Wer fremd geht ist eifersüchtig

Tatsächlich liefert die Psychologie eine ähnliche Erklärung für das Verhalten von Woods' Ehefrau: Forscher sind davon überzeugt, dass die meisten Frauen stärker verletzt sind und mehr Angst davor haben, wenn Männer sie emotional betrügen und drohen, sie zu verlassen. Den eigentlichen Akt des Seitensprungs nehmen sie hingegen wesentlich gelassener hin.

Forscher haben bereits mehrfach die unterschiedlichen Formen von Eifersucht untersucht. Sie konnten unter anderem nachweisen, dass Frauen auf Anzeichen emotionaler Untreue viel empfindlicher reagieren als auf Indizien für sexuelles Fremdgehen. Das Verhalten führten die Wissenschaftler früher auf die Rollenbilder der menschlichen Frühgeschichte zurück. Demnach sei es für den Mann evolutionär von großer Bedeutung gewesen, dass seine Frau ihm sexuell treu bleibt - denn nur so habe er sicher sein können, dass das Kind, für das er sorgt, wirklich von ihm ist. Frauen wiederum haben nach diesem Erklärungsmuster vor allem Interesse an der emotionalen Treue des Partners, damit er als Versorger erhalten bleibt. Was er sexuell treibt, konnte seiner Herzensdame dagegen egal sein.

Es kommt auf das Ego an

Jetzt aber kommen Forscher von der Pennsylvania State University zu einer etwas anderen Erklärung. An den grundlegenden Unterschieden zwischen männlicher und weiblicher Eifersucht zweifeln sie nicht - wohl aber daran, dass sie evolutionäre Gründe haben. Wie Kenneth Levy und Kristen Kelly im Fachmagazin "Psychological Science" schreiben, gebe es auch viele Männer, die eine emotionale Untreue als schmerzlicher empfinden als einen sexuellen Ausreißer der Frau. Die Frage ist also, warum?

Die Forscher vermuten, dass Vertrauen und die emotionale Bindung zwischen Paaren eine weitaus größere Rolle spielen als evolutionäre Faktoren. Um ihre These zu belegen, haben sie mit 411 Teilnehmern eine Reihe von Befragungen und Tests durchgeführt.

Demnach fühlen sich manche Menschen, ganz gleich ob Mann oder Frau, in einer engen Beziehung wohler und sicherer. Andere wiederum verzichten lieber auf zu große Nähe. Die Psychologen fanden heraus, dass diejenigen, die ihre Eigenständigkeit über die Bindung stellen, sich viel mehr über einen sexuellen als einen emotionalen Seitensprung ihres Partners ärgerten. Umgekehrt seien die Probanden mit starker emotionaler Bindung an ihren Partner schockierter gewesen, wenn dieser sich emotional entfernte.

Die Psychologen halten diese Ergebnisse für einen deutlichen Hinweis, dass der Entstehung von Eifersucht vor allem kulturelle und soziale Mechanismen zugrunde liegen und die Evolution eine weitaus geringere Rolle spielt als bisher angenommen.

Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal fremdging. Mit 15, glaube ich. Was ich noch weiß, ist, dass Fremdgehen während meiner Teenagerjahre in den 90ern sehr viel einfacher war als heute. Das lag vor allem daran, dass es keine Handys gab. Keine verräterischen Whatsapps, keine Anrufe, die es zu erklären galt. Ich musste weder Telefonnummern unter falschem Namen einspeichern noch mein Smartphone auf Lautlos schalten.

Inzwischen sieht das alles anders aus. Die Smartphone-Kultur hat nicht nur Seitensprüngen, sondern auch harmlosen (Online-)Flirts den Garaus und einen Leistungssport daraus gemacht, mögliche Spuren zu verschleiern. In echte Erklärungsnot gerät man jedoch, wenn der Partner sich Zugriff zum eigenen iPhone verschafft hat und reinschielt. Sogar dann, wenn man gar nichts verbrochen hat. (Lesen Sie auch: Daran erkennen Sie, dass Ihr Partner Sie betrügt)

Was mich zu der Frage bringt: Haben Sie schon mal im Handy Ihrer Partnerin geschnüffelt?

Ich gebe zu, dass mein sehr spezieller Fall vielleicht nicht der optimale Einstieg in dieses Thema war. Schließlich hätten meine damaligen Freunde auf diese Art Beweise für mein Fremdgehen gefunden. „Also wäre ein wenig Handy-Schnüffelei doch gerechtfertigt gewesen, Frau Erhardt“, merken Sie deshalb vielleicht an. Ich aber sage: Nix da.

Schnüffeln überschreitet eine Grenze

Abgesehen davon, dass ich seit Jahren (bis auf wenige Ausnahmen) treu wie Lassie bin, überschreitet man mit einem Blick ins Smartphone des Partners eine Grenze. Es ist ein Vertrauensbruch, der eine Liebe zu Fall bringen kann. Kein Beziehungs-Kavaliersdelikt, wie man immer wieder hört: „Och, ist doch nicht so schlimm. Ich werfe ja nur mal einen kurzen Blick auf ihre/seine Nachrichten. Und in seine Fotos. Da werde ich schon keine fremden Nudes finden, haha.“

Hier die zwei wichtigsten Gründe, weshalb Sie niemals ins Telefon des Partners luschern sollten:

Grund Nr. 1: Sie treten die Privatsphäre des anderen mit Füßen.

Ach was. Sie spülen sie im Klo runter. Was Sie machen ist nur eine andere Form von Betrug.

Unsere Smartphones sind zu virtuellen Tagebüchern und Fotoalben geworden, in denen so viel Privates steckt. Ich würde bei dem Gedanken sterben, dass jemand außer mir selbst durch meine misslungenen Selfies wühlt. Oder angefangene Nachrichten an alte Lieben liest, die ich nie abgeschickt habe.

Um den Partner zu hintergehen, muss man nicht fremdgehen. Jeder Akt, bei dem das Vertrauen des anderen missbraucht wird, ist am Ende des Tages Verrat. Und ob Ihr Partner Ihnen verzeiht, wenn er von Ihrer Spionage-Aktion erfährt, ist fraglich. (Lesen Sie auch: Sex-Trend "Kunyaza" - von dieser Technik haben Sie noch nie gehört)

Grund Nr. 2: Sie tun sich – eventuell völlig unnötig – selbst weh

Ich habe Freunde, die mir sehr nahestehen. Denen ich intime Dinge anvertraue. Und mit denen ich auf eine Art kommuniziere, die Außenstehende falsch deuten könnten. Ich nenne diese Menschen Baby, sage ihnen, wie sehr sie mir fehlen oder dass ich auf Spotify gerade „unser“ Lied gehört habe. Und meine all das freundschaftlich, nicht flirty. Doch würde mein Partner diese Dinge heimlich in meiner Abwesenheit lesen, würde er es falsch verstehen. Vielleicht auch falsch verstehen wollen. Denn, so glaube ich: Wer sich am Smartphone des anderen zu schaffen macht, will etwas finden. Will sich in seinem Verdacht bestätigt fühlen.

Würde nichts auf eine Affäre oder einen Seitensprung hinweisen, fände man auch Erklärungen: Er oder sie hat alle Chats und Fotos gelöscht. Weiß, dass man ihm auf der Spur ist. Ist nicht nur ein Betrüger, sondern außerdem ein gewissenloser Lügner.

Der Partner hat ab diesem Punkt keine Chance mehr, glimpflich aus der Sache herauszukommen.

Wenn ich in Gesprächen zu diesem Thema an diesem letzten Punkt angelangt bin, höre ich oft: „Aber was, wenn ich Recht habe? Wenn mein Partner mich doch betrügt? Dann habe ich wenigstens Gewissheit.“

Ja, vielleicht betrügt Sie Ihre Frau. Und ja, Sie wüssten in diesem Fall tatsächlich Bescheid. Haben Sie vorab vergeblich versucht, die Wahrheit aus ihr herauszufragen, wurden aber stets beschwichtigt, kann ich verstehen, dass Sie das Wissen befriedigt und Ihnen dabei hilft, einen Abschluss zu finden. Dennoch halte ich das Risiko für zu groß groß, durch Handyschnüffelei jemanden zu verlieren, den man zu Unrecht beschuldigt. (Lesen Sie auch: Erogene Zonen - diese Tricks sollten Männer kennen)

Reden hilft nicht immer – aber oft

Fragen Sie sich, ob es möglich ist, dass Ihre Eifersucht der wahre Übeltäter ist. So war es in vielen mir bekannten Fällen. Nicht immer half Reden, aber oft. Sich gemeinsam hinsetzen und über Ängste und vielleicht auch einen konkreten Verdacht sprechen. Dem anderen zuhören. Sich der Wahrheit stellen. Und ja, die kann auch lauten: „Baby, du siehst Gespenster, es gibt für mich nur dich.“

Alles besser, als sich hinter dem Rücken des geliebten Menschen in Befürchtungen hinein zu steigern und ihn am Ende zu hintergehen.

Sollten Sie derjenige sein, der zu Unrecht ausspioniert wurde und nun nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen soll: Überlegen Sie, ob Sie Ihrem Partner in naher Zukunft wieder vertrauen können. Ist es Ihnen möglich, den Mangel an Respekt zu verzeihen? Ziehen Sie im Notfall die Reißleine, so schmerzhaft es auch sein mag. (Lesen Sie auch: So bringen Sie jede Frau zum Orgasmus)

Der Moment, für klare Verhältnisse zu sorgen

Wurden Sie ausspioniert und erwischt – Pech. Sie haben sich beide nicht mit Ruhm bekleckert. Entweder suchen Sie das Gespräch in der Hoffnung auf eine zweite Chance oder Sie nutzen den Moment, um für klare Verhältnisse zu sorgen.

Falls es Sie interessiert: Ich habe noch nie im Handy eines Partners geschnüffelt. Trotz gelegentlicher Eifersucht vertraue ich dem Menschen, den ich liebe. Warum wäre ich sonst mit ihm zusammen? Betrügt er mich, werde ich es früher oder später erfahren. Andersrum genauso. So war das übrigens schon in den 90ern. (Lesen Sie auch: Die gefährlichsten Orte für Sex – in unserem Zuhause)

Mimi Erhardt ist Sex-Kolumnistin für GQ und GQ.de.  Hier erfahren Sie mehr über die Autorin.

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