Alexa wer ist der mörder

Das Internet der Dinge (IoT) ist definitiv in unseren Haushalten angekommen und irgendwie fühlt man sich schon fast wie auf der Brücke vom Raumschiff Enterprise. Coole Gadgets steuern vieles per Stimme, wofür wir normalerweise ein paar Schritte wie beispielsweise zum Lichtschalter oder zur Stereoanlage gehen müssten – alles ganz einfach per Sprachbefehl oder Frage. Damit diese beeindruckenden persönlichen Assistenten funktionieren benötigen sie das Internet und das nicht nur, um Musik abzuspielen oder eine Antwort zu geben. Sie nehmen alle Befehle auf und speichern diese. Erst so können Hersteller von Echo/Alexa, Siri, Cortana oder Google Home die Qualität der sprachlichen Interaktion weiter verbessern und den Geräten noch mehr Beeindruckendes beibringen.

In einem jüngeren Fall in USA wollte sich die Polizei derartiger Sprachaufnahmen einer Anwenderin zunutze machen. In Zusammenhang mit einem Mord verlangte die Polizei sämtliche Sprachaufnahmen des Amazon Echo-Geräts in der Hoffnung, Hinweise zur Aufklärung der Tat zu erhalten. Doch Amazon hat sich an den Datenschutz gehalten und geweigert, die entsprechenden Sprachaufzeichnungen herauszugeben. Dieser Fall zeigt, dass bestimmte Einrichtungen ein valides Interesse an derartig gespeicherten Informationen haben. Es ist aber auch leicht vorstellbar, dass Cyber-Kriminelle eine lohnende Einnahmequelle durch Erpressung daraus entwickeln könnten.

Hundertprozentige Privatsphäre ausgeschlossen

Anwender, die solche Technologien zuhause oder im Büro einsetzen, dürfen nicht mit einer hundertprozentigen Privatsphäre rechnen. Aber es gibt ein paar Dinge, auf die Benutzer achten sollten, um zumindest etwas mehr Sicherheit zu erhalten:

Wenn Echo nicht genutzt wird, sollte die Stummtaste aktiviert sein. Die Stummschaltung befindet sich direkt am Gerät. Das “immer hörende” Mikrofon wird somit abgeschaltet, bis es wieder aktiviert wird.

Man sollte Echo nicht mit sensiblen Accounts verbinden. Es gab bereits einige Fälle in denen die Verkettung von mehreren Accounts zu unschönen Überraschungen oder Tränen geführt haben. Ein Kontrollverlust wie beispielsweise bei Bestellungen ist schnell geschehen.

Alte Aufnahmen sollten gelöscht werden. Bei Echo beispielsweise können auf dem Amazon-Konto unter “Manage my Device” über ein praktisches Dashboard einzelne Abfragen oder der gesamten Suchverlauf gelöscht werden.

Google-Settings sollten restriktiv eingestellt sein. Wer Google Home verwendet, kennt das immense Datensammelverhalten des Unternehmens. Aber immerhin bietet Google auf der Webseite diverse Einstellmöglichkeiten an, um Berechtigungen zu erlauben oder zu entziehen. Darüber hinaus verfügt auch Home über eine Mute-Taste.

 

Systeme wie Amazon Echo/Alexa oder Google Home sind faszinierend und werden sich in unserer technisch affinen Welt sehr schnell verbreiten. So angenehm und interessant sie unser Leben auch gestalten, die Nutzer sollten unbedingt auf Sicherheit und Privatsphäre achten. Hier ist jeder einzelne Nutzer gefragt, aktiv darüber nachzudenken, welche Informationen er preis gibt und welche nicht.

Um einen Mord in Arkansas aufzuklären, will die Polizei auf Daten von Amazon Echo zugreifen. Das „Smart Home“-Programm hört alles mit, was in einem Haus gesagt wird. Amazon weist diese Forderung mit Verweis auf die Privatsphäre zurück.

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Es war an einem Sonntagmorgen im November 2015, als die Polizei im Hinterhof eines Hauses in Bentonville, Arkansas, eine Leiche fand. Der Körper schwamm laut einem Bericht der „Los Angeles Times“ mit dem Gesicht nach oben in einem Whirlpool, das linke Auge und die Lippen waren dunkel und geschwollen. Der Bewohner, der den Notruf gewählt hatte, erzählte der Polizei, dass er und ein paar Arbeitskollegen, darunter der Verstorbene, die Nacht vorher Football geschaut und gemeinsam etwas getrunken hätten. Er habe zwei seiner Bekannten in seinem Haus übernachten lassen, dann sei er ins Bett gegangen. Am nächsten Morgen habe er die Leiche in dem Whirlpool entdeckt.

Die Polizei glaubte diese Erklärung nicht lange: Ein paar Tage später nahm sie stattdessen  Mordermittlungen auf und durchsuchte das Haus des Zeugen, den Tatort. Sie fand zwar keine direkten Beweise für einen Mord, entdeckte aber einen Haufen von „Smart Home"-Geräten. Installiert war in der Wohnung auch Amazons digitaler Assistent Echo. Das Programm lässt sich etwa mit dem Standard-Befehl „Alexa“ aktivieren und zeichnet dann zur Ausführung des Befehls gesprochene Sprache auf, schickt sie zur Auswertung in die Cloud und kann dann etwa Fragen nach Verkehr oder dem Wetter beantworten oder Musik abspielen.

Eine Aufzeichnung und Transkription des Tons wird in der Amazon Alexa App protokolliert und gespeichert. Wenn Echo zum Beispiel beauftragt wird: „Alexa, spiel' Justin Biber!" kann man später wieder in die App gehen, um herauszufinden, wann genau dieser Befehl erteilt wurde. Diese Woche hatte der Konzern mitgeteilt, er habe im diesjährigen Weihnachtsgeschäft „Millionen" der Anlagen verkauft. Nach Schätzungen von Analysten waren seit der Markteinführung von Amazon Echo bis zum diesjährigen Weihnachtsgeschäft rund fünf Millionen der Geräte verkauft worden.

„Amazon-Echo hört ständig zu“

Deswegen verfolgen viele Menschen in Amerika den Fall in Arkansas jetzt auch besonders genau. Der Zugriff auf die Daten in dem Mordfall sei unbedingt notwendig, schrieb der Staatsanwalt von Benton County, Nathan Smith, in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur AFP. Die „Los Angeles Times“ zitierte aus dem Durchsuchungsbefehl: „Das Amazon-Echo-Gerät hört ständig zu, um mitzubekommen, ob der ,Wake'-Befehl ,Alexa' genannt wird.“ Die Aufnahmen würden auf einem Server an einem entfernten Standort hochgeladen, von Amazon.com gespeichert und seien Beweise im Zusammenhang mit dem Fall, der untersucht werde. Die Polizei hat laut einem Amazon-Sprecher aber eine falsche Vorstellung davon, wie das Gerät funktioniert. Die Behauptung, dass Echo alles aufzeichne, ist demnach nicht korrekt. Das Gerät höre zwar ständig zu, zeichne aber nichts auf, solange der „Wake“-Befehl nicht gefallen sei. Wenn also keiner der Beteiligten während oder vor eines möglichen Kampfes den Befehl gerufen hat, hat das System auch nichts aufgezeichnet. Auch dann wäre noch fraglich, ob sich anhand der Audio-Dateien ein Mord beweisen ließe.

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Amazon weigert sich aber auch grundsätzlich, Informationen aus den Servern des Unternehmens herauszugeben. „Amazon wird keine Kundendaten freigeben, ohne dass eine gültige und verbindliche rechtliche Anforderung an uns gestellt wird", sagte eine Sprecherin der „L.A. Times“. Bis dahin sei es selbstverständlich, „unangemessenen Forderungen“ im Interesse der Kunden zurückzuweisen.

Die Verteidigerin des Verdächtigen sagt, dass sie von der Forderung der Polizei sehr irritiert sei. Ihr Mandant wurde mittlerweile des Mordes angeklagt, plädierte im April auf nicht schuldig und wurde gegen Kaution freigelassen. Der Prozess soll 2017 beginnen. „Man erwartet Privatsphäre in seinem Haus, und ich habe ein großes Problem damit, dass die Strafverfolgungsbehörde die Technologie gegen uns nutzen kann, die unsere Lebensqualität eigentlich erhöhen soll“, sagt die Anwältin. Die Forderung auf Herausgabe der Echo-Daten sei ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre ihres Mandanten. Auch wenn mögliche Aufnahmen des digitalen Assistenten ihren Mandanten wahrscheinlich entlasten würden, begrüße sie „die Bemühungen von Amazon, die Privatangelegenheiten meines Mandanten zu schützen".

Apple weigerte sich auch, ein iPhone zu entschlüsseln

Der Fall in Arkansas wirft wieder die Frage auf, wie angesichts der zunehmenden Nutzung digitaler Geräte der Datenschutz und die Interessen von Sicherheitsbehörden in Einklang zu bringen sind. Nach einem islamistischen Anschlag in San Bernardino, bei dem im Dezember vergangenen Jahres 14 Menschen erschossen worden waren, hatte das amerikanische Justizministerium versucht, Apple zur Entschlüsselung des iPhones des Täters zu zwingen. Apple begründete seine Weigerung damit, dass kein Präzedenzfall für eine Missachtung der Bürgerrechte geschaffen werden dürfe. Das FBI knackte das Smartphone des Attentäters schließlich ohne Hilfe des Technologiekonzerns.

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Die Polizei in Arkansas verfolgt allerdings noch eine andere Spur: Sie hat laut “L.A. Times“ herausgefunden, dass im Haus des Verdächtigen in der Tatnacht zwischen 1 und 3 Uhr morgens fast 500 Liter Wasser verbraucht worden sind. Früher am Abend seien dagegen nicht mehr als 40 Liter Wasser pro Stunde verbraucht worden. Das könnte laut Polizei darauf hindeuten, dass der Innenhof nachts von den Spuren eines Kampfes gereinigt worden sei. Woher die Polizei so genau weiß, wie viel Wasser in welchem Zeitraum verwendet wurde? Jedes Haus in Bentonville ist an ein „Smart Zähler“ angeschlossen, der den genauen Verbrauch von Elektrizität und Wasser jede Stunde aufzeichnet.

Quelle: sede.

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