Andreas gleich fahrzeugbau

Das Kerngeschäft der Biebesheimer Gleich Fahrzeugbau GmbH sind sogenannte Turmdrehkrane. Diese werden mobil gemacht, das heißt: Mit Fahrgestellen aus Biebesheim darf ein solches Gefährt sogar auf die Autobahn. Das anerkannte Know-how lohnt sich bei den herausfordernden Spezialwünschen der Wirtschaft, bis Ende 2019 ist die Firma ausgebucht.

Andreas gleich fahrzeugbau

Andreas Ruks beim Schweißen eines Aufliegers für einen Sattelzug. Die Biebesheimer Gleich GmbH hat derzeit gut zu tun. Foto: Vollformat/Robert Heiler

BIEBESHEIM - Potenzielle Kunden sitzen zwar direkt in der Nachbarschaft wie etwa die Biebesheimer Spedition Hofmann. Da wären rein theoretisch schon mal Aufträge per Zuruf über den Zaun möglich. Aber eben nur theoretisch. Denn die Gleich Fahrzeugbau GmbH ist derzeit schlichtweg ausgebucht. Das war nicht immer so, weshalb der Ball flach gehalten wird. "Derzeit aber saufen wir ab in Arbeit", so der geschäftsführende Gesellschafter Andreas Gleich (52). Bis Weihnachten 2019 steht mehr oder minder fest, was produziert wird.

Das liegt neben dem anerkannten Know-how bei besonders herausfordernden Spezialwünschen der Wirtschaft vor allem am aktuellen Bauboom. Und daran, dass Gleich, der "reine Sonderfahrzeugbaumann", als Kerngeschäft sogenannte Turmdrehkrane mobil macht. Heißt: Mit Fahrgestellen aus Biebesheim darf ein solches Gefährt sogar auf die Autobahn, muss also 80 km/h bringen. Gleich nennt es kurz gesetzestreu fahren. Das Pfiffige daran: Ein Fahrgestell kann für diverse Krane verwendet werden, weil es auf der Baustelle demontiert wird und nicht unnütz in der Gegend rumsteht.

Lieferungen bis nach Island und Russland

In dieser Disziplin sieht sich der im Jahr 2000 gegründete Mittelständler "als Marktführer" - man liefere europaweit, auch nach Island oder Russland. Und ganz gleich, ob die Zugmaschine von Iveco, Mercedes, MAN oder Scania stammt. Oder der Kran von Liebherr oder dem österreichischen Kranbauer Palfinger.

STECKBRIEF

Gleich Fahrzeugbau GmbH

Branche: Fahrzeug-Sonderbau

Produkte: Spezial-, Kran- und Containerfahrzeuge, maßgeschneiderte Logistiklösungen, modulare Zugmaschinentechnik

Standort: Biebesheim

Umsatz: 3,7 Millionen Euro

Geschäftsführender Gesellschafter: Andreas Gleich

Gründung: 2000

Mitarbeiter: 20

Kunden: Entega, Döhler, Dachser, DPD, Deutsche Kleiderspedition, Schanz, Leonhard Weiss etc.

"Wir können uns quasi momentan aussuchen, für wen wir arbeiten", sagt der Firmengründer und Chef, ohne abzuheben. Dazu ist er auch viel zu bodenständig. Pro Jahr werden zwölf bis 15 Motorwagen umgebaut und 25 bis 30 Achsen, was belegt, dass es hier nichts von der Stange gibt, sondern maßgeschneiderte Lösungen das große Thema sind. Wenn die Volumina steigen sollen, müsste die Belegschaft von derzeit 20 Fachkräften aufgestockt werden. "Ich hätte gerne 30 Beschäftigte an Bord", sagt Gleich, wohlwissend, dass dies nicht nur bei ihm, sondern in der Region Südhessen aktuell der Flaschenhals ist für weiteres Wachstum. Das gilt vor allem für Ingenieure oder angehende, denen er das Studium sogar finanzieren würde, wenn sie denn danach in seiner Firma blieben. "Wir brauchen in unserer Königsdisziplin die besten Leute", so Gleich. Auch Techniker und Fahrzeugbauer werden händeringend gesucht. Bei einer übrigens für den Wirtschaftsraum adäquaten Entlohnung, wie versichert wird. Das heißt konkret: es wird über Tarif bezahlt bei 40 Wochenstunden.

An der damaligen TH Darmstadt (heute TU) wurde Gleich, der zuvor eine Schlosserlehre absolviert hat, zum Maschinenbau-Ingenieur ausgebildet. Ein Theoretiker oder Fertiggucker ist der sportlich-drahtige Machertyp aber nicht. Das zeigt sich beim Gang durch die Halle, in der an diversen Fahrzeugen und Fahrgestellen gearbeitet wird. Oder beim Schlendern über das 16.350 Quadratmeter große Betriebsgelände. Dort warten Zugmaschinen sowie individuell angefertigte Umbau- und Ersatzteile darauf, in dieser Lkw-Klinik mit Chefarztbehandlung umsorgt zu werden. Denn hier wird Mechanik mit Elektronik optimal verheiratet: "feine Technik" für ganz individuelle Kundenwünsche. Ob für ein Schausteller-Equipment, Erdkabel-Verleger oder bereits erwähnte Hochbaufirmen mit ihren Kranen.

Bei Letzteren deckt man den Angaben zufolge mehr als die Hälfte des Marktes hierzulande ab. Hintergrund: Die Zahl der früher in Deutschland verkauften Krane ist stark zurückgegangen - und diese sind oft nicht mehr im Eigentum der Baufirmen. Die Geräte werden vielmehr gemietet, müssen deshalb öfter den Standort wechseln, also transportiert werden. Das erledigt Gleich mit einer kleinen eigenen Spedition hin und wieder nebenbei auf Wunsch auch noch, ist selbst pro Jahr bei insgesamt bis zu 100.000 Kilometer Fahrleistung 25 000 Kilometer am Steuer eines Lkw unterwegs: Eine weitere Klammer zwischen Theorie und Praxis, die hilft, "jeden Tag eine neue Idee" zu entwickeln. Eine war es zum Beispiel, einen Streugut-Aufsatz für Zugmaschinen zu konstruieren, wenn es im Winter glatt wird und Salz oder Split benötigt werden. Das spart ein komplettes Spezialfahrzeug, das sonst die meiste Zeit vor sich hin staubt: totes Kapital. Im Odenwald seien einige bereits im Einsatz.

Man hat einen TV-Übertragungswagen gebaut, der auch seitwärts zu bewegen ist. Oder ein hydraulisches Hubdach, um einen proppenvoll mit Leerpaletten beladenen Auflieger per Stapler entladen zu können, was sonst kaum geht. Beim Versorger Entega betreut man beispielsweise Spezialfahrzeuge. Andreas Gleich gilt in der Szene als wandelndes Lexikon, was Fahrgestelle anbelangt und Sonderbauten. Er sitzt deshalb in den relevanten Gremien der Branche, TÜV-Sachverständige können sich bei ihm weiterbilden. Zudem bringt er anhaltende Begeisterung für den Job ebenso mit wie Durchsetzungskraft; schließlich spielte der Bad Homburger früher in der Football-Bundesliga. Und bei Fahrzeugbau-Nothnagel in Griesheim, wo er in leitender Stellung tätig war, verfeinerte er in fünf Jahren seine Kenntnisse. Als einer der Pioniere von CAD-Systemen im mittelständischen Fahrzeugbau (O-Ton Gleich), machte er sich dann jedoch selbstständig. Der ungebremste Drang, seine Kreativität ausleben zu können, war im Korsett eines Angestelltenverhältnisses irgendwie nicht mehr möglich.

Umsatz ist zuletzt ständig gestiegen

Der Umsatz der einst in Pfungstadt beheimateten Firma lag im vergangenen Jahr bei 3,7 Millionen Euro nach 3,3 Millionen und 2,4 Millionen in den beiden Jahren davor. Dass Speziallösungen ihren Preis haben, liegt auf der Hand. "Die Günstigsten sind wir nicht", heißt es denn auch. Die nicht bezifferte Marge dürfte entsprechend ausfallen.

Die regelmäßigen 80 bis 90 Wochenstunden in der Firma oder vor Ort bei Kunden will Gleich freilich langsam zurückfahren. Entlastung kommt zumindest in der Fertigung durch einen Betrieb in Thüringen. Die 20-Mann-Firma, die bereits Schweißarbeiten erledigt, sie soll künftig auch Montageleistungen erbringen, entsprechend den hohen Qualitätsstandards in Biebesheim. Rund 1,5 Millionen Umsatz könnten auf diesem Weg hinzukommen. Zudem soll der Standort Biebesheim "schön gemacht werden". 2,5 Millionen Euro wurden dort bereits investiert. Und Platz für die weitere Expansion gibt es reichlich. Bei alldem steht das Motto "Geht nicht gibt's nicht" unverändert über allem, prägt das Geschäftsmodell. Und das nicht abgesichert durch Patente, weil das wenig bringe, wie es heißt. Sondern durch weitere Innovationen - die Extraportion Spaß für Gleich und sein Team.