Wann gab es die erste Sommerzeit?

Der neue Kurs der SED-Regierung hatte die Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt freilich keineswegs unvorbereitet getroffen. Bereits am 16. Oktober 1980 hatte der Ständige Vertreter der DDR in der Bundesrepublik, Michael Kohl, das Kanzleramt von der Entscheidung des Ministerrats der DDR, die Sommerzeit auszusetzen, in Kenntnis gesetzt, inklusive offizieller Begründung. Zwar erkundigte sich Günter Gaus, Ständiger Vertreter der Bundesregierung in der DDR, im Auftrag Helmut Schmidts in Ost-Berlin pflichtschuldig, ob die DDR möglicherweise bereit sei, ihre Entscheidung rückgängig zu machen.

Doch im Grunde gab man die gesamtdeutsche Zeit bereits verloren und war aber durchaus entschlossen, es auf einen "deutsch-deutschen Zeitsalat" (so der "Spiegel" im November 1980) ankommen zu lassen und jedenfalls nicht aus der westeuropäischen Sommerzeit-Front auszubrechen. Und so ließ auch einer der ersten konkreten Beschlüsse der gerade bei der Bundestagswahl bestätigten Regierung Helmut Schmidt im Herbst 1980 keinen Raum für Spekulationen: Die Sommerzeit wird in jedem Fall beibehalten, hieß es unmissverständlich. Und das war keineswegs nur als Signal in Richtung Ost-Berlin gedacht. Denn auch in der Bundesrepublik gab es schließlich zahlreiche Gegner der Sommerzeitregelung. So hatte etwa ein Kommentator der "Welt" der CDU vor den Bundestagswahlen empfohlen: "Ein wesentlicher Punkt ihres Wahlprogramms müsste lauten: 'Mit uns in Bonn kommt ab 1981 wieder die menschengemäße Tageszeit!'".

Die Zeitumstellung ist verwirrend. Eine Eselbrücke hilft: Man stellt die Uhr immer Richtung Sommer. Im Frühjahr also nach vorn, im Herbst zurück. Bildrechte: dpa

Sommerzeit ist doch wirtschaftlich

Bei den zuständigen Organen der DDR-Regierung muss nun, nachdem die Bundesrepublik sich klar für eine Beibehaltung der Sommerzeit ausgesprochen hatte, eine hektische Betriebsamkeit eingesetzt haben. Bereits wenig später, in der ersten Dezemberwoche 1980, wurde mit einem Male verkündet: In der DDR werde es auch im kommenden Jahr eine Sommerzeitregelung geben.

Warum die DDR-Regierung ihren Kurs so rapide geändert hatte, darüber lässt sich nur spekulieren. Ganz sicher spielte eine Rolle, dass erhebliche Schwierigkeiten im innerdeutschen Miteinander aufgetreten wären. So hätte es beispielsweise in Berlin zwei nebeneinander liegende Zeitzonen gegeben - wenn etwa die Uhren auf den U-Bahnhöfen im Westen der Stadt auf zwölf Uhr stünden, wäre es im Osten erst elf Uhr. Ein Chaos im Reiseverkehr wäre jedenfalls unweigerlich die Folge gewesen, denn auch die Bediensteten von Schleusen, Zollstationen und Besucherbüros hätten unterschiedliche Arbeitszeiten gehabt. Nicht zuletzt hätte eine eigene DDR-Zeitrechnung auch immense Kosten verursacht.

Gleiche Probleme wären zudem ebenfalls an den Grenzen zu Polen und der ČSSR aufgetreten, denn beide "Brudervölker" hatten sich für die Beibehaltung der Sommerzeit ausgesprochen, wie – etwas später - auch der "große Bruder", die UdSSR. Und das war nun tatsächlich ein gewaltiges Argument für die Beibehaltung respektive Wiedereinführung der Sommerzeit. Denn wenn die UdSSR, von der zu lernen, siegen lernen heißt, wie ein Slogan jener Jahre lautete, die Sommerzeit für sinnvoll erachtete, dann konnten die deutschen Genossen nicht so ohne weiteres behaupten, sie brächte keine wirtschaftlichen Vorteile. Und so dauerte es tatsächlich nicht lange, bis Ost-Berliner Ökonomen zu dem Ergebnis gelangten, dass die Sommerzeit immense Sparpotentiale böte und durchaus sinnvoll sei.          

(Quellen: Dirk Schindelbeck, Wem die Stunde schlägt, damals 4/2000; Verlorene Zeit, Der Spiegel, 3. 11. 1980)

Fragst du dich immer noch, warum wir überhaupt Sommerzeit haben? Nur 40 % der Länder der Welt verwenden die Sommerzeit und in einem großen Teil der Vereinigten Staaten würde man sie am liebsten ganz abschaffen. Tatsächlich haben sich Arizona und Hawaii für den Ausstieg entschieden und sind mit ihrer Entscheidung offensichtlich sehr zufrieden. Die Gründe für die Sommerzeit scheinen darin zu liegen, dass mehr Tageslicht zur Verfügung steht und Energie gespart werden kann – wenn man nicht schon um 17 Uhr das Licht oder die Heizung einschalten muss, spart man viel Geld. Aber wie und warum hat das alles überhaupt angefangen? Werfen wir einen Blick zurück auf die Geschichte der Sommerzeit, um zu versuchen, dieses jährliche Ritual zu entschlüsseln.

In den USA 

In den Vereinigten Staaten gilt die Sommerzeit vom zweiten Sonntag im März (wenn die Uhren um eine Stunde vorgestellt werden) bis zum ersten Sonntag im November (wenn die Uhren wieder zurückgestellt werden). Die Umstellung auf die Sommerzeit wird im ganzen Land synchronisiert, um sicherzustellen, dass die Fahrpläne (z. B. für Busse, Flüge, Züge usw.) einheitlich sind und Reisende, die von Staat zu Staat reisen, nicht verwirrt werden. Das Gesetz gibt für diese Synchronisierung vor, dass jeder Staat, der sich beteiligt, dies zum gleichen Datum und zur gleichen Ortszeit tun muss. Du solltest jedoch bedenken, dass bei drei Zeitzonen auf dem US-Kontinent die „gleiche Ortszeit“ drei Stunden auseinander liegen kann.  

Aber warum? 

Nach Angaben von TimeandDate.com waren die beiden Weltkriege der eigentliche Auslöser für die Einführung der Sommerzeit in den USA. Dort wird erklärt: „1916, während des Ersten Weltkriegs, war Deutschland das erste Land, das die Sommerzeit einführte, um Energie für die Kriegsanstrengungen zu sparen. Viele Länder in ganz Europa folgten bald diesem Beispiel.“ Robert Garland, ein Industrieller aus Pittsburgh, fand Gefallen an dem, was er während seines Aufenthalts im Vereinigten Königreich sah, und brachte die Idee mit nach Hause, woraufhin 1918 die erste „Fast Time“ eingeführt wurde.  Die Idee schien jedoch in den meisten Teilen der USA recht schnell in Versenkung zu geraten, kam jedoch auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs 1942 wieder auf. Wie TimeandDate.com erklärt, „führte Präsident Franklin D. Roosevelt die Maßnahme wieder ein und setzte eine ganzjährige Sommerzeit in den Vereinigten Staaten durch. Die als „Kriegszeit“ bezeichnete Sommerzeit war vom 9. Februar 1942 bis zum 30. September 1945 durchgehend in Kraft“.  Zwischen 1945 bis 1966 wurde die Sommerzeit praktisch kaum durchgesetzt, so dass die Uhrzeit manchmal Verwirrung stiftete, je nachdem, wo man sich in den Vereinigten Staaten befand. Die Situation war alles andere als einheitlich. Obwohl die Bundesstaaten immer noch die Möglichkeit hatten, sich nicht zu beteiligen, wurde der Uniform Time Act von 1966 eingeführt, um einen Rahmen für einen landesweiten Sommerzeitplan zu schaffen. Nach Angaben des Robert C. Byrd Center war der Uniform Time Act der erste Versuch des Kongresses, das komplexe Problem (der von den Bundesstaaten verwendeten unterschiedlichen Kriterien für die Sommerzeit) zu lösen, da mehrere große US-Industrien darunter litten und es stets Verwirrung bei Reisen durch die Zeitzonen des Landes gab.

Energieeinsparungen in den 70er Jahren 

Die Benzinpreise schnellten in die Höhe, die Autohersteller waren unter Druck, kleinere und sparsamere Autos zu bauen. Den Amerikanern wurde geraten, in ihren Häusern Energie zu sparen, indem sie weniger heizen und das Licht so lange wie möglich ausschalten sollten. 1973 wurde dann die nächste Phase der Sommerzeit eingeleitet. Um die Auswirkungen der Zeitumstellung auf den Energieverbrauch in den USA zu untersuchen, führte die US-Regierung zwei Jahre lang – 1974 und 1975 – eine ganzjährige Sommerzeit ein. Wie TimeandDate.com erklärt, kam das nicht so gut an: „Nach heftigem Widerstand aus der Bevölkerung und der Erkenntnis, dass die Maßnahme nur bescheidene Energieeinsparungen brachte, wurde der Plan bald dahingehend geändert, dass in den Wintermonaten zur Normalzeit zurückgekehrt werden sollte.“ 

Es gingnie um die Bauern 

Viele Menschen haben Geschichten gehört, nach denen die Sommerzeit in den USA den Landwirten zugute kommen sollte. Ein weit verbreiteter Mythos besagt, dass die US-Regierung die Sommerzeit eingeführt hat, um den Landwirten mehr Tageslicht für die Versorgung ihrer Höfe und ihres Viehbestands zu geben. Wie History.com erklärt, war dies jedoch nie der Fall.   „Als die Zeitumstellung am 31. März 1918 zum ersten Mal als Kriegsmaßnahme eingeführt wurde, war der Agrarsektor eigentlich strikt dagegen. Die Sonne, nicht die Uhr, diktierte die Zeitpläne der Bauern, so dass die Sommerzeit sehr störend war. Die Landwirte mussten eine Stunde länger warten, bis der Tau verdunstet war, um das Heu zu ernten, die Angestellten arbeiteten weniger, da sie immer noch zur gleichen Zeit zum Abendessen gingen, und die Kühe konnten nicht eine Stunde früher gemolken werden, um die Liefertermine einzuhalten.“   Tatsache ist, dass in der Geschichte der endlosen Diskussionen über die Sommerzeit die Interessen der Städte die treibende Kraft für die Beibehaltung der Zeitumstellung waren. Einzelhandelsgeschäfte und Unternehmen, die sich auf die Freizeitgestaltung konzentrieren, profitieren naturgemäß stärker von den zusätzlichen Tageslichtstunden, da die Menschen eher einkaufen und sich im Freien aufhalten, wenn die Sonne tagsüber etwas länger scheint. 

Mehr Licht, weniger Schlaf 

Der hartnäckige Mythos, dass die Sommerzeit zum Nutzen der amerikanischen Landwirte vorgeschlagen wurde, entspricht zwar nicht der Realität, aber die Auswirkungen der abrupten Umstellung auf die Sommerzeit auf die Gesundheit und die Einstellung der Menschen sind sehr real.

  • Bei der Zeitumstellung im Frühjahr wurde ein um 24 % erhöhtes Herzinfarktrisiko für den Montag nach der Umstellung festgestellt. (BMJ Journals)
  • Eine Studie aus dem Jahr 2016 ergab, dass das Risiko für einen Schlaganfall am Sonntag und Montag nach der Zeitumstellung um 15 % steigt. (Science Direct)
  • Die Zahl der Autounfälle steigt während der Zeitumstellung im Frühjahr um 9 %. (New England Journal of Medicine)

Was ist die Quintessenz?

Staaten wie Hawaii und Arizona haben sich gegen die Sommerzeit entschieden, so dass es das ganze Jahr über keine Zeitumstellung gibt, und Kalifornien hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das die Abschaffung der Sommerzeit in naher Zukunft ermöglichen könnte. Bist du für oder gegen die Sommerzeit? Twittere uns an @sleepscore! 

Wer hat die erste Sommerzeit eingeführt?

1916 führte das deutsche Kaiserreich eine Sommerzeit ein. Nach drei Jahren gab man den Versuch wieder auf. Während des Zweiten Weltkriegs gab es wieder eine Sommerzeit in Deutschland. Eine Stunde mehr Tageslicht sollte eine Stunde mehr Arbeitszeit bedeuten.

Wann wurde das erste Mal in Deutschland die Uhr umgestellt?

Die Zeitumstellung wurde erstmals am 30. April 1916 im Deutschen Reich sowie in Österreich-Ungarn eingeführt. Die Sommerzeit sollte die energieintensiven „Materialschlachten“ des Ersten Weltkriegs unterstützen: Dadurch versprach man sich Energieeinsparungen bei der künstlichen Beleuchtung an langen Sommerabenden.

Wann wurde das erste Mal die Uhr auf Sommerzeit umgestellt?

Erstmals Sommerzeit in Ost und West Am 6. April 1980 wurden in West- und Ostdeutschland zum ersten Mal eine Stunde vorgestellt. Hauptargument: Energieeinsparung.

Wer hat die Sommer und Winterzeit erstmals umgesetzt?

Wer hat die Zeitumstellung erfunden? Schon 1784 hatte US-Politiker und Erfinder Benjamin Franklin die Idee, dass man Energie sparen könne, würde man im Sommer früher aufstehen. Erstmals umgesetzt hat die Idee Kaiser Wilhelm II.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte