Wie weit kam Deutschland in der WM 2010?

Das war's: Deutschlands Traum vom vierten WM-Titel ist geplatzt. Die DFB-Elf unterlag hochverdient im Halbfinale Spanien 0:1 und muss sich wie vor vier Jahren mit dem Spiel um Platz drei zufrieden geben. Carles Puyol stürzte das Löw-Team in kollektive Trauer und brachte seine Mannschaft ins Endspiel gegen die Niederlande.

Von Birger Hamann

07.07.2010, 23.56 Uhr

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Deutschlands Kapitän hatte Tränen in den Augen. Philipp Lahm ging im Moses-Mabhida-Stadion in Durban reihum, klopfte seinen Mitspielern auf die Schulter, nahm sie in den Arm, tröstete sie - dabei hätte er selbst Trost gebraucht. Niederlage im WM-Halbfinale, 0:1 (0:0) gegen Spanien. Ein an diesem Tag übermächtiger Gegner, der die DFB-Elf mit einem Kopfballtor durch Carles Puyol (73.) um die Teilnahme an einem Weltmeisterschaftsendspiel brachte - zum zweiten Mal in Folge muss das DFB-Team im Halbfinale passen. Spanien hingegen steht zum ersten Mal in einem WM-Finale und trifft am Sonntag in Johannesburg auf die Niederlande (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE).

Was hatten sie bisher für eine WM gespielt: bestechend schönen Tempofußball, effizient, taktisch klug und torgefährlich. Und plötzlich im Halbfinale schien die junge Mannschaft jeglichen Mut, jedes Feuer verloren zu haben. Der Traum vom Finale blockierte die Beine, die Leidenschaft, den Spielwitz. Kaum ein Spieler präsentierte sich in der Form der vorherigen Partien.

"Die Enttäuschung ist sehr groß. Wir hätten heute eine gute Chance gehabt, Spanien zu schlagen. Es ist natürlich sehr bitter, im Halbfinale auszuscheiden", sagte Lahm. "Wir haben in der ersten Hälfte nicht gut gespielt, nicht mutig genug", so der Kapitän, der bekannte, dass er auf das Spiel um Platz drei, das am Samstag gegen Uruguay steigt (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE), momentan keine Lust habe. Mit Lahm trauert ganz Fußball-Deutschland.

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DFB-Einzelkritik: Wer es Spanien schwer machte

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Foto: Clive Mason/ Getty Images

Dabei war die Stimmung rund zwei Stunden zuvor noch so euphorisch gewesen. Millionen Fans in der Republik hatten dem deutsche Team die Daumen gedrückt, das mit viel Schwung und großem Selbstvertrauen nach der bislang hervorragenden K.o.-Runde in dieses Halbfinale gehen wollte. Die DFB-Elf kam überhaupt nicht ins Spiel, agierte nervös, ängstlich, gehemmt und wurde von den Spaniern bereits frühzeitig in der eigenen Hälfte attackiert. Insbesondere Pedro, der für Fernando Torres in der Startelf stand, stellte die deutsche Hintermannschaft vor große Probleme. Den 22-Jährigen bekam die DFB-Elf zunächst überhaupt nicht in den Griff. Folgerichtig war es der Barça-Angreifer, der die erste große Chance einleitete. Mit einem Pass in die Tiefe bediente er David Villa, doch Deutschlands Keeper Manuel Neuer kam aus seinem Tor und konnte seinen Schuss abwehren (7.).

Trotz dieses Weckrufs änderte sich nicht viel im deutschen Spiel. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw war zu sehr damit beschäftigt, dem Druck des Gegners standzuhalten, als eigene Offensivaktionen zu kreieren. Anders die Spanier: Spielfreudig, passsicher und torgefährlich präsentierte sich der Europameister, der durch Puyol in der 14. Minute die nächste große Möglichkeit besaß: Andrés Iniesta brachte eine kurz ausgeführte Ecke vor das deutsche Tor, am Fünfmeterraum kam Puyol frei zum Flugkopfball, doch der Versuch ging knapp über den Kasten von Neuer.

Und Deutschland? Bis auf zwei Ecken durch Mesut Özil und Piotr Trochowski (beide 16.) verlebte Spaniens Torhüter Iker Casillas zunächst einen weitgehend ereignisarmen Abend. Die Präzision und Ballsicherheit, die der DFB-Elf komplett abging, zeichnete Spanien aus. Es hatte den Anschein, als wäre die Mannschaft von Trainer Vicente del Bosque bei allem, was sie tat, einfach zu schnell für das Löw-Team.

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Deutsche WM-Ernüchterung: Aus, vorbei, erledigt

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Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Folge des spanischen Dauerdrucks: Zeitweise stand die deutsche Elf in der ersten halben Stunde mit einer Vierer- und einer Fünferkette am und vor dem eigenen Strafraum, Miroslav Klose wartete vorne vergeblich auf mögliche Konterpässe. Umso überraschender daher die erste Möglichkeit für das deutsche Team, doch Trochowskis Versuch aus 30 Metern konnte Casillas abwehren (32.).

Zumindest sorgte der erste Torschuss des deutschen Teams dafür, dass es etwas mehr Sicherheit bekam, nicht mehr so fahrig agierte und sich so zumindest ein wenig aus der spanischen Dominanz befreien konnte. Dennoch fehlte dem DFB-Team die Leichtigkeit und Unbekümmertheit, die es noch bei den grandiosen Siegen im Achtelfinale gegen England (4:1) und dem 4:0 gegen Argentinien im Viertelfinale ausgezeichnet hatte. "Mein Kompliment geht vor allem an die Spanier. Ich glaube auch, dass sie dieses Turnier gewinnen werden. Mit ihrer Spielweise haben sie uns an unsere Grenzen gebracht", sagte Bundestrainer Löw.

Vor der Halbzeitpause sorgten noch zwei Szenen für Aufregung: Zunächst kam Özil im Strafraum der Spanier zu Fall, als er von Sergio Ramos getroffen wurde, aber Schiedsrichter Viktor Kassai aus Ungarn pfiff nicht; im direkten Gegenzug versuchte es Pedro von der Strafraumgrenze, doch Neuer hielt den Aufsetzer sicher.

Nach dem Seitenwechsel kamen beide Teams personell zunächst unverändert aus der Kabine - und auch im Spiel änderte sich wenig. Spanien war dominant und agierte, Deutschland wartete ab und reagierte. Xabi Alonso nutzte diese Passivität zu zwei Schüssen aus der Distanz (49./50.), zog aber beide Male ebenso knapp am Tor vorbei wie wenig später Villa (55.).

Und die Spanier erhöhten den Druck noch weiter. Binnen 60 Sekunden rettete Neuer zunächst mit einer Glanzparade nach einem Distanzschuss von Pedro; den von Iniesta vor das Tor gezogenen Abpraller verpasste Villa ganz knapp (59.). Nur eine Minute später war es erneut Pedro, der es aus der Ferne versuchte, dann verpasste Sergio Ramos nach einer Flanke von Xabi Alonso knapp (63.), und schließlich parierte Neuer einen Schuss von Capdevila (69.). Unterbrochen wurde der spanische Sturmlauf lediglich von einer Möglichkeit für Klose, der den Ball nach Flanke des für Jérôme Boateng eingewechselten Marcell Jansen jedoch weit über das Tor schoss (61.).

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Puyols Tor: Ein Kopfball ins deutsche Herz

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Foto: ROBERTO SCHMIDT/ AFP

Dann wurde es dramatisch: Auf der einen Seite hatte der für Trochowski eingewechselte Toni Kroos die Riesenchance zur deutschen Führung, scheiterte nach einer Flanke von Lukas Podolski aber völlig freistehend am glänzend reagierenden Casillas (70.); auf der anderen setzte Puyol zu einem wuchtigen Kopfball nach Ecke von Xavi an - und traf aus rund zehn Metern unhaltbar für Neuer zum überfälligen und hochverdienten 1:0 für die Spanier (73.).

Die deutsche Mannschaft gab ihre defensive Haltung anschließend auf. Sie musste es, um im dritten WM-Halbfinale in Folge nach 2002 zum zweiten Mal das Endspiel zu erreichen. Nun drückte die DFB-Elf, ohne spielerisch zu überzeugen. Die Spanier hingegen lauerten auf Konter. Und einer davon hätte die Entscheidung bringen müssen. Arne Friedrich stand zwei Spaniern allein gegenüber, doch anstatt auf den völlig freistehenden Torres zu spielen, der kurz zuvor für Villa eingewechselt worden war, versuchte es Pedro auf eigene Faust und vertändelte den Ball (83.).

Am Ende rannte die DFB-Elf vergeblich gegen die kompakte spanische Abwehr an. Auf den Tag genau 36 Jahre nach dem Gewinn des WM-Titels, als sich Deutschland am 7. Juli 1974 im kollektiven Siegestaumel befand, trauern die Fußball-Fans dem verpassten achten WM-Finale nach.

Wie weit kam Deutschland bei der WM 2006?

Den dritten Platz belegte die Mannschaft Deutschlands, die mit Miroslav Klose, der während des Turniers fünf Tore erzielte, auch den Torschützenkönig stellte. Fußballerisch war das Turnier vor allem von Taktik und Athletik geprägt.

Wie weit kam Deutschland bei der WM 98?

Qualifikation. Nach einem mühsamen Auftakt gegen Nordirland und Portugal gelang es der deutschen Mannschaft, obwohl man nur einen Sieg gegen einen Konkurrenten erreichte, sich als Erstplatzierte für die WM zu qualifizieren. Die Ukraine kam als Zweitplatzierte noch in ein Play-Off-Spiel.

Wer stand 2010 im WM Finale?

Das Fußball-WM-Finale Niederlande – Spanien am 11. Juli 2010 war das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2010, welches Spanien mit 1:0 nach Verlängerung gegen die Niederlande gewann.

War Deutschland bei jeder WM dabei?

Dauergäste Brasilien und Deutschland Während die Selecao gar seit 1930 immer und bei jeder WM am Start war, musste Deutschland lediglich 1930 und 1950 passen. Die WM 1950 verpasste der DFB, weil der Verband infolge des Krieges aufgelöst und von der FIFA erst nach der WM wieder aufgenommen wurde.