Darf der chef leistungen verlangen, die nichts mit meiner qualifikation zu tun haben?

Arbeitsrecht: Was darf der Chef von den Mitarbeitern verlangen und was nicht?

Darf der chef leistungen verlangen, die nichts mit meiner qualifikation zu tun haben?

02:21 min

Achtung, sonst droht eine Abmahnung!

Privates im Job: Was ist erlaubt und was nicht?

9. Dezember 2021 - 14:45 Uhr

Arbeitnehmer, aufgepasst: Nicht alles ist erlaubt

WhatsApp-Nachrichten senden, eben mal kurz Facebook checken oder noch schnell einen Arzttermin vereinbaren - oft erledigen Arbeitnehmer viel Privates auf der Arbeit. Aber auch mancher Chef respektiert die Grenzen nicht und fragt nach Feierabend To-dos ab. Da stellt sich die Frage: Was ist eigentlich erlaubt? Was darf der Chef, und was darf der Arbeitnehmer? Wir klären auf.

So viel Privates ist bei der Arbeit erlaubt

Arbeitgeber bezahlen ihre Beschäftigten, damit sie die anfallende Arbeit erledigen und nicht dafür, dass sie sich mit Privattelefonaten, Chats oder Ähnlichem beschäftigen. Viele Chefs tolerieren das zwar, aber Vorsicht: Wie viel Privates darf man mit der Arbeitszeit vermischen? Rechtsanwältin Ann-Sophie Braun sagt, was geht und was nicht.

Die meisten Arbeitsverträge enthalten eine Stellenbeschreibung, die genau festlegt, welche Aufgabenbereiche Sie in Ihrer Position übernehmen müssen. In der Regel sind hier keine privaten Erledigungen aufgeführt. Die Arbeitszeit ist zum Arbeiten da. Dafür werden Sie bezahlt. Wenn der Arbeitgeber festlegt, dass Privatsachen generell verboten sind, muss sich der Arbeitnehmer daran halten. Ansonsten droht die Abmahnung und im schlimmsten Fall die Kündigung.

Auch gefährlich: zu spät zur Arbeit zu kommen. "Das ist der Klassiker. Da ist auf jeden Fall eine Abmahnung gerechtfertigt", sagt Rechtsanwältin Braun. Kommen Sie trotz Abmahnung weiter regelmäßig zu spät, ist sogar eine Kündigung möglich. Welche Kündigungs-Fallen Sie noch kennen sollten, erfahren Sie im Video.

Rechte als Arbeitnehmer: Das darf der Chef nicht verlangen

Neben den verschiedenen Pflichten und Anforderungen, die aus dem Arbeitsvertrag hervorgehen, gibt es auch viele Dinge, die kein Chef von seinen Arbeitnehmern verlangen darf.

Krankschreibung

Waren Sie beim Arzt und haben sich im Anschluss ordnungsgemäß bei Ihrem Arbeitgeber krank gemeldet, dann darf der Chef nicht von Ihnen verlangen, wieder am Arbeitsplatz zu erscheinen oder von zuhause aus zu arbeiten.

Überstunden und Mehrarbeit

Streng genommen müssen Sie auch keine Anforderungen übernehmen, die nicht vertraglich festgehalten sind. Wenn die Bitten, Aufgaben für den Chef zu erledigen, überhandnehmen und Sie feststellen, dass Sie ständig Überstunden machen müssen, sollten Sie mit Ihrem Chef ein Gespräch führen.

Fazit: Im Zweifel lieber beim Chef nachfragen, damit es bei der Arbeit auch entspannt bleibt.

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Weisungsrecht Müssen Mitarbeiter jede Anweisung befolgen?

Im Unternehmen gibt der Chef die Richtung vor. Doch sein Weisungsrecht hat Grenzen. Nach einem neuen Urteil müssen Arbeitnehmer nicht mehr jede Anweisung befolgen.

    Darf der chef leistungen verlangen, die nichts mit meiner qualifikation zu tun haben?

    Hier geht´s lang! Chefs haben ein Weisungsrecht und dürfen ihren Mitarbeitern Anweisungen geben. Doch nicht alle Weisungen müssen Angestellte auch befolgen.© belov1409 / iStock / Getty Images Plus

    Alles hört auf sein Kommando – wer im Unternehmen das Sagen hat, ist klar: der Chef. Er hat ein Weisungsrecht, auch Direktionsrecht genannt. Das heißt, er darf nach eigenem Ermessen festlegen, wer wann welche Arbeit übernimmt. Doch müssen Angestellte wirklich alle Anweisungen befolgen, auch strittige? Bisher war das so – zumindest bis ein Gericht anderes entschied. Die Richter waren sich diesbezüglich allerdings nicht immer einig. Ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts bringt jetzt Klarheit.

    Worum geht es in dem Urteil?

    Ursprung ist ein Urteil des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2012 (5 AZR 249/11). Damals entschieden die Richter, ein Arbeitnehmer dürfe sich auch über eine unbillige, also ungerechte Weisung nicht hinwegsetzen. Das sei ihm erst dann erlaubt, wenn ein Gericht über die Sache entschieden habe. Weigerte sich ein Angestellter also, durfte ihm gekündigt werden. Doch an dieser Auffassung hält der 5. Senat nicht länger fest und macht jetzt den Weg frei für ein neues Urteil.

    Geklagt hatte ein Immobilienkaufmann, der am Standort Dortmund arbeitete und nach Berlin versetzt werden sollte. Er weigerte sich, wurde zweimal abgemahnt und schließlich fristlos gekündigt. Daraufhin klagte er: Er wollte feststellen lassen, dass er nicht verpflichtet war, die Versetzung hinzunehmen. Nun gab ihm das Bundesarbeitsgericht Recht. (10 AZR 330/16)

    Welche Konsequenzen hat das Urteil für Arbeitgeber?

    Dürfen Chefs jetzt nicht länger Anweisungen geben? Doch, sie dürfen. „Es geht nur um unbillige Weisungen. Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auffordert, eine Aufgabe auszuführen, die durch das Direktionsrecht gedeckt ist, dann muss der Arbeitnehmer ihr nach wie vor nachkommen. Weigert er sich, kann der Arbeitgeber ihn abmahnen und gegebenenfalls kündigen. Das bleibt“, sagt die Juristin.

    Was umfasst das Weisungsrecht?

    Das Weisungsrecht gibt es, weil nicht jedes Detail einer Tätigkeit im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden kann. Genaueres dazu ist in § 106 der Gewerbeordnung geregelt. Dort heißt es: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen.“ Anders formuliert: Ein Chef darf festlegen, wer was wann und wo macht. Allerdings hat das Weisungsrecht Grenzen: Weisungen dürfen weder gegen Gesetze und das Persönlichkeitsrecht verstoßen noch unbillig sein.

    Was Chefs zum Weisungsrecht und der arbeitrechtlichen Situation im Falle des neuen Coronavirus wissen müssen: Coronavirus und Arbeitsrecht: Diese Regelungen sollten Sie kennen

    Unsere Expertin

    Darf der chef leistungen verlangen, die nichts mit meiner qualifikation zu tun haben?

    Cornelia Marquardt arbeitet für die Kanzlei Norton Rose Fulbright. Sie leitet dort die Arbeitsrechtspraxis für die Regionen Europa, Naher Osten und Asien.

    Was sind unbillige Weisungen?

    Unbillig heißt in der Rechtssprache so viel wie ungerecht, unangemessen und unzumutbar. Woran erkenne ich als Vorgesetzter, dass meine Anweisung unbillig ist? „Im Einzelfall müssen jeweils die Interessen beider Parteien abgewogen werden, weil es um Zumutbarkeit geht“, erklärt Marquardt. Folgende Beispiel machen deutlich, worauf es ankommt.

    Arbeitsort

    Ein Arbeitgeber darf laut Gewerbeordnung den Arbeitsort festlegen. Doch auch hier stößt das Weisungsrecht an Grenzen. Hat zum Beispiel ein Betrieb einen Standort in Dortmund und einen in Bochum, dann kann der Arbeitgeber einen Angestellten anweisen, nicht länger in Dortmund zu arbeiten, sondern in Bochum. Weil die beiden Orte nicht weit voneinander entfernt liegen, sind die Chancen gut, die Weisung durchzusetzen. „Solange der Arbeitnehmer noch pendeln kann, ist das in der Regel zumutbar, also eine billige Weisung. Wenn ein Umzug erforderlich wird, dann kippt das Ganze ein wenig zugunsten des Arbeitnehmers“, erklärt die Expertin.

    Doch es gibt laut Marquardt noch andere Kriterien. Beispielsweise: Ist der Mitarbeiter an einem bestimmten Ort familiär gebunden? Ist ihm längeres Pendeln nicht zumutbar, weil er nur Teilzeit arbeitet? „Deswegen ist es im Vorfeld oft sehr schwierig festzustellen, ob eine Weisung billig ist oder nicht“, sagt sie.

    Arbeitszeiten

    Wenn im Betrieb gerade viel zu tun ist, kann dann der Arbeitgeber die Arbeitszeiten aufstocken? „Hier ist die Sache klarer, weil die Arbeitszeit meist im Arbeitsvertrag festgelegt wird. Ein Teilzeitarbeiter, der laut Arbeitsvertrag nur 20 Stunden pro Woche arbeiten muss, dem kann ich nicht 30 Stunden zuweisen“, sagt Marquardt. Auch Stunden zu reduzieren, sei nicht durch das Weisungsrecht gedeckt. „Hat ein Mitarbeiter einen Anspruch auf eine Vollzeitstelle, kann ich nicht sagen, künftig arbeitest du nur noch 20 Stunden.“

    Arbeitsinhalt

    Wer erledigt welche Aufgabe im Betrieb – im Prinzip gilt auch hier das Weisungsrecht. Allerdings kommt es dabei auf die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags an. Arbeitsrechtlerin Marquardt erklärt, worauf Arbeitgeber dabei achten sollten: „Ist der Arbeitsvertrag so formuliert, dass ein sehr weites Aufgabenfeld abgedeckt ist, zum Beispiel Sachbearbeitung, dann kann ich demjenigen alle Tätigkeiten zuweisen, die typischerweise zu der Position gehören.“

    Werde allerdings ganz konkret festgehalten, dass jemand als Außen-Monteur für Klimaanlagen im Raum München zuständig ist, seien Weisungen nur noch innerhalb des dadurch gesteckten Rahmens zulässig. Grundsätzlich gilt: „Je konkreter die Arbeitsbeschreibung, umso stärker ist das Weisungsrecht eingeschränkt, umso höher ist das Risiko, dass eine Weisung unbillig ist. Je weiter die Beschreibung im Arbeitsvertrag gefasst, desto mehr kann ich als Arbeitgeber zuweisen.“ Für Arbeitgeber sei es also sinnvoll, die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag möglichst weit zu fassen, weil er so ein umfassenderes Weisungsrecht habe.

    „Ansonsten habe ich als Arbeitgeber noch die Möglichkeit, eine Versetzungsklausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, mit der ich mir vorbehalte, die Tätigkeit zu ändern“, erklärt Marquardt. Der Chef kann dann etwa festlegen, dass ein Mitarbeiter aus dem Einkauf in die Buchhaltung wechselt. Man behalte sich so laut Marquardt ganz allgemein vor, dem Arbeitnehmer andere Aufgaben zuzuweisen. „Die neue Aufgabe muss allerdings dem Ausbildungsstand entsprechen, die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen und es darf sich dabei nicht um eine Degradierung handeln. Eine Degradierung ist immer eine unbillige Weisung.“

    Kleidung

    Wenn der Vertriebler Kunden in zerrissener Jeans empfängt, macht das sicher keinen guten Eindruck. Doch kann der Chef daran etwas ändern? „Im Grundsatz kann ich als Arbeitgeber meine Mitarbeiter anweisen, bestimmte Kleidungsvorgaben einzuhalten. Voraussetzung ist, dass dies die Interessen des Mitarbeiters nicht zu stark einschränkt und es dafür einen Grund gibt“, sagt die Arbeitsrechtlerin.

    Was wäre so ein Grund? Immer wenn es um das Thema Sicherheit geht, hat der Arbeitgeber ganz klar das Recht, Weisungen zu erteilen. „Als Chef kann ich meinen Angestellten keine Vorschriften zur Unterwäsche machen. Ich kann aber auf jeden Fall Dinge anweisen, die sicherheitsrelevant sind“, sagt Marquardt. Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter lange Haare habe und in der Nähe von Maschinen arbeite, in denen sich die Haare verfangen können, könne der Vorgesetzte ihn anweisen, sie zusammenzubinden oder zu kürzen.

    Ist die Tätigkeit durch die Kleidung in keiner Weise beeinträchtigt, hat der Arbeitgeber kein Direktionsrecht, eine entsprechende Weisung wäre also unbillig. Das wäre zum Beispiel der Fall bei einem Backoffice-Mitarbeiter, der keinen Kundenkontakt hat.

    Wer muss beweisen, dass eine Weisung unbillig war?

    War eine Weisung unbillig, musste das bisher der Arbeitnehmer vor Gericht beweisen. Künftig hänge es laut Marquardt davon ab, welche Frage vor Gericht geklärt werden soll: Will ein Arbeitnehmer nicht gezahlten Lohn (Annahmeverzugslohn) einklagen oder ein Arbeitgeber eine Kündigung durchsetzen?

    Annahmeverzugslohn

    Widersetzt sich ein Arbeitnehmer einer Weisung, wird ihm vermutlich kein Lohn mehr gezahlt. Will er das Geld dennoch haben, kann er klagen und das Gericht entscheiden lassen, ob die Weisung billig war. Dann liegt es an ihm zu beweisen, dass er für den fraglichen Zeitraum leistungswillig war und bereit gewesen wäre, eine ordnungsgemäße Weisung auszuführen. Sollte das Gericht entscheiden, dass die Weisung nicht ordnungsgemäß war, bekommt er Recht – und den nicht gezahlten Lohn.

    Kündigung

    Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitgeber einen Angestellten kündigen will, weil er glaubt, dieser habe eine ordnungsgemäße Weisung nicht befolgt. Landet die Sache vor Gericht, so müsse laut Marquardt der Arbeitgeber den Kündigungsgrund darlegen – und damit auch, dass die Weisung billig war.

    Ist es sinnvoll, jede Weisung zu dokumentieren?

    In den meisten Fällen empfiehlt es sich, eine Weisung zu dokumentieren. „Nur wenn ich dokumentiere, dass ich eine Weisung erteilt habe, kann ich auch den Verstoß dagegen beweisen“, sagt Marquardt. Anders sehe es aus, wenn von Beginn an klar sei, dass die Weisung unbillig sei, und sie der Arbeitgeber nur aus taktischen Gründen erteile, um einen Mitarbeiter loszuwerden.

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      Was darf der Arbeitgeber nicht vom Arbeitnehmer fordern?

      Ihr Chef darf nicht von Ihnen fordern, private Dinge zu berichten, die Sie nicht von sich aus erzählen würden. Jeder Mitarbeiter hat ein Recht auf Privatsphäre und die ist außerdem auch durch das deutsche Rechtssystem geschützt.

      Kann ich zusätzliche Aufgaben ablehnen?

      Natürlich sollte man nicht jede zusätzliche Aufgabe ablehnen. Eine realistische Einschätzung der Situation sowie der eigenen Leistungsfähigkeit hilft dabei, im richtigen Moment Ja oder eben auch mal Nein zu sagen. Dabei spielt der Ton die entscheidende Rolle.

      Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jederzeit einen anderen Arbeitsbereich zuteilen?

      Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nicht einseitig durch Arbeitsanweisung eine andere Tätigkeit zuweisen und damit die vertraglich vereinbarte Leistungspflicht ändern.

      Was darf mein Chef zu mir sagen?

      Auch über die Ordnung im Betrieb und das Verhalten der Arbeitnehmer darf der Chef bestimmen. Aber: Seine Weisungen müssen sich immer noch im Bereich des „billigen Ermessens“ bewegen. Das heißt: Sie dürfen nicht ungerecht oder unverhältnismäßig sein.