Was bedeutet rezidivierende depressive Störung gegenwärtig schwere Episode?

Was versteht man unter einer Depression?

Depressionen zählen zur Gruppe der affektiven Störungen. Zur Gruppe der affektiven Störungen zählt neben der Depression (Niedergeschlagenheit), die Manie (Hochgestimmheit) und die bipolare Störung (Wechsel zwischen Manie und Depression).

Eine Sonderform mit häufigen Phasen von mehr als 4 manischen oder depressiven Phasen innerhalb eines Jahres bezeichnet man als Rapid Cycling.

Die Depression ist eine seelische Krankheit.

Welche Symptome tauchen bei der Depression auf

Depressionen sind nach ICD-10 durch drei Haupt- und mehrere weitere Symptome gekennzeichnet. Zum Vorliegen einer Depression müssen mindestens 2 Haupt- und zwei weitere Symptome nachweisbar vorhanden sein.

Die Hauptsymptome sind depressive Verstimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit sowie Antriebsminderung, Energieverlust, Müdigkeit.

Weitere Symptome sind Verlust an Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Todesgedanken Denkstörungen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Gewichtsreduktion, Appetitverlust, Unruhe.

Dazu kommen noch häufige körperliche Symptome wie Druckgefühl im Bauch, Verstopfungen und Libidomangel.

Führt die Diagnose einer Depression zu Berufsunfähigkeit

Die Diagnose einer leichten Depression oder Dysthmia wird alleine nicht zu einer Rente wegen Berufsunfähigkeit führen.

Anders sieht es bei der mittelgradigen Depression aus. Höhere kognitive Tätigkeiten mit höherer Anforderung an Konzentration und Publikumsverkehr kann zu Berufsunfähigkeit führen.

Welche Symptome zeigen sich bei einer mittelgradigen Depression

Bei der mittelgradigen Depression (ICD-10 F 33.1) müssen mindestens drei Hauptsymptome und mindestens 4 weitere Symptome vorliegen.

Typische Symptome:

  1. Verlust von Interesse oder Freude,
  2. Antriebsmangel,
  3. Erhöhte Ermüdbarkeit

Andere häufige Symptome:

  1. Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit,
  2. Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen,
  3. Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit (sogar bei leichten depressiven Episoden),
  4. Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven,
  5. Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen,
  6. Schlafstörungen,
  7. Verminderter Appetit

Was versteht man unter einer Dysthmia?

Hierbei handelt es sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (F33.-) zu erfüllen.

Was versteht man unter einer leichten Depression (ICD-10 F 33.0)

Gewöhnlich sind mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome vorhanden. Der betroffene Patient ist im Allgemeinen davon beeinträchtigt, aber oft in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen.

Ich habe Depression - was muss ich tun?

Leichte Depressionen wird zunächst Ihr Hausarzt mit Verschreibung eines Medikaments (Antidepressiva) behandeln. Bei mittleren oder gar schweren Depression sollte ein Facharzt für Psychiatrie aufgesucht werden. Dieser verschreibt ebenfalls Antidepressiva und führt eine Psychotherapie durch bzw. überweist an einen Psychotherapeuten.

Führt die ambulante Behandlung bei einem Psychiater und Psychotherapeuten neben der Einnahme von Antidepressiva zu keiner Besserung, sollten Sie den behandelnden Psychiater um eine Einweisung in eine psychosomatische oder psychiatrische Klinik bitten.

Gegebenenfalls wäre auch an eine medizinische Rehabilitation über den Kostenträger der Deutschen Rentenversicherung zu denken. Eine medizinische Rehabilitation ist alle 4 Jahre möglich.

Diagnostik - Prinzipien und Methoden

Klinisch Einteilung der Depressionen

Klinisch unterscheidet man verschiedene Formen von Depressionen, z. B.:

  • die gehemmte Depression (v.a. Zeichen von Gehemmtheit, Blockiertheit, Verlangsamung, Antriebsverlust)
  • die agitierte Depression (v.a. hektische Betriebsamkeit, ängstliche Unruhe)
  • die larvierte Depression (funktionelle Organbeschwerden stehen im Vordergrund und lenken den Verdacht zuerst auf eine körperliche Erkrankung. Häufig erfolgen zunächst eine Reihe von vergeblichen körperlichen Abklärungen, bis jemand auf die Diagnose "Depression" kommt)
  • die psychotische Depression (hierbei finden sich psychotische Symptome wie wahnhafte Verarbeitung (Schuldwahn, Verarmungswahn, Versündigungswahn) oder Halluzinationen (z.B. Stimmenhören)
  • die atypische Depression (vegetative Symptome wie Gewichtszunahme, Fresssucht, oder auch eine vermehrte Kränkbarkeit stehen im Vordergrund)

Traditionelle Einteilung der Depressionen

Traditionell teilte man die Depressionen diagnostisch in drei Gruppen ein, nämlich in

  • körperlich begründbare (somatogene, "symptomatische") Depressionen
  • endogene Depression
  • neurotische bzw. psychoreaktive Depressionen

Einteilung der Depressionen in den modernen Klassifikationssystemen

Heute werden Depressionen bzw. die verschiedenen "depressive Zustände" mit Hilfe "operationalisierter Klassifikationssysteme" (ICD-10 und DSM-IV) möglichst rein beschreibend und nach vorher festgelegten, manualisierten Kriterien und diagnostischen Leitlinien diagnostiziert und katalogisiert. Im Vordergrund der Betrachtung steht dabei nicht mehr die vermutete Ursache der Störung, sondern die Symptomatik, der Schweregrad und der zeitliche Verlauf.

Diagnostik nach ICD-10 (F32; F33)

Die ICD-10 unterscheidet grob zwischen

  • einzelner depressiver Episode (unterschiedlicher Schwere und Verlaufsart/-dauer) und
  • rezidivierender depressiver Störung (ab dem ersten Wiederholungsfall (Rezidiv), ebenfalls mit unterschiedlicher schwere und Verlaufsart/-dauer)

Das gemeinsame Kennzeichen jeder depressiven Erkrankung ist das sogenannte "depressive Syndrom", d. h. eine variable, aber dennoch charakteristische Ansammlung von Einzelsymptomen. Ein solches "depressives Syndrom" ist gemäss ICD-10 (S.141ff) gekennzeichnet durch:

  • Typische Symptome
    • depressive Stimmung
    • Verlust von Interesse und Freude
    • erhöhte Ermüdbarkeit
  • Zusätzliche häufige Symptome
    • Defizite in Konzentration und Aufmerksamkeit
    • Reduktion von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
    • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
    • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
    • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
    • Schlafstörungen
    • verminderter Appetit
  • Optional ein "somatisches Syndrom"

Weder die typischen noch die zusätzlichen Symptome müssen für die Diagnosestellung einer depressiven Episode nach ICD-10 vollständig erfüllt sein. Man geht aber davon aus, dass mit steigender Zahl erfüllter Kriterien die Diagnose sicherer wird und der Schweregrad der Erkrankung höher ist. Ein somatisches Syndrom ist oft zusätzlich vorhanden und mit steigendem Schweregrad der Depression immer wahrscheinlicher. Die eigentliche Diagnosestellung erfolgt aber über die typischen und zusätzlichen Symptome.

In das Spektrum der leichten bis mittelschweren depressiven Episode fallen nach ICD-10 folgende ähnliche Begrifflichkeiten (sofern sie sich auf einzelne Episoden beziehen):

  • depressive Reaktion
  • "major depression, ohne psychotische Symptome"
  • "majoren Depression, ohne psychotische Symptome"
  • psychogene Depression
  • reaktive Depression

In das Spektrum der schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome fallen nach ICD-10 folgende ähnliche Begrifflichkeiten (sofern sie sich auf einzelne Episoden beziehen):

  • agitierte Depression
  • Melancholie
  • vitale Depression ohne psychotische Symptome

In das Spektrum der schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptome fallen nach ICD-10 folgende ähnliche Begrifflichkeiten (sofern sie sich auf einzelne Episoden beziehen):

  • major depression, mit psychotischen Symptomen
  • "majoren Depression, mit psychotischen Symptomen "
  • psychotische Depression
  • psychogene depressive Psychose
  • reaktive depressive Psychose

Es gelten folgende diagnostische Algorithmen für die einzelne depressive Episode :

  • Leichte depressive Episode (F32.0):
    • mindestens zwei der drei Hauptsymptome (typischen Symptome) und zwei der zusätzlichen Symptome vorhanden
    • dabei nicht besonders ausgeprägt
    • über mindestens 2 Wochen
    • optional Bestehen eines "somatischen Syndroms" (s. u.)
    • Es besteht ein deutliches Leiden, die Berufstätigkeit ist aber höchstens teilweise eingeschränkt.
  • Mittelgradige depressive Episode (F32.1):
    • mindestens zwei der drei Hauptsymptome (typischen Symptome) und mindestens drei der zusätzlichen Symptome vorhanden
    • einige Symptome dabei besonders ausgeprägt "oder durchgehend ein besonders weites Spektrum von Symptomen vorhanden"
    • über mindestens 2 Wochen
    • optional Bestehen eines "somatischen Syndroms" (s. u.)
    • erhebliches Leiden. "Ein Patient mit einer mittelgradigen depressiven Episode kann nur unter erheblichen Schwierigkeiten soziale, häusliche und berufliche Aktivitäten fortsetzen".
  • Schwere depressive Episode (F32.2; F32.3):
    • alle drei typischen Symptome müssen vorhanden sein und mindestens vier zusätzliche Symptome
    • einige der zusätzlichen Symptome sollten ausgeprägt sein
    • Die Diagnose kann aber in abweichenden Fällen auch durch "eine zusammenfassende Einschätzung als schwere Episode" gestellt werden
    • in der Regel über 2 Wochen Dauer, bei besonders schweren Fällen aber auch Diagnosestellung "nach weniger als 2 Wochen" erlaubt.
    • Psychotische Symptome (Wahnideen, Halluzinationen oder ein depressiver Stupor) können vorhanden sein (F32.2) oder nicht (F32.3)
    • "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Patient während einer schweren depressiven Episode in der Lage ist, soziale, häusliche und berufliche Aktivitäten fortzuführen, allenfalls sehr begrenzt

Zur Beurteilung des Schweregrades einer "rezidivierenden depressiven Störung" gelten zunächst dieselben Kriterien wie bei der einzelnen depressiven Episode

Da es sich definitionsgemäss um mehrere Krankheitsphasen handelt, muss die Beurteilung der jeweils aktuell vorliegenden Situation vor dem Hintergrund des bisherigen Krankheitsverlaufes erfolgen. Es gilt folgende Anweisung:

"Die rezidivierende depressive Störung kann...zunächst durch den Typus der gegenwärtigen Episode und dann, sofern genügend Informationen verfügbar sind, durch den bezogen auf alle Episoden vorherrschenden Typus bezeichnet werden." (ICD-10, S. 145)

Wie bei den einzelnen depressiven Episoden werden die rezidivierenden depressiven Störungen unterschieden in:

  • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (F33.0)
    • mit (F33.00) oder ohne (F33.01) somatisches Syndrom
  • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1)
    • mit (F33.10) oder ohne (F33.11) somatisches Syndrom
  • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2)
  • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen (F33.3)

Zusätzlich gibt es (logischer Weise) die Diagnose:

  • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (F33.4)

Abweichend von der Diagnostik der einzelnen Episoden gilt:

  • wenigstens zwei Episoden sollten mindestens 2 Wochen gedauert haben
  • zwischen zwei Erkrankungsphasen sollten jeweils mehrere Monate ohne eindeutige affektive Symptomatik liegen!
     

Achtung!

Falls keine eindeutige Trennung von Krankheitsphasen möglich ist, muss die Kategorie

  • Sonstige rezidivierende affektive Störung (F38.1)

verwendet werden!

Das "somatische Syndrom":

Leichte und mittelschwere Depressionen können mit einem sogenannten "somatischen Syndrom" einhergehen, bei schweren Depressionen darf man generell davon ausgehen, dass ein solches zusätzliches Syndrom besteht. Es besteht nach ICD-10 (S.140)aus den folgenden Symptomen:

  1. Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
  2. Mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emotional zu reagieren (Anm.: affektive Schwingungsfähigkeit)
  3. Frühmorgendliches Erwachen; zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit
  4. Morgentief
  5. Der objektive Befund einer psychomotorischen Hemmung oder Agitiertheit
  6. Deutlicher Appetitverlust
  7. Gewichtsverlust, häufig mehr als 5% des Körpergewichts im vergangenen Monat.
  8. Deutlicher Libidoverlust.

Für die Diagnoserstellung eines somatischen Syndroms müssen mindestens vier der oben genannten Symptome eindeutig feststellbar sein.

Merke:

"Die Differenzierung zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer depressiver Epiosde beruht auf einer komplexen klinischen Beurteilung, die Anzahl, Art und Schwere der vorliegenden Symptome berücksichtigt" (ICD-10, S. 141)

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostisch müssen v.a. ausgeschlossen bzw. berücksichtigt werden:

eine Demenz

eine andere körperliche Erkrankung, als deren Begleiterscheinung oder Folge sich die Depression entwickelt haben könnte

andere psychiatrische Störungen, wie

  • eine bipolare Störung (manisch-depressive Krankheit), s. u.
  • eine schizophrene oder schizoaffektive Störung (falls psychotische Symptome vorhanden sind)
  • eine Dysthymia (chronische, langjährige, vermutlich neurotisch bedingte depressive Gestimmtheit, weniger intensiv, als eine Depression)
  • eine "Anpassungsstörung" (depressive Verstimmung infolge überfordernder Lebensereignisse oder -situationen, weniger intensiv, als eine Depression)

Komorbidität

Komorbiditäten, d. h. das gleichzeitige Vorhandensein von Depressionen und anderen psychischen Störungen sind häufig. Besonders häufig finden sich folgende Kombinationen:

  • Depression und Angst
  • Depression und Alkoholismus
  • Depression und Tabletten- oder Drogenabhängigkeit

Quelle: //www.psychiatriegespraech.de/psychische_krankheiten/depression/dep...

Was bedeutet rezidivierende Depression Störung?

Eine rezidivierende depressive Störung liegt dann vor, wenn eine Depression kein einmaliges Ereignis ist, sondern wiederholt vorkommt. Ein Beispiel für eine rezidivierende depressive Störung ist eine Depression, die immer in bestimmten Jahreszeiten auftritt, etwa die sogenannte Winterdepression.

Was heißt Schwere depressive Episode?

Eine schwere depressive Episode, wie unter F32. 2 beschrieben, bei der aber Halluzinationen, Wahnideen, psychomotorische Hemmung oder ein Stupor so schwer ausgeprägt sind, dass alltägliche soziale Aktivitäten unmöglich sind und Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme bestehen kann.

Ist eine rezidivierende depressive Störung heilbar?

Handelt es sich um wiederkehrende Depressionen, spricht man auch von einer rezidivierenden depressiven Störung. Ist eine rezidivierende depressive Störung heilbar? – Grundsätzlich ja, nach jeder depressiven Episode lässt sich mit entsprechender Behandlung wieder ein gesunder Zustand erreichen.

Wie lange dauert eine schwere depressive Episode?

Wie lange dauert eine Depression? Eine Depression kann Wochen und Monate anhalten. Ohne psychotherapeutische und/oder medizinische Behandlung dauert eine depressive Phase im Durchschnitt zwischen vier bis sechs Monate. Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine depressive Episode sogar länger als ein Jahr dauert.

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