Wie viele menschen sterben pro tag in deutschland

Kindersterblichkeit: Warum sterben eigentlich Kinder?

„Mama, warum sterben eigentlich manchmal auch Kinder?“, hat mich mein Sohn gefragt, als er selbst noch im Kindergartenalter war.

Eine berechtigte Frage, denn genau genommen sterben Kinder nicht nur manchmal, sondern tagtäglich tausendfach. Viele von ihnen vor dem fünften Lebensjahr. Und in den meisten Fällen hätte diese unfassbare Tragödie vermieden werden können. Die gute Nachricht: Heute überleben mehr Kinder denn je.

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Mutter und Baby auf den Salomonen.

© UNICEF/UN0330511/Pacific

Was genau bedeuten eigentlich Kindersterblichkeit und Säuglingssterblichkeit? Wie hoch ist die Sterblichkeitsrate von Kindern, welche Länder sind besonders betroffen und was kann man tun, damit jedes Mädchen und jeder Junge eine Chance auf Überleben und eine gesunde Entwicklung hat? 

Hier haben wir die wichtigsten Statistiken und Infos zur Kindersterblichkeit für Sie zusammengestellt.

Kindersterblichkeit weltweit

Aktuelle Statistik zur weltweiten Kindersterblichkeit

Jeden Tag sterben im Durchschnitt noch immer 13.700 Kinder, bevor sie fünf Jahre alt werden - und zwar tragischerweise aus meist vermeidbaren Gründen. Das sind über fünf Millionen Mädchen und Jungen unter fünf Jahren jedes Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland leben knapp vier Millionen Kinder unter fünf Jahren - rein rechnerisch sterben also jedes Jahr weltweit mehr Kleinkinder, als in unserem Land leben.

Zusätzlich sterben jährlich rund 2,2 Millionen Kinder und junge Menschen zwischen fünf und 24 Jahren. So lautet die aktuelle Schätzung der Vereinten Nationen, die sich auf die neuesten verfügbaren Daten stützt. Es sind Schätzungen, weil es in vielen Ländern keine genauen aktuellen Statistiken gibt. Federführend bei diesem Bericht sind unsere Kolleg*innen vom Kinderhilfswerk UNICEF zusammen mit Expert*innen der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Weltbank-Gruppe und der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen.

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Der zweijährige Jubil wird in einem Zelt-Krankenhaus im Kutupalong Flüchtlingslager in Bangladesch behandelt. 

© UNICEF/UN0332992/Nybo

Definition Kindersterblichkeit und Kindersterblichkeitsrate

Die traurige Wahrheit ist, dass für viele Kinder das Leben endet, bevor es richtig begonnen hat.

Viele Babys werden nie krabbeln oder laufen lernen, erste Zähnchen bekommen oder ihren ersten Geburtstag feiern. Als Säuglingssterblichkeit (englisch: infant mortality) bezeichnet man alle Todesfälle von Kindern unter einem Jahr. 

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Baby Lauren in Papua Neuguinea ist ein Frühchen. Mutter Ruth hält das Baby warm, und ein spezielles Armband gibt ein Warnzeichen, wenn die Körpertemperatur gefährlich sinkt.

© UNICEF/UN0292661/Holt

Die Neugeborenensterblichkeit (neonatal mortality) ist die jährliche Anzahl der Todesfälle von Kindern innerhalb des ersten Lebensmonats, also während der ersten 28 Lebenstage nach der Geburt. 2020 haben 2,4 Millionen Säuglinge diese besonders kritische Phase nicht überlebt. Es ist also so, dass rund die Hälfte der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, nicht einmal den ersten Monat überleben. Das zeigt, dass die Phase rund um die Geburt besonders kritisch ist.

Während es gute Fortschritte dabei gibt, die Überlebens-Chancen von älteren Kindern zu verbessern, kommt der Kampf für das Überleben von Babys nur langsam voran. Dadurch nimmt unter den Kindern, die viel zu früh ihr Leben verlieren, der Anteil der Babys zu.

Trend: Weltweite Kindersterblichkeit auf einem Tiefstand

Die gute Nachricht ist, wie oben schon angedeutet, dass heute deutlich mehr Kinder überleben als noch vor einigen Jahren. Die Kindersterblichkeit hat sich seit 1990 mehr als halbiert, von 12,5 Millionen Kindern unter fünf (1990) auf rund fünf Millionen Kinder unter fünf (2020). Damit ist die Sterblichkeitsrate bei Kindern auf einem Tiefstand. 85 Nationen, darunter auch vielen ärmeren Entwicklungsländern, ist es gelungen, die Kindersterblichkeitsrate in ihrem Land seit 1990 um zwei Drittel zu senken. Dazu gehören zum Beispiel Äthiopien, Eritrea, Malawi, Mosambik, Nepal, Niger, Ruanda, Uganda und Tansania.

Dazu beigetragen haben bessere Gesundheitssysteme , bessere Nahrung, Trinkwasser- und Sanitärversorgung und ebenso einfache wie wirksame und kostengünstige vorbeugende Maßnahmen, zum Beispiel Moskitonetze zum Schutz vor Malaria und Impfungen zum Schutz vor vermeidbaren gefährlichen Krankheiten wie Polio, Tetanus oder Masern.

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Die Schwestern Kadidia (7), Fatoumata (6), Fanta (4) und Baba (3) in Mali hatten Masern und konnten dank der schnellen Hilfe im Gesundheitszentrum geheilt werden.

© UNICEF/UN0299499/Keïta

Parallel zur Sterblichkeitsrate bei Kindern ging auch die Müttersterblichkeit zuletzt weltweit zurück. Zwischen 2000 und 2017 ist sie um 38 Prozent gesunken. Vor allem in Zentral- und Südasien gab es große Fortschritte, wo die Müttersterblichkeit in diesem Zeitraum um 60 Prozent verringert werden konnte.

Kindersterblichkeit: Welche Länder sind am stärksten betroffen?

Die Überlebens-Chancen von Kindern sind sehr ungleich und hängen stark davon ab, in welcher Weltregion ein Kind geboren wird. Zusammen genommen ereignen sich über 80 Prozent aller Todesfälle von Kleinkindern in Subsahara-Afrika (54 Prozent) und Südasien (27 Prozent).

Statistisch gesehen stehen die Überlebens-Chancen für ein Kind in Subsahara-Afrika am schlechtesten. Von 1.000 Kindern, die lebend geboren werden (so genannte Lebendgeburten), sterben im weltweiten Durchschnitt 37 Mädchen und Jungen vor ihrem fünften Geburtstag, aber 74 von 1.000 Kindern in Subsahara-Afrika.

Zum Vergleich: In Deutschland sind es rund vier von 1.000 Kindern.

Alle Länder, die eine Kindersterblichkeitsrate von über 100 haben – wo also durchschnittlich mehr als jedes zehnte Kind stirbt – liegen in Subsahara-Afrika. Dazu gehören Nigeria, Sierra Leone, Somalia, Tschad und die Zentralafrikanische Republik.  In absoluten Zahlen gerechnet sterben - wegen der Bevölkerungsgröße - die meisten Kleinkinder in Nigeria, Indien, Pakistan, Demokratische Republik Kongo und Äthiopien.

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Ein Junge im Tschad wird gegen Lungenentzündung behandelt. Viele Krankheiten wie Durchfall oder auch Lungenentzündung sind vermeidbar.

© UNICEF/UN0294765/Frank Dejongh

Was sind die häufigsten Todesursachen von Kindern?

Für Babys und Kleinkinder gehören Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen und Malaria immer noch zu den häufigsten Todesursachen. Besonders gefährlich sind außerdem Frühgeburten und Komplikationen bei der Geburt, wenn es keine gute und hygienische medizinische Versorgung gibt.

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Die Markierung am Finger zeigt, dass dieser Junge in Afghanistan gegen Polio geimpft wurde. Polio (Kinderlähmung) hat dank Impfungen seinen Schrecken verloren. Weil dort zu wenig Kinder geimpft sind, kommt Polio in Afghanistan aber weiter vor.

© UNICEF/UN0339995// Frank Dejongh

Akut mangelernährte Kinder, vor allem schwer akut mangelernährte Kinder, sind besonders gefährdet, weil ihr Körper so geschwächt ist, dass er den Krankheiten nichts entgegensetzen kann. Sehr häufig ist Unterernährung daher  für den Tod eines Kindes mitverantwortlich, auch wenn es letztlich an einer Krankheit stirbt.

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Durch Malaria und lebensbedrohliche Mangelernährung ist die 14 Monate alte Adut im Südsudan so geschwächt, dass sie kaum alleine laufen kann. Mit therapeutischer Nahrung kommt sie nach ihrer Unterernährung wieder zu Kräften. 

© UNICEF/ UN0344871/Wilson

Bei Kindern über fünf Jahren spielen Infektionskrankheiten eine geringere Rolle, dafür nehmen Verletzungen und Unfälle – vor allem Verkehrsunfälle oder Ertrinken  – sowie Gewalt als Todesursache zu.

Kinder haben ein Recht auf Überleben

Jedes Kind, überall auf der Welt, hat ein Recht auf Überleben und gesundes Aufwachsen. So steht es in der UN-Kinderrechtskonvention, die 2019 ihren 30. Geburtstag feierte.

Mit den sogenannten „Nachhaltigen Entwicklungszielen“ (englisch: Sustainable Development Goals, kurz SDGs) hat sich die Weltgemeinschaft ehrgeizige Ziele gesteckt, damit wir zukünftig in einer gerechteren, besseren Welt friedlich zusammen leben. Dazu gehört auch, dass künftig kein Neugeborenes und kein Kind mehr an vermeidbaren Ursachen sterben soll.

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Für ihr Wohlergehen ist gesorgt: Babys auf einer Neugeborenen-Station in der Mongolei.

© UNICEF/UN0155835/Zammit

Konkret heißt es im Entwicklungsziel Nummer 3.2, dass bis zum Jahr 2030 die Neugeborenensterblichkeit in jedem Land der Erde auf maximal 12 pro 1.000 Lebendgeburten und die Kindersterblichkeit der Unter-Fünfjährigen auf maximal 25 pro 1.000 Lebendgeburten gesenkt werden soll – besser natürlich noch darunter.

Das Kindersterblichkeits-Ziel wird bereits in vielen Ländern erreicht - aber wenn der aktuelle Trend anhält und der Fortschnitt nicht beschleunigt wird, werden über 50 Länder das Ziel zur Kindersterblichkeit und rund 60 Länder das Ziel zur Neugeborenensterblichkeit verfehlen.

Hier geht es um Kinder, nicht um Statistiken: Wenn alles so weitergeht wie jetzt, werden bis 2030 viele Millionen Kinder unter fünf Jahren ihr Leben verlieren, obwohl es hätte verhindert werden können. Umgekehrt können schätzungsweise zehn Millionen Babys und Kleinkinder gerettet werden, wenn die Entwicklungsziele erreicht werden. Deshalb müssen wir jetzt etwas tun!

Welche Auswirkungen hat Covid-19 auf die Kindersterblichkeit?

Hier lautet die gute Nachricht: Nach allem, was wir bis jetzt wissen, hat die Corona-Pandemie zum Glück nicht dazu geführt, dass es einen drastischen Anstieg der Kindersterblichkeit durch Covid-19 gab. Offenbar ist das Virus für die Jüngsten in der Bevölkerung weniger gefährlich als für Ältere. 

Allerdings sind die indirekten Folgen noch nicht klar abzusehen: Die Covid-Pandemie hat Gesundheitssysteme weltweit extrem belastet. Routine-Impfungen wurden vielfach unterbrochen.  Auch Vorsorge-Untersuchungen von Schwangeren, Geburtshilfe und Nachsorge nach der Geburt hat vielfach nicht oder nur eingeschränkt stattgefunden. Außerdem sind durch die Pandemie Millionen von Kindern und ihre Familien zusätzlich in Armut gerutscht - auch das hat Folgen für ihre Gesundheit, Ernährung und damit ihre Überlebens-Chancen. Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb es für eine Bilanz noch zu früh ist: Durch Lockdowns und Schutzmaßnahmen während der Pandemie wurde die Erhebung von Daten erschwert. Die mittleren und langfristigen Folgen der Covid-19 Pandemie auf das Überleben von Kindern werden wir also vielleicht erst in den nächsten Jahren sehen. 

Was man tun kann gegen Kindersterblichkeit – und für das Überleben

Und was kann man tun, um Kinder zu retten und ihr Überleben und Wohlergehen zu sichern? Wie erwähnt, es wurde schon viel erreicht. Wir wissen also, was hilft, und können auf den Erfolgen aufbauen.

Eigentlich ist es ganz einfach.

Kinder brauchen einen guten Schutz, von Anfang an – und das heißt schon vor der Geburt. Wenn Mädchen und Frauen vor ungewollten oder zu frühen Schwangerschaften geschützt sind und wenn sie bei einer Schwangerschaft gesund, gut ernährt sind und von erfahrenen Helferinnen und Helfern betreut werden, sind das die besten Voraussetzungen für ihr späteres Kind.

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Eine Mutter mit ihrem Neugeborenen auf der Baby-Intensivstation in einem Krankenhaus in Bangladesch.

© UNICEF/UN0233766/Mawa

Gesundheitssysteme müssen so ausgestaltet sein, dass jede Geburt unter sicheren und hygienischen Umständen stattfindet und das nötige Personal, medizinische Ausstattung und Medikamente zur Verfügung stehen.

Jedes Kind sollte selbstverständlich sauberes Trinkwasser, sanitäre Anlagen, ausreichend gesunde Nahrungsmittel sowie umfassenden Impfschutz haben und mit den nötigen Medikamenten behandelt werden, wenn es einmal krank ist.

All dies ist vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie wichtiger denn je.

Wir alle können etwas tun, um einen Beitrag zur Senkung der Kindersterblichkeitsrate zu leisten. Wenn es unser Kind, unser Enkel oder das Kind von Freunden oder Nachbarn wäre, würden wir doch auch nicht zögern zu helfen, oder?

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Vielen Dank für Ihre Hilfe!

© UNICEF/UN0276439/Almahbashi

* Dieser Beitrag erschien zuerst im September 2013. Wir aktualisieren ihn laufend für Sie mit den neuesten Zahlen.