Wer ist Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes?

Eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer (auch: Dienstnehmerin/Dienstnehmer) im Sinne des Arbeitsvertragsrechts ist, wer sich aufgrund eines Arbeitsvertrags der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber gegenüber zur Arbeitsleistung verpflichtet. Das Arbeitsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis. Es hat die Erbringung von Arbeitsleistungen zum Ziel und wird durch einen schriftlichen, mündlichen oder durch schlüssige Handlungen abgeschlossenen Arbeitsvertrag begründet.

Wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses sind:

  • Persönliche Abhängigkeit (Einordnung in den betrieblichen Organisationsbereich, Weisungsgebundenheit, Kontrolle, disziplinäre Verantwortung, persönliche Dienstleistungspflicht)
  • Wirtschaftliche Abhängigkeit der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers
  • Anspruch auf Entgelt (kein zwingendes Merkmal)

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer genießen den vollen Schutz des Arbeitsrechts.

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer werden in folgende Gruppen mit unterschiedlichen Regelungen eingeteilt:

Hinweis

Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften gelten grundsätzlich nicht als Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsvertragsrechts. Geschäftsführende Gesellschafterinnen/geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH sind dann nicht als Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsvertragsrechts zu qualifizieren, wenn sie kraft ihrer Beteiligung und der daraus erfließenden Rechte einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können.

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis bedarf einer eigenen Beendigungshandlung:

Eine Ausnahme bildet das befristete Arbeitsverhältnis. Dieses endet durch Zeitablauf.

Sozialversicherung

Dienstnehmer:innen sind nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung vollversichert, sofern das Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Sie haben Anspruch auf Krankengeld und Wochengeld und sind arbeitslosenversichert. Als Dienstnehmer:in im Sinne des ASVG gilt jedenfalls, wer im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) lohnsteuerpflichtig ist.

Arbeitnehmer:innen sind vor Arbeitsantritt bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) anzumelden. (Anmeldung von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern).

Die Pflichtversicherung endet mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses (bzw. Entgeltanspruchs).

Steuerpflicht

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer in Österreich müssen die Einkommensteuer nicht selbst an das Finanzamt abführen. Die Einkommensteuer wird der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer in Form der Lohnsteuer von ihrem/seinem Bruttogehalt abgezogen und von der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführt.

Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer können durch die Einreichung der Arbeitnehmerveranlagung (früher: Lohnsteuerausgleich) bei ihrem zuständigen Finanzamt zu viel entrichtete Lohnsteuer geltend machen.

In bestimmten Fällen müssen aber auch Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer eine Veranlagung durchführen. Wann eine Pflichtveranlagung durchgeführt wird, kann im Kapitel "Allgemeines zur Arbeitnehmerveranlagung" nachgelesen werden.

Das Arbeitsrecht schützt die unselbständig tätigen Menschen (Arbeitnehmer) vor Beeinträchtigungen der Persönlichkeit, vor wirtschaftlichen Nachteilen und Gesundheitsgefahren. Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer werden durch zahlreiche Rechtsvorschriften bestimmt, die in einem Rangverhältnis stehen.

Übersicht

1. Grundbegriffe des Arbeitsrechts

1.1 Arbeitnehmer

1.2 Arbeitsrecht 

2. Rechtsquellen des Arbeitsrechts im Überblick

2.1 Rangordnung der Rechtsquellen

2.1.1 Vorrang des ranghöheren Rechts

2.1.2 Günstigkeitsprinzip

2.2 Recht der Europäischen Union

2.3 Grundgesetz

2.4 Bundes- und Landesgesetze

2.5 Richterrecht

2.6 Arbeitsvertrag

2.7 Betriebliche Übung

3. Wichtige arbeitsrechtliche Vorschriften

3.1 Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches

3.2 Gewerbeordnung

3.3 Teilzeit- und Befristungsgesetz

3.4 Arbeitszeitgesetz und Bundesurlaubsgesetz

3.5 Mutterschutzgesetz

3.6 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz

3.7 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX

3.8 Kündigungsschutzgesetz

3.9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

3.10 Pflegezeitgesetz

3.11 Familienpflegezeitgesetz

3.12 Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW

3.13 Gesetz über den Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendhilfe

4. Hinweise auf weitere Beiträge im Recht-Informationsdienst

5. Hinweise auf Informationsmedien




1. Grundbegriffe des Arbeitsrechts

Das Arbeitsrecht ist das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Sein Ziel ist der Schutz der unselb-ständig tätigen Menschen. Es gilt nicht für Ehrenamtliche und andere selbständig Tätige.

Das staatliche Arbeitsrecht besteht aus einer großen Zahl von gesetzlichen Sonderregelungen, die nicht auf einer Gesamtkonzeption beruhen. Es ist nicht in einem Arbeitsgesetzbuch zusammengefasst.

Die § 611 ff.BGB enthalten einige Regelungen, die aber sowohl für den Arbeitsvertrag als auch für die freie Mitarbeit gelten.

Soweit Rechtsvorschriften für strittige Fragen fehlen mussten die Arbeitsgerichte die Lücken ausfüllen (Richterrecht).

1.1  Arbeitnehmer

Der Arbeitsvertrag ist der Vertrag, in dem sich der Arbeitnehmer zur Leistung von fremdbestimmten Diensten in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.

Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.

Ein Arbeitsvertrag bedarf nicht der Schriftform. Er kommt zustande, wenn ein Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers die Arbeit aufnimmt. In diesem Falle hat der Arbeitnehmer Anspruch u. a. auf die für diese Tätigkeit übliche Vergütung und auf Gleichbehandlung bei den sonstigen Arbeits-bedingungen (Arbeitszeit, Urlaub usw.).

1.1.1  Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von der freien Mitarbeit

Der freie Mitarbeiter ("Honorarkraft") ist kein Arbeitnehmer. Für ihn gelten die arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht.

Die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von der freien Mitarbeit ist nicht gesetzlich geregelt. Das Bundesarbeitsgericht hat sich immer wieder mit der Frage befassen müssen, ob im konkreten Fall, über den es zu entscheiden hatte, ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis vorliegt.

"Für die Abgrenzung von Bedeutung sind die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, und nicht die Modalitäten der Zahlung oder die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder die Überbürdung vertraglicher Risiken. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend." (BAG, Urteil vom 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15).

Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit eine persönliche Abhängigkeit des Dienst-verpflichteten anzunehmen ist. Das Gesamtbild wird durch verschiedene Merkmale bestimmt. Sind diese nicht einheitlich der Arbeitnehmer- beziehungsweise der selbstständigen Tätigkeit zuzuordnen, kommt es auf die überwiegenden Merkmale an.

Die ein Arbeitsverhältnis kennzeichnende persönliche Abhängigkeit zeigt sich beispielsweise in der

  • Bindung an feste Arbeitszeiten (durch Dienstplan) und in der Rechtspflicht zu regelmäßigem Erscheinen,
  • Bindung an Weisungen hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit, Unter-ordnung unter andere Personen,
  • Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens: Erfordernis der Zusammenarbeit mit anderen Dienstverpflichteten, Bearbeitung/Behandlung/Betreuung der Kunden des Unternehmers, Benutzung der Räume und Arbeitsmittel des Unternehmens.

Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sprechen u.a. folgende Merkmale:

  • keine Pflicht, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen,
  • Beschäftigung eigener Arbeitnehmer,
  • freie Arbeitszeiteinteilung,
  • selbstständige, nicht an Weisungen gebundene Durchführung der Arbeit,
  • Arbeitsleistung an einem selbstgewählten Ort,
  • Einsatz eigener Arbeitsmittel und eigenen Kapitals.

Diese Merkmale können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.

Beispiele: Ist vereinbart, dass eine Mitarbeiterin als Nachtwache in einem Krankenhaus in einer festen Schichtfolge arbeiten soll, so liegt ein Arbeitsverhältnis vor; denn die Mitarbeiterin wird in der Nacht zwar weitestgehend weisungsfrei arbeiten, ist aber an feste Arbeitszeiten gebunden und in die Arbeits-organisation des Arbeitgebers dadurch eingebunden, dass sie die Patienten des Dienstgebers mit den Arbeitsmitteln des Dienstgebers in den Räumen des Dienstgebers pflegt und in Krisensituationen die vom Dienstgeber angestellten Ärzte zur Hilfeleistung anfordern muss.

1.1.2 Bedeutung des Unterschieds zwischen dem Arbeitsverhältnis und der freien Mitarbeit

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist von großer Bedeutung, ob die Mitarbeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags oder auf der Grundlage eines Dienst- oder Werkvertrags über freie Mitarbeit erfolgt.

Der Mitarbeiter hat auf Grund des Arbeitsvertrags im Unterschied zum freien Mitarbeiter Anspruch auf zahlreiche gesetzliche beziehungsweise in den einschlägigen Tarifverträgen vorgesehene Vergünsti-gungen, zum Beispiel verlängerte Kündigungsfristen, den allgemeinen und den besonderen Kündigungs-schutz, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, die Feiertagsbezahlung, den Erholungsurlaub, das Urlaubsgeld, die Weihnachtszuwendung, Übergangs- und Sterbegeld und auf umfassenden Sozialver-sicherungsschutz.

Vorteilhaft ist für den Arbeitgeber, dass freien Mitarbeitern (nur) die frei vereinbarten Honorare und diese nur für tatsächlich geleistete Arbeit zu zahlen sind und demgemäß weder Anspruch auf Krankenbezüge, Erholungsurlaub noch auf sonstige bezahlte Freistellungen besteht. Auch die zahlreichen reglemen-tierenden Vorschriften des Arbeitsrechts - z. B. über Befristungen von Verträgen, Mutterschutz und Schwerbehindertenschutz, die sozialrechtlichen Vorschriften über die Sozialversicherung und das Lohn- und Kirchensteuerrecht, die einen hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand erfordern, sind auf freie Mitarbeiter nicht anzuwenden.

Den Vorteilen des Dienstgebers entspricht auf der Seite des freien Mitarbeiters allerdings die Ausklam-merung aus dem sozialen Sicherungssystem, das an das Arbeitsverhältnis geknüpft ist. Dies ist aus sozialer und christlicher Sicht problematisch, wenn die gezahlten Honorare so niedrig sind, dass sie dem freien Mitarbeiter weder das Existenzminimum noch eine Eigenvorsorge ermöglichen und der freie Mitarbeiter nicht anderweitig, zum Beispiel durch ausreichende Einnahmen aus anderer Erwerbstätigkeit, sozial abgesichert ist (Kirchenamt der Evangelischen Kirche und Sekretariat der Deutschen Bischofs-konferenz, Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Abschnitt 173).

1.2  Arbeitsrecht

Nach Inhalt und Zielsetzung lassen sich folgende Teilbereiche des Arbeitsrechts unterscheiden:

  • Das Individualarbeitsrecht umfasst die Regelungen der Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag. Zahlreiche Gesetze verpflichten den Arbeitgeber zur Einhaltung von gesetzlichen Mindestbedingungen und schränkten insoweit die Vertragsfreiheit erheblich ein (Gesetz über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Bundesurlaubsgesetz, Kündigungs-schutzgesetz usw.).
  • Das kollektive Arbeitsrecht regelt im staatlichen Bereich die Rechtsbeziehungen der Koalitionen, der Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Arbeitgeber sowie der Betriebsräte/Personalräte/ Mitarbeitervertretungen (Arbeitskampfrecht, Tarifvertragsrecht, Betriebsverfassungsrecht, Mitarbeitervertretungsrecht).
  • Das Arbeitsschutzrecht im engeren Sinne umfasst die Gesetze und Vorschriften, die den Arbeit-nehmer vor Gefahren am Arbeitsplatz schützen sollen. Ihre Einhaltung wird von Behörden überwacht (z. B. Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz, Schwerbehindertenschutz nach dem SGB IX).
  • Das Sozialversicherungsrecht ergänzt den Schutz des Arbeitnehmers vor Lebensrisiken  (gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung).

2. Rechtsquellen des Arbeitsrechts im Überblick

Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer werden nicht allein durch den Arbeitsvertrag bestimmt, sondern durch zahlreiche Rechtsvorschriften, die in einem Rangverhältnis stehen.

Deshalb sind auf die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer zahlreiche staatliche Rechtsvorschriften anzuwenden.

2.1 Rangordnung der Rechtsquellen

Das staatliche Recht hat unterschiedliche Rangstufen: Die folgende Darstellung beginnt mit dem Europäischen Recht, dem im Rahmen des EU- Vertrags grundsätzlich der Vorrang vor dem deutschen Recht zukommt und nennt dann, mit dem Grundgesetz und der Grundordnung beginnend, die rangniederen Rechtsgrundlagen.

 

Grundgesetz


RECHT DER EUROPÄISCHEN UNION
EUROPÄISCHE MENSCHENRECHTSKONVENTION


Gesetze und Verordnungen


Richterrecht und Gewohnheitsrecht


Tarifvertrag


Betriebsvereinbarungen


Betriebliche Übung


Arbeitsvertrag

2.1.1 Vorrang des ranghöheren Rechts

Allgemein gilt: Niederrangiges Recht darf nicht gegen höherrangiges verstoßen.

Beispiele: Bundesgesetze mit arbeitsrechtlichem Inhalt dürfen nicht gegen europarechtliche Vorschriften (Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts) und nicht gegen das Grundgesetz (Gleichheitssatz, Schutz der Intimsphäre) verstoßen.

Vorschriften eines Tarifvertrags dürfen nicht gegen Europa-, Bundes- oder Landesrecht verstoßen.

Regelungen einer Betriebsvereinbarung dürfen nicht gegen einen Tarifvertrag verstoßen.

2.1.2 Günstigkeitsprinzip

Der Rangvorrang höheren Rechts gilt nicht, wenn die niederrangige Rechtsnorm zu Gunsten des Arbeit-nehmers von der höherrangigen abweicht. In diesem Fall hat die rangniedere Norm Vorrang vor der ranghöheren (Günstigkeitsprinzip).

Beispiele: Tarifliche Regelungen, die für Arbeitnehmer günstigere Vorschriften enthalten, haben Vorrang vor den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften.

2.2 Recht der Europäischen Union

Das Recht der Europäischen Union hat zunehmend Bedeutung für das deutsche Arbeitsrecht erlangt. Es hat Vorrang vor dem nationalen Recht, soweit die Bundesrepublik staatliche Hoheitsbefugnisse auf die Europäische Union übertragen hat (Artikel 23 GG).

Das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer und das Verbot der Diskriminierung u. a. wegen des Geschlechts waren schon im EWG-Vertrag von 1957 vereinbart worden.

Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs haben diese europarechtlichen Vorschriften das deutsche Arbeitsrecht in wichtigen Bereichen entscheidend verändert.

Beispiele: Die Befragung einer Bewerberin nach dem Bestehen einer Schwangerschaft wurde für unzulässig erklärt, weil dadurch Frauen benachteiligt würden (EuGH, Urteil vom 5.5.1994, AP Nr. 3 zu Art. 2 EWG Richtlinie 76/297 und vom 2.2.2000 - Rs. C-207/98 - NZA 2000, 255).

Wegen mittelbarer Diskriminierung von Frauen wurden alle Regelungen in Gesetzen und Tarifverträgen für europarechtswidrig und unwirksam erklärt, die Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte gegenüber Vollzeitkräften benachteiligen (EuGH, Urteil vom 9 9 1999 - Rs 281/97 - NZA 1999, 1151).

Außerdem sind von den europäischen Institutionen zahlreiche Richtlinien erlassen worden, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht transformiert werden müssen. Auf derartigen Richtlinien beruhen zahlreiche Änderungen, einzelne Rechtsvorschriften und Gesetze.

Beispiele: Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Bildschirmarbeitsplatz-verordnung, Teilzeit- und Befristungsgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.

2.3 Grundgesetz

Die durch das Grundgesetz geschützten Grundrechte waren ursprünglich auf das Verhältnis des Bürgers zum Staat bezogen.

Inzwischen ist aber anerkannt, dass die Grundrechte Grundwerte schützen, die nicht nur von den staat-lichen Organen, sondern allgemein bei der Anwendung von Vorschriften zu respektieren sind, d. h. auch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. So hat der Arbeitgeber im Kündigungsschutzrecht und bei der Ausübung des Weisungsrechts z. B. die Grundrechte des Arbeitnehmers auf freie Entfaltung der Persön-lichkeit und körperliche Integrität (Artikel 2 GG) sowie auf Meinungsfreiheit (Artikel 5 GG) zu berück-sichtigen. Aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Arbeitgebers folgt z. B., dass er Mitarbeiter entlassen darf, die wegen häufiger Arbeitsausfälle ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß wahrnehmen.

Das Bundesarbeitsgericht und das Bundesverfassungsgericht haben sich sehr oft in Streitfällen auf die Grundrechte bezogen, insbesondere bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei Fehlen einschlägiger arbeitsrechtlicher Vorschriften. Besonders häufig waren Bezugnahmen auf

  • das Persönlichkeitsrecht (Artikel 1 und 2),
  • die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers (Artikel 2 und 14),
  • das Grundrecht auf Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit (Artikel 4),
  • das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 5),
  • die Gleichheit der Arbeitnehmer (Artikel 3),
  • der Schutz von Ehe und Familie (Artikel 6),
  • die Berufsfreiheit des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers (Artikel 12).

2.4 Bundes- und Landesgesetze

Eine umfassende gesetzliche Regelung des Arbeitsvertrags in einem Arbeitsgesetzbuch gibt es nicht, obwohl die Notwendigkeit schon vor mehr als 100 Jahren erkannt worden ist und obwohl die Bundes-republik sich im Einigungsvertrag mit der DDR dazu verpflichtet hat, ein Arbeitsgesetzbuch in Kraft zu setzen.

Das Arbeitsrecht besteht aus vielen gesetzlichen Einzelregelungen, die erhebliche Lücken aufweisen. Weit überwiegend handelt es sich um Bundesrecht. Landesrechtliche Regelungen sind auf wenige Teilbereiche beschränkt.

Zu den wichtigsten gesetzlichen Vorschriften des Bundesrechts gehören

  • §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB),
  • §§ 106 ff. der Gewerbeordnung (GewO),
  • das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG),
  • das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG),
  • das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgeltfortzahlungsG),
  • das Arbeitszeitgesetz (ArbZG),
  • das Bundesurlaubsgesetz  (BUrlG),
  • das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG),
  • das Mutterschutzgesetz (MuSchG),
  • das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG),
  • das Pflegezeitgesetz,
  • das Familienpflegezeitgesetz,
  • das Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen -
  • das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG),
  • das Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Als landesrechtliche arbeitsrechtliche Regelungen sind in Nordrhein-Westfalen bedeutsam:

  • das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG NRW),
  • das Gesetz über den Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiter.

Arbeitsrechtliche Gesetze legen Mindestarbeitsbedingungen fest oder schützen bestimmte Arbeitnehmer/ -innen. Es ist deshalb arbeitsrechtlich stets zulässig, günstigere Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag zu vereinbaren (Günstigkeitsprinzip).

2.5 Richterrecht

Die Rechtsprechung hat im Arbeitsrecht erheblich größere Bedeutung als in anderen Rechtsgebieten, weil die Arbeitsgerichte - viel häufiger als andere Gerichte - in konkreten Streitfällen zwischen Arbeit-nehmern und Arbeitgebern entscheiden müssen, ohne sich auf eine Rechtsvorschrift stützen zu können.
Insbesondere hat das Bundesarbeitsgericht, das höchste Gericht der Arbeitsgerichtsbarkeit, Rechts-grundsätze entwickelt, um Regelungslücken auszufüllen, unpassende Regelungen zu modifizieren bzw. das Recht fortzuentwickeln.

Diese Rechtsgrundsätze und Rechtsinstitute sind, wenn sie in ständiger Rechtsprechung angewandt und allseits anerkannt werden, arbeitsrechtliches Gewohnheitsrecht geworden und werden als Richterrecht bezeichnet.

Beispiele:

  • Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz,
  • Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung,
  • Gefährdungshaftung des Arbeitgebers (Aufwendungsersatz),
  • Grundsätze zur Rückforderung von Zuwendungen,
  • Abmahnung als Voraussetzung verhaltensbedingter Kündigung.

2.6 Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag enthält Vereinbarungen über die Arbeitsbedingungen.

Häufig beschränkt er sich auf die Festlegung von Beginn, Ende und zeitlichem Umfang der Tätigkeit, der Angabe der Vergütungsgruppe sowie der Bezugnahme auf den einschlägigen Tarifvertrag bzw. eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung (AVR-Caritas, KAVO).

Durch die Bezugnahme wird der gesamte Inhalt des Tarifvertrags bzw. der kirchlichen Arbeitsrechts-regelung einschließlich der Anlagen zum Inhalt des Arbeitsvertrags. Das gilt auch für solche Regelungen, die dem Mitarbeiter nicht bekannt sind.

2.7 Betriebliche Übung

In vielen Betrieben sind den Arbeitnehmern über viele Jahre Vergünstigungen eingeräumt worden, für die es keine Rechtsgrundlage gab bzw. gibt.

Beispiel: Seit Menschengedenken war - ohne dass der Arbeitgeber sich den Widerruf vorbehalten hatte - der Rosenmontag arbeitsfrei unter Fortzahlung der Bezüge.

Zu Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen kommt es häufig, wenn der Arbeitgeber diese Vergünsti-gungen abschaffen will, weil er sich aufgrund von Sparzwängen oder zur Gewinnmaximierung auf die vorgeschriebenen Leistungen beschränken will.

Bei mehrmaliger Gewährung einer Vergünstigung ohne Vorbehalt des Widerrufs entsteht ein arbeitsver-traglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf weitere Gewährung.

Ohne Zustimmung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber den Rechtsanspruch nicht durch Widerruf, sondern grundsätzlich nur durch eine Änderungskündigung beseitigen, bei der er die Kündigungs-schutzvorschriften beachten muss. Änderungskündigungen zur Absenkung von Bezügen werden von den Arbeitsgerichten aber nur in Extremfällen anerkannt.

Einen allmählichen, meist sehr langwierigen Ausstieg aus der Bindung an eine betriebliche Übung kann der Arbeitgeber allerdings dadurch erreichen, dass er bei Neueinstellungen im Arbeitsvertrag den Anspruch ausschließt.

3. Wichtige arbeitsrechtliche Vorschriften

Arbeitgeber müssen die staatlichen Rechtsvorschriften für Arbeitsverhältnisse beachten.

Die Tarifverträge enthalten in der Regel zahlreiche Vorschriften, die der Arbeitgeber anstelle der gesetz-lichen Vorschriften anzuwenden haben, wenn und soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind.

Wichtige gesetzliche Vorschriften wie z. B. das Arbeitszeitgesetz, das Mutterschutzgesetz, sind aber meist nicht bzw. nur teilweise in Tarifverträgen berücksichtigt. Sie sind deshalb grundsätzlich uneinge-schränkt auf die Arbeitnehmer anzuwenden.

Verletzt der Arbeitgeber die für das Arbeitsverhältnis geltenden Vorschriften, kann der Arbeitnehmer sich dagegen wehren. Er kann zunächst, evtl. unter Einschaltung des Betriebsrats versuchen, innerbetrieblich seine Rechte zu wahren und notfalls das Arbeitsgericht anrufen.

Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen und Vermögen können sich auf Kosten des Staates von einem Rechtsanwalt beraten und außergerichtlich vertreten lassen (→ Beratungshilfe) und Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen, wenn sie das Arbeitsgericht anrufen (→ Prozesskostenhilfe).

3.1 Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches

Der Arbeitsvertrag ist eine besondere Form des Dienstvertrags gemäß §§ 611 ff. BGB und gehört zu den Schuldverhältnissen im Sinne des BGB. Deshalb sind auf ihn grundsätzlich alle Vorschriften des Allge-meinen Teils des BGB anzuwenden z. B. über Rechtsfähigkeit, Rechtsgeschäfte, Fristen, Termine, Verjährung (§§ 1 ff) und die allgemeinen Vorschriften des BGB über Schuldverhältnisse, insbesondere über Verträge, Aufrechnung, ungerechtfertigte Bereicherung und unerlaubte Handlungen (§§ 241 ff).

Jedoch ist durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte die Anwendung zahlreicher Vorschriften eingeschränkt oder modifiziert worden.

Beispiel: Bei schuldhafter Verursachung eines Schadens müsste ein Arbeitnehmer gemäß § 276 BGB vollen Schadensersatz leisten. Das Bundesarbeitsgericht hat aber entschieden, dass der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist. Für den Fall des Vorliegens grober Fahrlässigkeit hat es die Haftung auf einen dem Arbeitnehmer nicht unzumutbar belastenden Betrag beschränkt (BAG, Urteil vom 28. 10. 2010 - 8 AZR 418/09, www.bundesarbeitsgericht.de/Entscheidungen).

In der Personalpraxis sind insbesondere folgende Vorschriften zu beachten:

  • Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag (§ 611 BGB),
  • Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB),
  • Betriebsübergang (§ 613 a BGB),
  • Annahmeverzug des Arbeitgebers (§ 615 BGB),
  • Schriftform der Kündigung (§ 623 BGB),
  • Freizeitgewährung bei Stellensuche (§ 629 BGB).

3.2 Gewerbeordnung

Unerklärlicherweise hat der Gesetzgeber in die Gewerbeordnung, die grundsätzlich nur für Gewerbebe-triebe und nicht z. B. für gemeinnützige und kirchliche Einrichtungen und Verwaltungen gilt, Vorschriften eingefügt, die aber für alle Arbeitsverhältnisse, also auch für den Dienst in der Kirche, gelten:

  • Freie Gestaltung des Arbeitsvertrags (§ 105),
  • Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106),
  • Abrechnung des Arbeitsentgelts (§ 108),
  • Zeugnis (§ 109).

3.3 Teilzeit- und Befristungsgesetz

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz enthält eine umfassende Regelung der Teilzeit- und Zeitverträge. Besonders bedeutsam sind:

  • Verbot der Diskriminierung (§ 4),
  • Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 8),
  • Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit (§ 9),
  • Zulässigkeit der Befristung (§ 14),
  • Folgen unzulässiger Befristung (§ 15 ff.),
  • Information über unbefristete Arbeitsplätze (§ 18).

3.4 Arbeitszeitgesetz und Bundesurlaubsgesetz

Die tariflichen Regelungen weichen in der Regel zugunsten der Arbeitnehmer weitgehend vom Arbeitszeit-gesetz und vom Bundesurlaubsgesetz ab. Dies hat zur Folge, dass bei Anwendung der tariflichen Regelungen gleichzeitig auch die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt bzw. zugunsten der Arbeit-nehmer überschritten werden.

Beispiel: Eine regelmäßige wöchentliche tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden ist kürzer als die gesetzlich zulässige Arbeitszeit von regelmäßig 48 Stunden wöchentlich.

Ein tariflicher Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen ist länger als der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen.

Nur wegen der Fragen, die tariflich nicht geregelt sind, sind die gesetzlichen Vorschriften anzuwenden z. B. wegen der Dauer und Lage der Ruhepausen (§ 4 ArbZG), der Ruhezeiten (§ 5 ArbZG), der zeitlichen Lage des Urlaubs (§ 7 BUrlG).

3.5 Mutterschutzgesetz

Das Mutterschutzgesetz sieht zum Schutz von Frauen für die Zeit der Schwangerschaft und der Schutzfrist nach der Geburt des Kindes u. a. vor:

  • Verbot der Beschäftigung auf Mutter oder Kind gefährdenden Arbeitsplätzen (§ 2),
  • Verbot von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 8),
  • Verbot der Beschäftigung bei ärztlichem Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 1),
  • Generelles Beschäftigungsverbot für die Dauer der Schutzfristen vor und nach der Geburt (§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1),
  • Gewährung von Freizeit für Untersuchungen (§ 10),
  • Entgeltfortzahlung bei Beschäftigungsverboten (§ 11),
  • Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld (§ 14),
  • Verbot der Arbeitgeberkündigung - auch in der Probezeit - vom ersten Tag der Schwangerschaft bis zum letzten Tag der Schutzfrist (§ 9).

3.6 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz

Die Elternzeit nach dem Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) ersetzt den früheren Erziehungsurlaub. Sie hat nur Bedeutung für Mütter und Väter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen.

3.6.1 Gemeinsame Elternzeit, Höchstdauer und Übertragung

Die Eltern können ganz oder zeitweise bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die Elternzeit gemeinsam nutzen. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden.

3.6.2 Inanspruchnahme

Die Inanspruchnahme der Elternzeit ist dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen

  • spätestens sieben Wochen vor Beginn für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes,
  • spätestens 13 Wochen vor Beginn für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes.

Wird Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes verlangt, muss dem Arbeitgeber gleichzeitig mitgeteilt werden, für welchen Zeitraum innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll.

Jeder Elternteil kann seine Elternzeit auf bis zu drei Zeitabschnitte verteilen (§ 16 Abs. 1 Satz 6).

3.6.3 Teilzeitarbeit während der Elternzeit

Während der Elternzeit ist Teilzeitarbeit bis zu 30 Stunden wöchentlich für jeden Elternteil, der eine Elternzeit nimmt, zulässig (§ 15 Abs. 4).

3.6.4 Anspruch auf befristete Verringerung der Arbeitszeit

Beide Elternteile können unter den im Gesetz genannten zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen. Über den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen einigen (§ 15 Abs. 5).

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 15 Abs. 6 und 7. Der Arbeitgeber kann die Verringerung der Arbeitszeit mit schriftlicher Begründung nur innerhalb von vier Wochen ablehnen.

Nach dem Ende der Elternzeit kann der Arbeitnehmer zu der Arbeitszeit zurückkehren, die er vor Beginn der Elternzeit hatte (§ 15 Abs. 5 Satz 4).

3.7 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX

Schwerbehinderte Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 Prozent, haben Anspruch auf einen Zusatzurlaub von einer Kalenderwoche (§ 125 SGB IX). Gleichgestellten Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 Prozent steht der Anspruch nicht zu.

Schwerbehinderte und Gleichgestellte im Sinne von § 2 SGB IX genießen einen Sonderkündigungsschutz: Sie sind nach sechsmonatigem ununterbrochenem Bestand des Arbeitsverhältnisses nur mit Zustimmung des Integrationsamts - in NRW beim Landschaftsverband Rheinland bzw. Westfalen-Lippe - ordentlich und außerordentlich kündbar (§§ 85 ff. SGB IX).

3.8 Kündigungsschutzgesetz

Die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist nur wirksam, wenn sie durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers oder aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt ist (§ 1 KSchG).

Sie ist nicht gerechtfertigt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen bzw. nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist.

Vor dem Ausspruch der Kündigung muss der Dienstgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß über die Absicht der Kündigung und die Kündigungsgründe unterrichten.

3.9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - AGG - verbietet eine unterschiedliche Behandlung aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§ 1), die in Hinblick auf die beruflichen Anforderungen nicht gerechtfertigt ist (§ 9).

Arbeitgeber sind verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung zu treffen (§ 12).

Bei Verstößen kann den Betroffenen ein Beschwerderecht, ein Leistungsverweigerungsrecht oder ein Recht auf Entschädigung und Schadensersatz zustehen (§§ 13 - 15).

3.10 Pflegezeitgesetz

Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf

  • kurzzeitige Freistellung bis zu 10 Tagen zur Organisation und Sicherstellung der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen (Pflegeunterstützungsgeld zahlt die Pflegekasse),
  • bis zu sechsmonatiger vollständiger Freistellung zur Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen,
  • bis zu sechsmonatiger vollständiger Freistellung zur Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen,
  • bis zu dreimonatiger vollständiger Freistellung zur Begleitung eines nahen Angehörigen in der Sterbephase.

Der Arbeitgeber ist nach den gesetzlichen Regelungen nicht zur Fortzahlung der Arbeitsvergütung verpflichtet.

Statt der vollständigen Arbeitsbefreiung kann der Mitarbeiter eine teilweise Freistellung beantragen. In diesem Falle hat er mit dem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe kann der Arbeitgeber die Vereinbarung ablehnen.

Der Arbeitnehmer kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen zum teilweisen Ausgleich des Verdienstausfalls beantragen. Nach Ablauf der Pflegephase hat er das Darlehen zurück zu zahlen.

→ Beitrag "Pflegezeit 2015"

3.11 Familienpflegezeitgesetz

Arbeitgeber sollen mit Arbeitnehmern die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit bis zu einem Mindestumfang von 15 Stunden für die Dauer von längstens 24 Monaten vereinbaren (Familienpflegezeit),

  • die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (wollen),
  • die einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung betreuen.

Der Arbeitnehmer kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen zum teilweisen Ausgleich des Verdienstausfalls beantragen. Nach Ablauf der Pflegephase hat er das Darlehen zurück zu zahlen.

Nach Beendigung der Familienpflegezeit (Nachpflegephase), wird die Arbeitszeit wieder der ursprünglichen Höhe angepasst. Das Arbeitsentgelt bleibt aber weiterhin reduziert, und zwar so lange, bis der Arbeitnehmer den als Vorschuss erhaltenen Aufstockungsbetrag ausgeglichen hat.

→ Beitrag "Familienpflegezeit 2015"

3.12 Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW

Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW räumt  Arbeitnehmern Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Dauer von fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr zum Zwecke der beruflichen oder politischen Weiterbildung in anerkannten Bildungsveranstaltungen ein (§ 1)..

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Inanspruchnahme und den Zeitraum so früh wie möglich, mindestens sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung schriftlich mitzuteilen.

Der Arbeitgeber darf die bezahlte Freistellung zu dem beantragten Zeitpunkt ablehnen, wenn die vom Arbeitnehmer benannte Bildungsveranstaltung nicht der beruflichen oder politischen Weiterbildung im Sinne des Gesetzes dient. Entspricht der Inhalt der Veranstaltung den gesetzlichen Anforderungen, darf er nur ablehnen, wenn zwingende betriebliche bzw. dienstliche Gründe oder Belange bzw. Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 5 Abs. 1 und 2).

→ www.bildungsurlaub.de

3.13 Gesetz über den Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiter in der        Jugendhilfe

Das Gesetz über den Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendhilfe (Sonderurlaubsgesetz NRW) verpflichtet den Arbeitgeber, ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätigen Personen über 16 Jahren auf Antrag Sonderurlaub in Form der unbezahlten Freistellung von der Arbeit für höchstens acht Arbeitstage im Kalenderjahr zu gewähren (§§ 1 und 4).

Ehrenamtliche Arbeit liegt auch dann vor, wenn dem Mitarbeiter vom Träger der Verdienstausfall ganz oder teilweise ersetzt wird.

Der Anspruch auf Freistellung setzt u. a. voraus, dass

  • der Antrag spätestens sechs Wochen vor dem beabsichtigten Urlaubsantritt beim Arbeitgeber eingereicht wird,
  • die Eignung und Befähigung des ehrenamtlichen Mitarbeiters geprüft und anerkannt ist,
  • eine in § 1 Abs. 1 des Gesetzes genannte Tätigkeit im Rahmen von Jugendferienlagern, Jugendfreizeiten oder der Familien- und Kindererholung ausgeübt wird,
  • die Veranstaltung oder Maßnahme von einem anerkannten Träger im Sinne des § 2 des Gesetzes durchgeführt wird.

Eine Verpflichtung zur Erteilung von Sonderurlaub besteht nicht, wenn im Einzelfall der Gewährung ein unabwendbares betriebliches Interesse entgegensteht (§ 3 Abs. 2 Satz 2).

4. Hinweise auf weitere Beiträge im Recht-    Informationsdienst

Weitere Informationen für Arbeitnehmer bieten u. a. folgende Beiträge im Recht-Informationsdienst

  • "Elternzeit für Kinder, die vor dem 30. Juni 2015 geboren sind oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommen werden"
  • "Elternzeit für Kinder, die ab dem 1. Juli 2015 geboren oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommen werden"
  • "Arbeitnehmer: Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Qualifikationen"
  • "Pflegezeit 2015"
  • "Familienpflegezeitgesetz 2015"
  • "Kurzzeitige pflegebedingte Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld"
  • "Arbeitsuchendmeldung (§ 38 Abs. 1 SGB III)"

5. Hinweise auf Informationsmedien

Warnung: Informationen, die im Internet angeboten werden, können veraltet und nicht mehr zutreffend sein. Deshalb ist auch bei amtlichen Stellen auf Aktualität zu achten.

Wer ist alles ein Arbeitnehmer?

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages (Arbeitsvertrag) unselbstständige, fremdbestimmte Dienstleistungen zu erbringen hat. Bedeutsam ist die Arbeitnehmereigenschaft u.a. dafür, ob Arbeitsrecht mit seinem spezifischen Kündigungsschutz anzuwenden ist.

Wer ist Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne?

Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind Personen, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Arbeit verpflichtet sind.

Wann ist man Arbeitnehmer Gesetz?

Die neue Legaldefinition in § 611 a BGB lautet: „Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Wer ist Arbeitnehmer Beispiele?

Arbeitnehmer können ausdifferenziert werden in Arbeiter, Angestellte, Volontäre, Auszubildende und Praktikanten. Es gibt jedoch auch Personengruppen, welche nicht der Arbeitnehmerschaft zugerechnet werden.