Wie der Körper entscheidet in wen wir uns Verlieben?

„Sag mal, kannst Du mir vielleicht mal seine Nummer geben?“ Gemeinsame Freunde sind in Deutschland immer noch der häufigste Weg, einen zukünftigen Partner kennenzulernen. Bei Meinungsumfragen geben knapp ein Drittel aller Menschen in einer Beziehung an, dass es so bei ihnen geklappt hat. Auf Platz zwei und drei der Statistik folgen Dating-Apps und Clubs beziehungsweise Bars. Das beantwortet aber nur das Wo, nicht das Wie – und es ist extrem spannend, sich zu überlegen, was in unserem Körper passiert, wenn wir uns verlieben.

Wenn wir einen Menschen attraktiv finden und uns in ihn verlieben, löst das eine starke psychologisch-biologische Stressreaktion aus

erklärt etwa die Biopsychologin Beate Ditzen von der Universität Heidelberg. Und wenn man sich mal ans letzte Mal So-richtig-Verliebtsein erinnert, dann macht das mit dem Stress total Sinn. Denn natürlich klopft uns in so einer Situation wie wild das Herz, die Hände werden feucht, die Wangen rot – ob da also ein Säbelzahntiger steht oder doch nur diese süße Frau, macht unserem Körper von der Reaktion her nichts aus. Der Körper registriert, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt.

Ein Hormoncocktail im Gehirn

Wie der Körper entscheidet in wen wir uns Verlieben?

Im Gehirn spielen die Botenstoffe verrückt: Neben Adrenalin werden auch Oxytocin, Vasopressin, Dopamin, Serotonin werden ausgeschüttet oder unterdrückt.  Da wabert ein krasser Cocktail.

Wenn man die Daten interpretiert, kann man die Liebe durchaus mit einer Sucht vergleichen

so Andreas Bartels, der an der Universität Tübingen arbeitet.

Man darf die Hormone aber nicht isoliert betrachten

Verliebtheit hängt stark von der Psyche ab. Und auch vom Nervensystem.

Man muss sich riechen können

Außerdem, so scheint es, spielen zum Beispiel Gerüche offenbar eine wichtige Rolle. Auch wenn wir die bestenfalls unterbewusst wahrnehmen. Die Psychologin Ilona Croy von der Universität Jena befasst sich mit solchen Fragen. Sie hat unter anderem herausgefunden:

Männer finden den Körpergeruch, der Frauen während des Eisprungs abgenommen wurde attraktiver als Körpergeruch von Frauen, die sich gerade in der Menstruationsphase befinden

Dazu kommt: Im Duft des Gegenübers können sich wahrscheinlich auch Informationen über dessen Immunsystem verstecken. Eine, zugegeben nicht ganz unumstrittene These besagt: Wir können den oder die gut riechen, die im Vergleich zu uns ein möglichst unterschiedliches Immunsystem haben. Denn gemeinsame Nachkommen hätten dann den evolutionären Vorteil einer möglichst breit aufgestellten körperlichen Abwehr. Das alles durchdenken wir natürlich nicht im Moment des, nun ja, ersten Beschnupperns. Aber unser Körper macht solche Rechnungen womöglich unterbewusst auf.

Die These von Psychologin Croy lautet wie folgt: Die Sache mit dem Riechen spielt womöglich nur bei Frauen eine Rolle.

Männer hingegen haben sich in unserer Studie bei Frauen gar nicht um die Kompatibilität des Immunsystems geschert

Aber in wen verlieben wir uns nun? Der Volksmund ist sich offenbar nicht so richtig sicher. Denn einerseits heißt es ja da, dass sich Gegensätze anziehen – und andererseits ist davon die Rede, dass sich gleich und gleich irgendwie anziehen würden. Ja, was denn nun?

Ein Team um den amerikanisch-israelischen Neuroforscher Moran Cerf hat ein paar Antworten, nachdem es sich für eine Studie durch einen gigantischen Datensatz gewühlt hat: Es geht um nicht weniger als 421 Millionen potenzielle Matches der US-Dating-App Hinge. Diese legt nach eigenem Bekunden Wert darauf, langfristige Verbindungen zwischen ihren Nutzern anzustreben. Bei der Analyse der Daten zeigte sich nun, dass Menschen potenzielle Partner als attraktiv empfinden, die ihnen ähneln – und zwar zum Beispiel bei der Körpergröße oder der Bildung. Ausnahmen gibt es aber bei eher in sich gekehrten Menschen, da war Übereinstimmung eher ein Problem, womöglich weil sich niemand traute, den ersten Schritt zu machen.

Wenn es nun nicht so langfristig sein soll, sondern die Partner ein, sagen wir mal, eher kurzfristiges Interesse aneinander haben, dann entscheidet – wen wundert’s – vor allem die Attraktivität. Das hat etwa der Sozialpsychologe Manfred Hassebrauck, herausgefunden, der lange an der Universität Wuppertal geforscht hat. Dann geht es nicht um langfristige Kompatibilität oder möglichst fitte Nachkommen – sondern einfach nur um Spaß. 

Was passiert im Gehirn, wenn wir verliebt sind? Die Hirnforschung hat hierzu in den vergangenen Jahren ein paar Erkenntnisse hervorgebracht, insbesondere die US-amerikanische Anthropologin Helen Fisher war sehr aktiv. Inzwischen erforschen aber auch viele andere Wissenschaftler die neurologischen Grundlagen des Liebesverhaltens.

Unter Drogen: Im Gehirn wird Dopamin ausgeschüttet

Oberflächlich betrachtet ähnelt Verliebtsein einem Suchtverhalten. Wenn wir glücklich verliebt sind – wir sozusagen unsere Droge bekommen – wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet und das Belohnungssystem aktiviert. Wenn sich dagegen der oder die Angebetete rarmacht, bekommen wir etwas Ähnliches wie Entzugserscheinungen. Hier gibt es wirklich erstaunlich viele Parallelen, allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung: Eine Drogensucht hört normalerweise nicht von alleine auf. Sich das Rauchen abzugewöhnen, ist schwer.

Unterschied zwischen Verliebtsein und Liebe im Gehirn nachweisbar

Das erste Verliebtsein dagegen endet fast immer irgendwann – dann erlischt es entweder oder geht in Liebe über. Helen Fisher hat gezeigt, dass Verliebtsein und Liebe hirnphysiologisch völlig unterschiedliche Prozesse sind. Das Verliebtsein spielt sich mehr in den älteren archaischen Hirnregionen ab. Bei der Liebe dagegen sind mehr Bereiche des Cortex, der Großhirnrinde beteiligt, wo auch bewusste Erinnerungen verarbeitet werden. Das ist nur einer von mehreren Unterschieden, die sich feststellen lassen.

Ein weiterer Unterschied: Beim Verliebtsein ist viel Dopamin im Spiel, bei der dauerhaften Liebe sind es eher die bekannten Bindungshormone wie Oxytocin. Diese Unterschiede entsprechen auch der Alltagserfahrung.

Grob gesagt: Liebe beruht auf Vertrautheit. Es ist das Gefühl einer starken Verbundenheit zu jemandem, den wir kennen, mit all seinen Eigentümlichkeiten und Schrullen. Liebe ist ein Gefühl der Zugehörigkeit zwischen zwei Menschen. Verliebtheit ist eine Stufe davor. Es ist der dringende Wunsch, jemandem nahe zu sein, näher zu kommen, selbst wenn wir ihn oder sie noch nicht so gut kennen. Das ist natürlich vereinfacht und zugespitzt. Letztlich sind „Liebe“ und „Verliebtsein“ Begriffskonstrukte, von denen jeder eine bestimmte Vorstellung hat, bei denen es aber sehr viele verschiedene Schattierungen gibt, gerade in Bezug auf den Begriff Liebe.

Verliebtsein überwindet die intuitive Distanz zu anderen

Die zweite Ebene der Beschreibung, die evolutionäre, gibt Hinweise darauf, warum wie uns überhaupt verlieben. Gerade aus dem Unterschied zwischen Liebe und Verliebtsein wird das deutlich. Lieben – diese starke Verbundenheit fühlen – setzt eine Vertrautheit, ein Kennen voraus. Dazu müssen wir aber erst mal jemanden gut kennenlernen.

Da wir aber in einer sozialen Gemeinschaft leben und nicht jeden so nah an uns heranlassen können und wollen, weil wir ja auch nicht wissen, wem wir wie weit vertrauen können, halten wir zu den meisten Menschen intuitiv einen gewissen Abstand. Um aber eine Familie zu gründen und eine Liebesbeziehung einzugehen, müssen wir diesen üblichen Abstand überwinden. Dazu dient vermutlich das Verliebtsein: Es erzeugt einen so starken Wunsch nach Nähe zu einer ganz bestimmten Person, dass wir die gewöhnlichen Schranken durchbrechen und zu einem bis dahin noch fremden Menschen eine vertraute und irgendwann intime Beziehung eingehen, die dann in Liebe übergehen kann.

Mehr als Sex und Fortpflanzung

Wenn es nur darum ginge, sich fortzupflanzen, müssten wir nicht unbedingt verliebt sein – der reine Spaß am Sex würde völlig reichen. Die meisten Tiere pflanzen ich fort, ohne in romantischen Gefühlen zu schmachten.

Babys brauchen viel Schutz und Fürsorge

Das besondere beim Menschen ist allerdings, dass Babys in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung auf die Welt kommen. Sie sind daher noch lange auf elterliche Betreuung angewiesen. Für das Überleben ist es von Vorteil, wenn die Mutter, die das Baby zur Welt bringt, einen Partner hat, der sich für das Kind mitverantwortlich fühlt. Das geht natürlich über die Liebe. Die Liebe ist der Kitt, der ein Elternpaar zusammenhält. Aber das Vehikel, dass es erst einmal zusammenfindet, scheint eben das Verliebtsein zu sein.

Wie bestimmt der Körper Wenn wir lieben?

Verliebtsein und Liebe haben ihren Ursprung nicht im Herzen. Der Herzschlag kann aber durchaus ein Symptom dafür sein, dass jemand wirklich verliebt ist. Frisch Verliebte haben einen erhöhten Herzschlag, feuchtere Haut und Hände, die Wangen sind stärker durchblutet und röten sich.

Können wir steuern in wen wir uns verlieben?

Vivian Dittmar: Ja, Anziehungskraft lässt sich steuern, wenn auch nicht unmittelbar. Ob wir einen Menschen anziehend finden oder nicht, hat viel mit den Bildern, Sehnsüchten und ungelebten Anteilen zu tun, die jeder von uns in den Tiefen seiner Psyche mit sich herumträgt.

Warum verliebt man sich in einen bestimmten Menschen?

Studien zufolge haben eure Hormone, Interessen und Erziehung einen entscheidenden Einfluss darauf, in wen ihr euch verliebt — und wer sich in euch verliebt. Eine funktionierende Beziehung spielt eine wichtige Rolle, was langfristige Gesundheit, Zufriedenheit und sogar eure Karriereaussichten angeht.

Welche Rolle spielt das Aussehen beim verlieben?

Entscheidend ist also das Aussehen des Mannes bzw. der Frau. Dabei fühlen sich Männer wie Frauen besonders von ebenmäßigen Zügen angezogen. Männer bevorzugen Frauen mit besonders glatten, weichen Gesichtern.