Retail Institute des Handels mit.

Diese Sperrungen sind auch im Interesse der Geschäfte. Denn falls dort Kassenpersonal sitzt, das – im Stress oder aus Unachtsamkeit – nur flüchtig die Unterschrift auf Kassenbeleg und Karte vergleicht und dem Betrüger die Fälschung gelingt, ist das nicht folgenlos für den Händler. Zwar wird das Geld zunächst vom Konto des Karteneigentümers abgebucht. Der kann aber, sobald er den Betrug bemerkt, diese Lastschrift binnen acht Wochen zurückgeben. Da der Geschäftsinhaber aber nicht weiß, ob nicht doch der rechtmäßige Karteninhaber den Einkauf tätigte, steht ihm der Rechtsweg offen.

Missbrauch vorbeugen

„Der Händler muss klagen, um an sein Geld zu kommen“, sagt Hjördis Christiansen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dass Kuno dem Missbrauch vorbeugt, hängt jedoch von verschiedenen Dingen ab. Zum einen muss es schnell gehen. „Die ersten Minuten nach dem Verlust einer Girocard sind oft entscheidend. Nur wer Bank und Polizei sofort informiert, kann unbefugte Abbuchungen und im schlimmsten Fall einen Berg Schulden vermeiden“, sagt Verbraucherschützerin Christiansen. Zum anderen muss das Geschäft dem Sperrsystem angeschlossen sein.

Das trifft auf 96 Prozent der Händler in Deutschland zu, wie Dorothee Frigge, Projektleiterin beim EHI Retail Institute, sagt. In Hessen macht die Polizei bei Kuno nicht mit. Wichtig ist auch, auf dem Weg zur Polizei den Anruf bei der Bank nicht zu vergessen. So berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg über den Fall einer älteren Dame, die erst 90 Minuten nach dem Diebstahl ihrer Girocard die Bank anrief, weil sie zuvor mit Warten und Verfassen des Protokolls auf der Polizeistation beschäftigt war.

Kontobewegungen kontrollieren

Zu lange, weil der Dieb, der auch die Pin kannte, zuvor schon am Geldautomaten war. „In dieser Zeit wurde das Konto der Bestohlenen durch missbräuchliche Kartenverwendung mit 2000 Euro belastet“, so die Verbraucherschützer. Also: So schnell wie möglich entweder die zentrale Sperrnummer 116116 der Kreditwirtschaft oder direkt das kartenführende Geldinstitut anrufen.

Kartenbesitzer sollten nach einem Kartenverlust die Kontobewegungen regelmäßig kontrollieren. Nur so wird es möglich, innerhalb der Acht-Wochen-Frist unberechtigte Lastschriften zurückzugeben. Hat jemand eine Kuno-Sperre veranlasst, kann er auch gegenüber Händlern, die dem System nicht angehören, die Rückgabe einer Lastschrift plausibel begründen. „Die Sperre bei der Bank und die Kuno-Sperre sind ein Hinweis darauf, dass der rechtmäßige Karteneigentümer den Kassenbeleg nicht selbst unterschrieben hat“, sagt EHI-Projektleiterin Frigge.

Diebe von Geldkarten können auch mit gesperrten Karten erheblichen Schaden anrichten. Wie man sich vor einem Missbrauch zusätzlich schützen kann, zeigt eine Recherche des rbb-Verbrauchermagazin Super.Markt.

Wem die Geldkarte gestohlen wird oder wer sie verliert, lässt diese bei der Bank sperren - das schützt aber nicht immer vor Missbrauch. Diebe können oft stunden- oder tagelang weiterhin kontaktlos mit der gestohlenen Karte bezahlen.

Eine Frau, der das passiert ist, wandte sich damit an den rbb. Obwohl sie ihre Karte nur wenige Minuten nach dem Diebstahl sperren ließ, erwarben Diebe mit der gestohlen Karte Waren für mehrere hundert Euro. Nach Aussagen der Polizei ist das kein Einzelfall.

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Sabine Burkowski vom Landeskriminalamt Berlin erklärt das gegenüber dem rbb-Verbrauchermagazin Super.Markt mit einer möglichen zeitlichen Verzögerung bei der Datenweiterleitung im Banksystem. "Beim kontaktlosen Bezahlen hängt es dann davon ab, ob das Kassensystem der Handelsunternehmen online mit dem Sperrsystem verbunden ist oder ob die Sperrung alle 12 Stunden oder alle 24 Stunden im Rahmen eines Updates mitgeteilt wird", sagt die Polizistin.

Wer diese Möglichkeit des Kartenmissbrauchs ausschließen will, kann von vornherein die Funktion des kontaktlosen Zahlens ohne Pin bei der zuständigen Bank sperren lassen.

Unbekannte Sicherheitslücke: Lastschrift

Doch vor einer den meisten eher unbekannten Sicherheitslücke bei Kartendiebstählen warnt Ulrich Binnebössel vom Deutschen Einzelhandelsverband gegenüber Super.Markt: "Das Lastschriftverfahren funktioniert in jedem Falle, auch wenn die Karte gesperrt ist."

Will man dem Dieb auch diese Möglichkeit nehmen, muss man die Karte zusätzlich bei der Polizei sperren lassen. Beim sogenannten "Kuno-Sperrdienst" – einem freiwilligen Dienst der Polizeibehörden in Bund und Ländern und dem Zusammenschluss großer Handelsketten. Erst dann werden die großen Ketten eine Zahlung mit Unterschrift nicht mehr akzeptieren.

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    dpa/Patrick Pleul

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Banken übernehmen Schaden

Der durch Unterschriftenbetrug entstandenen Schaden kann zwar von dem jeweiligen Handelsunternehmen zurückgefordert werden, das ist aber oft sehr aufwändig. Daher lohnt es sich, einen Kartendiebstahl auch bei der Polizei unter dem Stichwort "Kuno" anzuzeigen und dort die Karte auch für das Sepa-Lastschriftverfahren sperren zu lassen.

Wer Dieben zuvor kommt und seine Karte rechtzeitig sperrt, für den übernehmen die Banken in der Regel den entstandenen Schaden.

Sendung: Super.Markt, 16.05.2022, 20:15 Uhr

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8 Kommentare

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  1. 8.AdrianBerlinDienstag, 17.05.2022 | 07:19 Uhr

    Antwort auf [Karl] vom 16.05.2022 um 17:06

    Mit der Problematik muss ich mich als Mastercard/Visa Debit Besitzer nicht rumschlagen. Karte in der App oder 116 117 gesperrt und das war’s.

    Die genannten Probleme sind Probleme der girocard die es z.b bei Sparkasse und Volksbank gibt. Ggf. Zu einer modernen Bank wechseln.

  2. 7.SelbstundstaendigBerlinDienstag, 17.05.2022 | 02:12 Uhr

    Eine seltsame Welt. Ist auf dem Konto kein Geld - funktioniert die Karte nicht. Da ist es möglich alles in Echtzeit zu überprüfen. Ist die Karte gesperrt - funktioniert sie doch, da gibt es plötzlich Schwierigkeiten und Verzögerungen.
    Ehrlich gesagt mit Bargeld gibt es diese Probleme nicht: weg ist weg und noch mehr kann nicht nachgestohlen werden. Zahlen kann man auf diese bequeme und sichere Weise immer. Auch wenn es einen Stromausfall gibt. Und nachhaltig ist z.B. so ne Münze ebenfalls: dient uns Jahrelang, braucht weder Strom noch Gas und produziert kein CO2. .

  3. 6.SchonErlebtBerlin Dienstag, 17.05.2022 | 00:00 Uhr

    Mir ist das selbst schon einmal passiert:
    Karte verloren, direkt bemerkt und bei der Bank sperren lassen. Habe noch gefragt, ob es damit erledigt sei, Antwort war ja, kann nix passieren. Genau ein Jahr später ist mein Konto plötzlich durch mehrere große Zahlungen leer geräumt, da hatte ich die alte Karte gar nicht mehr auf dem Schirm.... Nach einer ganzen Weile hin und her hat die Bank dann bemerkt, dass es sich um eine "nicht mehr existente Karte" handelt, da könnten sie nichts machen, außer alles zurück buchen, ich bräuchte die Kuno-Sperre. Hab ich dann sofort bei der Polizei machen lassen, und nach ein paar ärgerliche Inkasso-Briefen war auch gut. Trotzdem ärgerlich, dass ich nicht direkt darauf hingewiesen wurde, dass es sowas gibt...

  4. 5.Kerstin Moabit Montag, 16.05.2022 | 22:22 Uhr

    Antwort auf [rbbwatcher] vom 16.05.2022 um 19:17

    Für die Kuno-Sperrung muss man sich ja an die Polizei wenden, dort bekommt man dann - je nach Bundesland - eine Sperrbestätigungsnummer mit der man auf der Website des Kuno-Sperrdiensts die Kartenfolgenummer noch nachmelden (oder die Sperrung wieder löschen) kann.

    https://www.kuno-sperrdienst.de/


  5. 4.rbbwatcher13125Montag, 16.05.2022 | 19:17 Uhr

    Der Kuno-Sperrdienst der Polizei hat aber leider auch einen besonderen Hürde: Es wird dazu zwingend auch die sogenannte "Kartenfolgenummer" (nicht nur die Kartennummer!)benötigt, nur kaum ein Benutzer kennt diese Nummer, denn mitgeteilt wird diese nirgends, wenn man seine Karte von der Bank erhält und auf der Karte ist sie auch nicht angegeben. In manchen Fällen taucht diese Nummer auf den Kontoauszug bei der Buchung auf, aber nicht generell.

  6. 3.PatscheBerlin Montag, 16.05.2022 | 17:28 Uhr

    Sorry, ein Händler hat mir grad gesagt das er eine Daten-SIM im Gerät hat, also sind dir Teile wohl doch online…..

  7. 2.PatscheBerlin Montag, 16.05.2022 | 17:16 Uhr

    Und da gibt es ja dann noch diese “Offline”-Kartenterminals für Händler (wird ja viel Werbung dafür gemacht und die Dinger gibts in jedem Eloktronikmarkt). Wann und wie (oder ob überhaupt?) bekommen die das mit und wer hat dann den Ärger?

    Kann man mit einer gesperrten Bankkarte Geld abheben?

    Haben Sie Ihre Karte sperren lassen und sie anschließend doch noch gefunden, müssen Sie sie entsperren lassen, um wieder Geld abheben oder bargeldlos zahlen zu können. Dasselbe gilt, wenn die Bank Ihre Karte aus Sicherheitsgründen gesperrt hat.

    Kann man mit einer gestohlenen EC

    Sollte eine unbefugte Person mit einer gestohlenen EC-Karte an einem Geldautomaten Geld abheben vertritt die Bank zumeist die Ansicht, dass seitens des Karteninhabers ein fahrlässiges Verhalten vorausging. Immerhin wird für die Auszahlung von Bargeld bei dem Abhebeverfahren mit der EC-Karte ja auch eine PIN benötigt.

    Kann man mit gesperrter Karte bezahlen?

    Jeder kann demnach mit der gesperrten Karte und den darauf abzulesenden Kontodaten weiter überall dort einkaufen, wo das Lastschriftverfahren akzeptiert wird – bis die Gültigkeit der Karte dereinst ausläuft.

    Wie komme ich an mein Geld wenn Karte gesperrt ist?

    Setzen Sie sich dafür persönlich mit Ihrer Bank in Verbindung. Sind Sie Kunde einer Filialbank, geht dies am Besten, indem Sie sich an einen Kundenberater in der nächsten Filiale wenden. Bei vielen Banken können Sie Ihre Karte auch telefonisch wieder entsperren lassen.