John f kennedy ich bin ein berliner

US-Präsident Kennedy besucht das geteilte Berlin. Er betitelt die Mauer als das "Symbol für das Versagen des Kommunismus".

Besuch in Berlin

Höhepunkt seiner Reise ist der Besuch in West-Berlin am 26. Juni, dem 15. Jahrestag der Berliner Luftbrücke. Begleitet von Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem regierenden Berliner Bürgermeister Willy Brandt rollt Kennedy an diesem Sommertag in einem Konvoi durch West-Berlin – hunderttausende Berliner jubeln ihm begeistert zu, der Rundfunk berichtet live.

In einer bewegenden und unvergessenen Ansprache an die Berliner vor dem Schöneberger Rathaus geißelt er die Mauer als das Symbol für das Versagen des Kommunismus und bekundet seine Solidarität mit den Bürgern des geteilten Berlins:

"All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin, and therefore as a free man, I take pride in the words: Ich bin ein Berliner."

Die Rede John F. Kennedys im Original:

NARRATOR: June 26, 1963 - West Berlin awaits the U.S. president. John F. Kennedy - for many the 45-year-old embodies a new generation of politician.

ULRICH SCHÜRMANN: "We had the feeling we were being ruled by our grandparents, and here was this guy as fresh and young as we were, like one of us.

NARRATOR: The Berliners also expect a statement about the future of Berlin as a divided city. The western part of the city has been surrounded by a wall for 22 months. Moscow and East Berlin want to stop the stream of GDR refugees. The murderous structure divides friends and families. The Soviet Union repeatedly questions the status of West Berlin and there are tense moments between the two former allies.

EGON BAHR: "We were quiet as mice in the Schöneberg City Hall like everyone else in the rest of Germany. We were trembling and physically felt how dependent we were."

NARRATOR: Two years after the wall is built more than 400,000 citizens wait in front of the Schöneberg City Hall for the address of John F. Kennedy.

SCHÜRMANN: "No pop star could have gathered such a huge crowd at this time in Berlin."

NARRATOR: It is the first visit of a U.S. president to Berlin since the end of the war. What message will he bring?

TED SORENSEN: "It was if they were in an explosive mood ready to act. If he had said let us march, they might have marched on the wall and torn it down."

NARRATOR: But Kennedy said something else.

JOHN F. KENNEDY: "All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin and, therefore, as a free man, I take pride in the words‚Ich bin ein Berliner!"

EDITH HANCKE: "And as he said that famous sentence, there was no stopping us. We started yelling like crazy."

NARRATOR: The crowds feel protected by Kennedy.

SCHÜRMANN: "Unbelievable rejoicing, people had tears in their eyes. It was like a liberation."

NARRATOR: The president's speech was well prepared. He just had to work on the accent.

BAHR: "We sat together with him in the room of the governing mayor, and he practiced how he should say it with our head translator: 'Ich bin ein Berliner.'"

NARRATOR: It is an uplifting moment for Kennedy, too.

SORENSEN: "When we departed he said 'Phew! We'll never have another day like this as long as we live.'"

NARRATOR: Kennedy's message is a free West Berlin is inseparable from the freedom of the West.

Übersetzung der Rede von US-Präsident John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg am 26. Juni 1963

John f kennedy ich bin ein berliner

Bild: Landesarchiv Berlin

“Meine Berliner und Berlinerinnen,

ich bin stolz, heute in Ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden Regierenden Bürgermeisters, der in allen Teilen der Welt als Symbol für den Kampf- und Widerstandsgeist West-Berlins gilt. Ich bin stolz, auf dieser Reise die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihrem hervorragenden Herrn Bundeskanzler besucht zu haben, der während so langer Jahre die Politik der Bundesregierung bestimmt hat nach den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des Fortschritts.

Ich bin stolz darauf, heute in Ihre Stadt in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers gekommen zu sein, General Clays, der hier in der Zeit der schwersten Krise tätig war, durch die diese Stadt gegangen ist, und der wieder nach Berlin kommen wird, wenn es notwendig werden sollte. Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte, der: Ich bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: Ich bin ein Berliner. Ich bin dem Dolmetscher dankbar, daß er mein Deutsch noch besser übersetzt hat. Wenn es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht verstehen oder nicht zu verstehen vorgeben, worum es heute in der Auseinandersetzung zwischen der freien Welt und dem Kommunismus geht, dann können wir ihnen nur sagen, sie sollen nach Berlin kommen.

Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen.
Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit dem Kommunismus zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen.
Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, daß der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei, aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber laßt auch sie nach Berlin kommen.

Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen.

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Bild: Landesarchiv Berlin

Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt lebt, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, daß meine amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Denn ich weiß nicht, daß jemals eine Stadt 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit wie heute West-Berlin.

Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen.

Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren Frieden und der erprobten Verläßlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die Familien und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt zu sehen, in gutem Willen gegen jedermann.

Sie leben auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist mit dem des Festlandes verbunden, und deshalb fordere ich Sie zum Schluß auf, den Blick über die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin und über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall in der Welt, über die Mauer hinweg auf den Tag des Friedens mit Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei. Aber wenn der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles, dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können Sie mit Befriedigung von sich sagen, daß die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre die Front gehalten haben.

Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.”

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Bild: Landesarchiv Berlin

V.l.n.r.: US-Außenminister Dean Rusk, Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer, John F. Kennedy, General Lucius D. Clay, Regierender Bürgermeister Willy Brandt, Parlamentspräsident Otto Bach

V.l.n.r.: US-Außenminister Dean Rusk, Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer, John F. Kennedy, General Lucius D. Clay, Regierender Bürgermeister Willy Brandt, Parlamentspräsident Otto Bach

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Bild: Landesarchiv Berlin

Ansprache auf dem Rudolph-Wilde-Platz (heute John-F.-Kennedy-Platz) vor dem Rathaus Schöneberg.

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Bild: Landesarchiv Berlin

So hatte Kennedys Übersetzer Lochner dem Präsidenten den berühmten Satz “Ich bin ein Berliner” aufgeschrieben.

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Bild: Landesarchiv Berlin

Der Anfang der Rede in Kennedys Original-Manuskript.

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Bild: Landesarchiv Berlin

Kennedy bei der Eintragung in das Goldene Buch von Berlin.

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Bild: Landesarchiv Berlin

So sieht der Eintrag Kennedys in das Goldene Buch aus.