Kann ein Elternteil alleine mit Kind ins Ausland?

Wenn Eltern nicht zusammenleben, werden die Betreuungszeiten der Kinder, inkl. Ferien- und Feiertage, in der Regel in einer Elternvereinbarung (bei unverheirateten Eltern), einer aussergerichtlichen Getrenntlebensvereinbarung, einem Eheschutz- oder Scheidungsurteil verbindlich festgelegt. Es kann aber auch nur eine mündliche Abmachung oder ein bisher stillschweigend gelebter Betreuungsrhythmus vorliegen.

In seiner Betreuungszeit kann jeder Elternteil selbst bestimmen, wo er sich mit den Kindern aufhalten will. Das gilt auch für die Ferien. Mit anderen Worten braucht ein Elternteil die Zustimmung des andern Elternteils grundsätzlich nicht, wenn er mit den Kindern irgendwohin ins Ausland in die Ferien gehen will.

Das gilt jedoch nur, solange der Aufenthalt, wie bei Ferien, ein vorübergehender ist. Will ein Elternteil zusammen mit den Kindern zusammen auf Dauer ins Ausland umziehen (Wohnsitzwechsel), muss der andere Elternteil dem zustimmen.

Hat man den Verdacht, dass der andere Elternteil sich heimlich mit den Kindern dauerhaft ins Ausland «absetzen» will, kann man das Gericht oder die KESB anrufen, um ein Ausreiseverbot zu erwirken. In zeitlich dringlichen Fällen hilft es zuweilen, wenn man der Flughafenpolizei mitteilt, dass man mit der Ausreise des anderen Elternteils mit den Kindern nicht einverstanden ist. Ein solches Vorgehen darf selbstverständlich nur gewählt werden, wenn man ernsthafte Verdachtsgründe hat und keine andere Möglichkeit übrigbleibt.

Sind Kinder von einem Elternteil ins Ausland entführt worden, besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, das Kind gestützt auf das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, in die Schweiz zurückführen zu lassen. Voraussetzung ist, dass das Ausreiseland Mitglied dieses Übereinkommens ist.

Zu beachten ist schliesslich, dass gewisse Länder einen Elternteil, der alleine mit Kinder unterwegs sind, nur einreisen lassen, wenn er eine schriftliche Einverständniserklärung des anderen Elternteils vorweisen kann. Dass ausserdem für die Kinder gültige Ausweispapiere vorhanden sein müssen, versteht sich von selbst.

Rechtsanwalt lic. iur. Manuel Duss, Fachanwalt SAV Familienrecht, Zürich

Für getrennt lebende Eltern ist die Ferienzeit oft eine Herausforderung. Ob man dem anderen Elternteil eine Urlaubsreise ins Ausland verbieten kann und ob man dafür selbst das Einverständnis des Anderen benötigt, hängt in erster Linie von der Obsorgeregelung ab.

am 29.06.2019, 12:00


Vor den Ferien kommt es zwischen getrennt lebenden Eltern immer wieder zu Streitigkeiten über das Kontaktrecht. Das liegt meistens daran, dass die Ferien in der Kontaktregelung nicht oder nur sehr oberflächlich geregelt sind und die Eltern sich bei ihrer Urlaubsplanung nicht rechtzeitig miteinander abstimmen. Ein häufiger Streitpunkt ist auch die Wahl der Urlaubsdestination. Grundsätzlich kann jeder Elternteil zwar selbst bestimmen, wohin er mit den Kindern auf Urlaub fährt. Für Auslandsreisen gilt dies aber nur mit Einschränkungen. Ob man dem anderen Elternteil eine Urlaubsreise ins Ausland verbieten kann und ob man dafür selbst das Einverständnis des Anderen benötigt, hängt in erster Linie von der Obsorgeregelung ab.

Mit Obsorge betraut: Keine Zustimmung nötig

Wenn man mit der Obsorge betraut ist, darf man auch ohne Zustimmung und sogar gegen den Willen des anderen Elternteiles mit dem Kind ins Ausland reisen. Man muss den anderen Elternteil zwar - sofern es sich nicht nur um einen kurzen Wochenendtrip handelt - vorher verständigen, dieser kann die Reise aber nur aus besonderen Gründen untersagen (zB wenn es eine Reisewarnung gibt und das Kind im Urlaubsland gefährdet wäre). Bei der gemeinsamen Obsorge sollen die Eltern nach Möglichkeit einvernehmlich vorgehen, das Einverständnis des anderen Elternteiles ist aber nicht Voraussetzung für die Ausreise.

Ist man nicht mit der Obsorge betraut, benötigt man für Auslandsreisen hingegen die Zustimmung des obsorgeberechtigten Elternteiles. Dieser kann seine Zustimmung auch ohne besondere Gründe verweigern und ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, die Reisepässe des Kindes auszuhändigen. Das gilt auch für Urlaubsreisen im Rahmen des Kontaktrechtes und sogar für kurzfristige Wochenendtrips ins benachbarte EU-Ausland. Im Streitfall kann man zwar eine gerichtliche Entscheidung beantragen, oft ist es dafür aber schon zu spät. Es ist daher empfehlenswert, geplante Auslandsreisen und auch das Urlaubsziel in der Ferienkontaktregelung ausdrücklich festzuhalten und den anderen Elternteil dazu zu verpflichten, vor dem Urlaub den Reisepass und die E-Card des Kindes herauszugeben.

Welche Dokumente benötigt man für eine Auslandsreise?

Wenn ein Elternteil alleine mit den minderjährigen Kindern verreist, kommt es vor allem bei Flugreisen immer wieder zu Problemen beim Check-in am Flughafen oder bei der Einreise ins Urlaubsland. Daher sollte man zusätzlich zum Reisepass oder Personalausweis eine Reisepasskopie und eine Einverständniserklärung des anderen Elternteiles mitnehmen. Entsprechende Formulare findet man im Internet. Die Erklärung des anderen Elternteiles sollte wenn möglich (auch) in der Landessprache des Einreiselandes oder zumindest auf Englisch abgefasst sein. In den meisten europäischen Ländern reicht eine formlose Erklärung, manche Länder verlangen aber eine Beglaubigung durch das Gericht oder einen Notar. Außerdem sollte der andere Elternteil für entsprechende Nachfragen telefonisch erreichbar sein. Auch die Heiratsurkunde der Eltern oder die Meldezettel zum Nachweis, dass man mit den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt lebt, sind in der Praxis sehr hilfreich.

Wenn der andere Elternteil der Urlaubsreise nicht zugestimmt hat, sollte man entweder einen Gerichtsbeschluss über die Zulässigkeit der Urlaubsreise (zB die gerichtliche Ferienkontaktregelung) oder ein amtliches Dokument zum Nachweis der Obsorgeberechtigung mitnehmen. Es gibt auch die Möglichkeit, sich vom Pflegschaftsgericht eine Bestätigung über die Obsorge ausstellen zu lassen.

Einreisevorschriften checken!

In vielen Ländern gelten auch strengere Regeln für die Ausreise, wenn das Kind die Staatsangehörigkeit des Urlaubslandes hat. In diesen Fällen kann es dann zu Schwierigkeiten bei der Rückreise kommen. Da jedes Land seine eigene Einreisevorschriften hat, ist es ratsam, sich beim Außenministerium oder den Botschaften oder Konsulaten zu erkundigen, ob es besondere Vorschriften für die Einreise mit Kindern gibt.

Rechtsanwältin Carmen Thornton.

Über die Autorin: Mag. Carmen Thornton ist selbständige Rechtsanwältin in Wien und schreibt regelmäßig juristische Artikel für WOMAN.at - zuletzt etwa über Zahnspangenkosten. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Scheidungen, Obsorge und Unterhaltsverfahren. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Kann Vater mit Kind ins Ausland?

Der Elternteil, der nicht sorgeberechtigt ist, darf mit dem Kind in der Zeit, in der das Kind bei ihm wohnt oder ihn besucht, ohne Zustimmung des anderen Elternteils vorübergehend ins Ausland reisen.

Wann brauche ich eine Reisevollmacht?

Sind Kinder nicht in Begleitung beider Sorgeberechtigten beziehungsweise mit dem alleinigen Sorgeberechtigten unterwegs, benötigen sie eine Reisevollmacht. Dabei handelt es sich um eine Einverständniserklärung, die bescheinigt, dass die minderjährige Person verreisen darf.

Kann die Mutter mit dem Kind ins Ausland ziehen?

Ein Elternteil kann deshalb mit dem Kind ohne Einwilligung des anderen Elternteils nur dann ins Ausland umziehen, wenn ihm das alleinige Sorgerecht oder zumindest das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht.

In welchen Ländern braucht man eine Reisevollmacht?

Europäische Länder, die möglicherweise an der Grenze eine Reisevollmacht verlangen sind Griechenland, Kroatien, Großbritannien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Slowenien und Serbien. Bei Reisen in entferntere Destinationen wie Südafrika, Brasilien, Kanada oder die USA darf eine Reisevollmacht nicht fehlen.