Wo liegt der unterschied zwischen mutatin und mudifikation

Evolutionsfaktoren im Detail

Der Genpool einer Population stellt die Gesamtheit aller Gene aller Individuen in dieser betrachteten Population dar.

Oftmals wird statt dem Begriff Gen auch der Begriff Allel verwendet.

Betrachtet man die Individuen einer Population so finden sich immer Variationen des Phänotyps. Das äussere Erscheinungsbild der Lebewesen ist nicht identisch aber ähnlich. Die einzelnen Individuen können sich durch modifikatorische als auch durch genetische Variation unterscheiden.

Merke

Hier klicken zum AusklappenModifikation: Veränderung des Phänotyps aufgrund von Umwelteinflüssen (z.B. starker Muskelzuwachs eines Bodybuilders...)

genetische Variation: unterschiedlicher Phänotyp aufgrund der Unterschiede im Erbmaterial

Im "Blick der Evolution" sind die genetischen Variationen besonders interessant. Die Unterschiede im Erbmaterial können an Nachkommen weitergegeben werden, während Modifikationen auf das Individuum beschränkt bleiben.

Auf die Population bezogen ist evolutionstechnisch die Veränderung des Genpools im Laufe der Zeit interessant. Können diese Veränderungen erfast werden, ist es möglich Rückschlüsse auf den "Vorteil" einer bestimmten genetischen Variation zu ziehen.

Mathematisch wird die genetische Zusammensetzung einer Population durch das Hardy-Weinberg-Gesetz beschrieben (siehe bitte Kapitel Hardy-Weinberg-Gesetz).

Mutation als Grundlage der Evolution

Definition:

Unter einer Mutation versteht man eine dauerhafte Veränderung der genetischen Ausstattung eines Lebewesen. Mutation wird vom lateinischen "mutare"  abgeleitet, das dem deutschen Wort "ändern" entspricht.

Einzeller, die sich durch Zweiteilung vermehren können alle Mutationen an ihre Nachkommen weitergeben. Mehrzeller bzw. komplexere Organismen, die zur Fortpflanzung nur spezielle Zellen (Keimzellen oder Keimbahnzellen, Gameten) einsetzten, können hingegen nur genetische Veränderungen weitergeben die in den Keimbahnen (z.B. Eizelle oder Spermium) auftreten. Somatischen Mutationen, also Mutatationen welche in den Köperzellen stattfinden werden nicht an die nächste Generation weitergegeben!

Mutationen sind zufällige Ereignisse:

o      Fehler bei Replikation (bei den ca. 30.000 Genen des Menschen in jedem dritten bis vierten Gameten eine Mutation in einem Gen (Genotyp))

o      nur die wenigsten Mutationen führen zu einer Veränderung zu einer Ausprägung (Phänotyp))

o      kleine (kleinste) Veränderungen vorteilhafter als große (Punktmutation günstiger als völliges Wegfallen eines Gens), da Gefahr, dass Organismus nicht lebensfähig ist, zu groß

o      Mutationen entstehen fortlaufend, daher gibt es nie einen Zustand, in dem alle Individuen einer Population genetisch gleich sind.

Genetische Rekombination

Definiton:

Die Verteilung und Neuanordnung des genetischen Erbmaterials in einer Zelle bzw. den Austausch von Allelel wird als Rekombination bezeichnet.

Durch den Vorgang der Rekombination kommt es zu neuen Genkombinationen, die phänotypisch zu einer unterschiedlichen Merkmalskombination führen können. Kombination mit Mutationen verursacht die Rekombination eine genetische Variatiabilität innerhalb einer Fortpflanzungsgemeinschaft.

Rekombination:

o      nur bei geschlechtlicher Fortpflanzung möglich

o      liefert neue Genotypen

o      führt zur genetischen Variabilität der Individuen

o      neue Phänotypen entstehen

Expertentipp

Hier klicken zum AusklappenJe größer eine Population umso vielfältiger ihr Genpool. Je vielfältiger der Genpool umso wahrscheinlicher, dass Veränderungen der Umwelt von einem bestimmten Anteil dieser Population bestanden werden können.

Abstract

Die genetische Information eines Organismus wird in Form von Nukleinsäuren (DNA oder RNA) gespeichert und vererbt. Bei höheren Organismen findet man die DNA aufgeteilt auf die Chromosomen im Zellkern. Jeder Organismus besitzt eine charakteristische Anzahl und Form von Chromosomen: Beim Menschen sind das in den Körperzellen 46 Chromosomen, von denen 23 vom Vater und 23 von der Mutter stammen. Diese Chromosomen lassen sich in je 22 Autosomenpaare und ein Gonosomenpaar einteilen.

Die Genetik beschreibt die Struktur und Funktion der Chromosomen sowie die Regeln der Vererbung und klärt die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen auf. Insb. beschäftigt sie sich mit Erkrankungen, deren Ursache in der Veränderung der Erbinformation liegt. Diese genetisch-bedingten Erkrankungen treten familiär gehäuft auf, weshalb die Analyse von Stammbäumen hilfreich sein kann, um sie zu identifizieren. Außerdem stehen zur Diagnosestellung neben der klinischen Untersuchung noch verschiedene Labormethoden zur Verfügung, um z.B. eine Mutation oder Chromosomenveränderung zu identifizieren, die einer Erkrankung zugrundeliegt. Bei Verdacht auf eine genetisch-bedingte Erkrankung bei unbekannter genetischer Ausstattung der Eltern lässt sich das Risiko eines Kindes für eine rezessiv vererbte Erkrankung zumindest mithilfe des Hardy-Weinberg-Gesetzes abschätzen.

Grundbegriffe

Für das Verständnis der Genetik, d.h. der Erbgänge, Mutationen, erblichen Erkrankungen und der dazugehörigen Diagnostik, sollte man sich erst einmal klar machen, auf welcher Ebene man sich befindet: Auf der Ebene einzelner Moleküle (z.B. DNA, Basen, Nukleotide, Nukleosomen) oder auf der Ebene der lichtmikroskopisch sichtbaren Chromosomen. Beschäftigt man sich mit der genetischen Basis von Merkmalen oder deren Ausprägung? Betrachtet man ein Individuum und dessen Familie oder eine ganze Population? Diese Ebenen sind natürlich alle miteinander verbunden oder liefern zumindest Erklärungen für Beobachtungen auf anderen Ebenen.

Molekulare Ebene und Chromosomen

  • Gen: Grundeinheit der Erbinformation; informationstragender Abschnitt der DNA, der durch seine Basensequenz definiert ist und meist für ein Protein codiert
  • Genlocus: Physikalische Lage eines Gens auf einem Chromosom
  • Allel: Eine von zwei oder mehreren möglichen DNA-Sequenzen, die an einem spezifischen Genlocus auftreten können. Typischerweise ist ein Allel das „normale“ (oder Wildtyp-Allel) und kommt häufig vor, die anderen Allele sind Mutationen (bzw. Polymorphismen) und treten seltener auf.
    • Diploide Zellen besitzen entweder das gleiche Allel an einem Genlocus (auf jedem Chromosom), dann sind sie homozygot. Oder sie besitzen zwei verschiedene Allele an diesem Genlocus, dann werden sie als heterozygot bezeichnet.
    • Polymorphismus: Ein selteneres Allel, das innerhalb einer Population aber mit einer gewissen Häufigkeit vorkommt
      • Beispiel
        • Eine Population besteht aus 500 Individuen mit einem diploiden Chromosomensatz.
        • Alle Gene treten in Paaren auf, also gibt es insgesamt 1000 Kopien jedes Gens in dieser Population.
        • Für ein bestimmtes Gen gibt es zwei Allele, wovon das eine Allel einen Polymorphismus darstellt.
        • Die Allelfrequenz für dieses mutierte Gen ist 1% = 0,01. Das heißt, 10 der insgesamt 1000 Kopien des Gens tragen die gleiche Mutation.
        • Geht man davon aus, dass die Individuen mit dem Polymorphismus heterozygot sind, also jeweils nur eine Kopie des mutierten Gens tragen, und die andere die „normale“ Variante des Gens ist, müssen 10 Individuen den Polymorphismus aufweisen.
        • 10 Individuen in einer Population von 500 Individuen sind 10/500 = 0,02 = 2%.

Zum Aufbau der DNA und der Chromosomen siehe auch: Aufbau von DNA und RNA.

Merkmale, ihre genetische Basis und ihre Ausprägung

  • Genotyp: Gesamtheit des Erbguts eines Individuums
    • Häufig spricht man auch von Genotyp, wenn man einen bestimmten Satz von Allelen an einem oder mehreren spezifischen Genloci meint.
    • Aus dem Genotyp entwickelt sich in Wechselwirkung mit der Umwelt der Phänotyp.
    • In Bezug auf den Genotyp unterscheidet man folgende Zustände:
      • Homozygotie: Die beiden Allele an einem bestimmten Genlocus sind identisch
      • Heterozygotie: Die beiden Allele an einem bestimmten Genlocus sind verschieden
      • Hemizygotie: Es gibt nur ein Allel eines Gens im Genom. Das ist der Fall für Gene, die auf dem X- oder Y-Chromosom des Mannes lokalisiert sind.
  • Phänotyp: Summe aller beobachtbaren Merkmale eines Individuums
    • Bestimmt wird der Phänotyp durch die Kombination von Genotyp und Umweltfaktoren. Die Merkmale umfassen dabei sowohl das äußere Erscheinungsbild (z.B. Augen- oder Haarfarbe) als auch die Eigenschaften (z.B. Verhalten, Charakter) des Individuums.
    • Ein Merkmal kann im Phänotyp unterschiedlich stark sichtbar werden.
      • Dominanz und Rezessivität: Wird bei Heterozygotie nur eines der beiden Allele phänotypisch sichtbar, ist das Allel dominant über das andere. Das im Phänotyp unterdrückte Allel ist rezessiv.
      • Kodominanz: Beide Merkmale werden nebeneinander ausgeprägt. Der Phänotyp bei Heterozygotie unterscheidet sich von den beiden möglichen Phänotypen bei Homozygotie.
        • Beispiel: Im AB0-Blutgruppensystem verhalten sich die Blutgruppen A und B kodominant zueinander (allerdings dominant gegenüber der Blutgruppe 0).
        • Intermediärer Erbgang: Spezialfall des kodominanten Erbgangs, bei dem beide Merkmale zu 50% ausgeprägt werden

Individuum, Familie, Population

  • Multiple Allelie: Innerhalb einer Population treten mehr als zwei verschiedene Allele eines Gens auf
    • Vorkommen: Wahrscheinlich bei allen menschlichen Genen
    • Beispiel: AB0-Blutgruppensystem
  • Grundbegriffe im Zusammenhang mit genetischen Erkrankungen:
    • Penetranz: Die Penetranz einer genetischen Erkrankung sagt aus, wie wahrscheinlich sie bei einem Genträger tatsächlich ausbricht.
    • Expressivität: Die Expressivität sagt aus, wie stark sich eine Erkrankung bei einem Genträger manifestiert, wenn sie erst einmal ausgebrochen ist.
    • Compound-Heterozygotie : Ist auf beiden Chromosomen das gleiche Gen krankhaft verändert, aber jeweils auf verschiedene Art und Weise (= verschiedene Allele), kann dies trotz Heterozygotie zum Funktionsverlust des Gens und damit zum Auftreten einer rezessiven Erkrankung führen.
      • Beispiel: Mukoviszidose
    • Antizipation: Wenn eine Erkrankung über mehrere Generationen hinsichtlich ihres Schweregrades zunimmt oder sich mit jeder Generation früher manifestiert, nennt man das Antizipation.
      • Tritt oft bei Trinukleotid-Repeat-Erkrankungen auf
      • Beispiel: Chorea Huntington

Vererbungslehre

Bei der Meiose entstehen aus einer Keimzelle vier Tochterzellen mit rekombiniertem Erbgut (reife Geschlechtszellen, Gameten). Das ist die molekularbiologische Grundlage für die Vererbungsregeln, d.h. die Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten, wie oft bestimmte Allele eines Gens von der Elterngeneration auf die Kinder weitergegeben werden.

Mendel'sche Regeln

  • Voraussetzungen für die Gültigkeit der Mendel'schen Regeln:
    • Monogene Vererbung
    • Allele liegen auf den Autosomen und nicht auf den Gonosomen

1. Mendel'sche Regel (Uniformitätsregel)

  • Kinder (Filialgeneration, F1-Generation) von homozygoten Eltern, die sich in dem beobachteten Merkmal unterscheiden, sind bezüglich dieses Merkmals gleich, nämlich heterozygot.
    • Je nachdem, wie die Vererbung erfolgt, ist das Merkmal bei der F1-Generation unterschiedlich ausgeprägt:
      • Dominant-rezessiver Erbgang: Alle Mitglieder der F1-Generation gleichen dem Elternteil, der für das dominante Allel homozygot ist.
      • Kodominanter Erbgang: Alle Mitglieder der F1-Generation sehen gleich aus, aber gleichen keinem Elternteil.
        • Beispiel: AB0- und MN-System der Blutgruppe

1. Mendel'sche Regel: Die Nachkommen von unterschiedlich homozygoten Eltern sind alle uniform heterozygot!

2. Mendel'sche Regel (Spaltungsregel)

  • Die Kinder von Eltern, die für ein bestimmtes Merkmal beide heterozygot sind, sind nicht alle gleich bezüglich dieses Merkmals. Stattdessen findet man verschiedene Kombinationen der Allele: ¼ der Kinder ist homozygot für das dominante Allel, ¼ der Kinder homozygot für das rezessive Allel und ½ der Kinder heterozygot. Der Genotyp teilt sich also auf im Verhältnis 1:2:1.
    • Die Ausprägung der Merkmale in der Kindergeneration hängt wieder vom Erbgang ab
      • Dominant-rezessiver Erbgang: Die Merkmalsausprägung ist bei Kindern, die homozygot für das dominante Allel sind, und bei heterozygoten Nachkommen gleich. Nur die Nachkommen, die homozygot für das rezessive Allel sind, sehen anders aus (Phänotyp-Verhältnis: 3:1).
      • Kodominanter Erbgang: Heterozygote Nachkommen prägen beide Merkmale nebeneinander aus, wobei sich Phänotyp und Genotyp wie folgt aufteilen: 1:2:1
        • Intermediärer Erbgang: Heterozygote Nachkommen haben eine Mischform des Merkmals. Das Verhältnis des Phänotyps ist gleich dem des Genotyps: 1:2:1.

2. Mendel'sche Regel: Die Nachkommen von heterozygoten Eltern sind nicht uniform. Die Genotypen spalten sich im Verhältnis 1:2:1 auf!

3. Mendel'sche Regel (Unabhängigkeitsregel)

  • Die Vererbung von zwei oder mehr Merkmalen erfolgt unabhängig voneinander und nach den beiden ersten Mendel'schen Regeln.
    • Voraussetzung: Unabhängigkeit der Kombinationsmöglichkeit von Allelen, entweder weil sie auf verschiedenen Chromosomen liegen oder soweit auseinander auf einem Chromosom, dass sie höchstwahrscheinlich durch Rekombination getrennt werden.

3. Mendel'sche Regel: Zwei oder mehr Merkmale werden (mit gewissen Einschränkungen) unabhängig voneinander vererbt!

Autosomal-dominanter Erbgang

Wichtige Fakten zum autosomal-dominanten Erbgang:

  • Bereits bei einem veränderten Allel kommt es zur Erkrankung
  • Wenn ein Elternteil betroffen ist, beträgt das Risiko für jedes Kind 50%, das veränderte Allel geerbt zu haben und folglich zu erkranken. Wenn beide Eltern betroffen sind, beträgt das Risiko für die Kinder sogar 75%.
  • Bei einem homozygoten Elternteil beträgt das Erkrankungsrisiko für ein Kind 100%
  • Auch wenn beide Elternteilen erkrankt sind, können sie ein gesundes Kind bekommen
  • Die Vererbung ist unabhängig vom Geschlecht
  • Beispiele: Achondroplasie, Chorea Huntington, Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Myotone Dystrophie

Bei autosomal-dominanten Erkrankungen mit vollständiger Penetranz werden keine Generationen übersprungen!

Autosomal-rezessiver Erbgang

Wichtige Fakten zum autosomal-rezessiven Erbgang:

  • Erst wenn beide Allele verändert sind, kommt es zur Erkrankung
    • Entweder durch Homozygotie für das veränderte Allel oder durch Compound-Heterozygotie
      • Sind beide Eltern homozygot und daher erkrankt, beträgt die Erkrankungswahrscheinlichkeit für ihre Kinder 100%
    • Heterozygote (und damit gesunde) Träger einer rezessiven Erkrankung nennt man Konduktoren
      • Sind beide Eltern Konduktoren (Nv), ergeben sich folgende Erkrankungswahrscheinlichkeiten für ein gemeinsames Kind: (1) Kind ist erkrankt (vv): ¼, (2) Kind ist Konduktor (Nv/vN): ½, (3) Kind ist gesund (NN): ¼ (siehe Tabelle)
      • Phänotypisch gesunde Kinder von 2 Konduktoren haben mit einer Wahrscheinlichkeit von ⅓ kein krankes Allel (NN), zu ⅔ sind sie ebenfalls Konduktoren (Nv/vN)
    • Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Allelkombinationen über mehrere Generationen lassen sich multiplizieren, um die Erkrankungswahrscheinlichkeit der Kinder zu bestimmen
      • Wenn bspw. 2 Menschen potenziell Konduktoren sind, da beide erkrankte Geschwister haben, sind die Kinder der beiden potenziellen Konduktoren mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/9 krank (⅔ x ⅔ x ¼ = 1/9)
  • Beispiele: Mukoviszidose, Phenylketonurie, autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung

X-chromosomal-rezessiver Erbgang

Wichtige Fakten zum X-chromosomal-rezessiven Erbgang:

  • Bei X-Chromosomal-rezessiven Erbgängen befindet sich das für die Erkrankung verantwortliche Allel auf dem X-Chromosom
  • Frauen erkranken nur dann, wenn beide X-Chromosomen das veränderte Allel tragen (also sehr selten)
    • Ist nur ein X-Chromosom verändert, ist die Frau phänotypisch zwar gesund, kann die Erkrankung jedoch an ihre Kinder weitergeben (Konduktorin)
    • Für die Kinder einer Konduktorin besteht jeweils eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, das veränderte X-Chromosom zu erben.
      • Söhne, die das veränderte X-Chromosom ihrer Mutter erhalten, erkranken.
      • Töchter, die das veränderte X-Chromosom ihrer Mutter erhalten, sind Konduktorinnen.
      • Insgesamt beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Konduktorin bei gesundem Vater einen phänotypisch erkrankten Sohn bekommt (nur Jungen erkranken in diesem Fall), 50% (oder ½).
  • Männer, deren einziges X-Chromosom das veränderte Allel trägt, erkranken immer! Es gibt also keine männlichen Konduktoren.
    • Alle Töchter eines erkrankten Mannes erben das veränderte X-Chromosom → Sie sind damit Konduktorinnen (also phänotypisch gesund)
    • Alle Söhne eines erkrankten Mannes erben das gesunde Y-Chromosom ihres Vaters und mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein gesundes X-Chromosom ihrer Mutter, weshalb ihr Erkrankungsrisiko dem der Normalbevölkerung entspricht
  • Beispiele: Farbenblindheit (Protanomalie, Deuteranomalie), Hämophilie A/B, Muskeldystrophien Typ Duchenne und Becker-Kiener

Bei X-chromosomal-rezessiven Erbgängen sind alle männlichen Nachkommen eines betroffenen Vaters (und einer gesunden Mutter) gesund, tragen das veränderte Allel nicht mehr und können es demnach auch nicht weitervererben!

Mitochondrialer Erbgang

Bei der Zellteilung werden die Mitochondrien zufällig auf die Tochterzellen verteilt. Mitochondrien mit einer Mutation in ihrer DNA (mtDNA) werden dabei in unterschiedlichem Ausmaß auf die Tochterzellen weitergegeben. Eine Mutation wird erst phänotypisch sichtbar, wenn sich eine bestimmte Anzahl an Mitochondrien mit mutierter mtDNA angesammelt hat.

  • Definition: Bei über einen mitochondrialen Erbgang weitergegebenen Erkrankungen befindet sich die Mutation in der mitochondrialen DNA (mtDNA)
  • Vererbungsmechanismus: Rein maternale Vererbung
    • Nur Frauen geben die Mutation weiter, Männer können aber auch betroffen sein!
    • Der Erbgang folgt nicht den Mendel'schen Regeln.
  • Betroffene Gewebe: Gehirn, Augen, Herz, Skelettmuskel, Pancreas
  • Sonderfall: Viele Proteine, die an der mitochondrialen Proteinbiosynthese beteiligt sind, sind im Genom des Zellkerns codiert. Mutationen in den Genen für diese Proteine können mitochondriale Erkrankungen zur Folge haben. In diesen besonderen Fällen kommt es aber zur Vererbung nach den Mendel'schen Regeln.

Leber-Optikusatrophie
Eine Mutation in der mitochondrialen DNA führt zu Störungen der ATP-Synthese und damit zu einer Unterversorgung der Zellen mit Energie. Das charakteristische Symptom der Leber-Optikusatrophie ist eine plötzliche Erblindung, die durch das Absterben des Sehnerven ausgelöst wird. 85% der Betroffenen sind Männer.

Multifaktoriell vererbbare Erkrankungen

  • Definition: Multifaktoriell vererbbare Erkrankungen werden von vielen Faktoren beeinflusst: Genetik, äußere Einflüsse wie Lebensgewohnheiten, Umwelttrigger, etc.
    • Das Erkrankungsrisiko ist nicht nach Mendel berechenbar, sondern muss empirisch geschätzt werden.
  • Häufigkeit: Bei den meisten Erkrankungen handelt es sich um multifaktorielle Geschehen
    • Beispiele: Koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, Psychosen
  • Indexfall: Erste Person mit einer genetischen Erkrankung in einer Familie
  • Carter-Effekt: Wiederholungsrisiko ist höher, wenn die erste Person (Indexfall) dem empirisch weniger betroffenen Geschlecht zugehörig ist. Wenn die erkrankte Person von ihrem Geschlecht her ein generell geringeres Risiko für die Erkrankung hat, müssen die vererbbaren Faktoren noch stärker ins Gewicht fallen.
    • Beispiel: Angeborene Hüftgelenkluxation
  • Schwellenwerteffekt: Man spricht von einem Schwellenwerteffekt, wenn bei multifaktorieller Vererbung eine Erkrankung erst dann auftritt, wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht ist. Das heißt, dass bestimmte genetische und äußere Ursachen zusammenkommen müssen bis eine Grenze überschritten wird und es zur vollen Ausprägung der Erkrankung kommt.
  • Gen-Umwelt-Interaktion: Die genetische Prädisposition beeinflusst die Anfälligkeit gegenüber einem Umweltfaktor
    • Beispiel: Kinder, die körperlicher oder psychischer Gewalt ausgesetzt waren und gleichzeitig eine bestimmte genetische Disposition tragen (defektes Monoaminoxidase-A-Gen), haben ein besonders hohes Risiko, antisoziales Verhalten zu entwickeln

Multifaktoriell bedingte Entstehung von Krankheiten am Beispiel von psychischen Erkrankungen
Die Entstehung psychischer Erkrankungen ist in der Regel multifaktoriell bedingt. So werden psychische Merkmale zumeist durch Gene und Umweltfaktoren beeinflusst und es besteht eine Korrelation zwischen Gen- und Umweltwirkungen. Zudem sind psychische Merkmale meistens durch mehrere Gene beeinflusst.

Epigenetik

Die Epigenetik befasst sich mit der Regulation der genetischen Aktivität und dem Einfluss der Umwelt darauf. Dabei untersucht sie nicht die in der Basensequenz verschlüsselten Informationen, sondern die durch Umweltfaktoren ausgelösten und vererbbaren chemischen Veränderungen von DNA und Histonproteinen.

Hauptmechanismen der Regulation der Genaktivität

Bei epigenetisch regulierten Genen ist allein entscheidend, ob sie abgelesen werden oder nicht. Im Gegensatz dazu wird bei der klassischen Genetik die An- oder Abwesenheit eines Gens beobachtet. Über die Expression oder Repression des Gens entscheiden chemische Modifikationen der Basen (Methylierung) und der Histonproteine (verschiedene kovalente Veränderungen), die von spezialisierten Enzymen durchgeführt werden.

  • DNA-Methylierung: Verknüpfung von CH3-Gruppen mit Cytosin-Basen der DNA durch DNA-Methyltransferasen (DNMTs). Es entsteht 5-Methylcytosin
    • Ablauf: Nach der DNA-Replikation wird der neu synthetisierte DNA-Strang methyliert (anhand des Matrizenstrangs).
    • Ort: Sog. CpG-Inseln
    • Einflussfaktoren
      • Fehlerhafte DNA-Reparaturmechanismen
      • Umweltfaktoren (u.a. Arsen, Inhaltsstoffe aus Nahrungsmitteln), die die Aktivität von DNMTs beeinflussen
      • Mangelnde Aufnahme von Methyldonatoren (z.B. Methionin) mit der Nahrung
      • Krebszellen enthalten oft Gene, die aufgrund fehlender Methylierung aktiviert sind
    • Folge: Methylierung hemmt die Transkription des jeweiligen Gens
  • Histon-Modifikation: Chemische Veränderung der Histonproteine
    • Folge: Sog. Chromatin-RemodelingVeränderung der Chromatinstruktur durch die Modifikation von Histonproteinen
    • Typen von Modifikationen
      • Acetylierung
      • Methylierung
      • Phosphorylierung
      • Ubiquitinierung
      • Sumoylierung
      • ADP-Ribosylierung
    • Beispiele
      • Acetylierung an Lysinresten der Histonproteine durch Histon-Acetyltransferasen bewirkt, dass die Histone weniger positive Ladungen besitzen und die DNA nicht mehr so fest binden. Die DNA kann leichter transkribiert werden.
      • Methylierung von Aminosäureresten (vor allem Lysin) der Histonproteine kann zu einer gesteigerten oder verringerten transkriptionellen Aktivität führen, je nachdem an welchem Aminosäurerest sie stattfindet
    • Vererbung: Die Modifikation der Histone und damit der Aktivitätszustand der Gene wird an die Tochterzellen bei der Zellteilung weitergegeben!
  • Regulatorische RNAs: An der Abschaltung bestimmter Zielgene auf verschiedenen Ebenen beteiligte, kurze RNA-Moleküle (z.B. miRNAs)
    • Funktion von miRNA: Regulation des Abbaus von mRNA und dadurch Hemmung der Translation
    • Inaktivierung des X-Chromosoms: s.u.

Die Epigenetik untersucht die äußeren Faktoren, die Gene an- oder abschalten und damit die Transkription kontrollieren!

Die Methylierung der DNAhemmt die Transkription, eine Methylierung von Histonenhingegen kann die Transkription hemmen oder verstärken!

Typische Prozesse der Epigenetik

  • Inaktivierung des X-Chromosoms
    • Lyon-Hypothese: In den Zellen eines weiblichen Organismus ist eines der beiden X-Chromosomen inaktiviert
      • Die Inaktivierung erfolgt auf Transkriptionsebene durch regulatorische RNAs, sog. Xist-RNA (X-inactive specific transcript)
      • Das inaktivierte X-Chromosom (als Heterochromatin verpackt) wird auch als Barr-Körper bezeichnet
      • Zufällige Wahl des X-Chromosoms, das in einer Zelle ausgeschaltet wird
      • Inaktivierung erfolgt am 12. bis 16. Tag der Embryonalentwicklung
  • Genomic Imprinting (Genetische Prägung): Mütterliches und väterliches Genom unterscheiden sich durch epigenetische Modifikationen. Von den beiden Allelen eines Gens wird im Fall der genetischen Prägung nur das von der Mutter stammende oder nur das vom Vater stammende Gen exprimiert. Das andere ist stillgelegt.
    • Bei jeder Zellteilung wird die Information zur Genaktivität an die Tochterzellen weitergegeben. Im Rahmen der Keimzellentwicklung wird sie allerdings erst gelöscht und dann geschlechtsspezifisch neu programmiert.
    • Genomic Imprinting spielt nur bei einem Teil der Gene eine Rolle
    • Beispiele für Erkrankungen, bei denen Genomic Imprinting an der Entstehung beteiligt ist: Prader-Willi-Syndrom, Angelman-Syndrom

Hardy-Weinberg-Gesetz

Das Hardy-Weinberg-Gesetz besagt, dass die Allelfrequenzen (genauer gesagt die Häufigkeiten von homozygoten und heterozygoten Merkmalsträgern) von Generation zu Generation gleich bleiben.

  • Allelfrequenz: Anteil eines bestimmten Allels eines Gens innerhalb einer Population. Es handelt sich um relative Häufigkeiten, die einen Wert zwischen 0 und 1 annehmen können.
  • Heterozygotenfrequenz: Anteil der heterozygoten Träger eines veränderten Allels in der Bevölkerung
  • Berechnung mit Hardy-Weinberg-Gesetz: p2 + 2pq + q2 = 1 (= 100%) (siehe auch: Herleitung des Hardy-Weinberg-Gesetzes)
    • p bzw. p2 = Wahrscheinlichkeit, ein (p) bzw. zwei (p2) unveränderte Allele zu tragen
    • 2pq = Heterozygotenfrequenz (= Wahrscheinlichkeit ein verändertes und ein nicht verändertes Allel zu tragen)
    • q bzw. q2 = Wahrscheinlichkeit, ein (q) bzw. zwei (q2) veränderte Allele zu tragen
  • Beispielrechnung: Mukoviszidose mit Erkrankungshäufigkeit bei Neugeborenen von etwa 1:2500 (= q2, da nur homozygote Merkmalsträger erkranken)
    • q = (q2) = (1/2500) = 1/50 = 2%
    • p: p + q = 1p = 1 − q = 1 − 1/50 = 0,98 (98%) ≈ 1
    • 2pq = 2×p×q = 2×1×1/50 = 1/25 = Heterozygotenfrequenz

Mukoviszidose
Mukoviszidose, auch zystische Fibrose genannt, ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Durch eine Mutation im Gen für einen Chloridkanal werden Chloridionen nicht mehr aus den Zellen herausbefördert, was mit einer Störung des Wasser- und Salzhaushalts in allen exokrinen Drüsengeweben einhergeht – zähes, hochvisköses Sekret verbleibt in den Drüsen. Es kommt zu chronischen Entzündungen und folglich zu Organschädigung insb. der Lunge und des Pankreas.

Grundlagen Stammbaumanalyse

Die Analyse eines Stammbaums dient dazu, Vererbungsmuster eines bestimmten Merkmals zu erkennen. Womöglich entdeckt man in diesem Rahmen Hinweise auf bspw. eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung. Zusätzlich kann – abgesehen von der klinischen Symptomatik – ein möglicherweise betroffenes Gen auf eine Mutation hin untersucht oder der Karyotyp bestimmt werden.

  • Definition: Darstellung familiärer Beziehungen in einer definierten Form mit besonderem Fokus auf bestimmte phänotypische Merkmale der einzelnen Familienmitglieder
  • Ziel: Ziehen von Rückschlüssen vom Phänotyp auf den Genotyp von Familienmitgliedern und Ermitteln des Erbgangs
  • Form:
    • Symbole stehen für die einzelnen Familienmitglieder
    • Linien zwischen den Symbolen zeigen die Verwandtschaftsgrade an
    • Die Generationen werden mit römischen Ziffern bezeichnet
    • Die Kinder einer Generation werden in der Reihenfolge der Geburt mit arabischen Ziffern bezeichnet
    • Erkrankte Familienmitglieder, d.h. Merkmalsträger, werden durch gefärbte Symbole repräsentiert
  • Fragen bei der Stammbaumanalyse:
    1. Dominante oder rezessive Vererbung?
      • Frage 1: Hat jedes erkrankte Familienmitglied ein Elternteil, das ebenfalls erkrankt ist?
        • Ja → Dominante Vererbung des Merkmals
        • Nein → Rezessive Vererbung des Merkmals
    2. Autosomale oder gonosomale Vererbung?
      • Frage 2: Sind hauptsächlich männliche Familienmitglieder erkrankt? Ja → (wahrscheinlich) X-chromosomal-rezessive Vererbung
      • Frage 3: Treffen folgende Kriterien zu, handelt es sich (wahrscheinlich) um eine X-chromosomal-dominante Vererbung:
        • Haben alle erkrankten Männer eine ebenfalls erkrankte Mutter?
        • Sind alle Töchter erkrankter Männer ebenfalls erkrankt?
        • Haben alle erkrankten Väter gesunde Söhne?
      • Falls eines dieser Kriterien nicht zutrifft und Frage 1 positiv beantwortet wurde, handelt es sich wahrscheinlich um einen autosomal-dominanten Erbgang. Wurde Frage 1 negativ beantwortet, handelt es sich um einen autosomal-rezessiven Erbgang.

Arten von Mutationen

Mutationen sind vererbbare Veränderungen im Genom einer Zelle. Sie können durch Fehler in der DNA-Replikation sowie aufgrund von Störungen der Zellteilung und unwirksamer DNA-Reparaturmechanismen auftreten. Auch eine DNA-Schädigung durch endogene und exogene Noxen kann zu Gen- und Chromosomen-Mutationen führen.

Mutationen nach betroffener Zellpopulation

  • Je nachdem, in welchen Zellen eine Mutation auftritt, unterscheidet man:

    • Keimbahnmutation (gametisch): Keimbahnmutationen sind Mutationen, die über die Eizellen bzw. Spermien an die Nachkommen weitergegeben werden können
    • Somatische Mutation: Somatische Mutationen sind erworben, liegen daher nur in einem Teil der Körperzellen vor und betreffen meist nur ein Allel eines Gens
      • Sie finden nicht in der Keimbahn statt und können demnach nicht über die Eizellen bzw. Spermien übertragen werden.
      • Fast allen Malignomen geht eine somatische Mutation voraus.
    • Zwei-Treffer-Hypothese nach Knudson: Wenn in einem Allel für ein Tumorsuppressorgen eine Mutation vorliegt und durch eine zweite Mutation auch das andere Allel ausgeschaltet wird, wird eine Zelle zur Tumorzelle. Es sind also zwei Ereignisse (zwei „Treffer“) notwendig, um die Zellzykluskontrolle auszuschalten.
      • Beispiel: Retinoblastom
    • Verlust der Heterozygotie (Loss of Heterozygosity, LoH): Verlust eines Allels eines Gens nachdem bereits das andere Allel durch eine Mutation inaktiviert war.
    • Uniparentale Disomie: Vorliegen von homologen Chromosomenpaaren, die von nur einem Elternteil stammen und nicht aus je einem mütterlichen und einem väterlichen Chromosom bestehen. Das jeweils vom anderen Elternteil stammende Chromosom ist nicht vorhanden.
      • Dieser Zustand steht mit einigen Erkrankungen im Zusammenhang, z.B. mit dem Prader-Willi-Syndrom.
    • Mosaik: Eine Mutation betrifft nur einen Teil der Körperzellen
      • Bei einem chromosomalen Mosaik liegen Zellpopulationen mit unterschiedlichen Karyotypen in einem Organismus vor
        • Beispiel: Beim Turner-Syndrom besteht häufig ein gonosomales Mosaik (einige Zellen mit X0, einige Zellen mit XX)
      • Keimzellmosaik: Wenn nur ein Teil der Keimzellen eines Individuums eine Mutation trägt, spricht man von einem Keimzellmosaik. Es entsteht durch eine Neumutation im Genom eines Keimzellvorläufers während der mitotischen Teilung in der Keimbahnentwicklung.
      • Chimäre: Die Zellen eines Organismus oder Gewebes stammen von verschiedenen Zygoten ab und haben dadurch unterschiedliches genetisches Material. Das kommt z.B. vor, wenn miteinander verbundene Eizellen befruchtet werden.
  • Spezialfall: Mutationen in Genen, die für DNA-Reparaturprozesse verantwortlich sind, führen zu Chromosomeninstabilität
    • Es kommt zu vermehrten Chromosomentranslokationen, -inversionen und -deletionen
    • Vorkommen: Fanconi-Anämie, Ataxia teleangiectatica

Chromosomenaberrationen

  • Eine sichtbare Veränderung des Genoms im Karyogramm nennt man Chromosomenaberration.
  • Numerische Chromosomenaberrationen: Veränderte Anzahl der Chromosomen
    • Aneuploidie: Einzelne Chromosomen sind vervielfacht oder fehlen
      • Trisomien
        • Beispiel: Edwards-Syndrom (Trisomie 18) mit dem Karyotyp: ♀: 47, XX+18; : 47, XY+18
        • Weitere Beispiele: Trisomie 21, Trisomie 13, Trisomie 8, Trisomie 9
      • Monosomien
        • Beispiel: Turner-Syndrom mit dem Karyotyp 45, X0, weiblicher Phänotyp
      • Polysomien der Gonosomen: Klinefelter-Syndrom (47, XXY) , XYY-Syndrom, Poly-X-Syndrome
        • Multiple X-Chromosomen haben vergleichsweise geringe Auswirkungen, da überschüssige überwiegend deaktiviert als Barr-Körperchen vorliegen
    • Polyploidie: Der gesamte Chromosomensatz ist vervielfacht, z.B. Triploidie(3×23 = 69,XXY/XXX)
  • Strukturelle Chromosomenaberrationen: Veränderte Struktur der Chromosomen bei gleichbleibender Chromosomenzahl
    • Nachweis meist durch FISH
    • Deletion: Verlust eines oder mehrerer Basenpaare oder ganzer Chromosomenabschnitte, z.B. Cri-du-Chat-Syndrom (46,XX/XY del(5))
    • Duplikation: Verdopplung eines Chromosomenabschnittes
    • Inversion: Umkehrung eines Chromosomenabschnittes
      • Bei Einschluss des Zentromers spricht man von einer perizentrischen Inversion, bei fehlendem Einschluss von einer parazentrischen Inversion (Nomenklaturbeispiel: 46,XX,inv(8)(p12p22))
    • Translokation: Verlagerung eines Chromosomenabschnittes auf ein anderes (nicht homologes) Chromosom
      • Balancierte Translokation: Die Summe des Erbguts bleibt gleich
        • Daher kommt es nicht zu phänotypischen Auffälligkeiten
        • Erhöhtes Risiko für Nachkommen mit unbalancierter Translokation
        • Z.B. balancierte Robertson-Translokation (45,XY/XX rob(14;21))
      • Unbalancierte Translokation: Die Summe des Erbguts ändert sich
        • Deletion oder Duplikation von Chromosomenabschnitten bei der Translokation

Genmutationen

  • Mögliche Arten von Genmutationen sind:
    • Punktmutation: Veränderung eines einzelnen Basenpaares der DNA
    • Deletion
    • Insertion: Ein oder mehrere Basenpaare kommen hinzu
    • Substitution: Ein oder mehrere Basenpaare werden durch andere Basenpaare ersetzt
    • Trinukleotid-Repeat-Mutationen: Vermehrte Wiederholung eines Basentripletts führt u.a. zu fehlerhafter Proteinsynthese oder -faltung
      • Trinukleotid-Repeat-Erkrankungen: Z.B. Fragiles-X-Syndrom, Chorea Huntington, Myotone Dystrophie
  • Je nach Folge der Genmutation unterscheidet man:
    • Frame-Shift-Mutationen: Verschiebung des Leserasters durch Deletion und Insertion von Basenpaaren (Anzahl nicht durch 3 teilbar!) führt zu einer veränderten Aminosäuresequenz
    • In-Frame-Deletion oder -Insertion: Verlust bzw. Einfügen von drei, sechs, neun oder mehr Basenpaaren (immer Tripletts!), ohne Verschiebung des Leserasters, aber mit Verlust bzw. Einfügen von ein, zwei, drei oder mehr Aminosäuren im Protein bei der Translation
    • Stille Mutationen: Verändertes Codon, das aber für die gleiche Aminosäure codiert
    • Nonsense-Mutation: Entstehung eines Stoppcodons, das zu einem vorzeitigen Translationsabbruch und damit zu einem verkürzten Protein führt
    • Missense-Mutationen: Verändertes Codon mit Codierung für eine andere Aminosäure
    • Spleißmutation: Veränderungen (insb. Punktmutationen) in den für den Spleißvorgang notwendigen Nukleotidsequenzen (bspw. an den Exon-Intron-Grenzen oder an der Verzweigungsstelle) führen zu fehlerhaften mRNAs und verkürzten Proteinen; der Verlust eines ganzen Exons ist möglich.

Methoden der genetischen Diagnostik

Molekularbiologische Methoden werden in der (Pränatal)Diagnostik vererbbarer Erkrankungen eingesetzt, u.a. zum Nachweis von Genmutationen. Daneben finden sie auch in vielen anderen Gebieten der Medizin Anwendung, z.B. bei der Diagnostik von Infektionskrankheiten (z.B. Diphtherie), in der Forensik und in der Tumordiagnostik.

Untersuchungsmaterial: DNA aus kernhaltigen Blutzellen bzw. bei pränataler Diagnostik DNA aus Chorionzotten

Genetische Marker

Viele Genorte variieren relativ stark in einer Population. In einigen nicht-codierenden Bereichen des Genoms finden sich oft wiederholende Sequenzen unterschiedlicher Länge. Diese repetitiven Sequenzen unterscheiden sich in der Länge des Sequenzmotivs. Die Häufigkeit der Wiederholungen ist bei jedem Individuum unterschiedlich. Die Polymorphismen in der DNA bilden die Grundlage z.B. für die Diagnostik von Erkrankungen und dienen darüber hinaus der Identifizierung von Personen.

  • Genetische Marker (oder DNA-Marker) sind individuelle Unterschiede in der DNA-Sequenz eines bestimmten Abschnitts im Genom. Drei verschiedene Marker werden zur DNA-Analyse verwendet:
    • Mikrosatelliten: Short tandem repeats, STRs, Sequenzwiederholungen von wenigen Basenpaaren in der DNA, die hoch polymorph sind. Ihre Analyse per PCR wird zur Identifizierung von Individuen verwendet . Schon sehr kleine DNA-Mengen reichen für einen Nachweis aus.
    • SNPs (single nucleotide polymorphism): In der Population auftretende Sequenzvarianten in der DNA, die sich in nur einem Basenpaar unterscheiden. Sie kommen häufig durch Fehler in der DNA-Replikation zu Stande und sind damit Punktmutationen.
    • RFLP (Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismus): Je nach DNA-Sequenz eines Individuums können beim Schneiden der chromosomalen DNA mit Restriktionsenzymen unterschiedlich lange DNA-Fragmente entstehen. Sie werden mit der Southern Blot-Methode mit nachfolgender Detektion der Fragmente über Sonden nachgewiesen. Da durch Mutationen Schnittstellen entstehen oder verschwinden können, wurde über RFLPs früher nach Mutationen im Genom gesucht.
  • Genetischer Fingerabdruck“: DNA-Profil eines Individuums, insb. nachgewiesen durch Analyse von Mikrosatelliten-DNA

Sichelzellkrankheit
Die Sichelzellkrankheit ist eine autosomal-kodominant vererbte Erkrankung. Die roten Blutkörperchen nehmen unter Sauerstoffmangelbedingungen eine charakteristische Sichelform an, was zum Verschluss von Blutgefäßen und zu Organschäden führen kann. Ursächlich ist eine Punktmutation im Gen für die β-Kette des Hämoglobins, das in den roten Blutkörperchen den zu transportierenden Sauerstoff bindet. Die Mutation bewirkt, dass im Sichelzellhämoglobin (HbS) im Vergleich zum normalen Hämoglobin ein Glutamatrest durch einen Valinrest ausgetauscht ist. HbS hat eine veränderte Proteinstruktur und seine Löslichkeit ist stark herabgesetzt, wenn es keinen Sauerstoff gebunden hat. Die Mutation im Gen für die β-Kette bewirkt einen RFLP: Es entstehen andere DNA-Fragmente durch das Fehlen einer Schnittstelle.

Nachweis von Genmutationen (DNA-Diagnostik, molekulargenetische Untersuchung)

Die DNA-Diagnostik ist dazu geeignet, eine Genmutation, die eine Erkrankung zur Folge hat, direkt oder indirekt nachzuweisen oder auch auszuschließen.

Direkter Nachweis

Es gibt verschiedene Methoden zum direkten Nachweis von Genmutationen.

  • Voraussetzung: Das krankheitsauslösende Gen ist bekannt.
  • Vorgehen
    • Amplifikation eines spezifischen Bereichs des betreffenden Gens mittels PCR
    • Nachweis der Genmutation z.B. durch Sequenzierung oder durch Schneiden der DNA mit Restriktionsenzymen
      • Restriktionsenzym(= Restriktionsendonuklease)
        • Definition: Enzyme, die doppelsträngige DNA an Enzym-spezifischen Basensequenzen schneiden.
        • Die meisten Schnittstellen sind Palindrome (umgekehrte Sequenzwiederholungen).
        • Das Ergebnis des Schneidens mit Restriktionsenzymen (sog. Restriktionsverdau) sind DNA-Fragmente mit überhängenden Enden („sticky ends“) oder glatten Enden (blunt ends).
        • Ursprung der Restriktionsenzyme: Abwehrsystem von Prokaryoten gegen fremde DNA
    • Analyse mittels Gelelektrophorese: Die meisten Nachweismethoden basieren auf einem veränderten Laufverhalten der DNA-Fragmente in der Gelelektrophorese. Man vergleicht dabei mutiertes und Normalallel.

Indirekter Nachweis (Kopplungsanalyse)

Die indirekte DNA-Diagnostik wird durchgeführt, wenn keine direkte Diagnostik möglich ist. Voraussetzung dafür ist, dass eine Erkrankung mehrfach in der Familie aufgetreten und der entsprechende Genlocus bekannt ist.

  • Prinzip: Untersuchung von mit dem mutierten Gen gekoppelten genetischen Markern und Vergleich des Patienten-Genotyps mit dem von nichterkrankten Familienmitgliedern
  • Ergebnis: Kein direkter Nachweis einer Genmutation, sondern eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer bestimmten krankheitsauslösenden Mutation (Risikoberechnung). Die Aussagekraft der indirekten DNA-Diagnostik ist davon abhängig, welcher Erbgang vorliegt und wie viele Familienmitglieder untersucht werden.

Wiederholungsfragen zum Kapitel Humangenetik (Vorklinik)

Meditricks

In Kooperation mit Meditricks bieten wir dir durchdachte Merkhilfen zum Einprägen relevanter Fakten, dies sind animierte Videos und Erkundungsbilder. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung, oder mit Basis- und Expertenwissen, Quiz und Kurzwiederholung. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Meditricks. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – welche, siehst du im Shop.

Mendelsche Vererbung

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Was ist der Unterschied zwischen Mutationen und Modifikationen?

Eine Mutation ist eine Veränderung in den Genen, also im Erbgut (Genotyp ), die sich schließlich im Erscheinungsbild (Phänotyp ) zeigt. Eine Modifikation ist hingegen eine Veränderung des Phänotyps, ohne dass es eine Veränderung der Gene gibt.

Was ist eine Modifikation einfach erklärt?

Eine Modifikation ist eine durch Umweltfaktoren hervorgerufene Veränderung des Phänotyps, dem Erscheinungsbild eines Lebewesens.

Was versteht man unter einer Mutation?

Eine Mutation ist eine Veränderung der Erbinformation. Die Erbinformation ist beim Menschen zum Beispiel in fast allen Zellen als chemische „Buchstaben“ einer sogenannten Desoxyribonukleinsäure (DNA) abgespreichert, bei bestimmten Viren aber auch als Ribonukleinsäure (RNA).

Was sind Modifikationen Beispiele?

Beispiele für Modifikationen: a) Bei geringem Sauerstoffpartialdruck nehmen bei Säugetieren die Zahl der roten Blutkörperchen und der Hämoglobingehalt individuell zu. b) Die Muskulatur kann durch Training verstärkt werden. c) Pflanzen zeigen unter erhöhter UV-Einstrahlung einen veränderten Wuchs (z.B. Edelweiß).