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Alexander Kluge (2020) Alexander Ernst Kluge (* 14. Februar 1932 in Halberstadt) ist ein deutscher Filmemacher, Fernsehproduzent, Schriftsteller, Drehbuchautor, bildender Künstler, Philosoph und Rechtsanwalt. Kluge wurde in den 1960er- und 1970er-Jahren als einer der einflussreichsten Vertreter des Neuen Deutschen Films bekannt, den er in Theorie und Praxis mitbegründet und weiterentwickelt hat. Als Autor machte er sich vor allem durch Kurzgeschichten einen Namen und gehörte zum Kreis um die Gruppe 47, außerdem verfasste er Schriften mit kulturellen, philosophischen und politischen Themen. 1987 gründete er die Produktionsfirma der dctp, mit der es ihm gelang, eine Plattform für unabhängige Programme im deutschen Privatfernsehen zu schaffen. Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alexander Kluge wurde 1932 als Sohn des Arztes Ernst Kluge und dessen Frau Alice, geb. Hausdorf, in Halberstadt geboren. Er ist der ältere Bruder von Alexandra Kluge (1937–2017), die er später in mehreren seiner Filme als Schauspielerin einsetzte. Zunächst in Gotha eingeschult,[1] besuchte er dann das Halberstädter Domgymnasium. Anfang 1945 trennten sich seine Eltern. Am 8. April 1945 erlebte der Dreizehnjährige die Zerstörung seiner Heimatstadt durch den Luftangriff auf Halberstadt. Er überlebte dabei nur knapp, als zehn Meter neben ihm eine Sprengbombe einschlug.[2] Bis Kriegsende besuchte Kluge das Domgymnasium in Halberstadt. Danach zog er mit seiner Mutter nach Berlin-Charlottenburg und machte sein Abitur am Charlottenburger Gymnasium (heute Heinz-Berggruen-Gymnasium).[3] Er studierte ab 1950 Rechtswissenschaften, Geschichte und Kirchenmusik in Freiburg im Breisgau, Marburg und Frankfurt am Main, dort u. a. bei Theodor W. Adorno. 1956 wurde er mit einer von Rudolf Reinhardt betreuten Dissertation über Die Universitäts-Selbstverwaltung. Ihre Geschichte und gegenwärtige Rechtsform zum Dr. iur. promoviert. Kluge ging nach Frankfurt am Main, um bei Hellmut Becker, dem Justitiar des Instituts für Sozialforschung, sein juristisches Referendariat abzuleisten.[4] Adorno vermittelte Kluge an Fritz Lang, der ihn von seinen literarischen Bestrebungen abbringen sollte, da er die Literatur für ein „abgeschlossenes Gebiet“ hielt.[4] Nach dem Bestehen seines Assessorexamens 1958 ließ er sich in Berlin und später München als Rechtsanwalt nieder. Es dauerte jedoch nicht lange und er wandte sich der literarischen Arbeit zu. 1958 absolvierte Kluge ein Volontariat bei CCC-Film, während Fritz Lang dort den Film Das indische Grabmal drehte. Bei den 8. Westdeutschen Kurzfilmtagen in Oberhausen 1962 war Kluge einer der Initiatoren des Oberhausener Manifestes, einer politischen und ästhetischen Unabhängigkeitserklärung junger deutscher Filmemacher, die die Abkehr vom alten deutschen Film fordert. In den 1960ern wurde Kluge durch Filme wie Abschied von gestern (1966) ein wichtiger Repräsentant des Neuen Deutschen Films und des Autorenfilms. Ab 1963 lehrte er als Professor an der Hochschule für Gestaltung Ulm und leitete mit Edgar Reitz die Abteilung für Filmgestaltung. Im selben Jahr gründete er auch seine eigene Produktionsfirma Kairos-Film. 1973 wurde er Honorarprofessor an der Universität Frankfurt am Main. Am 26. April 2007 wurde Alexander Kluge von Bundespräsident Horst Köhler das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Ende April 2022 war Kluge Erstunterzeichner vom „Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz“, der sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht, aus Sorge vor einem Dritten Weltkrieg im Kontext des Russischen Überfalls auf die Ukraine 2022.[5] Der Brief ist inzwischen von zehntausenden Bügern mitunterzeichnet worden, hat aber auch massive Kritik ausgelöst.[6][7] In einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom 29. April 2022 sagte Kluge: „Wenn der Gegner schwach ist, in dem Fall die Russen, dann muss man versuchen, in diesem Schwächemoment mit ihm zu irgendeinem Kompromiss zu kommen.“ Auch kritisierte Kluge, dass der „von uns gar nicht gewählte ukrainische Präsident“ im Bundestag eine Rede gehalten habe und mit Ovationen bedacht wurde.[8] Kluge ist seit 1982 mit Dagmar Steurer verheiratet und hat eine Tochter (* 1983) und einen Sohn (* 1985).[9] Er lebt seit vielen Jahren in München. Schriftsteller und Theoretiker[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alexander Kluge, 2009, bei seiner Dankesrede zum Adorno-Preis In Zusammenarbeit mit dem Soziologen Oskar Negt verfasste er mehrere Schriften und Bücher, darunter Öffentlichkeit und Erfahrung (1972), Geschichte und Eigensinn (1981) und Maßverhältnisse des Politischen (1992). Diese Bücher wurden 2001 von den beiden Autoren zusammen unter dem Titel Der unterschätzte Mensch neu herausgegeben. Kluge gilt als Autorität auf dem Gebiet der Filmtheorie und ist Verfasser diverser Standardwerke zur Filmanalyse. Seine theoretische Konzeption war prägend für den avantgardistisch-intellektuellen Neuen Deutschen Film der 1970er- und 1980er-Jahre. Der Großteil seines schriftstellerischen Werkes ist literarischer Natur – zumeist Kurz- und Kürzestgeschichten. Die 1962 erfolgte Einladung zur Gruppe 47 kann als Beginn der Karriere gesehen werden. Er selbst sieht sich mehr als Autor denn als Filmemacher: „Ich bin und bleibe in erster Linie ein Buchautor, auch wenn ich Filme hergestellt habe oder Fernsehmagazine.“[10] Die im Jahr 2000 erschienene Chronik der Gefühle mit den beiden Teilbänden Basisgeschichten und Lebensläufe ist eine Sammlung des bis dahin erschienenen literarischen Werks von Alexander Kluge. 2003 erschien mit Die Lücke, die der Teufel läßt eine Zusammenstellung 500 neuer Geschichten, die sich insbesondere mit den Ereignissen des 11. September 2001 beschäftigen. 2006 veröffentlichte Alexander Kluge 350 weitere Geschichten unter dem Titel Tür an Tür mit einem anderen Leben. Im Juni 2012 hielt er auf Einladung der Goethe-Universität Frankfurt die Poetikvorlesungen, in denen er sich mit Theorie und Praxis der Narration auseinandersetzte. Unter dem Titel Theorie der Erzählung hielt Kluge vier Vorträge, die sowohl ausgesprochen gut besucht als auch im Feuilleton begeistert besprochen wurden.[11][12] Im April 2013 erschien die Poetikdozentur auch auf DVD mit ausführlichem Begleitheft sowie einer Lesung im Literaturhaus Frankfurt, die direkt nach der Abschlussvorlesung stattfand und an diese noch einmal anknüpfte. Seine Pluriversum. Die poetische Kraft der Theorie- Ausstellung, die er 2017 im Essener Folkwang Museum und 2018 in Wien, im Folgejahr im Literaturhaus München zeigte, bietet eine Werkschau von Kluges künstlerischem Schaffen.[13] Sein unablässiges Erzählen und Verknüpfen folgt dem Wunderkammerprinzip, wobei er nicht müde wird zu betonen, wie sehr Hans Magnus Enzensberger ihn beeinflusst habe.[14] Fernsehproduzent[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit der Gründung der dctp (Development Company for Television Program) 1987 gelang es ihm, eine Plattform für unabhängige Programme im deutschen Privatfernsehen zu schaffen. Die Gesellschafter von dctp sind Alexander Kluge (37,5 %), die japanische Werbeagentur Dentsu (37,5 %), der Spiegel-Verlag (12,5 %) und die Neue Zürcher Zeitung AG (12,5 %).[15] Seitdem ist Alexander Kluge verantwortlich für die unabhängigen TV-Kulturmagazine 10 vor 11 und Prime-Time/Spätausgabe in RTL Television, News & Stories in Sat.1 sowie Mitternachtsmagazin, dctp Reportage und teilweise dctp Nachtclub in VOX. Etwa monatlich wird außerdem Die Stunde der Filmemacher im Nachtprogramm von Sat.1 ausgestrahlt. „Sein Ziel“ sei es, so heißt es auf Kluges Homepage, „das Fernsehen offen zu halten für das, was außerhalb des Fernsehens stattfindet“.[16] Das DCTP-Engagement bei RTL hat ihm unter anderem den Vorwurf eingetragen, dass die DCTP ungerechtfertigterweise einen privilegierten Zugang bzw. eine Monopolstellung als sogenannter „Drittsendeanbieter“ bei RTL habe. Der frühere ARD-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert reichte im August 2008 in diesem Zusammenhang eine Klage gegen die zuständige Landesmedienanstalt in Niedersachsen vor dem Verwaltungsgericht Hannover ein. Beigeladen waren RTL und Alexander Kluge. Alle drei Parteien wiesen die Vorwürfe zurück.[17] Für die DCTP-Kulturmagazine führte Alexander Kluge zwischen Juni 1988 und November 1995 zahlreiche Interviews und Diskussionen mit dem befreundeten ostdeutschen Dramatiker Heiner Müller, die seit 2007 auf einer gemeinsamen Internetseite der Cornell-Universität und der Universität Bremen öffentlich zugänglich sind.[18] Anlässlich des 75. Geburtstages von Alexander Kluge erschien 2007 eine 16 DVDs umfassende Werkschau aller 57 Kinofilme (Kurz- und Spielfilme, ergänzt durch ausgewählte Fernseharbeiten und Texte); diese gaben das Goethe-Institut, das Filmmuseum München und die Kulturstiftung des Bundes gemeinsam heraus. Im Jahr 2015 übergab er sein Archiv der Akademie der Künste zu Forschungszwecken.[19] Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Er kritisierte im September 2019 mit rund 250 Kulturschaffenden, dass die Stadt Dortmund die Verleihung des Nelly-Sachs-Preises an die Schriftstellerin Kamila Shamsie wegen deren Unterstützung der Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions widerrufen hatte.[20] Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hörspiele und Features[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hörfunk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Videos / Filme
Interviews
Artikel
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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