Zdf die jägerin nach eigenem gesetz nadja uhl andreas herzog

DE | 2021 | 90 Min.

Bewertung der Redaktion

  • Humor
  • Anspruch
  • Action
  • Spannung
  • Erotik

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Fazit

Macht nachdenklich und wütend, rüttelt auf und berührt

Eine Geiselnahme mit Todesfolge führt zu einem packenden Justizthriller über Recht, Gerechtigkeit, Schuld und Sühne.

Mitten in Berlin überfallen Maskierte am helllichten Tag einen Geldtransporter. Als zwei Polizisten dazukommen, artet der Raubzug in einen Schusswechsel aus. Einer der Gangster schnappt sich die junge Verkäuferin Anna als menschliches Schutzschild. Nachdem die Räuber unerkannt fliehen konnten, entledigen sie sich ihrer Geisel in einem Wald.

Die Polizei hat schnell drei Männer im Verdacht: den Chef der Rockergruppe „Pitbulls“ und zwei seiner Lakaien. Staatsanwältin Judith Schrader kämpft vor Gericht für Freiheitsstrafen, doch die Anwältin der Gegenseite erreicht einen Freispruch. Kurze Zeit später ist einer der Freigesprochenen tot. Schrader vermutet, dass jemand Selbstjustiz verübt hat…

Von der ersten bis zur letzten Minute fesselt der Film einerseits durch harte, schockierende Szenen, andererseits durch kluge Dialoge und berührende Momente. Zwischen Gewalt, Verzweiflung, Rachegedanken, Schuld und Angst fragt sich der Zuschauer bald selbst, ob es hier eigentlich einen „rechten“ Weg gibt. Dass Drehbuchautor Robert Hummel detailliert zum Thema recherchiert hat, wird deutlich. Und auch wer sich nicht so für Justiz und organisierte Kriminalität interessiert, kommt hier dank Rätselraten, vielschichtiger Charaktere und eines heftigen Finales auf seine Kosten.

Mehr zum Film: Die Jägerin – Nach eigenem Gesetz

Cast und Crew von "Die Jägerin – Nach eigenem Gesetz"

ZDF • Mo 13.9.21 • 20.15 bis 21.45 Uhr

Verbrecher und Rechtsstaat

26.09.2021 •

Früher traten Staatsanwälte in deutschen Fernsehkrimis eher selten in Erscheinung. Allenfalls beantragten Kommissare mal (zumeist per Telefon) einen Durchsuchungsbeschluss, erwirkten einen Haftbefehl oder legten gegen Ende des Films einem Staatsanwalt ihre Ermittlungsergebnisse vor und hofften, dass sie für eine Anklageerhebung reichen würden. Im Bild tauchten die Juristen so gut wie nie auf.

Diese Arbeitsteilung ist im wirklichen Leben auch heute noch gängige Praxis, doch im Krimi ermitteln Anwälte heute vielfach Seite an Seite mit den Fahndern und erscheinen bisweilen noch vor der „SpuSi“ am Tatort. Die Berliner Staatsanwältin Judith Schrader (Nadja Uhl) gehört, so macht bereits der Titel der Reihe deutlich, eindeutig zu dieser Spezies. In der bereits im März 2019 ausgestrahlten Auftaktfolge zur ZDF-Fernsehfilmreihe „Die Jägerin“ (Zusatztitel: „Gegen die Angst“) verlor sie im Polizeieinsatz gegen kriminelle Mitglieder eines Clans nicht nur ihren (verheirateten) Geliebten, sondern konnte schließlich auch die Ermordung einer Kronzeugin nicht verhindern. So ist es nicht verwunderlich, dass die Juristin sich auch bei ihrem zweiten Auftritt nicht eben durch ein sonniges Gemüt auszeichnet.

In der Folge „Nach eigenem Gesetz“ bekommen es Anwältin und Fahnder wiederum mit einer Spielart der Bandenkriminalität zu tun, wobei sich die Aktivitäten der Schurken allerdings auf einem überschaubaren Niveau bewegen. Zwei maskierte Mitglieder des Rocker-Clubs „Pitbulls“ überfallen mitten im Berliner Straßenverkehr einen Geldtransporter. Die Zivilfahnder Odonkor (Malick Bauer) und Pollmann (Jörg Schüttauf), die zufällig in der Nähe sind, rasen zum Tatort, können die Gangster aber nicht stoppen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sie nur mit zwei Pistolen bewaffnet sind (von denen eine auch noch Ladehemmung hat), während ihre Kontrahenten sie mit Maschinengewehr und Panzerfaust ins Visier nehmen.

Warum die Banditen trotz ihrer Überlegenheit auf ihrer Flucht eine junge Straßenverkäuferin als Geisel (mit)nehmen, bleibt rätselhaft, und weshalb die Gangster sich dann im Auto ihrer Masken entledigen, so dass die Geisel sie erkennen kann, bleibt ebenfalls das Geheimnis von Drehbuchautor Robert Hummel. Jedenfalls wird die Geisel am nächsten Morgen erschossen in einem Waldstück gefunden. Dennoch gelingt es der Polizei schnell, die Identität der beiden Täter zu ermitteln und sie festzunehmen: Topal (Walid Al-Atiyat) und sein Komplize Kretschmer (Pit Bukowski) werden von Judith Schrader angeklagt. Aber vor Gericht werden die beiden Mitglieder der „Pitbulls“-Gang nicht zuletzt dank der Fähigkeiten ihrer gewieften Anwältin freigesprochen.

Wenige Tage nach der Urteilsverkündung wird Topal dann in der Zentrale der „Pitbulls“ ermordet aufgefunden. Wurde er Opfer eines Bandenkrieges oder womöglich eines Akts von Selbstjustiz? Schon bald richtet sich der Verdacht der Staatsanwältin gegen den Zivilfahnder Pollmann, der nie einen Hehl aus seinem Frust gemacht hat, dass die Justiz notorische Verbrecher immer wieder ungeschoren davonkommen lässt. „Die Menschen glauben nicht mehr an den Rechtsstaat“, erklärt er Judith Schrader bei einem Feierabendbier. Worauf sein Gegenüber antwortet, wie man es von einer Juristin im Staatsdienst erwarten darf: „Wenn jeder anfängt, seine Moral über das Gesetz zu stellen, sind wir verloren.“

Solche Erörterungen zum Mitschreiben bleiben in dem Krimi (Produktion: Real Film Berlin) jedoch die Ausnahme. Im Wesentlichen sind die Akteure damit beschäftigt, die beiden Morde aufzuklären. Wobei die Staatsanwältin mindestens so häufig im Büro von Kommissar Jochen Montag (Dirk Borchardt) wie in ihrem eigenen sitzt oder – denn sie soll ja als Jägerin auftreten – ihn und seine Kollegen bei Ermittlungen begleitet. Auch Montag schiebt oft Frust, flüchtet sich dabei jedoch in den ihm eigenen Humor: „Wir sind hier nicht bei ‘Wünsch dir was’, sondern bei ‘So isset’“, sagt er einmal mit Blick auf bessere Personalausstattung bei der Kripo. Die Ermittlungen gestalten sich lange Zeit leidlich spannend, zumal die Widersacher hier als ziemlich tumbe Gesellen erscheinen. Der Umstand, dass Dragan Boskov (Branco Tomovic), der Anführer der „Pitbulls“, ständig ein beißwütiges Tier der namensgebenden Rasse seines Vereins mit sich führt, scheint schon fast einem Billig-Comic entlehnt.

Der Film (5,75 Mio Zuschauer, Marktanteil: 20,2 Prozent) gewinnt deutlich, sobald im letzten Drittel der Zivilfahnder Michael Pollmann ins Zentrum des Interesses gerät. Jörg Schüttauf spielt den gleichermaßen desillusionierten wie rachsüchtigen Ermittler mit großer Überzeugungskraft und beeindruckender physischer Präsenz. Und beim Showdown, der gleich ein doppelter ist und in Parallelmontage dargeboten wird, beweist Regisseur Andreas Herzog, der bereits den Pilotfilm der Reihe inszeniert hat, großes Geschick bei der Gestaltung fesselnder Krimispannung. Da geht es dann auch noch um Verrat bei der Polizei und die Rolle von Clanchef Boskov.

Unter dem Strich ist dieser Film, der sich um die Darstellung der organisierten Kriminalität aus der Perspektive frustrierter Strafverfolger bemüht, ein passabler Krimi. Nicht mehr, nicht weniger. Doch damit Nadja Uhl für die Zuschauer zum prägenden Gesicht der Reihe wird, sollte das ZDF bis zur Ausstrahlung einer dritten Folge der „Jägerin“ nicht wieder zweieinhalb Jahre vergehen lassen.

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