Wer entwickelte den expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz?

Ende März 2019 fand ein Workshop des Deutschen Netzwerkes für Qualität in der Pflege (DNQP) zum Expertenstandard "Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz" statt. Im Zentrum der Veranstaltung standen die Herausforderungen und Erfahrungen sowie die Empfehlung aus der Implementierungsphase. Der Expertenstandard wurde in den Jahren 2016 und 2017 erarbeitet. An der sechsmonatigen Implementierungsphase haben 29 Einrichtungen teilgenommen.

Im neuen Expertenstandard stehen nicht die Defizite der Menschen mit Demenz im Vordergrund, sondern deren Bedürfnisse und Lebensqualität. Als zentrales Bedürfnis wird die Beziehung in den Mittelpunkt gerückt. Nicht das WAS ist ausschlaggebend, sondern das WIE. Dazu gehören Zugewandtheit, Aufmerksamkeit, Beachtung der Individualität, Anerkennung, Präsenz.

Nach dem Demenzexperten Tom Kitwood können an Demenz Erkrankte nur in der Begegnung mit anderen wieder ein wenig Klarheit über sich selbst erlangen. Wenn dieses "Hilfs-Ich" fehlt, ist verstärkt mit schlechter Lebensqualität und herausforderndem Verhalten zu rechnen.

Der Expertenstandard unterscheidet fünft thematische Schwerpunkte:

Haltung und Kompetenz: Hier wird die Rolle der Pflegekraft als Hilfs-Ich beschrieben. Die subjektiven Bedürfnisse der Menschen mit Demenz spielen eine wichtige Rolle.  Aus der Interaktion heraus lassen sich Störungen und Bedarfe in der Pflegerischen Beziehung gut einschätzen. Es werden Kriterien beschrieben (z. B. Krankheitseinsicht, Sprache, Aufmerksamkeit), die kognitive Veränderungen verlässlich erkennen lassen.

Planung und Durchführung der Pflege: Hier werden Wissen und Kompetenzen beschrieben, die die Fachkraft mitbringen sollte. Hervorgehoben werden die kommunikativen Kompetenzen. In diesem Zusammenhang ist die Verstehenshypothese wichtig. Hierbei geht es darum, die Dinge aus Sicht der erkrankten Person zu rekonstruieren und sich in sie hineinzuversetzen. Aus dieser Perspektivenübernahme heraus wird dann die Pflege gestaltet. Die auf Kontrolle, Ordnung und Sauberkeit fokussierte Pflegekultur ist dabei nur bedingt kompatibel. Einrichtungen aber auch Aufsichtsbehörden müssen das erkennen.

Anleitung, Schulung, Beratung: Durch einen proaktiven Beratungsansatz unterstützt der Expertenstandard Menschen mit Demenz und deren Angehörige, sich auf die Situation einzustellen und möglichst gut mit der Erkrankung zu leben. Im Idealfall teilen professionell Pflegende und Angehörige gemeinsam eine Sorgehaltung. 

Maßnahmen und Angebote: Wenn Pflegende beziehungsfördernde Angebote kennen, können sie situationsbedingt besser auf subjektive Realitäten wie zum Beispiel Halluzinationen oder Illusionen reagieren. Sie können eine Teilhabe am sozialen leben und einen lebendigen Alltag gestalten. Die Selbstbestimmung des Betroffenen und seine Wünsche sind dabei der Maßstab.  

Evaluation: Die Evaluation ist täglich durchzuführen. Der persönliche Kontakt der verantwortlichen Pflegekraft mit dem an Demenz Erkrankten ist unabdingbar. Im Krankheitsverlauf wird es immer schwieriger, dass Personen mit Demenz Rückmeldungen geben und die Pflege bewerten können. Deshalb muss besonders auf nonverbale Anzeichen geachtet werden. So zum Beispiel mimische und gestische Reaktionen sowie die Körpersprache oder die Stimme. Pflegende können auch versuchen, über Beobachtung

  • Stimmung und Affekt
  • Beziehung und Interaktion zu Mitmenschen
  • Betätigung und Eingebunden-Sein
  • Anzeichen für das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit

zu beurteilen. Entsprechende Indikatoren und Aspekte werden im Expertenstandard beschrieben. Die Ziele Reduzierung von Angst und Unruhezuständen sowie von Apathie und Depressivität ziehen sich durch alle Ebenen.

Mit der Anwendung des Expertenstandards ergeben sich für die Einrichtungen auch Veränderungen. So muss zum Beispiel ein personenzentriertes Konzept entwickelt werden. Die Pflegeplanung und Dokumentation ist beziehungsorientiert auszurichten. So werden zum Beispiel Zitate der Personen mit Demenz, die Hinweise auf die vier Beurteilungskriterien geben, dokumentiert. Eine kontinuierliche Praxis von Fallbesprechungen muss etabliert werden. Wie wird die kontinuierliche Kompetenzentwicklung bei Mitarbeitern sichergestellt.

Der Expertenstandard bündelt das aktuell verfügbare Wissen zum Thema Pflege von Menschen mit Demenz.

Wer entwickelte den expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz?


Der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ wird herausgegeben vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP). Experten für die Pflege von Menschen mit Demenz haben Informationen aus wissenschaftlichen Studien gesammelt, bewertet und daraus Empfehlungen formuliert.

Relias Learning hat zu diesem Expertenstandard einen interaktiven E-Learning-Kurs entwickelt.

Der Expertenstandard Demenz – Aktuelle Situation

Von Januar bis Juni 2018 wurde der Expertenstandard in 28 Einrichtungen der stationären Altenhilfe, der ambulanten Pflege und in der Krankenhausversorgung modellhaft eingeführt.

Die Ergebnisvorstellung und -diskussion findet im Rahmen des 21. DNQP-Workshops am 22. März 2019 in Osnabrück statt.

Was beschreibt der Expertenstandard?

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz erfordern ein Umdenken. Der Pflegeprozess wird nicht allein als Problemlösungsprozess, sondern als Beziehungsgestaltungsprozess verstanden, der eine systematische Reflektion aller am Prozess Beteiligten erfordert.

Der Expertenstandard Demenz beschreibt fünf Handlungsebenen, die dem Pflegeprozess folgen. Es geht darum, was Pflegefachpersonen brauchen und was sie tun sollten, um Menschen mit Demenz das Gefühl zu geben, gehört, verstanden und angenommen zu werden sowie mit anderen Menschen verbunden zu sein.

Gelingende Beziehungsgestaltung bringt eine verbesserte Kommunikationskultur mit sich und fördert ein entspannteres Miteinander von Menschen mit Demenz, Pflegenden und Angehörigen.

Relias hat zu diesem neuen Expertenstandard Demenz einen E-Learning-Kurs entwickelt. Dieser Kurs ist für Pflegende sowohl in Krankenhäusern als auch in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten konzipiert.

Anhand von interaktiven Fallbeispielen (z. B. „Frau Müller wird vergiftet“, „Frau Müller fühlt sich nicht verstanden“), kleinen Aufgaben sowie kurzen Übungsfragen werden praxisorientierte Anleitungen für die tägliche Arbeit mit Menschen mit Demenz bereitgestellt sowie vermitteltes Wissen nachhaltig verankert:

Wer entwickelte den expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz?

Lernziele des E-Learning-Kurses

Nachdem Sie den Kurs absolviert haben, sollten Sie folgende Fähigkeiten erworben haben:

  1. Sie können individuelle Unterstützungsbedarfe bei der Beziehungsgestaltung von Menschen mit Demenz erkennen.
  2. Sie können erklären, weshalb eine person-zentrierte Haltung die Voraussetzung für eine gelingende Beziehungsgestaltung ist.
  3. Sie kennen die strukturellen Anforderungen an Pflegeeinrichtungen und Pflegende, um Menschen mit Demenz in der Beziehungsgestaltung zu unterstützen.
  4. Sie können eine Verstehenshypothese formulieren.
  5. Sie können erklären, weshalb Angehörige und andere Teammitglieder in den Pflegeprozess einbezogen werden müssen und wie dies gelingen kann.
  6. Sie können Möglichkeiten der Beziehungsgestaltung mit Menschen mit Demenz benennen.
  7. Sie wissen, welche Punkte Sie in die Evaluation der Beziehungsgestaltung von Menschen mit Demenz einbeziehen müssen.

Überzeugen Sie sich gern selbst von unserem neuen Kurs. Schauen Sie sich dazu unser Video an:

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Interessieren Sie sich auch für andere Expertenstandard-Kurse von Relias? Diese finden Sie hier:

  • Für Krankenhäuser: https://www.relias.de/krankenhaus/expertenstandards-fuer-krankenhaeuser/
  • Für stationäre Pflegeeinrichtungen: https://www.relias.de/stationaere-pflege/expertenstandards-stationaere-pflegeeinrichtungen/
  • Für ambulante Pflegedienste: https://www.relias.de/ambulante-pflege/expertenstandards-ambulante-pflege/

Bildnachweis: Photographee.eu – stock.adobe.com

Wer entwickelte den expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz?

Franziska Dooley

Bereits seit 1999 hat Franziska Dooley umfangreiche Marketingerfahrung im B2B-Bereich gesammelt. Nach dem Studium hatte sie sich zunächst in Gabelstapler verliebt – und diese für einen internationalen Hersteller vermarktet. Anschließend begleitete sie marketingseitig den Aufbau eines neuen Geschäftsbereiches. Ein Sabbatical führte sie 2012 quer durch Asien und Australien, wo sie im Anschluss für 5 Jahre lebte. Dort hat sie mit ihrer Marketingagentur kleine und mittlere Unternehmen betreut. Anfang 2018 kam sie zurück nach Berlin und hat bei Relias ihre neue berufliche Heimat gefunden.

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Wann wurde der Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz veröffentlicht?

Der im Mai 2018 erschienene Expertenstandard zur Beziehungsgestaltung in der Pflege bei Demenz konzentriert sich deshalb auf diesen Schwerpunkt und definiert folgende Standardkriterien.

Wer sind Anwender des Expertenstandards Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz?

Anwender dieses Expertenstandards sind Pflegefachkräfte ohne spezielle Weiterbildung im gerontopsychiatrischen Bereich. Im Expertenstandard wird dennoch deutlich, dass die personzentrierte Beziehungsgestaltung mit Menschen mit Demenz ohne besondere Kompetenzen nicht bewältigt werden kann.

Wie viele Handlungsebenen des Expertenstandard zur Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz gibt es?

Der Expertenstandard Demenz beschreibt fünf Handlungsebenen, die dem Pflegeprozess folgen. Es geht darum, was Pflegefachpersonen brauchen und was sie tun sollten, um Menschen mit Demenz das Gefühl zu geben, gehört, verstanden und angenommen zu werden sowie mit anderen Menschen verbunden zu sein.

Was versteht man unter Beziehungsgestaltung?

In der Beziehungsgestaltung geht es nicht um die Kontrolle oder das Trainieren von korrektem oder sozial wünschenswertem Verhalten. Vielmehr geht es um die Anerkennung der Person, ihres Erlebens und ihrer damit verbundenen Gefühle.