Arbeitgeber zahlt Überstunden nach Kündigung nicht

Im letzten Teil unserer 20teiligen Reihe zu den Irrtümern im Arbeitsrecht nochmal das Thema Überstunden. In vielen Arbeitsverträgen steht, dass Überstunden mit dem Lohn abgegolten sind und nicht gesondert bezahlt werden. Eine solche pauschale Regelung benachteiligt die Arbeitnehmer zu sehr und ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam. Andererseits ist es schwierig, keinesfalls aber unmöglich, erbrachte Überstunden auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchzusetzen.

Wie z.B. das Landesarbeitsgericht Koblenz jüngst entschieden hat, müssen Überstunden genau dokumentiert und nachgewiesen sein. Wie das LAG ausführt, müssen Arbeitnehmer, die behaupten hunderte Überstunden erbracht zu haben, diese geltend gemachten Überstunden minutengenau belegen können. Ansonsten kann der Arbeitgeber Freizeitausgleich oder Auszahlung der Überstunden verweigern.

Mit diesem Urteil ging ein Arbeitnehmer, der knapp 700 Überstunden geltend gemacht hatte, leer aus. Für eine erfolgreiche Durchsetzung der Überstunden hätte der mit einer betriebsbedingten Kündigung entlassene Arbeitnehmer mehr als nur eine Excel-Tabelle vorlegen müssen. Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitnehmer angeben, „mit welchen Arbeiten (in Minuten) er die behauptete Überarbeit“ erbracht hat. Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder zumindest geduldet hat.

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Wie werden Überstunden versteuert?

Da Überstunden regulären Arbeitslohn darstellen, fallen wie gewohnt Steuern an. Für den Mitarbeiter heißt das: mehr Stunden = mehr Lohn = mehr Steuern. Auch Überstundenzuschläge sind steuerpflichtig. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bilden eine Ausnahme, denn sie sind teilweise steuerfrei.

Wie werden Überstunden ausgezahlt?

Die Entlohnung von Überstunden regelt der Arbeits- oder Tarifvertrag. Wenn der Arbeitsvertrag nicht vorschreibt, wie Überstunden abgegolten werden, müssen Sie als Arbeitgeber laut § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dennoch für einen Überstundenausgleich sorgen. Sie müssen den Arbeitnehmer also für seine Extra-Leistung kompensieren oder ihn die Mehrarbeit abfeiern lassen. Nur leitende Angestellte sind von der Regelung ausgenommen.

Wenn ein Arbeitnehmer aus freien Stücken Überstunden macht, muss der Arbeitgeber diese nicht vergüten.

Überstunden mit dem Gehalt abgelten

„Mit dem Gehalt sind alle Überstunden abgegolten.“ So eine Formulierung findet sich häufig in Arbeitsverträgen. Doch hat sie keine rechtliche Gültigkeit, denn der Arbeitgeber muss die Menge der Überstunden, die ein Mitarbeiter “mit” leisten soll, konkret beziffern.

“Pro Woche sind drei Überstunden mit dem Gehalt abgegolten.” Diese Abgeltungsklausel, so hat es das Bundesarbeitsgericht beschlossen, ist rechtswirksam. Jede Stunde, die darüber hinaus anfällt, muss der Arbeitgeber kompensieren.

Als angemessen gelten Klauseln in einer Höhe bis zu zehn Prozent der vertraglichen Arbeitszeit.

Überstunden in Freizeit umwandeln

Sofern vertraglich geregelt, ist ein Überstundenabbau durch Freizeitausgleich möglich. Für Arbeitgeber stellt diese Form der Kompensation oft eine attraktive Option dar, weil sie A) Geld sparen und B) Mitarbeiter zu mehr Erholung kommen, was in manchen Berufen, zum Beispiel der Unfallmedizin, so wichtig wie verpflichtend ist.

In Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn die Auftragslage am Boden ist, darf der Arbeitgeber Freizeitausgleich anordnen und Mitarbeiter heim schicken.
Sollte ein Mitarbeiter während des Überstundenabbaus erkranken, erlischt der Anspruch auf eine Erstattung.

Eine Alternative stellt noch das Lebenszeitkonto dar. Es zielt auf die spätere Rente ab, kommt dem Arbeitnehmer also erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Gute. Wer darauf einzahlt, ist jedoch von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen befreit.

Können Überstunden verfallen?

Das Gesetz schreibt nicht vor, wann Überstunden verfallen. Eine Regelung erfolgt über eine Ausschlussfrist – die ist im Arbeitsvertrag verankert und setzt ein Verfallsdatum fest, das mindestens drei Monate umfassen muss – oder es gilt, was im § 195 BGB steht: dass Überstunden nach drei Jahren verfallen.

Können Überstunden nach einer Kündigung ausgezahlt werden?

Bei einer Kündigung greift die vertraglich vereinbarte Überstundenregelung. Dabei legt der Arbeitgeber fest, ob die Überstunden nach der Kündigung ausbezahlt oder in zusätzliche Urlaubstage umgewandelt werden. Option zwei gilt allerdings nicht im Fall einer fristlosen Kündigung.

Wenn es keine vertragliche Regelung zum Umgang mit Überstunden gibt, müssen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig werden. Sollte der Arbeitnehmer eine Auszahlung wünschen, muss er hieb- und stichfeste Belege für seine Überstunden anführen.

Übrigens haben Arbeitnehmer oft steuerliche Nachteile, wenn sie sich Überstunden auszahlen lassen. Denn der Jahresverdienst steigt durch mehr geleistete Stunden an, was auch den Steuersatz des Gehalts nach oben drücken kann.

Unterzeichnet ein Arbeitnehmer eine so genannte Ausgleichsquittung, dann sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten. Darunter fallen auch jegliche Ansprüche auf Kompensation von Überstunden, heißt der Mitarbeiter kann nichts “mitnehmen”, weder Freizeit noch Geld.

Überstundenkonto: Mehrarbeit dokumentieren

Viele Unternehmen arbeiten mit einem Arbeitszeitkonto, in dem die Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiter dokumentiert werden. Dies hilft, einen Überblick über geleistete Arbeitsstunden zu behalten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (Überstunden ausgleichen oder ausgezahlt bekommen). Es ist vertraglich geregelt, bis wann angesammelte Überstunden abgebaut werden müssen (meistens ein halbes oder ein Jahr). Danach verfallen Überstunden in einigen Fällen.

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Bis wann müssen Überstunden nach Kündigung ausgezahlt werden?

Fazit. Offene Überstunden verfallen nach der Kündigung nicht automatisch. Sie sind nach Ende des Arbeitsverhältnisses in Geld auszugleichen, wenn sie üblicherweise bezahlt werden. Für die Höhe der Überstundenvergütung gilt der normale Stundenlohn (plus Zuschlag bei entsprechender Vereinbarung).

Kann der Arbeitgeber die Auszahlung von Überstunden verweigern?

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet, sich die Überstunden auszahlen zu lassen. Es besteht zusätzlich oft die Möglichkeit, einen Freizeitausgleich zu verlangen.

Werden Überstunden nach der Kündigung ausgezahlt?

Bei einer Kündigung greift die vertraglich vereinbarte Überstundenregelung. Dabei legt der Arbeitgeber fest, ob die Überstunden nach der Kündigung ausbezahlt oder in zusätzliche Urlaubstage umgewandelt werden. Option zwei gilt allerdings nicht im Fall einer fristlosen Kündigung.

Was passiert mit Überstunden wenn ich kündige?

Allein durch eine Kündigung können Überstunden nicht verfallen – egal, wer diese ausgesprochen hat. Und auch das Gesetz schreibt grundsätzlich nicht vor, wann Überstunden verfallen. Eine solche Regelung kann aber in Form einer Ausschlussfrist in Deinem Arbeitsvertrag verankert sein.

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