Abrechnung von goä ziffer am gleichen tag

Es lohnt sich also darauf zu achten, wann in der Privatabrechnung die Grenze zu einer bloßen Befundmitteilung überschritten ist.

Voraussetzungen für GOÄ Ziffer 75

Die Textlegende der Ziffer 75 legt fest, dass Angaben

  • zur Anamnese
  • zum Befund
  • zur epikritischen Bewertung und
  • gegebenenfalls zur Therapie

erfolgen müssen.

Eine Epikrise ist ein zusammenfassender kritischer Bericht über die endgültige Diagnosestellung oder über den Ablauf der Erkrankung nach Abschluss des Falles, eine Interpretation der Krankengeschichte und der veranlassten Therapie. Wichtig ist die individuelle Bewertung des Falls.

Für die GOÄ Ziffer 75 muss der Krankheitsverlauf „im Längsschnitt“ = im historischen Verlauf dargestellt und bewertet werden, einschließlich der erfolgten Behandlungen (VG Düsseldorf, 24.03.2003, Az. 26 K 3900/02). Die bloße Schilderung einer aktuellen Beobachtung genügt dazu nicht. Im entschiedenen Fall ging das Gericht davon aus, dass eine abschließende kritische Beurteilung eines Krankheitsverlaufs nach einer (nur) einmaligen Untersuchung nicht vorstellbar sei. Das ist eine eher strenge Auslegung, die von anderen Gerichten nicht zwingend geteilt werden muss.

Wann ist ein Bericht „ausführlich“?

Die Ziffernlegende führt nichts dazu aus, wann die Voraussetzungen eines ausführlichen Berichts erfüllt sind. Deswegen prüfen Gerichte z.B., wie im Vergleich ein einfacher Bericht aussehen würde:

„Es hilft auch folgende Kontrollüberlegung: Würde man den Befundbericht als ausführlich verstehen, muss man sich fragen, wie demgegenüber ein einfacher Befundbericht auszusehen hat. Man mag insoweit auf die Liste der Vorbefunde verzichten und auf die Empfehlungszeile. Die Ausführungen zum Befund als größter Teil des Berichts dürften jedoch als im Wesentlichen einer Wiedergabe der gemachten Beobachtungen und Feststellungen keiner maßgeblichen Kürzung unterliegen. Die wenigen Zeilen zur Diagnose enthalten kaum mehr als die Nennung eben dieser. Der gedankliche Unterschied zu einem einfachen Befundbericht ist demnach so gering, dass eben kein ausführlicher Befundbericht angenommen werden kann.“ (AG Frankfurt, 30.01.2013, Az. 31 C 1958/12)

Es lässt sich aber in jedem Fall argumentieren, dass es nicht auf den Umfang des Berichts ankommt, oder ob der Text ausformuliert ist. Denn auch Stichworte können einen ausführlichen Bericht ergeben.

Weil die Legende von einem Krankheits- und Befundbericht spricht, müssen sich im Bericht auch zu beiden Punkten Ausführungen finden. Allerdings müssen nicht alle Bestandteile des Berichtes ausführlich sein. So können zum Beispiel die Angaben zu Anamnese, Epikrise und Therapie knapp ausfallen, wenn dafür die Befundangaben sehr ausführlich sind (AG Frankfurt, 30.01.2013, Az. 31 C 1958/12).

Der gelegentliche Einwand von Kostenträgern, eine epikritische Bewertung sei nicht erforderlich gewesen, betrifft nicht die vollständige Erbringung der Ziffer 75 GOÄ, sondern stellt die medizinische Notwendigkeit im Sinne von § 1 Absatz 2 GOÄ in Frage. Oft ist das ein Einwand ins Blaue. Der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin hat eine Einschätzungsprärogative, d.h. ein ärztliches Vorrecht zur Bewertung, das sich auf die Nähe zum Behandlungsgeschehen und zum Patienten oder zur Patientin stützt. Die medizinische Notwendigkeit ist in der Regel gegeben beim Krankenhaus-Entlassungsbericht oder etwa bei der fachärztlichen Konsiliaruntersuchung nach eingehender klinischer Untersuchung.

Ausschlüsse

Die GOÄ Ziffer 75 kann nicht für die Beurteilung von Fremdaufnahmen angesetzt werden.

Sie kann auch neben der GOÄ Ziffer 3 berechnet werden. Denn in der Regel wird der Bericht erstellt, wenn er mit der Ziffer 3 nicht mehr in Zusammenhang steht. In der Abrechnung wird das durch das unterschiedliche Leistungsdatum deutlich. Ansonsten sollten die Uhrzeiten gesondert ausgewiesen werden.

Beispiele Abrechnung GOÄ Ziffer 75

  • Bericht für die Inanspruchnahme einer Reiserücktrittsversicherung
  • Arztbrief vom Facharzt oder von der Fachärztin an den Hausarzt oder der Hausärztin und umgekehrt
  • ausführliche Entlassungsbriefe (nicht: vorläufige) aus dem Krankenhaus an weiterbehandelnde Ärzte
  • Bericht für den Antrag zur Aufnahme eines Kindes in einen Kindergarten
  • Bericht für Einreisebehörden
  • Bericht zur Prüfung von Flugtauglichkeit
  • auch als IGeL-Leistung abrechenbar

Hier ist aus dem Fachbereich Orthopädie ein Beispiel eines ausführlichen Berichts.

Weitere Ansätze für GOÄ Ziffer 75

Es gibt natürlich noch weitere wichtige Anwendungsmöglichkeiten der Ziffer 75 – lassen Sie sich überraschen und sichern Sie Ihr Honorar!

Fragen zur Ziffer 3 GOÄ sind Klassiker in der Privatabrechnung, insbesondere zur Steigerungsfähigkeit der Beratung, die mit dieser Ziffer abgebildet wird. Denn die Ziffer honoriert der Legende nach schon und gerade eine Beratung, die das gewöhnliche Maß übersteigt. Lässt sich also die entsprechend vergütete Leistung nochmal steigern?

Verhältnis Ziffer 1 und Ziffer 3

Die Standardziffer für die Beratung ist die Ziffer 1. Wenn die Beratung länger dauert, kann sie gesteigert werden. Dauert die Beratung länger als 10 Minuten, kann statt der Ziffer 1 die Ziffer 3 angesetzt werden – diese Schritte sind meist bekannt. Und wenn die Beratung deutlich länger dauert, zum Beispiel 20 Minuten?

Auch die Ziffer 3 kann gesteigert werden, wenn bestimmte Zeiten überschritten sind. In der Legende der Ziffer 3 ist zwar kein Raster aufgeführt, aber die Logik von § 5 Abs. 1 und 2 GOÄ gilt hier genauso wie für andere Leistungen des Verzeichnisses.

Wann Ziffer 3 steigern?

Ist der Mindestaufwand um 50 % erhöht, kann gesteigert werden. Das bedeutet hier, dass

  • bis zu einem Zeitaufwand von 15 Minuten der Schwellenwert von 2,3 den Aufwand abdeckt
  • alles über 15 Minuten steigerungsfähig ist

Ist auch der erhöhte Zeitaufwand um 50 % überschritten, kann der maximale Steigerungsfaktor angesetzt werden. Für den erhöhten Zeitaufwand von 15 Minuten bedeutet das aufgerundet eine Grenze von 23 Minuten. Dauert also die Beratung länger als 23 Minuten, können Sie den 3,5-fachen Faktor ansetzen.

Damit ist der Steigerungsrahmen der Ziffer 3 ausgeschöpft. Selbst wenn also eine Beratung 45 Minuten oder noch länger dauert, bleibt es beim Faktor 3,5 und entsprechend einem Honorar von 30,60 € (Ausnahme: Honorarvereinbarung).

Ziffer / LeistungDauerFaktorWert1 GOÄ Beratung1 bis 10 Minuten2,3 bis

3,5

10,72 €

16,32 €

3 GOÄ Eingehende Beratung10 bis 15 Minuten

15 bis 22 Minuten

23 – … Minuten

2,3

3

3,5

20,11 €

26,22 €

30,60  €

Diese Steigerungsoption hat einen spürbaren Hebel:

Wenn lediglich 2 Patienten in der Woche einen erhöhten Beratungsbedarf haben (konservative Schätzung) und dies bisher nicht gesteigert wurde, bedeutet das bei 40 Arbeitswochen im Jahr ein Honorarplus von 420 € im Jahr. Ohne Zusatzaufwand. Jedes Jahr.

Mehrfachabrechnung Ziffer 3 GOÄ im Behandlungsfall

Die Ziffer 3 kann im Behandlungsfall mehrfach abgerechnet werden, die medizinische Notwendigkeit natürlich vorausgesetzt. Die mehrfache Erbringung muss begründet werden, hier finden Sie Beispiele. Auch bei der Mehrfachabrechnung kann jeweils gesteigert werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Wann lieber Ziffer 3 mit Ziffer 1 tauschen?

Die Ziffer 3 darf nur allein oder im Zusammenhang mit den Untersuchungsziffern 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 angesetzt werden. Sind Sonderleistungen durchgeführt worden (ab Ziffer 200), blockiert die 3 die Abrechnung dieser anderen Ziffern.

Lösung

Setzen Sie die Ziffer 1 an und steigern Sie mit dem Faktor 3,5. Wertmäßig kommt die Ziffer 1 dann fast an die Ziffer 3 heran:

  • Ziffer 1 zu 3,5-fach = 16,32 €
  • Ziffer 3 zu 2,3-fach = 20,11 €

Sie können bei Ansatz der Ziffer 1 dann aber die Sonderleistungen in Ansatz bringen, die sonst über die Ziffer 3 ausgeschlossen wären.

Ziffer 3 GOÄ mehrfach abrechnen

Es gibt kein Limit wie z.B. >nur einmal im Behandlungsfall abrechenbar„<

Aber die Mehrfachabrechnung muss begründet werden, das gibt die Ziffernlegende ausdrücklich vor (Abschnitt B Nr. 3 Satz 3 GOÄ).

Hier sind ein paar Beispiele für die Begründung einer Mehrfachabrechnung:

  • Akute Verschlechterung des Krankheitsbildes
  • Aufklärung vor OP
  • Beratungsintensives Krankheitsbild
  • Symptome unklarer Genese
  • Symptomvielfalt
  • Verschlimmerung der Krankheit
  • Kontrollbedürftigkeit der Befunde
  • Aufklärung zur OP-Indikation
  • Non-Compliance
  • Arzneimittelinteraktionen
  • Vorliegen wichtiger Befunde
  • Medikamentöse Umstellung bei Therapieversagen

Natürlich gibt es noch eine Reihe weiterer Begründungen.

Auch eine mehrmaliger Berechnung der Ziffer 3 an demselben Tag ist möglich (Abschnitt B Nr. 3 Satz 1 GOÄ). In diesem Fall muss die jeweilige Uhrzeit der Leistungserbringung auf der Rechnung angegeben werden (Abschnitt B 3. Satz 2 GOÄ).

Beratung nach Ziffer 3 GOÄ zu Unzeiten

Die Zuschläge A bis D dürfen nur mit dem 1-fachen Satz berechnet werden. Damit ist dieser spezielle Aufwand abschließend abgebildet. Die Beratung z.B. am Wochenende kann also nicht mit dieser Begründung in der Ziffer gesteigert und noch zusätzlich über den Zuschlag abgebildet werden. Für die Honorierung der Behandlung zur Unzeit sind die Zuschläge und nur diese zulässig.

Die Zuschläge selbst sind nicht steigerungsfähig. Die Allgemeinen Bestimmungen legen verbindlich fest, dass die Zuschläge zum Einfachsatz fixiert sind.

Wird die Beratung nach Ziffer 3 in der Samstagssprechstunde erbracht, ist nur eine halber Zuschlag nach D ansetzbar.

Die Sprechstunde bezieht sich auf die Kontaktierung der Ärztin oder des Arztes. Die Öffnungszeiten dagegen benennen den Zeitraum, in dem die Praxis für Patientinnen und Patienten zu Verfügung steht. Die Öffnungszeiten sind also immer länger als die Sprechzeiten. Endet die Samstagssprechstunde beispielsweise um 12.00 Uhr und dauern die anderen Behandlungen länger, so dass die Patientin oder der Patient erst nach 12.00 Uhr beraten werden kann, so geschieht dies außerhalb der Sprechzeit. Dann kann der hälftige Zuschlag angesetzt werden.

Abgrenzung zu Ziffern 804 ff. GOÄ

Die ärztlichen Gesprächsleistungen werden in der Privatabrechnung vorrangig über die Ziffern 1 und 3 bzw. aus Abschnitt B der GOÄ honoriert. Es ist also nicht möglich, die Ziffern 804 ff. GOÄ direkt oder analog anzusetzen, wenn eine Praxis ihren Aufwand über die Faktoren und Zuschläge nicht adäquat abgebildet sieht. Die Ziffern 804 ff. GOÄ setzen zwingend eine psychiatrische Behandlung und damit eine psychiatrische Diagnose voraus.

Anders ausdrücklich im Zusammenhang mit den Ziffern 800 und 801 GOÄ: Hier ist sogar die Abrechnung der Beratung nach Ziffer 3 GOÄ neben der eigengehenden neurologischen (800) oder psychisatrischen Untersuchung (801) ausdrücklich möglich.

Ziffer 3 GOÄ in der Videosprechstunde

Der Legendentext besagt ausdrücklich, dass die Beratung auch telefonisch erfolgen kann. Sie ist damit auch im Rahmen der Videosprechstunde wie z.B. mit CLICKDOC erbring- und abrechenbar. Auch bei der Fernbehandlung gelten die beschriebenen Grundsätze, d.h. auch die eingehende Beratung in der Videosprechstunde ist steigerungsfähig. Nach der Änderung der Musterberufsordnung in 2018 und der weitgehenden Umsetzung in den Landesberufsordnungen (Ausnahme Brandenburg) ist inzwischen im Einzelfall auch die ausschließliche Beratung über Kommunikationsmedien zulässig.