Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Sitzt man am Weihnachtsabend an einer festlich gedeckten Tafel mit einem „Oplatek“ (dt. Oblate) neben seinem Gedeck, befindet man sich höchstwahrscheinlich in Polen.

Was wird in Polen Wigilia genannt?

Nur in diesem Land gibt es den besonderen Brauch des Oblatenbrechens, bei dem man mit seiner Oblate reihum zu jedem anderen Familienmitglied geht, dabei ein Stück von seiner Oblate abgibt und ein Stück von den Oblaten der Mitfeiernden abbricht und isst. Dabei wünscht man sich für das kommende Jahr alles Gute und viel Segen.

Bei den Oblaten handelt es sich um dünne Teigplatten aus ungesäuertem Mehlteig, die oft auch noch mit kunstvollen Heiligenfiguren geprägt sind.

Gibt es Tiere im Haushalt, teilt man die Oblaten auch mit ihnen, denn nach polnischer Legende können diese in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember mit menschlicher Sprache sprechen.

Wigilia – der Heiligabend und ein Festmahl mit 12 Speisen

Dies ist aber nun einer von zahlreichen festlichen Bräuchen rund um Weihnachten in Polen. Als traditionell katholischem Land kommt der Adventzeit hier natürlich eine besondere Bedeutung zu. Diese beginnt bereits am 30. November, dem Todestag des Heiligen Andreas, und stellt auch den Anfang der weihnachtlichen Fastenzeit dar, die erst am Heiligen Abend zu Mitternacht endet.

Das ist auch der Grund, weshalb das traditionelle Weihnachtsessen, „Wigilia“ genannt, keine Fleischspeisen kennt. Stattdessen besteht es häufig aus zwölf fleischlosen Gerichten, die symbolisch an die zwölf Monate sowie die zwölf Apostel Jesu erinnern sollen.

Meist werden Hering, Karpfen, aber auch die traditionellen Piroggen oder Krautgerichte dargeboten. Auf jeden Fall muss man von allen zwölf Gerichten kosten.

Für Glück und Wohlstand im nächsten Jahr sollen eine Fischschuppe oder Fischgräte sorgen, die man sich nach dem Essen in die Geldbörse steckt.

Unerwartete Gäste sind willkommen

Interessant ist auch, dass in Polen üblicherweise ein Gedeck mehr auf der festlich gedeckten Weihnachtstafel zu finden ist, falls ein Bedürftiger oder unerwarteter Gast an die Tür klopft. Auch soll dieser Brauch an die Verstorbenen der Familie erinnern.

Unter dem weißen Tischtuch und unter dem Weihnachtsbaum legen die Hausbewohner etwas Heu, was daran erinnert, dass Jesus in einem Viehstall geboren wurde. Auch glaubt man daran, dass das Christkind in Begleitung eines Esels auf die Erde kommt.

Wer den Teller anhebt, kann in Polen auch meist noch ein Geldstück darunter finden. Damit verleiht man der Hoffnung Ausdruck, im nächsten Jahr vor Armut geschützt zu sein.

Besondere Weihnachtslieder

Nach dem reichlichen und üppigen Essen folgen das Vorlesen des Weihnachtsevangeliums und das Singen der Weihnachtslieder, der „koledy“, die zu den schönsten der Welt zählen.

Das bekannteste Lied ist dabei „Bóg się rodzi“, auf Deutsch „Christus ist geboren“.

Den Höhepunkt für viele Kinder bildet dann natürlich die Bescherung. Die Geschenke bringt der Weihnachtsmann. Dieser prüft zuerst, ob die Kinder auch brav waren.

Krippenbaukunst in Krakau

Den Abschluss der Feierlichkeiten am Heiligen Abend bildet meist die „pasterka“, die Mitternachtsmesse, welche die Familien gemeinsam besucht. Bestaunen kann man dabei die wunderschön geschmückten Kirchen, die festlich beleuchtet sind und meist eine Krippe aufweisen, oft auch mit lebensgroßen Figuren.

Eine Besonderheit stellen die Krakauer Krippen dar. Ihre seit etwa 1900 übliche Form aus Pappe und bunter Aluminiumfolie wirkt außergewöhnlich und erinnert an die Kulissen eines Puppentheaters. Die im Winter arbeitslosen Maurer und Zimmerer begannen damals damit, kleine Krippen meist nach dem Vorbild der gotischen Krakauer Marienkirche nachzubauen, die von den Dorfjungen von Haus zu Haus herumgetragen wurden.

Seit vielen Jahrzehnten gibt es auch einen Weihnachtskrippen-Wettbewerb, der zu den Höhepunkten in Krakau gehört.

Traditionell ist es so, dass der 25. Dezember in Polen im Kreis der Familie begangen wird. Dabei verzehrt man die Speisen, die noch vom Heiligen Abend übrig geblieben sind. Erst ab dem nächsten Tag begeht man die gegenseitigen Verwandtenbesuche.

Wer eine polnische Frau heiratet, kommt nicht um den Zauber der polnischen Weihnachten umher. Ich selbst komme aus Deutschland, Ostdeutschland um genau zu sein. Das Land der „Jahresendfiguren mit Flügeln“ (Engel) und des Jahresendfestes (Weihnachten). Marxistische-deutsche Gemütlichkeit. Polen ist zum Glück anders. Ich verrate Euch, wie man ein polnisches Weihnachten überlebt.

Ungläubig sehe ich diese Kirchentüre – wie am Hals einer Eieruhr schieben sich gläubige Schäfchen durch das göttliche Nadelöhr. Doch es war nicht Weihnachten, nicht Ostern, sondern ein Standardsommersonntagnachmittag irgendwo in Polen. Diese Szene ist tief eingekratzt in meinem Polenbild. Diese Leute sind verrückt auf Gottesdienst. Kirchen betrat ich in Jugendtagen nur einmal pro Jahr – zu Weihnachten.

Ein paar Sommer später auf einer Journalistenkonferenz in Brüssel lief mir ein süßes polnisches Mädchen über den Weg: verschmitzte Lippen, grünes, flatterndes Kleid und Augen für mich. Das folgende Weihnachten finde ich mich wieder an ihrem Tisch in einer kleinen, warmen Wohnung in Warschau, mit Babcia (Oma) Wiesa, Adam und Ulla (den Eltern), Agata der kleinen Schwester, ihr Bruder Kuba im Rollstuhl und Vena dem Hund. Ich hatte sie bis dahin kaum gesehen und verstehe nicht viel von dem was sie sagen. Nur Vena sprach irgendwie meine Sprache. Diese Famile liebt mich und ich liebe sie. Verstehen bedarf machmal keiner Worte. Weihnachten in Polen ist zauberhaft anders.

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Polnischen Weihnachtstafeln haben immer ein Gedeck mehr als nötig: für Gäste – mögen sie anwesend sein oder nicht. Unter der Tischdecke liegt ein kleines Bündel Heu – Jesus-Like.

Doch bevor sich alle auf das Essen stürzen, stehen sie auf, wandeln umher mit kleine weißen Oplaten (opłatki) in der Hand. Ich bin davon nicht ausgenommen, auch wenn ich nicht wirklich verstehe was ich damit tun soll. Doch langsam beobachte und verstehe ich: ich wer mir gegenüber steht, bekommt ein Stückchen meiner Oplate und einen persönlichen Wunsch von mir. Dann verschluckt man das weiße gemackfreie Stückchen Laib Jesu und die Wünsche des anderen und wandelt weiter. Nicht so einfach am Stück für sechs Leute persönliche Wünsche zu finden. Doch inzwischen bin ich polonisiert, kenne alle am Tisch und bin zu einem meisterlichen Wünscheformulierer erwachsen.

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?
Fisch ist ok – aber es kein Fleisch zum polnischen Heiligabend – eine katholische Tradition

Es das geschafft, geht es los mit Essen. Mjjjam. Die perfekte polnische Hausfrau (kura domowa) serviert zwölf verschiedene Speisen, nicht nacheinander, sondern auf einmal – für jeden Monat des Jahres ein anderes Gericht. Wer nicht vom allem etwas ist, riskiert nicht etwa schlechtes Wetter, sondern hat schlichtweg weniger Glück im nächsten Jahr. In Polen stehen Aberglauben hoch im Kurs. Also ran an die Teller!

Das Problem dabei ist, es zählt vor allem die Zahl und nicht unbedingt den Geschmack. Doch bei meinem ersten Weihnachten in Warschau enttäuschte ich niemanden. Tapfer nahm ich von allem, lernte Leckeres von Essbaren und Ungenießbarem zu unterscheiden.

Unter lecker fällt auf jeden Fall eine dünne Rote-Beete-Suppe namens barsz (hier eher bekannt als Bortsch – wobei die Ukrainisch russische Version deutlich gehaltvoller ist) mit „Öhrchen“ (gefüllte Teigtaschen), Pierogi (die polnische Version von Pelmeni), Lachs, verschiedene Salate.

Aber, es gibt auch andere seltsame Dinge: Karpfen in Aspik, Nudeln en Mohn(sauße), roher Hering im Zwiebelölbad (keiner will Dich dananch mehr küssen). Doch nicht einmal die lieben Polen wagen sich an all diese Sachen ran. Also keine Angst vorm Nichtessen. Ich selbst wollte anfangs freundlich sein und nahm und nahm und gab so manche zweifelhafte Speise dem Labrador zu meinen Füßen. Er mag alles und liebt mich seitdem abgöttisch.

Zu Hause kochten Oma und Mama zu Weihnachten meist einen Braten: einen Hase, Federvieh, machmal Roulade, Klöße, braune Soße, Rotkraut. Das Essen begann mit einem Gläschen Rotwein.

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Da ich nun „mein“ Polen schon ein bisschen kenne, war ich überrascht, kein Fleisch auf dem Tisch zu finden. Normalerweise zieht man dort Kinder mit Muttermilch und Cabanossi (Würstchen) groß. Ein Tisch ohne Fleisch ist ein Tisch ohne Essen. Zu Weihnachten gilt plötzlich nichts mehr von alledem. Die Welt steht Kopf. Und warum? West-Katholische Religion, belehrt mich Wikipedia: Fasten vor den großen Festen. Doch schon am ersten Weihnachtsfeiertag ist all dies vergessen. Polen ist wieder Polen.

Die zweite Überraschung betrifft den Alkohol. Gläschen Wein, Bierchen? Nüschd. Unsere östlichen Nachbarn ziehen zwar nicht die Kinder mit Alk groß, aber mit der Pupbertät stellt sich eine natürliche Affinität zu hartem Zeug ein: Vodka, diverse Eigenbrödeleien aus Spiritus mit irgendwas (Obst, Schoki, Zitronen – was auch immer) angesetzt werden ab diesem Lebensabschnitt zum Grundbedürfnis. Wenn Ihr’s mir nicht glaubt, geht auf einen polnische Hochzeit oder heiratet in eine polnische Familie ein.

Doch zu Weihnachten gilt wieder der Fastenbann. Aber schon der erste und zweite Weihnachtsfeiertag ist für polnische Verkehrspolizisten ein Hochtag: sie dürfen auf jedem Radiosender erklären, wie viele Leute sich auf dem Weg nach Hause oder beim Besuchen der Verwandten die Birne eingefahren haben wegen Alkohol am Steuer und wie viele Leute sie bei groß angelegten Kontrollen aus dem Verkehr gezogen haben.

Anstelle von Alkohol gibt es zu Weihnachtsessen (Wigilia) einen Drink namens kompot: Ein abscheuliches Gebräu aus aufgekochen Trockenfrüchen wie Morellen, Äpfel, Kirschen … Wenn ihr mich fragt, es schmeckt wie der Aufguss eines Aschenbechers mit heißem Wasser und vergammelten Früchten. Wohl einer der Gründe, warum in Polen zu Weihnachten Coca Cola ebenfalls zu einem Standardgetränk geworden ist. Es ist einfach noch besser als Kompot.

Nachdem alle Dinge vom Tisch aufgegessen sind müssen die Kinder raus aus dem Haus um den ersten Stern am Himmel zu suchen. Auf wundersame Weise tauchen in genau dieser Zeit Geschenke unter dem Weihnachtsbaum (übrigens eine deutsche Erfindung, wie ich in Polen lernen musste) auf . Deutsche Gemütlichkeit als Exportprodukt.

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?
Wer zu spät kommt muss drauen warten vor der Kirchentüre (Warschau); Photo: Thomas Alboth

Kurz vor Mitternacht brechen alle in die Kirche auf. Wer noch einen Sitzplatz ergattern will, geht lieber zeitig hin. Ansonsten steht man eben draußen in der Kälte für ein Stündchen. Danach hat man kalte Füße und wüscht sich marxistischere Weihachten zurück.

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

Wann stellt man in Polen den Weihnachtsbaum auf?

An den nächsten Tagen werden die Polen zu Nomdaden und ziehen von Familie zu Familien, trinken, essen Kuchen. Eine gute Lösung zu dem permanenten Problem in Deutschland: bei wem verbringen wir den Weihnachtsabend. Beim nächsten Mal vielleicht in Polen?

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Wann wird in Polen der Weihnachtsbaum aufgestellt?

Weihnachten ist in Polen das wichtigste Familienfest des Jahres. Schon im Advent werden die Häuser und Straßen weihnachtlich geschmückt. Am Heiligabend wird der Weihnachtsbaum aufgestellt. Gegen 17 Uhr wird eine Weihnachtsoblate in Stücke gebrochen und an alle Familienmitglieder verteilt.

Was darf in Polen am Heiligen Abend nicht fehlen?

Heute sind vor allem weiße Oblaten anzutreffen. Auf dem Tisch dürfen Heiligabend natürlich die Gerichte nicht fehlen, meistens sind es zwölf, immer fleischlose Speisen. Jeder muss mindestens ein bisschen von jedem Gericht probieren. Die Zahl zwölf steht für die zwölf Apostel oder für die Zahl der Monate im Jahr.

Was darf in Polen an Heiligabend?

Heiligabend: Wiglia und Pasterka Der Heilige Abend beginnt in Polen mit einem Festessen. Typisch für den 24. Dezember sind Köstlichkeiten wie Hering oder Rollmops in einer Biersoße. Ländliche Leckereien stehen ebenfalls hoch im Kurs.

Was schenkt man in Polen zu Weihnachten?

In Polen legt man besonderen Wert auf das Festessen. Dafür gibt viele Köstlichkeiten, die serviert werden, wie zum Beispiel Rollmops oder Hering in Biersoße und viele ländliche Spezialitäten. Dazu gehören Pierogi (gefüllte Teigtaschen), Weihnachtspasteten und Barszcz (Rote-Beete-Suppe).