Wie lange kann ein 80 jähriger mit Dialyse leben?

Fortgeschrittenes Nierenversagen

Info Diabetologie volume 16page 28 (2022)Cite this article

Die Dialyse verlängert die Lebenserwartung bei terminaler Niereninsuffizienz. Aber auch Patienten, die die Blutwäsche ablehnen, können noch einige Jahre vor sich haben.

Die Prognose von Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, die sich gegen eine Dialyse entscheiden, ist vor allem in Vergleichsstudien mit Patienten mit Dialyse erforscht. Das Ergebnis ist bekannt: Der Verzicht auf die regelmäßige Blutwäsche ist mit einer kürzeren Lebenserwartung verbunden, wobei der Unterschied mit steigendem Alter und zunehmender Komorbidität geringer wird. Dafür verbringen die Patienten weniger Zeit im Krankenhaus und sterben auch seltener dort. Allerdings ist nur eine Minderheit der rein konservativ behandelten Patienten in solchen Vergleichsstudien erfasst. Um mehr über die Prognose dieser Patienten zu erfahren, hat ein Forschungsteam aus den USA Längsschnittstudien ausgewertet, die Angaben zu Überleben, Lebensqualität und Krankenhausaufnahmen bei Ablehnung der Dialyse enthalten [1]. Das Urteil von Susan Wong (Veterans Affairs Puget Sound Health Care System, Seattle) und ihren Mitautoren fällt überraschend günstig aus: "Das konservative Nierenmanagement kann eine gangbare und positive therapeutische Alternative zur Dialyse sein." Trotz des hohen Alters und der Multimorbidität hätten viele Patienten noch mehrere Jahre gelebt, wobei der körperliche Zustand und die Lebensqualität oft bis spät in den Krankheitsverlauf stabil geblieben seien, bei allerdings relativ häufiger akutmedizinischer Behandlung.

© ElsvanderGun / Getty Images / iStock

Terminale Niereninsuffizienz ohne Dialyse muss kein unmittelbares Todesurteil sein. Die Aussichten sind gerade für Ältere oft akzeptabel.

Mediane Überlebenszeiten 1 bis 41 Monate

Ausgewertet wurden 41 Kohortenstudien mit zusammen 5.102 Patienten mit einem Altersschnitt von 60 - 87 Jahren und einer eGFR von durchschnittlich 7 - 19 ml/min/1,73 m2, die sich aktiv gegen den Beginn einer Dialyse entschieden hatten. Die mediane Überlebenszeit reichte von 1 bis 41 Monaten, in den Studien aus Kontinentaleuropa waren es 6 - 37 Monate. 70- bis 79-Jährige lebten im Median noch 7 - 41 Monate, 80-Jährige und Ältere 1 - 37 Monate.

Studien, in denen die Lebensqualität z. B. mit dem SF-36 erfasst worden war, ergaben entweder eine leichte Abnahme in den ersten zwölf Monaten oder gleichbleibende Werte über 15 - 24 Monate. Die Symptome wurden von den Patienten, soweit untersucht, für einen Zeitraum von 12 - 15 Monaten überwiegend als relativ stabil beschrieben, zu einer deutlichen Verschlechterung kam es in den letzten drei Lebensmonaten.

Ein bis zwei stationäre Aufnahmen pro Jahr

In ein Krankenhaus musste jeder Patient etwa ein- bis zweimal pro Jahr aufgenommen werden und zwischen 6 und 16 Tage dort verbringen. Notfallambulanzen wurden zweimal pro Patient und Jahr aufgesucht.

Für 1.709 Patienten lagen Angaben zur Versorgung am Lebensende vor. Von ihnen waren, je nach Studie, zwischen 20 % und 76 % im Hospiz, 27 - 68 % im Krankenhaus und 12 - 71 % zu Hause gestorben. Im letzten Monat ihres Lebens waren die meisten noch einmal stationär aufgenommen (57 - 76 %) und teilweise invasiven Prozeduren unterzogen worden (4 - 47%).

Das Resultat "stellt die weitverbreitete Fehleinschätzung infrage, die Alternative zur Dialyse seien Nichtversorgung und Tod", schreiben Wong und ihr Team. Als Ursache für die erhebliche Variationsbreite bei der Prognose vermuten Wong et al. regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung über die Zeit. Aus ihrer Sicht ist mehr Forschung nötig, um herauszufinden, wie die Versorgung von terminal nierenkranken Patienten, die keine Dialyse wollen, optimiert werden kann. Zwar würden sie weniger Zeit im Krankenhaus verbringen als Dialysepatienten, bräuchten aber häufig akut medizinische Hilfe. Hier sei die Versorgung wahrscheinlich noch nicht ausreichen.

Literatur

  1. Wong SPY et al. Long-term Outcomes Among Patients With Advanced Kidney Disease Who Forgo Maintenance Dialysis A Systematic Review. JAMA Netw Open 2022;5(3):e222255; //doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2022.2255

Download references

Author information

Authors and Affiliations

  1. Springer Medizin, München, Deutschland

    Beate Schumacher

Authors

  1. Beate Schumacher

    You can also search for this author in PubMed Google Scholar

Corresponding author

Correspondence to Beate Schumacher.

Rights and permissions

About this article

Cite this article

Schumacher, B. Prognose nach Verweigerung der Dialyse. Info Diabetol 16, 28 (2022). //doi.org/10.1007/s15034-022-3827-0

Download citation

  • Published: 26 April 2022

  • Issue Date: May 2022

  • DOI: //doi.org/10.1007/s15034-022-3827-0

Wann hilft Dialyse nicht mehr?

Ausschlaggebend sind vielmehr Beschwerden, die für ein Nierenversagen sprechen – oder wenn Blutdruck und Wasserhaushalt entgleisen. Fehlen solche Symptome, kann mit der Dialyse noch abgewartet werden.

Ist die Dialyse eine lebensverlängernde Maßnahme?

Hoffmann erklärt den Patienten wie den Angehörigen von Anfang an, dass es sich bei der Dialyse um eine aktiv lebensverlängernde Maßnahme handelt, die nicht jedes Mal von neuem durchgeführt werden muss.

Was passiert wenn ein dialysepatient nicht mehr zur Dialyse geht?

Was passiert, wenn ich nicht zur Dialyse gehe? Ohne eine Nierenersatztherapie – die Dialyse oder eine Nierentransplantation – ist das Nierenversagen, also die terminale Niereninsuffizienz, lebensbedrohlich und der Körper vergiftet sich quasi selbst.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte