Der große Mark Twain mit einem tollen Spruch über HundeMark Twain dürfte einer der größten Denker der jüngeren Geschichte sein. Zahlreiche wundervolle Zitate stammen von ihm. Auch zu Menschen und Tieren hatte Mark Twain eine Meinung. So prägte er das folgende Zitat: Show
Dieses Zitat von Mark Twain, besagt frei übersetzt nichts anderes als: Je mehr ich die Menschen kennenlerne, desto mehr mag ich meinen Hund! Weitere lustige, traurige und süße Sprüche in unserer Hundesprüche Kategorie!Verpasse keine fantastischen Sprüche mehr und stöbere in unserer Hundesprüche Kategorie! Dieses ursprünglich französische Aperçu ist seit dem 19. Jahrhundert in vielen Sprachen und mehreren Varianten als Grabsteinspruch für Hunde, als Kalenderspruch in Amtszimmern, als Meme oder als Lebensmotto weit verbreitet und wird oft berühmten Personen untergeschoben, die für ihre Liebe zu Hunden bekannt sind. Die beliebtesten Zuschreibungen (Schopenhauer, Friedrich d. Gr., Mark Twain) sind Erfindungen des 20. Jahrhunderts und konnten von der Zitatforschung in zeitgenössischen Quellen nicht nachgewiesen werden. 1) Von dem preußischen König Friedrich II. weiss man, dass er seine Hunde mehr als die Menschen mochte und dass er sein Grabmal auf der Terasse des Schlosses Sanssouci neben den Gräbern seiner Lieblingshunde anlegen ließ (Link).
Wohl deswegen schien es mehr als 120 Jahre nach seinem Tod plausibel, der Ausspruch stamme von ihm. Aber es gibt keinerlei Belege dafür. Begonnen hat die falsche Zuschreibung an Friedrich II. um 1927 (Link), also ungefähr 140 Jahre nach seinem Tod, und auch der Anführer der Nationalsozialisten war der festen Überzeugung, das Zitat stamme von dem verehrten preußischen König:
2) Ebenso bekannt ist die Zuneigung des Philosophen Arthur Schopenhauer zu seinen Pudeln, die er seit seiner Studienzeit bei sich hatte, und die er dem Umgang mit Menschen vorzog, doch er hat nie geschrieben, seit er die Menschen kenne, liebe er seine Hunde oder etwas Ähnliches. Der Aphorismus wird ihm seit den 1930er Jahren in verschiedenen Varianten unterschoben und ist weder in seinen Texten noch in zeitgenössischen Quellen zu finden.
3) In der englischsprachigen Welt wird das Zitat meistens Mark Twain zugeschrieben.
Aber wie der amerikanische Zitatforscher Garson O'Toole in seiner gründlichen Recherche zum Ursprung des Zitats herausgefunden hat, wurde es auch Mark Twain erst nach seinem Tod zugeschrieben und ist in seinen Texten, Briefen und Interviews unauffindbar (quoteinvestigator).
4) Entstanden ist der Aphorismus vor dem 19. Jahrhundert in Frankreich und bis zum Ersten Weltkrieg wurde er auch im deutschen Sprachraum durchwegs französischen Autorinnen und Autoren zugeschrieben. Laut Recherchen des Technikhistorikers Ralf Bülow könnte der im Jahr 1762 verstorbene Dramatiker Crébillon einer der Ersten gewesen sein, der eine Variante dieses
misanthropischen Aphorismus geprägt hat. Im April 1780 erinnert sich der umgängliche französiche Revolutionär Mirabeau in einem Brief an seine Freundin Sophie an diesen Ausspruch Crébillons mit folgenden Worten:
Eine frühe Variante des Zitats taucht im Jahr 1822 in den digitalisierten Texten auf, wie Garson O'Toole herausgefunden hat. Eine Frau habe kürzlich - zum Mißvergnügen des Redakteurs - gesagt: 1822
Jahrzehnte später wird dieser Ausspruch Madame de Madame de Staël, die im Jahr 1817 gestorben ist, zugeschrieben. 1878
Ob Madame de Staël wirklich die unbekannte Dame war, von der in dem Artikel 1822 die Rede ist, ist ungewiss. 1848
wird der Aphorismus einem "modernen Philosophen" zugeschrieben:
In der Mitte des 19. Jahrhunderts haben die französischen Autoren Alphonse Toussenel und Alphonse de Lamartine unabhängig von einander den Aphorismus verwendet und dadurch zu dessen weiterer Verbreitung beigetragen, aber sie haben ihn so wenig geprägt wie Charles de Gaulle, der ihn 100 Jahre später zitiert hat. Ich folge hier der Einschätzung von Garson O'Toole, dessen 2018 publizierten Artikel mit den sorgfältigen Quellenangaben zu diesem Zitat ich nur empfehlen kann (quoteinvestigator). Die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt schreibt das Zitat in ihren Erinnerungen einer "berühmten Landsmännin", vielleicht also Madame de Staël oder Madame de Sévigné zu, und nicht
Friedrich II., Schopenhauer oder Mark Twain. 1895
Ein Zoologe hält George Sand für die Urheberin des Zitats: 1898
Um 1900 wurde der Aphorismus schon als Grabsteinspruch auf dem neuen Pariser Hundefriedhof gesehen: 1903
1922
Erst nachdem der österreichische Tenor Leo Slezak das französische Bonmot in seinen Memoiren und in einigen Zeitungsartikeln als sein Motto verkündet hat, wurde es erstmals Friedrich II. zugeschrieben: 1927
1928
1930
1931 wird ein alter arabischer Philosoph als Urheber des Zitats vermutet (Link). Die meines Wissens erste irrtümliche Zuschreibung an Arthur
Schopenhauer stammt vom damaligen Vizepräsidenten des Wiener Patentamts und stand in der katholischen Wiener Tageszeitung "Reichspost": 1932
1949
1949
1951
1954
1957
1963
1964
1965
1967
1969
1971
1975
1974
1978
1978
1981
1981
1982
1985
1987
1989
1990
1996
1998
2000
2019
Erstaunlich ist, wie seit dem Ersten Weltkrieg bis heute der eindeutig französische Ursprung des Zitats im deutschen Sprachraum fast völlig verdrängt wurde. ____________ Quellen: Google Zitat plus 'Schopenhauer': "Ungefähr 5 980 Ergebnisse" Ralph Keyes: "The Quote Verifier: Who Said What, Where, and When." St. Martin's Griffin, New York: 2006, S. 47f. (Link) Garson O'Toole: "The More I Know About People, the Better I Like Dogs: Mark Twain? Madame de Sévigné? Madame Roland? Alphonse de Lamartine? Alphonse Toussenel? Louise de la Rameé? Alfred D’Orsay? Thomas Carlyle? Anonymous?" 2018 (quoteinvestigator) Wolfgang Grittner: "Der Preußenkönig Friedrich II. und die Tiere. Eine historische Betrachtung." Deutsches Ärzteblatt 3/2013, S. 316f. (Link) [Keine Erwähnung des Zitats.] Albert Zoller: "Hitler privat: Erlebnisbericht seiner Geheimsekretärin", Droste Verlag 1949, S. 230 (Link) Honoré-Gabriel Riqueti Mirabeau: Lettres originales de Mirabeau, écrites du donjon de Vincennes,1777-1780, Chez Rarnery, Paris: 1792, S. 256 (Link) Friedrich Lewitz: "Mirabeau: Ein Bild seines Lebens, seines Wirkens, seiner Zeit." In zwei Bänden. Ferdinand Hirt's Verlag, Breslau: 1852, S. 447 (Link) Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 5. August 1995, S. 2, Übersetzung: G. Engelsmann (Link) Leo Slezak: "Meine sämtlichen Werke." Ernst Rowohlt Verlag, Berlin: 1922, S. 186 (Link); 1926: (Link) Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse, 1963, S. 344 (archive.org) Forum, 1964, S. 155
(Link) Früheste falsche Zuschreibung an Mark Twain: Früheste falsche Zuschreibung an Friedrich II.: 1927: Adolf Stein: "Berliner Funken", Brunnen Verlag / Karl Winckler, Berlin: 1927, S. 183 (Link) Früheste falsche Zuschreibung an Arthur Schopenhauer: 1932: Reichspost, 3. Juli 1932, S. 16 (Link) Artikel in Arbeit. Weitere Funde zum Ursprung des Zitats und der Kuckuckszitate sind nicht ausgeschlossen. ______ Dank: Ich danke Moritz Jacob für den Hinweis auf dieses Zitat, Ralf Bülow für seine Mirabeau-Recherche und natürlich muss man auch den amerikanischen Zitatforschern Ralf Keyes und Garson O'Toole für ihre gründliche Arbeit dankbar sein. __________________ ANHANG
|