Tichy chebli was hat er geschrieben

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Sexismus:Sawsan Chebli erstreitet Schmerzensgeld von Roland Tichy

4. Januar 2022, 16:59 Uhr

Lesezeit: 1 min

Tichy chebli was hat er geschrieben

SPD-Politikerin Chebli hatte zuvor bereits eine Unterlassungserklärung erwirkt

(Foto: Metodi Popow/imago images)

Der Publizist muss der Berliner SPD-Politikerin 10 000 Euro Entschädigung zahlen, entscheidet das Landgericht Berlin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach frauenfeindlichen Äußerungen über sie in einem Magazin hat die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli ein Schmerzensgeld erstritten. Das Landgericht Berlin entschied, dass der Publizist Roland Tichy der 43-Jährigen 10 000 Euro zahlen muss, wie Cheblis Anwalt Christian Schertz und ein Gerichtssprecher am Dienstag übereinstimmend sagten (Az 27 O 195/21). Tichys Verlag äußerte sich auf schriftliche Anfrage zunächst nicht zu dem Urteil und zum möglichen weiteren Vorgehen.

In einer Kolumne in der Monatsschrift Tichys Einblick hatte ein Autor über Cheblis Kandidatur für den Bundestag geschrieben und dabei eine sexistische Formulierung benutzt. Der im September 2020 veröffentlichte Beitrag hatte wegen dieser Wortwahl bundesweit für Wirbel gesorgt. Diverse Persönlichkeiten solidarisierten sich öffentlich mit Chebli, die bis Dezember 2021 Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei war. Die damalige Staatsministerin für Digitales in der Bundesregierung, Dorothee Bär (CSU), kündigte aus Protest gegen Tichy ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung. Wenig später gab Tichy den Vorsitz der Stiftung ab.

In einem früheren Verfahren hatte Chebli bereits eine Unterlassungserklärung Tichys erwirkt. "Es war mir wichtig, auch hier ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass Sexismus niemals Normalität sein darf und er nicht ohne Konsequenzen bleibt", sagte sie zu dem neuen, am 16. Dezember ergangenen Urteil des Landgerichts der dpa. Ihr Anwalt Schertz sagte: "Es ist zu begrüßen, dass die deutsche Justiz deutlich macht, dass sie Verrohung, Hass und Diffamierung nicht nur Unterlassungsurteile entgegensetzt, sondern auch eine Geldentschädigung." Das Gericht habe betont, dass es sich bei den Äußerungen in dem Beitrag um eine Verletzung der Menschenwürde und eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung handele. Der Gerichtssprecher nannte keine weiteren Einzelheiten. Die schriftlichen Urteilsgründe lägen noch nicht vor. Gegen das Urteil sei Berufung beim Kammergericht möglich.

Roland Tichy veröffentlichte frauenfeindliche Äußerungen über Sawsan Chebli (SPD). Nach viel Kritik räumt er nun seinen Posten. Chebli:"Längst überfällig".

Der Publizist Roland Tichy gibt nach scharfer Kritik über frauenfeindliche Äußerungen in seinem Magazin den Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung ab. Er trete bei der am 30. Oktober anstehenden Wahl nicht mehr an, hieß es am Donnerstag in einem Schreiben des Vorstandes an die Mitglieder der Stiftung.

Auslöser des Eklats ist ganz offensichtlich die Debatte um die Äußerungen über die SPD-Politikerin Sawsan Chebli in der Monatsschrift Tichys Einblick. Folgt jetzt eine Frau an der Spitze der männerdominierten Stiftung nach, etwa die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg?

Frauenfeindliche Äußerungen in Tichys Magazin

In dem viel kritisierten Beitrag schrieb Stephan Paetow, dass Chebli in den Bundestag wolle und gegen den "Resignierenden Bürgermeister" Michael Müller (beide SPD) antrete, "der sich ebenfalls vor der Bedeutungslosigkeit ins Bundesparlament flüchten will". Und weiter: "Was spricht für Sawsan? Befreundete Journalistinnen haben bislang nur den G-Punkt als Pluspunkt feststellen können in der Spezialdemokratischen Partei der alten Männer."

Chebli twitterte am Donnerstag, der Rücktritt von Tichy sei "längst überfällig" gewesen, "aber er löst natürlich nicht das Riesenproblem, das wir mit Sexismus haben. Deshalb: Lasst uns auch künftig alle niemals schweigen!"

Der Rücktritt von #Tichy vom LES-Vorsitz war längst überfällig, aber er löst natürlich nicht das Riesenproblem, das wir mit Sexismus haben. Deshalb: Lasst uns auch künftig alle niemals schweigen!

— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) September 24, 2020

Richtig ins Rollen gebracht hatte die Debatte die Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU). Sie habe ihre Mitgliedschaft in der Stiftung aus Protest gegen Tichy gekündigt. Dem "Handelsblatt" nannte sie zur Begründung die frauenfeindlichen Äußerungen über Chebli. "Bei Tichy hat der verbale Ausfall System", sagte Bär der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Friedrich Merz (CDU) hält den Rücktritt von Roland Tichy für die "einzig richtige Entscheidung"

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CDU

Das Machtspiel zwischen Merkel und Merz wiederholt sich

Die Stiftung beschreibt sich zwar als parteiungebundener, gemeinnütziger Verein. Doch letztlich hat die CDU, zu seinen Lebzeiten politische Heimat des Stiftungsgründers und früheren Kanzlers Ludwig Erhard (1897-1977), großen Einfluss. Aus der Partei heraus wurde in dem Fall wohl erheblicher Druck auf Tichy ausgeübt. Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, twitterte zu Tichys Rückzug: "Die einzig richtige Entscheidung."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sowie der Vorsitzende der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann, ließen mit sofortiger Wirkung ihre Mitgliedschaft in der Stiftung ruhen. Die beiden erklärten dazu: "Die Ludwig-Erhard-Stiftung ist eine Institution mit langer Tradition und dem Erbe des Namensgebers verpflichtet. Leider ist seit geraumer Zeit eine Debattenkultur von führenden Vertretern der Stiftung festzustellen, die dieser Verantwortung nicht gerecht wird. Das schadet dem Ansehen Ludwig Erhards."

Tichy chebli was hat er geschrieben

Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung, hat aus Protest gegen Roland Tichy ihre Mitgliedschaft in der Ludwig-Erhard-Stiftung gekündigt.

Bild: Bernd von Jutrczenka, dpa

Kritik an Tichy äußerte nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der ebenfalls Mitglied der Stiftung ist. In einem Schreiben an die anderen Mitglieder argumentiert Weidmann demnach, er schätze die Stiftung, "weil sie der Fortentwicklung marktwirtschaftlichen und freiheitlich-demokratischen Denkens eine Plattform bietet". Dazu gehöre aber ein "Debattenklima gegenseitigen Respekts, nicht nur innerhalb der Stiftung, sondern auch darüber hinaus".

Merz hatte bereits 2018 den Ludwig-Erhard-Preis abgelehnt. Wie das Handelsblatt damals unter Berufung auf Einschätzungen von Jury-Mitgliedern berichtete, war ein Grund, dass Merz bei der Verleihung mit Tichy zusammen auf der Bühne stehen sollte. (Das könnte Sie auch interessieren: "Auge isst ja mit": Sexismus-Vorwürfe an Boris Becker)

Roland Tichy scheiterte mit seiner Klage gegen Claudia Roth

Tichy selbst bezeichnet sein Magazin als "liberal-konservatives Meinungsmagazin". Das Magazin und die Online-Plattform tichyseinblick.de gehören für viele Politiker aus dem rechtspopulistischen Spektrum zur Pflichtlektüre.

Mitte Juni ist Tichy in zweiter Instanz mit seiner Klage gegen Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) gescheitert, die Tichy im Oktober 2019 in der Augsburger Allgemeinen neurechten Plattformen zugeordnet hatte. Deren Geschäftsmodell beruhe "auf Hetze und Falschbehauptungen", sagte Roth. Tichy hatte auf Unterlassung geklagt. Das Gericht entschied jedoch, die Äußerung sei nicht als Tatsachenbehauptung einzustufen, sondern als Meinungsäußerung. (Lesen Sie auch: Anti-Donaulied-Aktion: Online-Petition endet, Engagement geht weiter)

Tichy war von 2007 bis 2014 Chefredakteur der Wirtschaftswoche. Seit 2014 hatte er den Vorsitz der Stiftung inne, die der Vater des deutschen Wirtschaftswunders, der frühere Wirtschaftsminister und Kanzler Ludwig Erhard, 1967 gründete. Sie sollte die Idee der sozialen Marktwirtschaft unter anderem durch Veranstaltungen und Vorträge weiterentwickeln und verbreiten.

Was schrieb Tichy?

1990 veröffentlichte Tichy das Buch Ausländer rein und 2001 zusammen mit seiner Frau Andrea Die Pyramide steht Kopf. Von 1991 bis 1995 war er Chefredakteur des Unternehmermagazins Impulse. Er war erster und einziger Chefredakteur der Zeitschrift Die Telebörse, die von Januar 2000 bis Juni 2002 erschien.

Was macht Sawsan Chebli heute?

Dezember 2021 verließ Chebli die Berliner Senatskanzlei. Ihre Nachfolgerin wurde Ana-Maria Trăsnea. Bei der Bundestagswahl 2021 wollte sie als Direktkandidatin im Wahlkreis Berlin-Charlottenburg – Wilmersdorf kandidieren, unterlag aber bei der parteiinternen Vorwahl Michael Müller.

Wer steckt hinter Tichys Einblick?

Tichys Einblick ist der Titel eines seit 2014 erscheinenden Onlinemagazins des deutschen Journalisten und Publizisten Roland Tichy, der auch die namensgebende Kolumne beisteuert. Seit 2016 erscheint zudem monatlich eine gedruckte Zeitschrift gleichen Titels.