Wie geht man mit jemandem um der bald Sterben wird?

Doch wenn jemand stirbt verfallen viele von uns in Panik, sind überfordert, haben keine Ahnung was als nächstes zu tun ist oder was der nächste sinnvolle Schritt sein könnte. Auch überrascht uns der Tod häufig. Wir sind hin und her gerissen zwischen begleiten, pflegen, verabschieden oder doch nochmal einen Heilungsversuch wollen… Und das ist ganz normal, denn wir lernen nicht, was beim Sterben gebraucht wird, wie es überhaupt abläuft, wie man sich verabschiedet, wie man begleitet… Niemand sagt es uns.

Die richtigen Worte gegenüber Sterbenden finden

Wenn also klar ist, dass wir jemanden verlieren werden, wenn jemand ins Hospiz kommt oder die Ärzte sagen, dass sie nichts mehr tun können, was sagen wir dann?

Wir haben oftmals so viel Angst das Falsche zu sagen, dass wir lieber gar nichts sagen. Die berühmten Freunde, die sich dann zurückziehen, weil sie mit der Situation nicht umgehen können. Das ist aber sehr schade, denn oftmals gibt es im Sterben keine 2. Chance zu sagen, was man eigentlich noch gerne gesagt hätte.

Aber warum drücken wir nicht einfach aus, dass wir nicht wissen, was wir sagen sollen? Warum stellen wir die Verbindung nicht her über das, was alle in so einer Situation betrifft: Das „Ich weiß es auch nicht“.

Wir haben verlernt Schwäche zu zeigen. Wir glauben, wir müssen in jeder Situation genau wissen, was zu tun ist. Wir müssen „die perfekten Worte“ haben, die im Idealfall auch noch trösten oder „die Situation besser machen“, also den Sterbenden retten könnten. Da das unmöglich ist, haben wir auch keine Worte.

Die Schwäche, die Angst teilen

Ich habe hier ein paar Ideen die man Sterbenden sagen oder schreiben kann. Oder vielleicht auch Menschen, die erstmal von einer schlimmen Krankheit betroffen sind:

„Ich/wir denke/n an Dich“

„Ich hoffe, heute ist einer der besseren Tage“

„Ich hätte so viel zu sagen, aber ich weiß nicht wie“

„Es ist schwer die richtigen Worte zu finden, wenn jemand, den man mag/liebt so etwas durchmacht“

„Du bist immer noch dieselbe tolle/inspirierende/liebevolle/…. Person, die Du immer schon warst“

„Ich wollte nur Hallo sagen und dass ich an Dich denke“

„Heute war ich an unserem Lieblingsort und habe mich an die vielen tollen Momente erinnert, die wir dort verbracht haben“ (der Urlaub, das Lieblingscafé, der Sonnenaufgang, etc)

„In meinen Gedanken umarme ich Dich gerade“

Bewunderung, Lob und Dankeschön

Viele Sterbende lassen ihr Leben Revue passieren. Was war gut, was war schlecht, womit habe ich Frieden gemacht, was ist noch unerledigt. Wäre es da nicht schön eine Bewunderung, ein Lob oder ein Dankeschön zu bekommen für etwas, das wir getan haben?

Erinnere Dich mal an eine Person, die Dich inspiriert hat oder in schlechten Zeiten für Dich da war. Vielleicht ein (ehemaliger) Kollege, ein Lehrer, ein Onkel, die Eltern von Freunden oder jemand aus der eigenen Familie. Oftmals waren das sehr kleine Gesten, die uns aber schwer beeindruckt oder uns sogar geholfen haben. Wenn diese Person nun im Sterben liegen würde, wäre es nicht wunderbar jetzt nochmal Deine Bewunderung oder Deinen Dank auszusprechen? Das kannst Du persönlich tun oder in einer Karte oder einem Brief. Nimm den Fokus weg von dem was gerade traurig macht und lege ihn auf das, was erreicht wurde, was geschafft wurde, was für Dich von Bedeutung war.

„Ohne Dich hätte ich nie gelernt wie man…“

„Ohne Dich hätte ich nicht verstanden, dass….“

„Du hast mir beigebracht wie man…“

Am wichtigsten ist, dass Du Dich traust. Wir haben alle nur ein Leben, lass es nicht von Angst und Scham bestimmt sein.

Körperliche Veränderungen sowie Veränderungen im Sprechen und in der nonverbalen Kommunikation kündigen den nahen Tod an. Tut dies auch die Seele des Sterbenden? Wie macht sie uns auf den zu erwartenden Abschied aufmerksam?

Wir wissen zu wenig darüber, um qualifiziert Auskunft geben zu können. Aus Erfahrung wissen wir aber, was der Seele eines Menschen in seinen letzten Stunden gut zu tun scheint; was sie braucht, um in Frieden Abschied nehmen zu können.

Für das Trostspenden am Sterbebett gilt in besonderer Weise, dass es sehr behutsam und einfühlsam vorgenommen werden muss. Will man das Innerste, die Mitte eines Menschen ansprechen und trösten, dann kann dies nur in Ehrfurcht geschehen, nicht aus der Position des Überlegenen, des Starken, des Besserwissenden. Nur die Haltung der Ehrfurcht wahrt das Geheimnis und damit die einmalige Würde dieses Menschen.

Es gibt unter Männern Zeichen von Trost, die sehr behutsam sind. Da legt einer dem anderen die Hand auf die Schulter und sagt: «Tut mir leid, alter Junge, das hattest du nicht verdient.»  Er will ihm nicht zu nahetreten, er nimmt ihn nicht in den Arm, um ihn wie ein kleines Kind zu trösten, obwohl dem anderen vielleicht die Tränen der Trauer in den Augen stehen. So sollen wir auch am Sterbebett trösten, den anderen gross sein lassen und uns die Zeit für ihn nehmen.

Was der sterbende Mensch zu Lebzeiten geglaubt, gehofft und geliebt hat, welche Einstellungen und Haltungen er in religiösen Fragen gewonnen und wie er diese im Alltag des Lebens «gelebt» hat, das muss in unserem Trösten geachtet und gewürdigt werden. Wie dies in der konkreten Situation geschehen kann, wird uns häufig der Sterbende selbst noch «wissen lassen». Es bedarf dazu vor allem eines «hörenden und verstehenden Herzens», das aufnimmt, was in dem, der unseren Trost nötig hat, vor sich geht.

Fragen Sie sich, welchen Trost der Sterbende vielleicht noch erwartet

  • Steht noch etwas zwischen Ihnen und dem Sterbenden, was bisher nicht ausgesprochen wurde? Sprechen Sie eine bestehende Schuld ihm gegenüber aus und bitten Sie ihn um Vergebung.
    Sagen Sie dem sterbenden Menschen, dass jetzt alles «in Ordnung» ist, damit er getrost loslassen und gehen kann. Und vergessen Sie nicht, sich bei ihm auch zu bedanken
  • Alle Anwesenden sollten ermutigt werden, dem Sterbenden noch etwas zu sagen. Es muss nicht laut ausgesprochen werden, es kann auch im Stillen oder leise ins Ohr geflüstert werden. Das ist auch möglich, wenn der sterbende Mensch nicht mehr bei Bewusstsein scheint.
  • Achten Sie darauf, dass alle persönlichen Äusserungen und Gesten im Raum geschützt bleiben, und nicht «nach draussen getragen» werden.
  • Haben Sie und der Kranke Kontakt zur Kirchengemeinde oder zu einer Glaubensgemeinschaft, dann scheuen Sie sich nicht, einen Seelsorger zu rufen.

Trösten erfordert einen Raum der Stille; es geschieht in leisen Tönen und behutsamen Gesten

Dies gilt erst recht in der Stunde des Todes:

  • Der sterbende Mensch braucht viel stille Zeit. Wenn Sie bei ihm sitzen, dann geben Sie ihm immer wieder diese Zeit völliger Stille. Sorgen Sie für äussere Ruhe im Raum und dafür, dass Störungen von aussen vermieden werden.
  • Zünden Sie eine Kerze an. Und wenn Sie auf Wunsch des Kranken bisher regelmässig mit ihm oder für ihn Lieder gesungen, Texte vorgelesen oder gebetet haben, dann sollten Sie das jetzt auch tun. Beschränken Sie sich aber auf einige wenige Gebete und/oder Lieder.
  • Die Gesangbücher beider Konfessionen beinhalten Lieder und Gebete zu Sterben und Tod, die Ihnen helfen können, wenn Ihnen selbst die Worte fehlen. Greifen Sie zu dem, von dem Sie wissen oder vermuten, dass es der Sterbende kennt.
  • Sprechen Sie liebevoll und zurückhaltend mit dem Sterbenden. Halten Sie seine Hand oder legen Sie Ihre Hand auf seine Schläfe, wenn Sie den Eindruck haben, er mag das.

Es kann tröstlich sein, im Sterben nicht allein zu sein. Möglicherweise aber signalisiert uns der Sterbende auch, dass er jetzt allein sein möchte. Wir haben das zu respektieren. Vielleicht kann er so leichter gehen.

Wir dürfen aber gewiss sein, dass kein Mensch im Sterben allein sein wird (auch wenn wir nicht bei ihm sind). Eine «andere» Gemeinschaft erwartet ihn schon. Und manchmal werden wir am Sterbebett Zeugen dieses Empfangs durch Freunde und Angehörige, die ihm schon vorausgegangen sind.

Quelle: Palliativnetzwerk Mainz

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Was beim Begleiten wichtig ist Es gibt viele Möglichkeiten, zum Wohlbefinden sterbender Menschen beizutragen. Eine Umgebung, die Geborgenheit und Sicherheit vermitteln kann, und Menschen, die in der Lage sind, auf die aktuellen Bedürfnisse der Kranken einzugehen sind jetzt besonders unterstützend.

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