Bin 1989 in rente muss ich steuern zahlen

Die Rentnerinnen und Rentner in Deutschland können in diesem Jahr die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren erwarten. 54 Euro mehr bekommt der Durchschnittsrentner. Doch manch einer muss nun auch erstmals Steuern abführen.


In den alten Bundesländern werden die Renten um 4,25 Prozent und in den neuen Bundesländern um 5,95 Prozent erhöht. Durch die Erhöhung werden nach Aussagen der Bundesregierung rund 160.000 Rentner/innen im Jahr 2016 erstmals steuerpflichtig. „Wie viel Steuern und ob überhaupt Steuern zu zahlen sind, hängt jedoch sehr stark von der individuellen Situation ab“, sagt Edmund Lennartz vom ver.di-Lohnsteuerservice.

Mit dem „Alterseinkünftegesetz“ hat die Bundesregierung 2005 die sogenannte nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Wer vor dem Jahr 2005 in Rente gegangen ist, hat dauerhaft einen einmalig ermittelten Freibetrag von 50 Prozent. Bei Renteneinstieg bis zum Jahr 2040 wird der steuerpflichtige Anteil der Rente von 50 Prozent schrittweise auf 100 Prozent steigen, sodass dann die gesamte Rente steuerpflichtig sein wird. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2016 beträgt der steuerpflichtige Anteil jetzt schon 72 Prozent. Die restlichen 28 Prozent bleiben steuerfrei. Dieser Freibetrag steigt bei künftigen Rentenerhöhungen dann nicht mit.

Beispiel Rentenbeginn Juni 2016

Bei einer Altersrente von monatlich 1.300 Euro beträgt das Jahreseinkommen 15.600 Euro. Der steuerpflichtige Anteil für Rentenneuzugänge in 2016 beträgt 72 Prozent, das sind 11.232 Euro. Der persönliche Freibetrag beträgt in diesem Fall 28 Prozent, das macht 4.368 Euro. Dieser einmal ermittelte Freibetrag in Höhe von 4.368 Euro bleibt immer gleich, auch wenn die Rente angehoben wird. Das bedeutet, künftige Rentenerhöhungen werden immer voll zum jeweiligen Steuersatz besteuert.

Natürlich haben Rentner/innen wie alle anderen Steuerpflichtigen auch die Möglichkeit, ihre Steuerschuld zu verringern oder auf null zu drücken. Von den steuerpflichtigen Einkünften können z.B. Pauschbeträge für Behinderte, Pflegeaufwendungen, gezahlte Spenden, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen usw. abgesetzt werden. Wenn nach Abzug dieser Beträge, sowie der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, das zu versteuernde Einkommen über dem Grundfreibetrag von 8.652 Euro liegt, sind Steuern zu zahlen.

Der Fiskus freut sich

Insgesamt 4,4 Millionen Ruheständler/innen werden 2017 vom Fiskus zur Einkommensteuer herangezogen, also jeder fünfte der rund 20 Millionen Rentner/innen. Nach Einschätzung der Bundesreigerung führt die Rentenerhöhung zu Mehreinnahmen für den Fiskus von knapp 1,5 Milliarden Euro in zwei Jahren. Im Jahr 2017 entstehen infolge der Anhebung Mehreinnahmen von schätzungsweise 720 Millionen Euro und 2018 von rund 730 Millionen Euro.

Seit dem Jahr 2008 erhält jeder Bürger eine Steuer-Identifikationsnummer. Auch Rentner/innen sind vom Gesetzgeber verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Das Finanzamt bekommt durch einen Datenabgleich mit Rentenversicherungsträgern, Versicherungen und Banken Kenntnis von allen gesetzlichen und betrieblichen Renten.

Was bleibt künftig netto?

Der persönliche Blick in die regelmäßige Renteninformation offenbart zwar die zu erwartende Rentenhöhe, doch davon gehen noch die Kranken- und Pflegeversicherung und evtl. eine Steuerzahlung runter. Wer jetzt schon mal grob überschlagen möchte, welche Rente für ihn später in ein paar Jahren mal netto übrig bleiben wird, kann dies mit Hilfe von verschiedenen Rentenrechnern tun, im Internet finden sich verschiedene unter dem Suchwort „Rentenrechner“.

Die ver.di-Lohnsteuerbeauftragten helfen bei allen Steuerfragen rund um die Rente und Einkommensteuererklärung. Ansprechpartner für den kostenlosen Mitgliederservice gibt es in jedem ver.di-Bezirk und im Mitgliedernetz.

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Immer wieder fällt in Diskussionen rund um die Rente der Begriff Doppelbesteuerung. Doch was ist damit genau gemeint? Zahlen Rentner tatsächlich doppelt Steuern? Und wenn ja, betrifft das jede Rentnerin und jeden Rentner – oder doch nur einige? Wie sieht die Rechtslage aus? Viele Fragen – die Antworten gibt’s wie gewohnt leicht verständlich hier bei uns im Blog.

Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen

Kommen wir zuerst mal zu den Fakten, um die größten Missverständnisse ausräumen zu können.

  • Viele wettern über eine Doppelbesteuerung der Renten, weil steuerpflichtige Rentner ja auch schon vor dem Ruhestand Steuern gezahlt haben. Das ist aber, sagen wir es nett, viel zu kurz gegriffen. Wir erklären weiter unten, was Doppelbesteuerung tatsächlich ist. Doch dafür brauchen wir noch ein bisschen Vorlauf.
  • Jedes Jahr werden mehr Rentner steuerpflichtig, in diesem Jahr sollen es fast fünf Millionen werden, ausführlich können Sie das hier nachlesen.
  • Seit 2005 gibt es die sogenannte nachgelagerte Rentenbesteuerung. Vereinfacht: Renten werden nun besteuert, dafür ist die Altersvorsorge steuerfrei. Das passiert nicht auf einen Schlag. Jahr für Jahr steigt der zu versteuernde Anteil der Rente bei den Neurentnern, bis 2040 die komplette Rente zu versteuern ist. Im Gegenzug steigen die Freibeträge bei den Rentenversicherungsbeiträgen jährlich an. Alle ausführlichen Infos dazu finden sie in unserem Steuer-ABC unter dem Buchstaben R.
    Wichtig an dieser Stelle: Wie hoch der Prozentsatz bei der Versteuerung der Rente ist, hängt vom Renteneintrittsjahr ab. 2019 sind es zum Beispiel 78 Prozent. Daraus wird der Rentenfreibetrag ermittelt, der dann für die gesamte Rentenzeit gleich bleibt. Beispiel: Jahresrente 18.000 Euro, davon 78 Prozent sind 14.040 Euro. Steuerfrei sind 3.960 (18.000 – 14.040) Euro – und das ist der Rentenfreibetrag.
  • Das Problem: diese beiden „Entwicklungen“ – steigende Steuern auf Rente und sinkende Steuern auf Rentenbeiträge – laufen nicht gleich schnell. Es kann also im schlimmsten Fall passieren, dass Renten besteuert werden – die aus bereits versteuerten Rentenbeiträgen gezahlt werden. Und das wäre dann eine Doppelbesteuerung.

Ist das überhaupt erlaubt?

Nein, das ist es nicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte dazu schon 2002 entschieden und eine Doppelbesteuerung als verfassungswidrig eingestuft. Und doch passiert es. Wissenschaftler hatten für das ARD-Magazin „plusminus“ berechnet, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nur recht wenige Rentner betrifft, der Anteil aber in den nächsten Jahren ansteigen wird.

Wir fassen zusammen: Doppelbesteuerung ist laut Bundesverfassungsgericht nicht erlaubt, aber sie passiert. Und sie wird häufiger passieren in Zukunft.
Die einzige Chance derzeit: Klagen! Aber, und jetzt kommt das große Aber: Es ist extrem aufwendig. Denn man braucht alle Steuerbescheide aus dem Berufsleben. Wer hat die schon noch? „plusminus“ berichtet von einem Mann, der geklagt hatte (und dazu auch alle alten Steuerbescheide vorwies!). Das Gericht entschied zwar, dass der Rentner doppelt besteuert wurde („Überbesteuerung“), die Belastung aber so gering sei, dass sie für ihn hinnehmbar sei. Der Rentner hatte selbst errechnet, dass bei ihm mittlerweile 3.000 Euro doppelt besteuert worden sind – und plant den Gang zum Bundesfinanzhof.  

Was sind die Voraussetzungen für eine Doppelbesteuerung?

Zuerst noch einmal: Es betrifft zur Zeit nur sehr wenige Rentner. Die Stiftung Warentest schreibt: „Von einer Doppelbesteuerung geht der Bund der Steuerzahler aus, wenn der Rentenfreibetrag im ersten Jahr des vollen Rentenbezugs multipliziert mit der statistischen Lebenserwartung bei Rentenbeginn niedriger ist als die aus unversteuertem Einkommen gezahlten eigenen Beiträge.“
Bleiben wir im obigen Beispiel und einem Rentenfreibetrag von 3.960 Euro und 18 Jahren Lebenserwartung erhält man 71.280 Euro. Das heißt, die Beiträge zur Rentenversicherung müssen über diesem Wert liegen. Am besten sogar deutlich drüber. Meist ist es aber so, dass eine guter Einzahler auch eine gute Rente bekommt, der Rentenfreibetrag entsprechend höher ist und so dann doch wieder keine Doppelbesteuerung vorliegt. Aber nochmal: Der Rentenfreibetrag wird für Rentner, die später in Rente gehen, immer geringer. Und das geht schneller, als die Steuerfreiheit bei den Rentenbeiträgen voranschreitet beziehungsweise vorangeschritten ist.

Bleibt das jetzt so für immer?

Nun, wir wissen es nicht. Noch ist die Zahl der Rentner mit Doppelbesteuerung gering (die meisten werden es nicht mal wissen) und jeder einzelne müsste klagen – der Bund der Steuerzahler strebt zudem Musterklagen an. Aus der Politik hingegen ist kaum was zu hören. Dabei könnte man das Problem der Doppelbesteuerung einfach lösen, meint zumindest Die Linke: Der Übergangszeitraum für die Rentenbesteuerung müsste einfach statt bisher bis 2040 auf 2060 gestreckt werden. Es bleibt also nur abzuwarten – und zu hoffen, dass es eine Klage bis zum Bundesfinanzhof oder noch besser bis zum Bundesverfassungsgericht schafft. Entscheiden die Richter dann im Sinne der Rentner, muss die Politik reagieren.

Was bedeutet das konkret für mich?
Zuerst: Wenn Sie ein steuerpflichtiger Rentner sind, machen Sie unbedingt Ihre Steuererklärung. Unsere Online-Lösung smartsteuer ist auch maßgeschneidert für Rentner. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie ein „Doppelbesteuerungsfall“ sein könnten, wenden Sie sich an den Bund der Steuerzahler. Die suchen noch „Freiwillige“ für Musterklagen.

Mehr zu der Besteuerung der Rente erfahren Sie in unserem Video:




Bin 1989 in rente muss ich steuern zahlen
Stefan versteht als Fachanwalt für Steuerrecht selbst die Gesetze, die ihre eigenen Autoren verzweifeln lassen. Dabei widerlegt er das Gerücht, Juristen könnten nicht rechnen – zur Freude unserer Kunden und zum Ärger des Finanzamtes. Als Geschäftsführer von smartsteuer hält Stefan das Team mit seiner harmonischen Art zusammen und fokussiert es auf das gemeinsame Ziel: Die einfachste Steuererklärung.

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Wann war die Rente steuerfrei?

Dafür waren die späteren Rentenauszahlungen steuerfrei. Dies wurde 2005 grundlegend geändert: Die Einzahlungen in die gesetzliche Rente sollten steuerfrei (also von der Steuer absetzbar) sein, die Auszahlungen der gesetzlichen Rente dafür steuerpflichtig.

Wie viel Rente darf ich haben ohne Steuern zu zahlen?

Konkret gesagt: Bis zu einem Steuerfreibetrag von derzeit 10.347 Euro für Alleinstehende und bei verheirateten Ehepaaren bis zu 20.694 Euro bleibt die Rente steuerfrei. Hierbei ist aber nicht nur die eigentlich gezahlte Rentenzahlung zu berücksichtigen, sondern auch alle Nebeneinkünfte.

Bei welchem Einkommen muss man keine Steuern zahlen?

Ein wichtiger Freibetrag ist zum Beispiel der sogenannte "Grundfreibetrag", der schon im Tarif eingearbeitet ist. Dieser liegt im Jahr 2021 bei 9.744 Euro, das bedeutet: bei einem Einkommen bis zu 9.744 Euro beträgt die Steuer 0 Euro.

Wie lange muss ein Rentner Steuern nachzahlen?

Das Finanzamt kann für 5 Jahre Steuern nachberechnen, wenn es durch eine Mitteilung des Rentenversicherungsträgers erfährt, dass ein Rentner seit Jahren eine Rente bezieht, welche noch nicht besteuert wurde.