Vanitas symbole bedeutung

ANDREAS GRYPHIUS
Es ist alles eitel

Du sihst, wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was diser heute baut, reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wisen seyn
Auf der ein Schäfers-Kind wird spilen mit den Herden:

Was itzund prächtig blüht, sol bald zertreten werden.
Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein
Nichts ist/ das ewig sei/ kein Ertz, kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück uns an/ bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spil der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß, was wir für köstlich achten/

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub und Wind;
Als eine Wissen Blum, die man nicht wider find't.
Noch will was Ewig ist kein einig Mensch betrachten!

1643 (Audio 1)

Die Eindringlichkeit dieser Dichtung rührt im Wesentlichen von dem antithetischen Aufbau der ersten beiden Strophen, der das geschäftige, blühende Leben mit dem Prinzip der allgemeinen Vergänglichkeit kontrastiert, und der kräftigen Bildsprache her: Dem Bauen folgt das Einreißen, auf Blühen das Zertreten, dem Lachen des Glücks folgen donnernde Beschwerden. Dem allmächtigen Spiel der Zeit ist alles und jeder unterworfen, so lautet die Grundaussage des Gedichts. Gryphius benutzt dafür die Topoi von Asche und Bein, von Schatten, Staub und Wind, von Nichtigkeit und Vergehen. Jedoch das Köstliche, so sagt GRYPHIUS am Ende, ist für uns gerade das, was vergänglich ist, denn „was ewig ist“ will „kein einig Mensch betrachten“.

Eine ähnlich pessimistische Grundstimmung ist in den Gedichten von CHRISTIAN HOFMAN VON HOFMANNSWALDAU (1616–1679) anzutreffen, der häufig die Vergänglichkeit von Jugend und Schönheit („... denn Kindheit und Jugend ist eitel“ – Prediger 11.9) und die Unbeständigkeit der Liebe beklagt. Ins Allgemeine gewendet und auf den Zustand der Welt bezogen sind diese Klagen in seinen „Die Welt“ betitelten Gedichten.

CHRISTIAN HOFMAN VON HOFMANNSWALDAU
Die Welt (II)

Was ist die Welt und ihr ber ühmtes Gläntzen?
Was ist die Welt und ihre gantze Pracht?
Ein schnöder Schein in kurtzgefasten Gräntzen /
Ein schneller Blitz bey schwartzgewölckter Nacht.
Ein bundtes Feld / da Kummerdisteln grünen;
Ein schön Spital / so voller Kranckheit steckt.
Ein Sclavenhauß / da alle Menschen dienen /
Ein faules Grab / so Alabaster deckt.
Das ist der Grund / darauff wir Menschen bauen /
Und was das Fleisch für einen Abgott hält.
Komm Seele / komm / und lerne weiter schauen /
Als sich erstreckt der Zirckel dieser Welt.
Streich ab von dir derselben kurtzes Prangen /
Halt ihre Lust vor eine schwere Last.
So wirstu leicht in diesen Port gelangen /
Da Ewigkeit und Schönheit sich umbfast.

1679

Das Gedicht führt die Kurzlebigkeit des Glücks vor Augen und die Vergänglichkeit, der alles Irdische schon in seinem Entstehen anheim gegeben ist. Der schöne Schein trügt, so HOFMANNSWALDAU, denn Kummer, Mühsal, Krankheit und letztlich das Grab sind allen Menschen vorherbestimmt und aufflackerndes Glück und materieller Glanz sind nur ein Abgott, ein falscher Gott.

Wenn Sie sich für Kunst interessieren, haben Sie sicherlich schon einmal den Begriff Vanitas gehört. Besonders im Barockzeitalter gehörte er wie ganz selbstverständlich zum Leben der Menschen dazu und fand dementsprechend großen Ausdruck in der gegenwärtigen Kunst. Doch was ist eigentlich der Gedanke hinter der Vanitassymbolik und wie sieht ihre genaue Definition aus?

Vanitas-Symbole erinnern an die eigene Vergänglichkeit.

Der Gedanke des Todes war früher allgegenwärtig

  • In der gegenwärtigen Zeit ist der Tod im alltäglichen Leben kaum noch präsent. Gedanken an das eigene Sterben werden zumeist verdrängt und in weite Ferne geschoben. Auch den Tod anderer Menschen nehmen Sie heute ganz anders wahr als die Gesellschaft früherer Jahrhunderte. Durch Fortschritte in der Medizin lassen sich heute viele Krankheiten problemlos behandeln, die früher ein definitives Todesurteil für den Patienten darstellten. Zudem wird heutzutage viel seltener zuhause gestorben als früher, wo es noch keine gute Krankenhausversorgung gab. Tod und Sterben war aufgrund dessen früher fester Bestandteil des gewöhnlichen Alltags. Der Gedanke an den Tod - vor allem an den eigenen Tod - war in den Köpfen der Menschen allgegenwärtig. 
  • An die Vergänglichkeit alles menschlichen Seins wurde vor allem durch die Malerei und Bildhauerei beständig erinnert. Vor allem die Zeit des Barock, die etwa von der Mitte des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts reichte, war stark hierdurch geprägt. Im Barockzeitalter spielte die Religion eine sehr bedeutende Rolle. Ziel eines jeden Gläubigen war ein "guter" Tod. Man wollte keine Sünden mit ins Jenseits nehmen, sondern rein und sündenfrei sterben. Aufgrund der angesprochenen schlechten ärztlichen Versorgung, der oftmals schlechten hygienischen Bedingungen und ähnlichem konnte der Tod im Grunde jeden Menschen jederzeit ganz ohne Vorwarnung treffen. An diesem Punkt setzt der Gedanke des Vanitas ein. 

Die Definition der Vergänglichkeit

  • Das lateinische Wort Vanitas bedeutet frei übersetzt so viel wie "leerer Schein" oder "Eitelkeit". Die Definition von Eitelkeit ist dabei eine andere als die heutige Begrifflichkeit und ist eher gleichbedeutend mit "Nichtigkeit". Gemeint ist hiermit die Vergänglichkeit allen irdischen Seins. Das Leben auf Erden ist laut Vanitas nur ein leerer Schein, das Anhäufen von Gütern, Macht oder Reichtum ist völlig nichtig. Wichtig ist einzig und allein eine reine Seele, welche im Himmel-Hölle-Verständnis des Todes der ausschlaggebende Punkt über das Fortleben im Jenseits war.
  • Wie gesagt konnte der Tod in früheren Jahrhunderten sehr plötzlich und unvorbereitet kommen. Es blieb einem dann oftmals einfach keine Zeit mehr, seine eventuellen Sünden zu beichten und alles für seinen eigenen Tod vorzubereiten. Die Symbolik des Vanitas sollte den Menschen ihr eigenes Sterben immer wieder ins Bewusstsein rufen. Der Gedanke an einen plötzlichen Tod sollte die Menschen deshalb dazu anhalten, stets "bereit" zu sein. Dies bedeutete ein gottgefälliges Leben, in dem man schlichtweg keine Sünden anhäufte, regelmäßig betete und beichtete, sodass man im Prinzip jederzeit "gehen" konnte. 

Vanitas wird durch verschiedene Symbole ausgedrückt

  • In der Malerei waren Stillleben sehr beliebte Motive, um den Gedanken an die Vergänglichkeit in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Hierfür bedienten sich die Maler verschiedenen typischen Vanitas-Symbolen, von denen häufig mehrere in einem Werk verwendet wurden. Charakteristisch ist natürlich der Totenkopf, welcher bis heute als Sinnbild des Todes steht. Ebenso bekannt dürfte Ihnen die typische Sanduhr oder Taschenuhr beziehungsweise das Stundenglas sein, welche das Verrinnen der Lebenszeit symbolisieren. Aber auch andere, auf den ersten Blick weniger augenfällige Merkmale kennzeichnen ein solches Gemälde. Hierzu gehört zum Beispiel die erloschene oder im Begriff zu erlöschen stehende Kerze. Sie bezeichnet sinnbildlich das Erlöschen des Lebens. Verwelkte Blumen oder vertrocknete Ähren zeigen das "Verwelken" des Menschen an. Auch Seifenblasen sind eindeutige Vanitas-Symbole. So leicht und schnell wie eine Seifenblase zerplatzt, so schnell kann auch das Leben eines Menschen von jetzt auf gleich vorbei sein.  
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  • Auf nahezu jedem dieser Gemälde finden Sie außerdem typische Luxusgüter, wie etwa kostbare Stoffe und Pelze, Münzen, edlen Schmuck und ähnliches. Hier greift die angesprochene Definition von Vanitas als übersetzte Eitelkeit. Sie kennen sicher den Spruch "Das letzte Hemd hat keine Taschen." Dinge wie diese erinnern den Betrachter deshalb daran, dass es absolut sinnlos ist, im Diesseits materiellen Luxus anzuhäufen, da er überhaupt gar nichts davon ins Jenseits mitnehmen kann, sondern genauso "nackt" gehen muss wie alle anderen Menschen auch. Im Diesseits sollte sich der Mensch dementsprechend nicht mit der Anhäufung von Luxus beschäftigen, sondern viel eher damit, seine Seele rein und sündenfrei zu halten, da sie das Einzige ist, was im Jenseits noch Gewicht hat. 

Weiterlesen:

  • Memento mori - Bedeutung
  • Antithetisch - so verstehen Sie es
  • Lyrik und ihre Epochen - Merkmale zeitgenössischer Lyrik
  • Blasphemie - Bedeutung
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Was sind Vanitas

Die Vanitas-Symbole lassen sich grundsätzlich in zwei große Gruppen unterteilen. Einerseits in Gegenstände, denen die Vergänglichkeit eigen ist und deren Erscheinung den Gedanken daran weckt. Häufige Attribute sind der Totenschädel, die erlöschende Kerze, die Sanduhr und die verwelkende Blume.

Welche Symbole stehen für Vergänglichkeit?

Vanitas : Symbole der Vergänglichkeit Weitere barocke Vergänglichkeitssymbole sind der Totenschädel, die heruntergebrannte Kerze oder die verwelkte Blume. Ebenfalls seit dem Mittelalter ist das Motiv des seifenblasenden Knaben bekannt. Auch die kurzlebige Seifenblase ist ein Sym- bol für die Flüchtigkeit des Seins.

Was bedeutet Vanitas in der Kunst?

Das Vanitas-Stillleben (lateinisch vanitas „Eitelkeit“, „Nichtigkeit“) ist ein Bildtypus der Stillleben-Malerei, insbesondere im Barock. Darin wird die Darstellung lebloser Gegenstände durch Sinnbilder der Vergänglichkeit ergänzt.

Warum Vanitas Stillleben?

Die Vanitas entstand in den Niederlanden im 16th und 17th Jahrhundert und wurde zu einer weit verbreiteten Form der niederländischen Meistermalerei. Das Vanitas-Genre bediente sich der Form des Stilllebens, um die Vergänglichkeit des Lebens und die Eitelkeit des Lebens in den entstandenen Kunstwerken zu beschwören.

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